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mante und prophezeit ihm seine baldige Freilassung (S. 79f.). Condado findet ehrenvolle Aufnahme am Hofe eines syrischen Prinzen (S. 1047 ff.) wie Schelmuffsky beim Grossmogul. Und was alamodisch an der Reisebeschreibung ist, ist ein Wiederschein der Condadopartien im Academischen Roman.

Die Übereinstimmungen gehen zu sehr ins einzelne, als dass sie zufällige sein könnten; und zwar finden sie sich schon in der ersten Fassung, sind aber in der zweiten vermehrt. Man beachte ferner, dass auch Happel wie Reuter 'seine Leute an der Wirthstafel versammelt und sie ihre Lebensgeschichte erzählen lässt' (S. 27 ff. 209 ff. 466 ff. u. s. w.); dass auch er sie durch Deutschland und Italien führt und durch Seeräuber gefangen nehmen lässt (S. 986 ff.). Reuters 'Stich auf die Sprachmengerei' kann gerade gegen Happel gehen; vgl. die Reden Trolls und Cerebacchius, die 'Discurse' (z. B. S. 542 ff.) u. s. w. Mit den 'wackern Discursen', die Schelmuffsky gehalten haben will, kann er über die zahllosen 'Discurse' spotten, welche im Academischen Roman der Lehre dienen. Wenn in der Reisebeschreibung 'studentischer Rauf- und Saufcomment mit Behagen geschildert ist', so ist damit der Inhalt des Academischen Romans (S. 960 ff. 966 f. 975 ff. u. ö.) so gut aufgegriffen, wie in den Anspielungen auf Doctorfabriken (Happel S. 225 ff.) und Raritätencabinete (ebenda S. 58 ff.).

In vielem darf übrigens Reuters Satire nicht als Angriff auf Happel, sondern als gekürzte, zusammengepresste Wiederholung Happelscher Satire gelten. Happel bringt nicht nur 'Gutes zur Lehre', sondern auch 'Böses zur Warnung'. Und er hat sich wie Reuter gegen Adelige (z. B. S. 491 ff.), Würdenträger (z. B. S. 495 ff. 942), vornehme und niedere Weiber (vgl. die Abenteuer des Venereus) ausgesprochen.

Ich bin allerdings der Meinung, dass mit der Form der Reisebeschreibung auch Happels Romandichterei gegeisselt wird; aber es darf nicht behauptet werden, dass ebenso der Inhalt des Academischen Romanes das Hauptziel des Reuterschen Spottes sei; in manchen Theilen haben beide die gleichen Ziele der Satire auf ihre Zeitgenossen. Auch ist nicht zu vergessen, dass Reuter andere litterarische

Kenntnisse und Persönliches dazu setzte und überall seinen grotesken Humor walten liess.

Nebenbei möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Leichenrede, welche der ehrlichen Frau Schlampampe in Reuters Komödie gehalten wird, vielleicht in der Happelschen 'Abdanckung bey der Begängnüss einer alten Frauen' (Academ. Roman S. 781 ff.) ihr Vorbild hat. Ich habe die Komödie nicht zur Hand. Zarnckes Citat daraus trifft freilich nur formal in den rethorischen Fragen mit ihr zu

sammen.

Graz.

Justus Lunzer.

Herder an Gerstenberg über Shakespeare.

Herders Sendschreiben an den Herausgeber der 'Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur' zu veröffentlichen ist nun an der Zeit, da wir die Briefe selbst bequem in der von A. v. Weilen für Seufferts Neudrucke besorgten Ausgabe lesen. 1) Gerstenbergs fünf Briefe der zweiten Sammlung über Shakespeare (14-18) sind eine litterarische That. Wir dürfen, um ihnen geschichtlich ihr Recht widerfahren zu lassen, nicht vergessen, dass sie vor Herders epochemachender Erstlingsschrift erschienen sind, und dass Lessing zu diesen Briefen, welche ihrerseits nur von dem 17. Litteraturbriefe Anregungen erhalten, das Entnommene aber frei und selbständig fortgebildet hatten, nach etlichen Jahren als Dramaturgist Stellung nehmen musste. Die beiden ersten Sammlungen der 'Briefe' sind um die Mitte des Jahres 1766 erschienen.

Wie kräftig diese nordischen Briefe den jugendlichen Verfasser der 'Fragmente über die neuere Deutsche Litteratur' angemuthet haben, ist aus der Erstlingsgestalt des Aufsatzes 'Shakespeare', dem Sendschreiben an Gerstenberg zu ersehen. Hier erkennen wir die unmittelbare An

1) Deutsche Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts in Neudrucken herausgegeben von B. Seuffert. Heilbronn, Gebr. Henninger. Nr. 29. (Erste und zweite Sammlung der Briefe').

knüpfung; in der letzten Gestalt dagegen, wie sie die 'Blätter von Deutscher Art und Kunst' 1773 brachten, wird der Verfasser der Briefe erst gegen das Ende hin ehrenvoll erwähnt: Noch neuerlich hat ein Schriftsteller, der gewiss seinen Shakespear ganz gefühlt hat, den Einfall gehabt' u. s. w. Unverkennbar allerdings bleiben auch in dieser Gestalt die inneren Beziehungen zwischen dem jüngeren Shakespeare-Manifest und dem älteren vom Jahre 1766.

Das

In den Blättern von Deutscher Art und Kunst erscheint der Inhalt des Sendschreibens mit neuem Stoff versetzt, und diese letzte Gestalt ist das Ergebniss mehrmaliger Umschmelzung. Diesen Process zu verfolgen wird in der Einleitung des fünften Bandes von Herders Werken der Ort sein. Haym, im ersten Bande seines Herder (S. 423— 440) verweilt besonders bei der letzten und vorletzten Stufe der Shakespeare-Schrift. Die Wiedergabe und Entfaltung ihres Inhalts ist eine der am schönsten gelungenen Partien der Biographie, ganz im Geiste der merkwürdigen Schrift selbst, ganz aus der Seele ihres Autors. Material, das dem Biographen vorlag, hat seither eine Vermehrung erfahren. Aus den Handschriften zu Band 25 (Volkslieder') und von anderwärts haben sich einige lose Blätter hinzugefunden, die anscheinend zu einer Redaction gehören, welche als Seitenstück zu dem Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker' entworfen war. In dieser Gestalt hätten, wie es in jenem 'Briefwechsel der Fall ist, reichliche Proben von eignen Übersetzungen Aufnahme gefunden. Im letzten seiner Briefe hatte Gerstenberg gegen Wielands Übersetzung den Trumpf ausgespielt, 'dass Shakespear, wenn er viele dergleichen Schwierigkeiten hat (wie die o-Reime in Ariels Liedchen) unübersetzlich sey' (S. 165). 'Wieland verachtet diesen Kleinmuth' (den Zweifel an der Möglichkeit), ‘ergreift die Feder, und denkt Wunder, wie er den Schwierigkeiten abgeholfen habe, wenn er wie ein Jesuiter-Knabe übersetzt.' Herder fühlte sich angereizt, den Thaterweis der Übersetzbarkeit zu erbringen, so wie er ihn etliche Jahre nachher durch die Lieder aus Shakespear' erbrachte, die, nebst anderen 'Empfindungsstücken aus Shakespear, Monologen u. dgl.,

ein ganzes Buch seiner ursprünglichen Volkslieder-Sammlung vom Jahre 1774 ausmachen, das zweite im ersten Theil (Herders Werke 25, 33-60). Die kleine Vorrede, mit welcher er das Buch einleitet, nimmt Gerstenbergs Satz mit ihrer Überschrift Wäre Shakespear unübersetzbar?' wieder auf im Sinne zuversichtlicher Bejahung. Die Übersetzungsversuche gehören zum Theil schon der Rigaer Zeit an (Briefe an Merck 1, 12). Wie weit sie gegangen sind, und dass es in der That nur eine Auswahl aus einem reichlichen Vorrath war, was wir im zweiten Buch der alten 'Volkslieder' zusammengestellt finden, sagt uns unter anderm ein Satz aus jener briefartigen Redaction: 'Mir fällt eben der ganze dritte Akt des König Lears übersetzt in die Hände, und ich glaube fast daraus beweisen zu können, dass unsre Deutsche Sprache selbst für alle die harten, einsylbigen, wütenden Ungewitterworte nicht zu schwach sey. Ich will indess nur Stellen ausreissen' u. s. w. Begonnen hat Herder seine Shakespearelektüre als Schüler Hamanns mit dem Hamlet; Stücke einer wörtlichen Übersetzung desselben sind noch in einem seiner Königsberger Arbeitshefte erhalten. Auf den Verfolg seiner ShakespeareStudien einzugehen habe ich hier um so weniger Anlass, da wir eine sorgfältige Zusammenstellung darüber in Minors und Sauers Studien zur Goethe-Philologie S. 239 f. besitzen.

'Gilt nichts', hat kurz und bündig Georg Müller, der thätigste im Collegium der alten Herder-Herausgeber mit seinem Rothstift oben auf den Bogen gesetzt, dessen vier Seiten in engster Schrift die Shakespeare-Epistel einnimmt. Über den Werth erster Niederschriften denken wir heute anders, und wissen mehr damit anzufangen. Die äussere Gestalt des Manuscripts ist uns nicht gleichgültig, die Züge der Hand bedeuten etwas. Herder streicht wenig in ersten Niederschriften, auf Nachträge zwischen den Zeilen oder am Rande ist er nie bedacht, die Zeilen reihen sich eng aneinander (38-39 auf der Seite gross 4°) und gehen von Rand zu Rand. Die wenigen Änderungen sind eben so wenig nachträglich, vielmehr im Zuge der Niederschrift selbst gemacht, die ohne Einhalt und Stocken ebenmässig von Statten gegangen ist. Ich gebe, wie ich es in der

Ausgabe von Herders Werken gehalten habe und ferner halte, das Gestrichene, soweit es volle Wortgestalt hat, im Texte selbst zwischen eckigen Klammern. Hemmt dies Verfahren den Leser etwa im Augenblick, so ist es doch andrerseits am ehesten dazu angethan, ihm des Schriftstellers Schaffen und Arbeiten unmittelbar vor Augen zu bringen. Es zeigt sich sofort, wo er etwa gestrichen hat im Streben nach Gedrungenheit, oder wo er genöthigt gewesen ist, einen Schritt zurückzugehen, ein im eiligen Zuge der Gedanken übersprungenes Mittelglied nachzuholen. Blosse Ansätze zu Worten vermerke ich, wenn sie gestrichen sind, unter dem Texte, zumal wenn die Ergänzung nicht mit Sicherheit gegeben werden kann. Einige Einzel-Erläuterungen füge ich eben dort bei, indem ich die Schleswigschen Litteraturbriefe nach dem Neudruck, Von Deutscher Art und Kunst nach der Original-Ausgabe citire.

Ja, mein Herr, Sie können es [Jemanden glauben], wenn Ihnen dieser Brief gedruckt vor Augen kommt, Sie können es Jemanden glauben, der kein Recht hat, Ihnen als Freund, und keine Lust Ihnen als Schriftsteller zu schmeicheln, dass mir Shakespear, der grosse Shakespear in Ihren wenigen Briefen über ihn mehr erschienen ist, als in so manchen Vorreden, Noten, Versuchen und Lobreden so mancher seiner Landsleute; so Viel Vortrefliches diese über ihn geschrieben. Es wird in Ihrer Rechtfertigung ein Mann sichtbar, der den ganzen Shakespear studirt und gefühlt hat, der unverdorben von der Kritik der Regeln und unverwahrloset von den Vorbildern der Alten die ganze, grosse Natur von Charakteren, Leidenschaften, Anlagen, Dichtungen und Spracharten in ihm fühlen konnte, und Alles dies, in Shakespears Zeitalter, Volk und Idiom (lassen Sie mich so das Ganze von Sprache nennen, das Einem und Jedem Menschen eigen bleibt! 2) sich zu erfühlen strebte doch was lobe ich das, was Sie über Shakespear gesagt haben, gegen das, was Sie auch über Spenser, auch über Milton, auch über Cervantes, auch über die Skalden zu sagen anfingen und auch dies was ists, gegen das, was Sie als Skalde und Tändler, als Trauerspiel- und Näniendichter, als Sänger der Ariadne und der Schnitter3) selbst gethan und thun werden!

2) Vgl. Herders Werke 2, 56, 143. 57, 146 (Fragmente. Erste Sammlung, zweite Ausgabe 1768): 'Idiotistische Schriftsteller'.

3) Ariadne auf Naxos 1765, Gerstenbergs Vermischte Schriften 2,73, vgl. Vierteljahrschrift 1,47. Schnitterlied, Vermischte Schriften 2, 221. Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte II

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