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zu reflectirend'. Aus ähnlichem Grunde tadelt er in der unvollendet gebliebenen Recension des Goethischen Stückes (Goedeke 6, 259), dass Iphigenie, nachdem Orest sich zu erkennen gegeben und verzweiflungsvoll entfernt hat, 'ihre Empfindungen in so zusammenhängenden Bildern und so schön periodisirten Reden' ausmale, in welchen sie sich als 'philosophische Betrachterin', nicht als selbst Leidende zeige. Man vergleiche dazu aus der Abhandlung Über naive und sentimentalische Dichtung eine Äusserung, die mit einer nachher zu besprechenden Stelle im Zusammenhang steht (Goedeke 10, 461): 'Der Tragiker muss sich vor dem ruhigen Raisonnement in Acht nehmen und immer das Herz interessiren'. In dem Verstoss gegen diese Regel sah er einen Hauptfehler des Nathan, den Goethe (Weimarisches Theater 1802) ein Stück nennt, 'wo der Verstand fast allein spricht'.

Wie dem Reflectirenden überhaupt, so war Schiller besonders dem Moralisirenden im Drama abhold. Über Goethes Iphigenie äussert er sich an einer späteren Stelle des erwähnten Briefes: 'Da überhaupt in der Handlung selbst zu viel moralische Casuistik herrscht, so wird es wohlgethan sein, die sittlichen Sprüche selbst und dergleichen Wechselreden etwas einzuschränken' (vgl. Nr. 708 vom Januar 1800).

Mit dem Moralisirend - Didaktischen hängt aber das Tendenziöse auf das engste zusammen. Es bedarf kaum des Hinweises auf die ausdrückliche Erklärung in dem Aufsatze 'Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet', um die Überzeugung zu gewinnen, dass Schiller die Tendenz des Lessingschen Nathan der Sache nach billigte. Um so weniger jedoch hielt er, wenigstens in seiner reiferen Periode, die Bühne für den geeigneten Ort zur Propaganda. Den oben angeführten Worten aus der Abhandlung Über naive und sentimentalische Dichtung geht folgende Bemerkung voraus: 'Daher behandelt der Tragödiendichter seinen Gegenstand immer praktisch, der Komödiendichter den seinigen immer theoretisch, auch wenn jener (wie Lessing in seinem Nathan) die Grille hätte, einen theoretischen, dieser einen praktischen Stoff zu bearbeiten'. In der Anmerkung hierzu stellt er diesen Fehler Lessings als

verhängnissvoll für das ganze Kunstwerk dar: 'Im Nathan dem Weisen hat die frostige Natur des Stoffes das ganze Kunstwerk erkältet. Aber Lessing vergass, dass der Dichter nicht befugt sei, die tragische Form zu einem anderen als tragischen Zweck anzuwenden' (vgl. Über die tragische Kunst, Goedeke 10, 40).

Endlich spricht Schiller auch seine auf Erleichterung des Verständnisses für den Zuschauer gerichtete Absicht aus und zwar wiederum bei Gelegenheit der Bearbeitung der Iphigenie. Brief vom 20. Januar 1802 (Nr. 834.): ‘Ich werde nunmehr die Iphigenie mit der gehörigen Hinsicht auf ihre neue Bestimmung lesen und jedes Wort vom Theater herunter und mit dem Publicum zusammen hören'. So hatte er die Kürzung des mythologischen Theils empfohlen, der für das Publicum in Massa zu kalt' sei.

Will man nun gegen die Richtigkeit der hier gewonnenen Resultate einwenden, dass die aufgezeigten Principien der Bearbeitung für Schiller nicht massgebend gewesen seien, weil er sie sonst consequenter durchgeführt hätte, so kann mit Schillers eigenen, auf die Iphigenie bezüglichen Worten erwidert werden (Brief vom 22. Januar 1802): 'Öfters sind auch diejenigen Partien, die das Los der Ausschliessung vor andern getroffen haben würde, nothwendige Bindungsglieder, die sich durch andre nicht ersetzen liessen, ohne den ganzen Gang der Scene zu verändern'. Ein anderer Einwand wäre der, dass noch immer viele Kürzungen und Änderungen unerklärt bleiben. Dagegen ist zu bemerken, dass erstens jeder aus irgend einem inneren Grunde entfernte Abschnitt Theile seiner Umgebung mit sich reisst, zweitens aber auch für Schiller die Kürzung an sich Selbstzweck war, da der ganze Nathan für einen Theaterabend zu lang ist. Es war ihm daher gewiss oft genügender Grund zur Ausscheidung, dass der betreffende Abschnitt überhaupt zu entbehren war.

Berlin.

G. Wartenberg.

Hölderlinstudien. 1)

1. Zur Entwicklungsgeschichte des Hyperion.

Wir wissen, dass Hölderlins Interesse während seines letzten Universitätsjahres vorzugsweise durch seinen griechischen Roman Hyperion in Anspruch genommen war. Den Plan dazu hatte er offenbar schon früher gefasst. Denn im Juni 1792 schreibt ihm Magenau in einem bisher ungedruckten Briefe: 'Du willst Romanist werden' und wünscht diesem Vorhaben, welches er billigt, einen guten Erfolg. Ob Hölderlin durch Wielands Schriften dazu angeregt war, lässt sich nicht feststellen. Auf die spätere Fassung ist Heinses Einfluss nicht zu verkennen. Hölderlin war der Hymnen überdrüssig geworden, da er, wie es in einem Briefe an Neuffer heisst, bald gefunden, dass sie ihm 'doch selten in dem Geschlechte, wo doch die Herzen schöner sind, ein Herz gewinnen würden', und dies habe ihn in seinem Entwurfe eines griechischen Romans bestärkt. Im Frühling 1793 las er Stäudlin bei seinem Besuche zuerst daraus vor und schickte ihm im Juli ein Fragment desselben zu, das er auch Neuffer zu beurtheilen bat. Dieser Entwurf wurde jedoch später gänzlich umgearbeitet und ist erst neuerdings in seiner ursprünglichen Gestalt durch August Sauer ans Licht gezogen. Im Archiv für Litteraturgeschichte (13, 380 ff.) hat dieser aus Wilhelm Küntzels handschriftlichen Schätzen' ein Fragment veröffentlicht, welches er für die älteste Fassung des Romans hält. Es trägt den Titel: 'Hyperions Jugend. Erster Theil. Herausgegeben von Friedrich Hölderlin', ist eine IchErzählung, in Kapitel eingetheilt, bricht leider aber schon im Anfang des zweiten Kapitels ab. Der jugendliche, in Zweifeln befangene Erzähler schildert sein Zusammentreffen mit einem 'guten' Manne, welcher ihm die Resultate seiner Lebenserfahrung mittheilt (erstes Kapitel) und auf seinen Wunsch sich anschickt, ihm die Geschichte seines jugend

1) Vgl. Archiv für Litteraturgeschichte 15, 61 ff.

lichen Lebens zu enthüllen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dieses Fragment noch vor Hölderlins Abgang nach Waltershausen in Tübingen, bez. Nürtingen geschrieben wurde. Dafür spricht schon der Stil, der durch eine gewisse Unbeholfenheit und Nüchternheit, im Vergleich mit der späteren Meisterschaft, den frühen Ursprung verräth. Auch der Inhalt dieses ersten Kapitels weist auf jene Zeit hin. Er bewegt sich ganz in dem Kreise der Gedanken, welche damals ihn erfüllten. Wenn der 'gute' Mann im Beginn seiner Mittheilung sagt: 'Als unser Geist sich aus dem freien Fluge der Himmlischen verlor und sich erdwärts neigte vom Äther, als der Überfluss mit der Armuth sich gattete, da ward die Liebe. Das geschah am Tage, da Aphrodite geboren ward. Am Tage, da die schöne Welt für uns begann, begann für uns die Dürftigkeit des Lebens'so springt die Verwandtschaft mit den ersten Strophen des Gedichts: 'Das Schicksal' sofort in die Augen. Wie in dem Gedicht, so kommt auch in dem vorhandenen Fragment Hölderlins Pantheismus noch nicht zum Ausdruck. Der Gegensatz zwischen Geist und Natur, der Kampf zwischen beiden und ihre Versöhnung durch die Liebe, 'die Tochter des Überflusses und der Armuth' ist das Thema, um welches die Rede des Alten sich dreht. Es ist sehr zu bedauern, dass die folgenden Kapitel fehlen, die uns tiefere Einblicke in den damaligen Plan des Dichters hätten thun lassen. Die Andeutungen, welche er in dem erwähnten Briefe an Neuffer gibt, sind zu unbestimmt und allgemein gehalten, um Schlüsse darauf zu bauen. Auf der K. Bibliothek in Stuttgart, welcher der litterarische Nachlass Chr. Schwabs, so weit er Hölderlin betrifft, überliefert ist, habe ich von dieser Fassung gleichfalls nur ein Bruchstück des ersten Kapitels gefunden.

Ob neben diesem Entwurfe gleichzeitig noch andere entstanden sind, lässt sich nicht feststellen. Im Hamelschen Nachlass, der mir vom Besitzer gütigst zur Benutzung übergeben ist, findet sich auf einem Quartdoppelblatt das Bruchstück einer von den späteren Fassungen abweichenden IchErzählung, in welcher der Abschied von Smyrna und die im Zorn erfolgende Trennung von Adamas geschildert wird. Ob aber dieses Bruchstück ein Theil eines selbständigen

Entwurfes sei, oder zu dem von Sauer veröffentlichten Fragment gehöre, ist eine Frage, die sich um so weniger entscheiden lässt, als die kindlich-steife Handschrift desselben von derjenigen Hölderlins verschieden ist, wir demnach eine Abschrift vor uns haben. Jedenfalls wird es vor dem Fragment in der Thalia entstanden sein.

In einer Anmerkung erwähnt Sauer, dass noch das Concept einer Versification des von ihm veröffentlichten Fragments im Nachlass erhalten sei. Ich habe es auf der K. Bibliothek in Stuttgart im I. Fascikel der Hölderlinschen Manuscripte, welcher die lyrischen Sachen enthält, gefunden, im Verzeichniss als 'Ungereimte fünffüssige Jamben' aufgeführt. Es besteht aus drei losen Quartblättern ohne Überschriften. Zwei dieser Blätter gehören zusammen und entsprechen, stellenweise wörtlich, dem von Sauer veröffentlichten Fragment von S. 280 1. Z. bis S. 283 Z. 7 v. u. Meiner Ansicht nach ist die metrische Form die ältere und später erst, mit Zurücklassung noch zahlreicher Spuren, in die prosaische aufgelöst. Ich schliesse dies daraus, dass die Mehrzahl der in jener vorgenommenen Änderungen in dieser als alleinige Fassung uns entgegentritt. Auch will es mir glaublicher erscheinen, dass Hölderlin ursprünglich die ihm vertrautere Versform gewählt und erst, nachdem er sich überzeugt, dass sie für philosophische Auseinandersetzungen sich weniger eigne, die Umwandlung in Prosa vorgenommen habe.

Das dritte Blatt ist offenbar ein Theil der Jugendgeschichte Hyperions. Es lautet:

[S. 1.] Oft sah und hört' ich freilich nur zur Hälfte

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Und sollt' ich rechtwärts gehn, so gieng ich links

Und sollt' [ich] eilig einen Becher bringen,

So bracht' ich einen Korb, und hatt' ich auch

Das richtige gehört, so waren, ehe noch
Gethan war, was ich sollte, meine Völker

Vor mich getreten, mich zum Rath, und Feinde,
Zu wiederhohlter Schlacht mich aufzufordern.
Und über dieser grössern Sorg' entfiel mir dann

10 Die kleinre, die mir anbefolen war.

Oft sollt' ich straks in meine Schule wandern,

Vers 2 zuerst recht mich w

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