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Albas verbissenem Ärger, dass Oranien nicht so verblendet wie Egmont ist. Dieser hatte im zweiten Aufzug Oranien ermahnt, 'sich nicht durch Klugheit verführen zu lassen', aber der mit Recht argwöhnische Freund kannte Albas 'Mordsinn', und da er dessen Plan, 'sich der Häupter zu versichern', ahnte, hütete er sich, ihm in die Hände zu fallen. Gerade dies ärgerte Philipps Henker, dass Oranien ihn ganz durchschaute, ja auch so klug war, ihn bis zum letzten Augenblick auf sein Erscheinen hoffen zu lassen. Heinrich Düntzer.

Köln.

Findlinge aus der jüngeren Romantik.

1. Arnim an W. Dorow.

Berlin d. 14 März 1810.

Sie erwerben sich um mich das höchste Verdienst, lieber Dorow, ich erwarte mit Ungedult Ihre Sendungen, sie sind mir beyde recht lieb, das Geld werde ich noch heute durch den Geh. [Rath] Stägemann Ihnen besorgen, er hat sicher Gelegenheit zur Auszahlung in Königsberg. Sie wünschen eine Beschreibung von Brentano, er ist aber mein vertrauter Freund und so würde meine Schilderung mehr sein Verhältniss zu mir, als ihn selbst angehen; was man übrigens von seinem Gesange gesagt hat ist gewiss durchaus wahr, er hat einen kleinen aber sehr schönen Kreis von Liedern in der Kehle und in den Fingern, die ihm so leicht niemand besser singt, auch die Art seines Anstandes erhöht die Wirkung, sein Gesicht ist mehr bedeutend als schön und das wirkt in aller Kunstübung das meiste; ein ganz schöner Kopf ist ohne Bewegung das höchste Kunstwerk. Stägemanns scheinen viel Gefallen an seinem Umgange zu finden, aus seinen Schriften, unter denen ich Ihnen den Ponce de Leon besonders empfehle, werden Sie die Gewandtheit und den Witz seiner Sprache kennen lernen. Von Tieck weiss ich nichts weiter, als dass er noch immer an der Gicht leidet und in München lebt. Vielleicht lockt auch ihn die neu zu errichtende hiesige Universität hieher, wozu tüchtige Männer berufen sind, es wird hier ganz munter werden. Himmel, der Ihnen fatal gewesen, ist hier noch nicht liebenswürdiger geworden, er bessert sich indessen, da die Leute wenig Nachsicht gegen ihn haben. Reichardt ist jetzt zu den Prinzenhochzeiten nach Weimar und Hildburghausen gereist, dann kommt er hieher. Sie verwundern sich über manche anzügliche

und thörigte Rezensionen in hiesigen Zeitungen? Ich verwundre mich, wenn ich eine kluge lese und darum lese ich meist gar keine, schreibe was mir Spas macht und lass drucken was die Buchhändler haben wollen. Ein Paar Bücher die von mir in nächster Messe erscheinen sollen mit dem letzten fertigen Bogen zu Ihnen wandern, Sie werden mich drin finden und ich rechne auf Ihre Freundschaft dass sie Ihnen in dieser Hinsicht nicht gleichgültig seyn werden.

Manche Geschäfte, die sich durch den Tod meiner verehrten Grossmutter die mich auferzogen . . . [eingerissen] verhindern mich heute in der Linie [?] unsres Briefwechsels fortzuschreiten, nur eins fällt mir ein: hab ich Sie je auf den abentheuerlichen Jean Rebhu aufmerksam gemacht, das Buch hat viel Prächtiges, ein andres Buch, was zum Theil in Preussen spielt: der scheinheilige Betrüger in den Begebenheiten Herrn Tartuffe Windrohr. Fr. u. Leip. 1765 enthält viel schöne Novellen, es ist ein Mensch wie der alte Voss. Scherfner frägt mich nach meinem Streite mit dem alten Schurken Voss, sagen Sie ihm dass nach meiner zweylen Antwort nichts weiter von ihm erfolgt sey, was mir sehr lieb, denn die ganze miserable Verhandlung machte mir entsetzlichen Ekel. Leben Sie recht wohl.

Achim Arnim.

In meinem Besitz. Nur Arnims blinder Zorn gegen den verbissenen Feind des Wunderhorns' kann durch die gemeine Robinsonade des herumtrügenden und herumbuhlenden Tartuffe sich an Voss erinnert fühlen. Die verworrenen Schriften des Jan Rebhu mit ihren tollen Abenteuern, närrischen Parodien, Wortspässen, studentischen Zeitbildern, ernsten und komischen Rittergeschichten, frommen Einsiedelepisoden müssen Arnim sehr ergetzt haben. Sie wären einer zusammenfassenden Charakteristik werth. Einiges ist wie ein Vorklang des Schelmuffskystils.

2. Brentano gegen Kotzebue.

Schelmuffsky war ein vielgepriesener Liebling der jungen Romantik. Arnim hat ihn im Wintergarten' mit interessanten Änderungen fragmentarisch erneuert, Brentano (5, 380) kennt keine schärfere Probe der Philisterei als das Nichtverstehen und Nichtbewundern des köstlichen Buches. Ihm möchte ich einen sehr lustigen Ausfall gegen Kotzebue, seinen alten Freund vom Wasa und Godwi her, in der Wünschelruthe' zuschreiben, wo ja auch die satyri

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schen Briefe über das neue Theater' erschienen sind. Nr. 13 (12. Februar 1818):

Der Herr v. Kotzebue ist vom Kaiser von China zum Fahnenjunker der gesunden Vernunft angestellt worden, und er hat seine Werbfahne von Löschpapier ausgesteckt, wie die Wirthe, wenn frisches Klebebier angekommen, dasselbe Stroh aushängen, aus dessen Frucht jenes gebrauet. Es ist zwar bis jetzt nicht bekannt geworden, dass die Landsknechte der gesunden Vernunft wie die pauvres honteux in solchen Nöthen gesteckt, dass sie hätten betteln mögen, wenn sie sich dessen nicht geschämt, und dass sie also jetzt nichts eiligeres zu thun haben, als ihren letzten Mantel der Liebe zu verkaufen und sich bey Hrn. v. K. zu Chinesischen Soldaten anwerben zu lassen; ja wir können so gar im Gegentheil von hoher Hand versichern, dass diese Leute in viel zu wohlhäbigen Umständen sind, als dass sie sollten nöthig haben eine Charge bey H. v. Kotzebue anzunehmen. Da er aber ein solch Geschrei über seine Progressen erhoben, ist es auch zu den Ohren des grossen Mogul gerathen, der hat sich so schändlich darüber gefreuet, dass er durch den Hrn. v. Schelmufsky, der eben wieder von neuen Reisen retour gekommen, ihm eine lange Gnadenkette mit des Moguls Bildniss von feinster Platina geschickt; o sappermente wie lässt ihm die so ungemein propre und was sieht er desshalb so sehr weitläuftig in die Welt hinein, dass alle Leute auch gleich stehen bleiben in grosser Verwunderung und unter einander zischeln, wie dass diess nehmlich die vornehme Standesperson sei, der etwas rechts hinter den Ohren stecke, und die nächstens alle kranke Unvernünftige vielleicht 'mal todt schlagen würde.

Berlin.

Erich Schmidt.

Körnerfunde. 1)

Der Seite 155 f. dieses Bandes abgedruckte Brief Theodor Körners veranlasst mich aus dem Archive meiner Familie einen Brief ebendesselben an meinen Vater mitzutheilen,

1) Zu Vierteljahrschrift 2, 154: Die erste Zeile des Stammbuchblattes klingt an Schiller an; vgl. Tells Worte III 1 'Wer ... Auf Gott vertraut und die gelenke Kraft' ... Zu 2, 156: Klassigs (nicht: Klossigs) Kaffeehaus ist die jetzige europäische Börsenhalle, Brühl und Katharinenstrassenecke.

Theodor Distel.

worin die Duellgeschichte mit Sello gleichfalls besprochen wird. Er lautet:

Leipzig d. 7ten Dezember.

Lieber Freund.

Sello ist, wie ich späterhin, als du schon fort warst, von meinem Sekundanten erfuhr, wirklich nach uns nach Colditz gekommen, und hat meine Begleiter in Frohburg getroffen; er that den Vorschlag, nach einem Ziele zu schiessen, und wer den besten Schuss gethan, sollte dem andern die Kugel durch den Kopf jagen. Uibrigs kam er ohne Sekundanten. Dass ihn mein Sekundant über diese Proposition lachend zurechtgewiesen, versteht sich von selbst. Zuletzt hat er vorgeschlagen, sich in Berlin auf die Klinge zu schlagen, und deshalb noch genauere Nachricht zu geben, was aber noch nicht geschehen ist. Er bleibt ein Hasenfuss! Dies zur Nachricht, Glück auf dem Weg. Lebewohl und grüsse wer meiner denkt, besonders Verinna und Schmid.

Freyherrn v. Biedermann

Körner.

Hoch und Wohlgeb. in Freyberg. Über die vorkommenden Personen ist Folgendes zu bemerken:

Mein Vater, Gustav Heinrich, war damals Bergamtsassessor zu Freiberg. Leopold Sello, aus der Mark Brandenburg, war vor 40 Jahren Geheimer Bergrath und Bergamtsdirector zu Saarbrücken. — Verinna ist der Spanier Timoteo Alvar Verina, gestorben als Bergwerksdirector zu Madrid. Über Schmid hat schon Distel das Nöthige beigebracht.

Hieran knüpfe ich die fernere Mittheilung eines Gedichtes aus unserm Archiv. Es ist ein gedrucktes Festgedicht mit dem Titel: 'Unserm Freunde Gustav Freiherrn von Biedermann am Tage Seiner feierlichen Disputation den 18. September 1810. Leipzig, gedruckt mit Weinedelschen Schriften.' Unterzeichnet ist es von fünfundzwanzig Freunden verschiedener Lebensstellungen, darunter Körner. Als Dichter ist letzterer zwar nicht genannt, aber mein Vater nahm als selbstverständlich an, dass er es war, und einer der Unterzeichner, der als Appellationsgerichtspräsident zu Leipzig verstorbene Dr. Beck, hat es mir später auf Anfrage aus seiner Erinnerung bestätigt; auch ist der Ton ganz Körnerisch.

Zu Erklärung des 'feierlichen' im Titel ist zu erwähnen, dass mein Vater bei seiner Disputation von dem, den Grafen und Freiherren zustehenden, vor ihm seit dreissig Jahren nicht ausgeübten Rechte Gebrauch machte, ohne Präses zu disputiren. Nun das Gedicht.

Wir grüssen Dich freundlich, die himmlischen Horen,
Wir, die wir die Farben des Lebens geboren,
Gebietend dem Sonnen- und Mondesglanz.
Wir flechten Dir freundlich am freundlichen Tag
Zum süssen Erwachen im trauten Gemach
Beim frohen Gesange, beim schwebenden Tanz
Von Lorbeer und Myrthe den duftigsten Kranz.

So wollen wir selbst in den tosendsten Stürmen
Des wechselnden Lebens Dich gnädig beschirmen,
Wir machen das wogende eben und gleich;
Und wandle so fort, und wandle so hin
Mit glühendem Eifer und redlichem Sinn,

Im Herzen so edel, so innig und weich,

Dann bist Du ganz fröhlich, dann bist Du ganz reich.
Doch zieht Dich hinunter der Bergesalte,
Der da unten hauset in furchtbarer Spalte
In gähnenden Klüften der schweigenden Nacht,
Dann fürchte den ewig geöffneten Schlund!
Der schloss mit dem Orkus den blutigen Bund,
Und tückisch verlacht er im finsteren Schacht
Der Himmlischen liebend beschützende Macht.
Drum haben wir Dir durch das farbige Leben
Die treusten der Herzen zu Freunden gegeben,
Zu frohen Gesellen in Ernst und in Pflicht.
Auch siegelt wohl Liebe mit purpurnem Mund
Mit dem lachenden Tage den reizenden Bund;
Und können die Freunde, die theuern, es nicht,
So fessle Dich Liebchen ans rosige Licht.

Dresden, März 1889. W. Frh. v. Biedermann.

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