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zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Süddeutschland üblich ist.

Alles Beobachtete hat schon gelehrt, dass wir das vorliegende Stück, wie auch sein Inhalt fordert, dem bairischen Dialekte zurechnen, und die Umstände der Sprache und Technik lassen uns die eben erwähnte Abfassungszeit erkennen. Etwas enger kann dieselbe mittelst einer Anspielung begrenzt werden, welche in den Versen 35-44 enthalten ist. Dort wird für die Steiermärker der Ruhm in Anspruch genommen, dass sie wiederholt durch ihren treuen Beistand den Kaiser Friedrich IV. (III.) von den Angriffen befreiten, welche er als Belagerter in der Wiener Hofburg habe erdulden müssen. An sich schliesst das offt von V. 41 selbstverständlich eine arge Übertreibung in sich, denn es ist nichts davon bekannt, dass dieser Kaiser mehr als einmal in seiner Burg von den Wienern belagert wurde. Dagegen ist die Auffassung des Dichters von der Bereitwilligkeit steirischer Hilfstruppen und von ihrem Antheil an der Errettung des Kaisers eine volksthümliche, das ersieht man aus wenigstens éinem der Berichte über die Ereignisse, dem des fahrenden Sängers Michael Beheim, welcher in dem 'Buch von den Wienern' (hg. durch v. Karajan 1843, 2. Ausg. 1867) eine ausführliche, wenngleich ganz einseitige Darstellung der Vorgänge am kaiserlichen Hofe 1462-1465 hinterlassen hat. Als der Kaiser im August 1462 von Graz gegen Wien zog, welche Stadt nebst anderen Theilen Österreichs ihm von seinem Bruder, Erzherzog Albrecht (VI.) streitig gemacht wurde, hatte er eine stattliche Schaar von Söldnern, an 12000, beisammen, unter denen die Steiermärker zuvörderst genannt werden, Beheim 32, 22 ff. Er behielt dieses Heer bei sich bis zum 24. September, um welche Zeit er es, aus Sorglosigkeit oder weil das Geld fehlte, auseinanderreiten liess, Beheim 37, 26 ff. 41, 13 f. Als nun der Kaiser während der folgenden Belagerung durch Mangel an Nahrungsmitteln in schlimme Bedrängniss gerieth, entfalteten nach Beheim die Steiermärker, allen zuvor der gewaltige Baumkircher, eine lebhafte Thätigkeit, ihm zu helfen, Beheim 137, 7 ff. 26 ff. 138, 1 ff. 146, 4 ff. 25 ff. 164, 3 ff. Sie sammelten Truppen,

die zum Entsatz herbeieilten, Beheim zählt die steirischen Edelleute auf 165, 21 ff. 166, 5 ff. (manch Steirer wart da kunde). Berücksichtigt man ferner, dass Kaiser Friedrich schon seit langem den Adel der Steiermark, seines Stammlandes, bevorzugte, ja sich eine Zeit hindurch hauptsächlich mit steirischen Räthen umgab, was dann die Eifersucht anderer hervorrief, so lässt sich die angeführte Übertreibung unseres Dichters vielleicht aus einem Missverständniss begreifen. Sein Localpatriotismus spielt freilich sehr lebhaft dabei mit, denn die Forschung der Gegenwart hat festgestellt, dass die Steirer, des Kaisers Landsleute, in Wirklichkeit sich durchaus nicht beeilten, die gewünschten Entsatztruppen zu schicken, vgl. v. Krones, Handbuch der Geschichte Österreichs 2, 388. An die Bedrängung Wiens durch Mathias Corvinus 1477 (v. Krones 2, 452 und Hans Sachsens Lobspruch der Stadt Wien, hg. durch Emil Haueis V. 85 ff.), ferner an die Belagerung und Einnahme der Stadt durch den Ungarnkönig 1484/5 (v. Krones 2, 468 ff.) darf man nicht denken, weil in diesen beiden Fällen der Kaiser selbst nicht in Wien, geschweige denn in seiner Burg weilte. Ich glaube auch nicht, dass die ausdrückliche Bezeichnung Friedrichs als Kaiser zu der Vermuthung berechtige, das Gedicht sei erst nach dessen Tode (19. August 1493) verfasst worden; ausserhalb wie innerhalb Österreichs war dieser Titel unter den damaligen Verhältnissen der einzig entsprechende, und die Beifügung von irem herren ebenfalls sachgemäss. V. 42 so ist er gebesen vergraben lässt desgleichen keinerlei Schluss zu.

Andererseits geht aus der blossen Erwähnung des Ereignisses und aus dem Beisatze V. 44: alz ir dann daz selb all wol west hervor, dass unser Gedicht nicht allzulange nach 1462 abgefasst worden ist, und ich schätze diese Ausdrücke schwerlich zu niedrig ein, wenn ich annehme, etwa zwanzig Jahre mochten seit der Wiener Belagerung verflossen sein, wenn man so von ihr sprechen konnte. 1463-1483 wären also ungefähr die Zeitgrenzen, innerhalb deren das Gedicht entstand.

Gerne möchte man auch den Ort genauer erkennen, wo der Dichter bei der Abfassung dieses Werkchens lebte.

Er lag ganz gewiss in Baiern, das zeigt V. 155 und die Klage überhaupt an dieser Stelle. V. 134 belehrt nicht darüber, denn wenn hincz her auch die bairische Stadt bezeichnete, bis zu welcher von dem Grenzplatz Berchtesgaden gemessen wurde, so gewährt es doch keine genauere Bestimmung. Aus einer Sammlung von Notizen über Regensburg, welche die Handschrift an späterer Stelle Bl. 203a f. enthält, lässt sich nichts schliessen, da Notizen dieses Inhaltes in oberdeutschen Handschriften häufig sind. Auch schiene es mir ebenso gewagt, die Aufzeichnung von Steinhöwels Prolog zum Apollonius in demselben Codex Bl. 105 ff. dafür auszunutzen.

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Inhalt und Technik des Gedichtes schicken sich sehr wohl in die Zeitbestimmung. Der Verfasser, welcher in Baiern lebt und sich zu einer Thätigkeit wir wissen nicht, welcher in diesem Lande urkundlich verpflichtet hat V. 153 ff., leidet unter den fortgesetzten Spöttereien der Baiern über ihn und seine Landsleute V. 187 ff. Endlich geht ihm die Geduld aus und er schreibt nun seinerseits ein vernichtendes Schmähgedicht (ain vernichtnuss) wider die Baiern. Er beruft sich allerdings V. 170 f. darauf, dass er im vorhinein das Ganze für einen Scherz erklärt habe, aber das ist wenigstens in den überlieferten Versen nirgends geschehen. Zudem hebt er sofort V. 172 die Nothwendigkeit seiner Selbstvertheidigung ebenso ausdrücklich hervor wie an der erwähnten Stelle 187 ff., und nimmt alsdann 173 ff. dieselbe trotzige und herausfordernde Stellung ein wie am Schluss des Gedichtes 197 ff. Ich glaube also, die Neckerei, zu welcher der ausgewanderte Steiermärker von den Baiern gereizt wurde, ist ziemlich ernst gemeint gewesen.

Das Werklein ist folgendermassen aufgebaut. Nach einer Einleitung und Ankündigung seines Vorhabens (1—14) gibt der Verfasser an, wie er seinen Angriff auf die Baiern einrichtet: drei Federn will er ihnen aus dem flug, dem Flügel oder der Helmzier, rupfen, mit Worten nach ihnen schiessen (15-22). Die erste Feder reisst er ihnen aus, indem er wider sie den sonst nirgends bezeugten und vielleicht nur durch einen gelegentlichen Vorfall der letzten Vergangenheit veranlassten Vorwurf der Feigheit und den

der Untreue erhebt (23-34). Im Gegensatze dazu wird die Tapferkeit und Treue der Steirer gerühmt, welche aller Orten bekannt ist, wie denn die Steirer überhaupt ebenso beliebt als die Baiern verhasst sind (35-60). Die zweite Feder: geizig, habsüchtig sind die Baiern, es ist theuer bei ihnen, das Leben kümmerlich. Hingegen die Steirer leben anständig und sind nicht karg (61-90). Die dritte Feder: die Baiern sind unzuverlässig, lügen und betrügen gerne, sie leben roh, kämmen sich nicht einmal, und leiden überdies noch mehr an Dummheit als die dadurch bekannten Schwaben. Hier sollte nun wieder das Lob der Steirer als Gegenbild folgen, aber der Verfasser hat sich, scheint es, bereits ausgegeben und spielt jetzt die nächstverwandten Österreicher gegen die Baiern aus; er lobt sie freilich etwas ironisch und erst am Ende aufrichtig (91-126). Nach diesen drei Abschnitten, die so ziemlich gleichen Umfang haben, verlässt der Verfasser ohne weitere Bemerkung die gewählte Disposition, knüpft an seinen letzten Satz über die Österreicher an und macht sich nun über die schlechte, dürftige Kost der Baiern lustig (127-152). Wieder rankt sich die Darstellung an einem Häkchen weiter: dass kein Steirer in Baiern bleiben soll, erinnert den Verfasser an sein durch eigene Thorheit verschuldetes Schicksal, das ihn an Baiern bindet, er klagt in beweglichen Worten über den Spott der Baiern, wehrt sich aber gleichzeitig energisch (153—176). Die Herausforderung, welche in den letzten Versen enthalten ist, bringt dann einen Baiern auf die Bahn, der die Rede des Verfassers als Prahlerei verurtheilt und ihm ein wenig anmuthiges Ende in Aussicht stellt (177-180). Darauf antwortet der Verfasser in merkwürdig ernster und gehobener Sprache, indem er geltend macht, dass die Liebe zur Heimat, welche sich in rühmenden Worten äussere, sowohl aus der Weltordnung entspringe, als auch Herzenssache sei. Er sei ja zudem nicht freiwillig an die Abfassung seines Gedichtes gegangen, sondern gezwungen durch die losen Reden der Baiern. Den Zwischenredner fordert er übrigens nachdrücklich heraus und schliesst mit der Drohung, dass er noch viel Übles von den Baiern zu sagen wisse, was allenthalben bekannt sei.

Das Gedicht zeigt keine hervorragende Begabung, aber es wirkt unter den Reimereien seiner Zeit doch recht erquicklich durch das Lebendige und Persönliche des Ausdruckes. Jenes wird erzielt, indem stets einzelne concrete Momente als Belege der Behauptungen anschaulich vorgeführt werden, zuweilen in kleinen Reihen mit einer gewissen Beredsamkeit; die persönliche Erregung aber hat zweifellos das ganze Stück eingegeben und setzt ein starkes Stammesgefühl voraus. Der culturhistorische Werth der Verse liegt eben in den vorgebrachten Einzelheiten, wenn man nicht schon die Thatsache an sich, dass ein im Reich' lebender Steiermärker sich so entschieden seiner Haut wehrt, als bedeutsam gelten lassen will.

Der Verfasser steht sonst in engem Zusammenhange mit der Litteratur seiner Zeit. Die dem Text beigefügten Anmerkungen zeugen dafür, man kann es aber seiner Technik überhaupt abmerken. Die kleineren erzählenden oder didaktischen Dichtungen in Reimpaaren, welche einen so wesentlichen Theil der deutschen Litteratur des 15. Jahrhunderts ausmachen, zerfallen nämlich ihrer Darstellungsweise nach in zwei Hauptgruppen, natürlich mit vielen Übergängen und Kreuzungen.

Die eine verwaltet das sehr zusammengeschmolzene Erbe der ritterlichen epischen Poesie, dessen Bestes eine gewisse runde Satzbildung ist, die Fähigkeit, in fortlaufenden Perioden zu erzählen, in Versen, deren zwei oder mehr erst einen Satzabschnitt ausmachen, nach welchem interpungirt werden muss. Da sind noch abstufende Conjunctionen im Gebrauch, Tempusfolge gilt, Modi werden unterschieden, noch bildet der Reim nicht die Hauptschwierigkeit; mit einem Worte: die Sprache zeigt deutliche Spuren der ehemaligen Bildung. Diese Art ist jedoch während des 15. Jahrhunderts im Verkommen begriffen, die langweiligen Stoffe fordern Travestien heraus und die Talente der Zeit wenden sich einer anderen Darstellungsweise zu.

Diese zweite ist typisch ausgeprägt in den Fastnachtspielen, bestimmt aber auch den Ton einer ganzen Menge undramatischer Gedichte. Da ist alles kürzer und knapper gehalten, Versende und Satzabschnitt fallen zusammen,

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