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cip nicht erkennen. Wir wenden uns daher gleich zu den umfangreichen Kürzungen im weiteren Verlaufe dieses Auftritts.

Das Ergebniss des Gesprächs ist Rechas Heilung von den überspannten Vorstellungen über die Person ihres Retters durch Nathan. Dieser versucht zuerst mit vernünftiger Belehrung gegen die Engelsschwärmerei der Tochter anzukämpfen. Recha sucht theils selbst ihre Anschauungsweise zu vertheidigen, theils überlässt sie dies der Daja. Als sie, wie aus einem Traume emporfahrend, mit den Worten: Endlich, als er gar verschwand' in die Discussion wieder eingreift, erkennt Nathan die Erfolglosigkeit seiner bisherigen Bemühungen. Er greift nun zu einem stärkeren Mittel, indem er in engstem Anschluss an den concreten Fall, unbarmherzig, ohne auf Dajas Bitten zu achten, dem gefühlvollen Mädchen die schwere Pflichtversäumniss zu Gemüthe führt, der sie sich vielleicht schon in Folge der Engelsschwärmerei schuldig gemacht habe. Directe Belehrung und psychologische Einwirkung sind die beiden von ihm angewandten Mittel. Er wendet sich zuerst an den Verstand, dann an das Gemüth.

Schiller hat nun gerade diejenigen Theile des Dialogs, welche die directe, wenn man will, theoretische Belehrung enthalten, sammt den sie mit den übrigen Theilen des Auftritts verknüpfenden Wendungen weggelassen. Was davon stehen geblieben ist ('Meiner Recha wär' bis 'kein kleines Wunder'. 'Ei Daja!' bis zu glauben?'), dient zur vorläufigen Aufklärung über die Lage des Tempelherrn, die wir hier nicht gut entbehren könnten.

Hat uns der erste grössere Auftritt die Art gezeigt, wie Nathan seine Tochter erzieht, so ist zu erwarten, dass das Ergebniss dieser Erziehung im Verlauf des Stückes im Charakter Rechas hervortreten werde. Im allgemeinen nun überwiegt bei Recha, wie sie uns Lessing schildert, das Gefühl den Verstand. Hin und wieder jedoch zeigen sich Spuren von Reflexion, welche die Schülerin des philosophischen Pflegevaters erkennen lassen. Diese sind:

1) Die Auseinandersetzungen mit Daja im zweiten Theile von III 1. Man glaubt Nathan selbst reden zu

hören. Rechas Wunsch ist, dass auch ihr Retter einer ähnlichen Anschauungsweise huldigen möge.

2) Das Gespräch mit dem Tempelherrn in III 2, von den Worten an: 'Nun, Ritter, sagt uns doch', besonders die Erörterung über den Berg Sinai ('denn wo er stand, stand er vor Gott').

3) Die Aufklärungen, welche sie Sittah V 6 über Nathans Erziehungsweise gibt, und die Bemerkungen über die Buchgelehrsamkeit.

4) Ihre Charakterschilderung Dajas in demselben Auftritte, wobei die christliche Heilslehre berührt wird.

Dergleichen abstracte Gedanken können bei Rechas Jugend nur aus ausdrücklichen Belehrungen Nathans entsprungen sein, wie wir sie auch wirklich in I 2 vorfanden. Es ist unverkennbar, dass Lessing auch durch Rechas Mund die Tendenz des Stückes zum Ausdruck bringen wollte.

Alle diese Stellen nun hat Schiller getilgt, wodurch natürlich hier und da noch kleinere Dialogtheile mit fortgerissen sind. Von diesen vermissen wir ungern die nochmalige Erwähnung der Engelsschwärmerei in III 1 (Fast schäm' ich mich der Posse!'). Ebenso ist zu verwundern, dass in V 6 die ganze Charakteristik Dajas, welche doch der Sittah völlig unbekannt ist, wegbleibt. Etwas hart ist ferner in derselben Scene nach Wegfall des Excurses über die Buchgelehrsamkeit die Verknüpfung der beiden Reden Sittahs: 'Nenn' Mich Sittah, deine Freundin, deine Schwester.

O was ist Dein Vater Für ein Mann!' da letzterer Ausruf ja erst durch das Vorhergehende begründet ist. Um so deutlicher erkennen wir, wie viel Schiller am Wegfall dieser Abschnitte gelegen war. Besonders charakteristisch für sein Verfahren ist die Kürzung von III 1. Von dem Vergleiche des Aberglaubens mit giftigen Blumen bleibt nur der erste Theil, welcher pathetisch gehalten ist, stehen (bis zu den Worten: 'zu mischen'). Auch durch die Kürzungen von V 6 gewinnt das Pathetische in der Scene das entschiedene Übergewicht.

Schiller hatte demnach die Absicht, das Charakterbild Rechas, wie er es bei Lessing vorfand, dahin zu ändern,

dass er das reflectirende Element möglichst entfernte. Dazu war er durch seine Umarbeitung von I 2 nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, weil er ja die Grundlage jener theoretischen Erkenntnisse, die directe Belehrung durch Nathan hatte wegfallen lassen. Hierbei wird, wie wir sahen, auch der Ausdruck der Gesammttendenz des Werkes abgeschwächt. Ob auch dies beabsichtigt war, wird sich später zeigen.

Schiller ist aber noch in einem anderen Punkte der Behandlung Rechas von Lessing abgewichen. Dieser lässt uns offenbar absichtlich bis gegen Ende des Stücks darüber unklar, ob die Leidenschaft des Ritters von dem Mädchen erwiedert werde. Alle Personen, selbst Nathan (vgl. besonders II 4), glauben dies und knüpfen daran Aussichten für die Zukunft (vgl. II 5, III 9). Auch die Erklärungen Rechas in III 3, nach der ersten Begegnung mit dem Ritter, bringen uns nicht genügendes Licht. Erst in der Schlussscene erfolgt ganz plötzlich die Lösung des Räthsels. Hier waltet gewiss die feinste Berechnung. Sie ist aber vielleicht zu fein für das Verständniss dessen, der das Stück ohne vorherige Lektüre zum ersten Male auf der Bühne dargestellt sieht.

Schiller hat nun die meisten Anspielungen auf eine mögliche Gegenliebe Rechas und eine Heirat weggelassen (in I 1. II 4. II 8. III 1. III 10. IV 4), so auch die darauf bezüglichen Äusserungen Saladins in dem ganz getilgten Auftritt IV 5, Dajas Phantasien über das Brautkleid in IV 6, Saladins Neckerei am Schluss von V 7. In I 4 ist durch geschickte Kürzung und Änderung dem Wunsche Rechas, den Ritter wiederzusehen, das bei Lessing stark ausgeprägte Ungestüm genommen. Stehen geblieben ist die Anspielung Nathans gegenüber dem Tempelherrn (II 5: 'Und ah! welch eine heitre Ferne'). Nur durch diese konnte die nachherige Entrüstung des Tempelherrn gegen Nathan begreiflich werden. Doch ist dann die wörtliche Zurückbeziehung auf diese Stelle getilgt. Bei den nicht gestrichenen Anspielungen Dajas in I 6 und IV 6 muss man bedenken, aus wessen Munde sie kommen. Jedenfalls können die wenigen auf ein Heirats project deutenden

Stellen, die Schiller beibehält, uns nicht von der Schlussfolgerung abhalten, dass es in seiner Absicht lag, den Gedanken an eine erotische Leidenschaft Rechas möglichst fern zu rücken. Seine Auffassung von Rechas Charakter aber konnte ihn dazu nicht nöthigen. Daher ist anzunehmen, dass er jenen Mangel an Deutlichkeit, den Lessing absichtlich hineingebracht zu haben scheint, entfernen wollte. Der Knoten schien ihm für das Verständniss des noch uneingeweihten Zuschauers, für den er das Stück einrichten wollte, allzu künstlich geschürzt.

Dieses Streben nach möglichster Deutlichkeit und Durchsichtigkeit gesellt sich als drittes Princip zu der oben festgestellten Abschwächung des reflectirenden und des tendenziösen Elementes.

Es gilt nun zu untersuchen, ob diese drei Principien sich auch sonst bei Schillers Änderungen nachweisen lassen.

Tief einschneidend ist die Umformung der ersten AlHafi-Scene (I 3). Den Entschluss des Derwisch zur Übernahme der Schatzmeisterstelle und die Gründe, welche ihn überhaupt bewogen, sich in das Getriebe der Welt zu mischen, hat Schiller selbständig behandelt: 'Nun aber.... geschieht mir recht.' Mit den letzten Worten knüpft Schiller unter Weglassung einiger Zeilen an den Lessingschen Text wieder an. Das vor dem Zusatze getilgte umfangreiche Stück, über welches nachher zu handeln sein wird, enthält nicht etwa, wie man erwarten sollte, die Lessingsche Begründung von Al-Hafis Entschluss, sondern diese folgt unmittelbar auf die Schillerschen Verse und ist in der Bearbeitung stehen geblieben. Schiller wollte sie also nicht durch die seinige ersetzen, sondern ergänzen. Bei Lessing gibt Al-Hafi eitle Empfänglichkeit für eine Schmeichelei Saladins als seinen einzigen Beweggrund an: ('Ich fühlte.... eines Gecken Geck'). Schiller schickt eine moralische Betrachtung voraus, welche dadurch, dass sie nicht nur die Übernahme des besonderen Amtes, sondern überhaupt die Fähigkeit zu einem solchen Schritte erklärt, dann aber auch durch die Tiefe des Gedankeninhaltes das kleinliche Motiv der Eitelkeit als ganz nebensächlich erscheinen lässt. Zweifellos ist auch in Lessings Darstellung das Motiv der

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Eitelkeit (vgl. II 9) weder das einzige, noch das hauptsächlichste. Der wirkliche Beweggrund der Übernahme des Amtes war trotz jener missmuthigen Selbstschilderung gewiss ein moralischer. Die Worte, welche Schiller dem Derwisch in den Mund legt, entsprechen durchaus seiner Gesinnung, und es ist für den Zuschauer von grossem Nutzen, einmal deutlich ausgesprochen zu hören, was sich aus dem burlesken Tone Al-Hafis nur bei genauer Aufmerksamkeit und guter Darstellung heraushören lässt. Muss man nun auch den allgemeinen Grundgedanken Schillers billigen, dem Derwisch ein moralisches Motiv beizulegen, so scheint er mir doch bei der Ausführung die Grenzen des von Lessing vorgezeichneten und von ihm selbst in allen wesentlichen Punkten beibehaltenen Charakterbildes überschritten zu haben. Der hastige, schnell entschlossene, jeder Regung sofort nachgebende Mann stellt solche ruhige Betrachtung nicht an, oder gibt ihr, wenigstens in der Stimmung, in welcher er sich I 3 befindet, nicht diesen wohlüberlegten Ausdruck.

Wesentliche Kürzungen, wenn auch keinen Zusatz, hat die schwierige Rolle des Klosterbruders erfahren, dessen subjective Reflexionen nicht aus dem Verstand, sondern aus inneren Kämpfen des Gemüths stammen. Sind nun auch die Äusserungen in I 5 und IV 7, welche Friedrich Schlegel zu dem Urtheil verführten, der Bruder falle manchmal aus der Rolle, mit dem Charakter der Person wohl vereinbar, so ist doch die Gefahr nicht zu verkennen, dass der Zuschauer manche jener Aussprüche aus dem Zusammenhange des Charakters und der Situation missverständlich heraushebe. Dies glaube ich, wollte Schiller verhüten, indem er folgende Abschnitte wegliess:

1) I 5. Die Angabe der Adresse und eines Theils vom Inhalt des an König Philipp zu bestellenden Briefes ("Guter Bruder' bis zu stellen'). Damit fällt die ausgesprochene Verwunderung über die weltlichen Interessen des Patriarchen weg.

2) Ebenda die nähere Auskunft über den gegen Saladin geplanten Mordanschlag mit den bemerkenswerthen Beiwörtern 'gottesfürchtig' und 'wacker'.

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