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Taschenbuch und in der Schwabschen Gedichtausgabe von 1878 steht. Manuscripte haben von beiden bisher nicht aufgefunden werden können, und wir sind daher zur Zeit auf Vermuthungen angewiesen.

In jedem der genannten Gedichte müssen wir zwei Theile unterscheiden: die ersten beiden Abschnitte - die Klage um das Leid des Freundes, und den letzten Abschnitt die Einladung.

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Der erste Theil die Klage darf als eine Umarbeitung des ersten Entwurfes gelten, die Hölderlin muthmasslich im Sommer 1795 vorgenommen, wo er wieder bei den Seinigen in Nürtingen lebte. Denn im Mai dieses

Jahres hatte er in Jena, kurz vor seiner Rückkehr in die Heimat, den Tod von Neuffers Braut erfahren, und die Stimmung in diesem ersten Theile der Gedichte entspricht vollkommen der Stimmung in seinen Briefen an den Freund aus jener Zeit. In Frankfurt, zwei Jahre später, können diese Verse nicht wohl gedichtet sein, denn das Ereigniss in Neuffers Leben, auf welches sie hinweisen, war zweifellos der Tod seiner Braut, und dieser lag damals schon zu weit zurück, um einen so lebhaften Gefühlsausbruch von Seiten Hölderlins hervorzurufen. Auch wissen wir aus einem bisher nur theilweise veröffentlichten Briefe Hölderlins an Neuffer, dass inzwischen bereits eine neue Neigung im Herzen des Freundes zu keimen begonnen hatte. Auf den plötzlichen Tod von Neuffers Schwager, Stäudlin, im September 1796, können die Verse keinesfalls bezogen werden, da dieser nicht so tief in sein Leben einschnitt, wie der Verlust der Braut. Auch vermissen wir in den uns erhaltenen Briefen Hölderlins an Neuffer jede Äusserung darüber. Die ursprüngliche Lesart hinab zu meinem Neckar' wurde. vielleicht erst für das Taschenbuch durch Neuffer in 'hinab am Maingestade' umgewandelt.

Anders verhält es sich mit dem letzten Abschnitte, der Einladung. Diese könnte in der Form, wie sie das Neuffersche Taschenbuch gibt, Hölderlin sehr wohl im Sommer 1797 in Frankfurt geschrieben haben. Ja, die Worte 'nach jahrelanger Trennung' sprechen mehr für dieses, als für ein früheres Jahr. Ein Brief, den Hölderlin

im Juli 1797 an Neuffer richtete, spricht die innigste Sehnsucht nach einem Wiedersehen aus, er bedurfte des Trostes für die eigene Herzenswunde. So ist es denkbar, dass an diesen Brief eine Einladung in poetischer Form sich anschloss. Und in der That besuchte, wie Schwab erzählt, Neuffer in diesem Sommer seinen Freund.

Die Entstehung der beiden Fassungen, in welchen das Gedicht jetzt im Druck vorliegt, erkläre ich mir einstweilen, bis ein etwa noch aus der Vergangenheit auftauchendes Manuscript mich eines anderen belehrt, in folgender Weise. Als Neuffer nach 28 Jahren in seinem Taschenbuche das Gedicht veröffentlichte, hatte er zwei Einladungsgedichte, ein älteres aus Nürtingen (1795) und ein neueres aus Frankfurt (1797) zu einem Ganzen verschmolzen. In seiner Erinnerung mochten nach einem so langen Zwischenraume die Zeiten in einander fliessen. Und vielleicht waren es nur Concepte oder Conceptfragmente, die er besass.

Schwab aber änderte das von Neuffer veröffentlichte Gedicht lediglich nach Anleitung des von ihm im Manuscript entdeckten ersten Entwurfes ab, indem er den 'Main' wieder mit dem Neckar' vertauschte und an die Stelle der Schlussverse jenes Gedichts einfach die Schlussverse des Entwurfes setzte. Dass das Gedicht dadurch an innerer Einheit gewann, lässt sich nicht verkennen.

4. Das Drama: König Agis.

Auf Grund einer Mittheilung von Schwab in seiner Biographie Hölderlins wird unter den Arbeiten dieses Dichters ein verschollenes Drama: König Agis genannt. Schwab lässt ihn schon in Frankfurt den Plan zu einem Trauerspiel entwerfen, 'das die letzten Todeszuckungen der alten Spartanertugend schildern und den König Agis zum Helden haben sollte'. In Homburg sei es weitergeführt und habe an Umfang gewonnen, es sei jedoch nie ganz vollendet worden. 'Das Manuscript dieses bedeutenden Fragments', heisst es dann, 'war noch zu Anfang dieses. Jahrhunderts vorhanden und befand sich seit 1810 bei der Registratur der Zeitung für die elegante Welt, an die es Conz zum Behufe von Mittheilungen eingesandt hatte; es

wurde jedoch weder veröffentlicht, noch zurückgeschickt und scheint mit seinem ganzen Inhalte verloren gegangen zu sein.'

Trotz der Bestimmtheit, mit welcher Schwab diese Angaben macht, konnte ich mich der Bedenken gegen ihre Richtigkeit nicht erwehren. Einmal wird das Drama in keinem der Briefe Hölderlins erwähnt. In einem noch ungedruckten Briefe vom Juni 1799 an Neuffer, in welchem er diesem zuerst seinen Plan 'eine poetische Monatsschrift' herauszugeben, vorlegt, zählt er die Beiträge auf, die er zunächst selbst dazu beisteuern könne, und nennt ausser lyrischen und elegischen Gedichten' nur das Trauerspiel, den Tod des Empedokles'. Es erschien mir ferner nicht glaublich, dass Hölderlin, dem es schon im gewöhnlichen Leben schwer fiel, seine Gedanken von einem Gegenstande auf einen anderen zu richten, zwei solche Stoffe, wie den Empedokles und den Agis, gleichzeitig in Angriff genommen haben sollte. Endlich musste es bei der Gewohnheit Hölderlins, die ersten Entwürfe seiner Dichtungen wiederholt zu überarbeiten und umzuarbeiten, in hohem Grade auffallen, dass unter seinen nachgelassenen Papieren auch nicht das kleinste Bruchstück jenes Dramas gefunden wurde. Die Nachforschungen, welche der gegenwärtige Inhaber der Buchhandlung, in deren Verlag die Zeitung für die elegante Welt erschienen war, H. Ernst Maass in Hamburg, auf meine Bitte bereitwilligst nach dem Verbleib der von Schwab genannten Registratur anstellte, führten zu keinem Resultat.

Da erinnerte ich mich, dass in dem Catalog einer Autographen-Sammlung von Herrn Alexander Meyer Cohn in Berlin ein Brief von Conz verzeichnet sei, der, vom 8. September 1809 datirt und an A. Mahlmann gerichtet, Aufschluss zu geben versprach. Ich lasse diesen auch sonst interessanten Brief, dessen Veröffentlichung der Besitzer mir gütigst gestattet hat, hier folgen:

Tübingen den 8ten September 1809.

Euer Wohlgebohren

erlauben mir gütigst eine litterarische Anfrage. Ich bin im Besitze mehrerer noch ungedruckter theils poetischer theils prosai

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scher Aufsätze des Ihnen gewiss wohl bekannten talentvollen, aber leider nun seit mehreren Jahren von einer traurigen Geistesstörung befangenen Dichters Hölderlin, meines Landsmannes und Freundes. Er ist seit geraumer Zeit hier in Pension; sein Zustand scheint wohl unheilbar. Seine Familie hat mir die Papiere ausgeliefert, und den Wunsch blicken lassen, wenn ich etwas von dem, was ich des Verfassers würdig glaubte, gegen ein Honorair dem Drucke könnte überlassen, so würde eine dem unglücklichen dadurch zuwachsende Unterstützung mit Dank aufgenommen werden. An eine Sammlung seiner Gedichte ist bei der gegenwärtigen Lage des Buchhandels nicht zu denken. So bin ich auf den Einfall gekommen Ihnen für die elegante Zeitung einige dieser Aufsätze anzubieten. Es befinden sich viele Gedichte darunter, unter denen die früher komponirten vorzüglich durch Wärme und Innigkeit des Gefühls sich auszeichnen, und die wenigsten derselben sind gedruckt. Die späteren tragen schon zu viel den Stempel einer gewissen überschwänglichen Spitzfindigkeit, idealisirenden Ungemeinheit und manierirten gräcisirenden Form, als dass sie allgemeinen Beifall könnten ansprechen. Auch ist der Anfang ungefähr 2 Akte eines Drama in Jamben darunter Empedokles auf Aetna, zwar schon jenem Tone annähernd, aber doch bei der Tiefe des Gefühls noch von mehr Klarheit, als manches neuere, Spätere. Ein prosaischer Aufsatz über die verschiedenen Richtungen der Poesie enthält viele richtige Kunstblicke in einem gerundeten lebendigen Styl, wenn ich auch schon nicht überall mit dem Verfasser in seinen Ansichten übereinstimmen möchte.24) Da ich das Journal, das Sie redigiren, wegen seiner ganzen Tendenz, seines Tons und Gehalts vorzüglich liebe, so würde ich Ihnen diese Arbeiten meines Freundes nicht empfehlen, wenn ich nicht glaubte, sie würden seiner würdig seyn. Wollen Sie die Güte haben, mir Ihren Entschluss desswegen zu erklären und zugleich zu bestimmen, wie viel für den Bogen Honorair von der Verlagshandlung könnte erlassen werden, so bin ich geneigt, Ihnen, was ich für Ihr Institut brauchbar glaube, entweder nach und nach oder mit einmal zu übersenden. Nur müsste ich die Bedingung machen, dass der Nahme des Verfassers vor der Hand nicht dabei gedruckt werde. Seiner Geistes verwirrung ungeachtet hat er immer noch die Grille, dass er von einer eigenen Ausgabe seiner Werke spricht, und wo er hört, dass etwas von ihm gedruckt worden sey, ohne sein Vorwissen, wie

24) Im Schwabschen Nachlass auf der K. Bibliothek in Stuttgart befindet sich Fasc. I Nr. 6 fol. 53a ein Aufsatz von Hölderlin betr. das Verhältniss der tragischen, lyrischen und epischen Dichter zu einander; Fasc. III Nr. 9 Hölderlinsche Sätze betr. tragische, lyrische und epische Dichter, in Abschrift von Schwabs Hand.

z. B. Leo von Seckendorf25) und ich glaube auch die Verfasser der Einsiedlerzeitung 26) manches, was sie aus den Händen seiner auswärtigen Freunde erhielten, unglücklicher Weise gerade aus der Periode, wo er schon über dem gegenwärtigen unglücklichen Zustande brütete recht als ob sie in den Resultaten des beginnenden Irrsinnes die höchste Begeisterung und Weihe des Dichters witterten wo er dies hört, ist er stets sehr ungehalten darüber und schreit über unbefugte Eingriffe in eigene Rechte. Meine Hauptabsicht, die ich oben erklärt, kennen Sie, und ich möchte dieselbe nur mit dem Interesse des Publicums und der wahren Ehre des Verfassers ohne seinen Namen vor der Hand zu nennen, vereinigt wissen.

Um diesen Brief nicht ganz leer an Sie abgehen zu lassen, lege ich für Ihr Institut einige meiner Aufsätze bei die meines Freundes müssen erst abgeschrieben werden Wenn sie Ihnen

nicht misfallen, so erbiete ich mich auch für die Zukunft Ihnen je und je etwas mitzutheilen.

Ich bin mit aller Hochachtung

Euer Wohlgebohren

gehorsamster Diener
Prof. Conz.

Der Brief ist zweifellos an August Mahlmann gerichtet, welcher von 1805 bis 1816 die Zeitung für die elegante Welt redigirte. Seine Antwort fehlt. Wir wissen also nicht, ob er das Anerbieten, welches Conz ihm machte, angenommen, und ob dieser ihm darauf die Abschriften von Hölderlins Dichtungen zugesandt hat. Die Originale wird Conz jedenfalls zurückbehalten haben und sie werden spätestens nach seinem Tode (1827) wieder in den Besitz der Familie gelangt sein. Gedruckt sind sie in der Zeitung nicht; wenigstens habe ich in den nächsten Jahrgängen derselben nichts gefunden, was man mit Hölderlins Namen in Verbindung bringen dürfte.

25) Leo von Seckendorfs Musenalmanach auf das Jahr 1807 enthält von Hölderlin: Die Herbstfeier, Die Wanderung, Die Nacht; desselben Musenalmanach auf das Jahr 1808: Patmos, Der Rhein, Andenken.

26) Die Zeitung für Einsiedler, Heidelberg April bis August 1808 — zusammengefasst unter dem Titel Tröst Einsamkeit, herausgegeben von Ludw. Achim von Arnim, Heidelberg 1808 - hatte Bruchstücke von Hölderlins Patmos und Der Rhein gebracht, muthmasslich dem Seckendorfschen Almanach entlehnt.

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