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mand zurecht findet; der gestern ein Affe war, glaubt nun ein Priester zu sein, ein anderer hält den Tag für die Nacht, hier liegen vier auf einem Brett, dort friert einer, der den Rock verloren hat.")

Meister Reuaus, sich in seinen Ausführungen an den Renner anschliessend, bietet bei Besprechung der Trunkenheit auch drastische Bilder aus dem Kneipleben. Hier spricht der Bezechte zur Wand: ich bitt' dich, leih mir deine Hand. Er füllt sich, wie ein Schwein und richtet am nächsten Morgen durch ein neues Gelage sein wirres Haupt wieder ein. Kommt er heim, so prügelt er sein Weib, dass sie die ganze Nacht auf der Bank weinend liegen bleibt.10)

Durch diese Lehrdichtungen wird die Satire auf alle Stände vorbereitet, welche das spätere Mittelalter in zahlreichen Werken, in den verschiedenartigsten Einkleidungen, zuletzt in der ergreifenden Form des Todtentanzes durchzieht. Auch in diesen Dichtungen wird die Trunksucht breit behandelt, so klagt der Verfasser von Des Teufels Netz 1) (Anfang des 15. Jahrhunderts): An der Donau und am Rhein, da will jetzt männiglich voll sein, wie ein Mastschwein. Den Trunkenen kann man nicht trauen, sie thun des Abends, was sie am Morgen gereut. Verschwendung, ehelicher Streit und Schande sind im Gefolge der Trunksucht. In anderen Kapiteln tadelt er (wie später Brant) den Koch und den Kellermeister, die Küchenjungen und Aufträger, welche die Herrschaft bei Speise und Trank betrügen und von der Tafel ihren Freunden und Dirnen zutragen. Das Wirthshaus nennt er des Teufels Kapelle und schilt die Wirthe, dass sie die Leute berauben und so viel Unfug und Gotteslästerung in ihren Räumen dulden.

Und in ähnlicher Weise wird die Trunksucht sammt Gefolge in all den zahlreichen Sittenspiegeln, Allegorien,

9) Der Renner, Bamberg 1833 V. 9446-9572. 9938-9950. 96289640. 9769 f. 10165 ff. 10210 ff. 10310. 10494-10572.

10) Hg. von Schönbach, Wagners Archiv für die Geschichte deutscher Sprache und Dichtung 1,27 V. 327 ff.

11) Hg. von Barack, Litterarischer Verein Nr. 70 V. 583-680. 8372-8479. 8753-8805. 12744-12906.

Parabeln und Beispielsammlungen der Meistersinger und der gelehrten Dichter des 15. Jahrhunderts behandelt. Die Anlage dieser Kapitel bleibt im grossen und ganzen die gleiche, in Einzelheiten aber sind sie schon darum für die Entwicklung dieses Litteraturzweiges nicht unmittelbar wichtig, weil Brant am Ausgange dieser Periode alles, was seine nächsten Vorgänger an Werth darboten, für sein Narrenschiff verarbeitet und dadurch erst an die von ihm beeinflusste Trinklitteratur des 16. Jahrhunderts weiter gegeben hat.

Aber in den Dichtungen der bürgerlichen Kreise und des niederen Volkes taucht im 15. Jahrhundert auch der Gegensatz zu dieser moralisirenden, Mässigkeit predigenden Richtung auf: die Verherrlichung des Weingenusses, der Tafelfreuden, des leichtsinnigen Schlemmerlebens. Hans Rosenblüt werden die ersten Weingrüsse und Weinsegen 12) zugeschrieben, Lieder die sich von einander nur durch den Eingangsvers (bei den ersteren: Nun grüss dich Gott ... bei den letzteren: Nun segne dich Gott...) unterscheiden, im übrigen aber Motive des Weinschwelgs und die im 15. Jahrhundert beliebten Kosenamen des Weins gleichmässig verwerthen. Mit den unerhörtesten Lobeserhebungen feiert hier der Dichter den Wein und preist unermüdlich dessen vielseitige Tugenden und heilsame Wirkungen. Aus Dankbarkeit grüsst und segnet er ihn immer von neuem und vertheidigt das Trinken mit Aussprüchen der Bibel und heimischen Redensarten, die in der späteren Trinklitteratur häufig wiederkehren, und erwähnt auch die Thiermetamorphose. 12)

Und ähnlich, nur in lebendigerer, poetischer Ausführung besingen den Wein die neu erwachten Volkslieder, welche sich an die alten Motive der Vagantenlyrik des 12. Jahrhunderts, die Carmina potatoria und verwandte Erzeugnisse anschliessen. Diese volksthümlichen Schlemmerlieder feiern den Genuss des Augenblicks, sie verklären die Armuth und preisen den Leichtsinn. Sie begrüssen den Wein als

12) Altdeutsche Blätter 1, 401 ff., besonders Nr. 19. 20 und 18. Mehr darüber unten S. 513.

Buhlen und lieben Freund und lassen ihn mit reicher Einbildungskraft in den verschiedensten Gestalten auftreten. Sie schildern in realistischer Zeichnung das Treiben der Zecher, wie sie einander zutrinken, den Rundtrunk um den Tisch senden, Saufturniere abhalten und den Wirth hohnnecken. 13) Die eigene Fröhlichkeit genügt dem weinseligen Dichter nicht, er fordert alle Menschen zum heiteren Kneipleben auf und protestirt ausdrücklich gegen die Lehrdichter: 'Welcher Cato wolt uns weren, frölich sein in allen eren?' 14)

Einzelne Trinklieder beginnen mit dem Preise des Herbstes und bilden so den Übergang zu jener, bei den späteren Minnesingern auftauchenden Gruppe der Herbstlieder, in welchen Mai und Liebeslust herabgesetzt werden gegenüber den Früchten des Herbstes, dem Wein und den schmackhaften Speisen. 15) Und wie die Trinklieder immer schmutziger werden, so sinken auch die Herbstlieder zu einer gemeinen Verherrlichung der Magenfülle, der gröbsten Streiche und des blutigen Haders herab. Dichtungen verwandten Charakters sind Neidhartz gefräfz 16), in welchem der Dichter in unabsehbarer Reihe die Unmenge der zu vertilgenden Speisen aufzählt, oder grössere epische Darstellungen, wie Von Metzen hochzit 17) und vor allem Wittenweilers Ring 18), welche die haarsträubendsten Schilderungen wüster Gelage und unsauberer Situationen in ekelerregender Detailmalerei vorführen.

In directem Gegensatze zu der Gesinnung, die aus diesen Werken spricht, erhob am Ende des 15. Jahrhunderts seine warnende Stimme ein Mann von verbissenem Charakter und ascetischen, sittlichen Grundsätzen: Sebastian Brant, der mit erbarmungslosem Ingrimm auch das geringste Vergehen und jede Regung der Natur verdammte. Wie sein

13) Uhland, Volkslieder Nr. 213-234.

14) Goedeke-Tittmann, Liederbuch S. 141.

15) Vgl. meine Schrift: Caspar Scheidt, der Lehrer Fischarts. (Quellen und Forschungen LXVI.) Strassburg 1889 S. 96.

16 Liederbuch der Clara Hätzlerin I Nr. 91.

17) v. Lassbergs Liedersaal 3, 399.

18) Hg. von Bechstein, Stuttgart 1851. Litterarischer Verein Nr. 23, besonders 34d-38c,

unmittelbarer Vorgänger Jodocus Gallus die Schlemmer in sein Liechtschiff (1483) aufnahm, so widmete Brant das sechzehnte Kapitel seines Narrenschiffes den Zechern und Prassern. Der Wein, so führt er hier aus, macht Kopf und Hände schlottrig und kürzt die Lebensdauer, er verdummt die Weisen, erzeugt Unkeuschheit und viele Übel. Noah selbst, der ihn pflanzte, konnte ihn nicht vertragen; Loth sündigte seinethalben, den Söhnen Aarons ward er von Gott verboten. Durch den Wein verlor Holofernes seinen Kopf, Cyrus die Schlacht gegen Thamyris, Bennedab seine Habe, Alexander seine Ehre. Dann schildert Brant das Treiben der Zutrinker und verzeichnet ihre Gespräche. Mit diesen Motiven und den ausgezeichneten Wirthshaustypen des Holzschnittes zu diesem Kapitel 19) hat Brant den Trinkdichtern des 16. Jahrhunderts ebenso reichen Stoff an die Hand gegeben, wie mit den fruchtbaren Andeutungen zu Kneipschilderungen in seinem zweiundsiebenzigsten Kapitel, einer Fundgrube von derben Redensarten, komischen Bezeichnungen und drastischen Vergleichen.

Zunächst war das Narrenschiff ein Vorbild für Murners Narrenbeschwörung (1512), die nur leidenschaftlicher und derber geschrieben ist. Murners achtzehntes Kapitel gegen die Weintrinkerinnen und Trinker entspricht dem Brantschen sechzehnten. Auch hier wird V. 62 ff. erzählt, wie die Kneipgenossen sich einander zutrinken, auch hier wird vor dem Wein gewarnt, weil er der Gesundheit und dem Gute Schaden bringt; und abschreckende Beispiele aus der Bibel: Herodes, Loth und Holofernes werden angeführt. Im 21. Kapitel der Schelmenzunft knüpft Murner an das 72. des Narrenschiffes an, geht aber in unfläthigen Scherzen weit über dieses hinaus. Auch in der Mühle von Schwindelsheim (V. 990 ff.) kehrt er zu dem gleichen Gegenstande zurück, klagt darüber, dass Säufer von den Fürsten übermässig geehrt werden, dass keine Obrigkeit dem Zutrinken wehren kann, weil es jede selbst betreibt. Wieder belebt Murner seine Ausführungen mit anschaulichen Redensarten.

19) Brants Narrenschiff, hg. von Zarncke S. LI Anm. 1.

2. Die Schriften für und gegen das Trinken im sechzehnten Jahrhundert.

Mit Murner haben wir bereits die Schwelle des 16. Jahrhunderts überschritten. Es beginnt ein neues Zeitalter, auf allen Gebieten ein neuer ausserordentlicher Aufschwung, in welchem sich die Nation wieder ihrer Zusammengehörigkeit, ihres Werthes bewusst wird. Es sind die eigenartigen Tugenden deutscher Männer, welche im 16. Jahrhundert vorwiegend gepflegt werden: Treuc, Tapferkeit und Willenskraft, aber auch deren Kehrseite, die besondern deutschen Laster: Trunksucht, Rauflust, Verschwendung und Spielsucht, welche mit der neuen Gefolgschaft des Grobianismus in den höchsten und den niedersten Kreisen zahllose Anhänger finden. Die grösste Anspannung der körperlichen und geistigen Kräfte verlockte die Menschen zu ausserordentlichen Genüssen. Ausserdem konnten breite Schichten des Volkes, deren Gut und Blut durch die dauernde Unsicherheit der Verhältnisse, stete Kämpfe und die grässlichsten ansteckenden Krankheiten jeden Augenblick bedroht oder verderbt wurde, ihre Sorgen und Qualen nur bei den Scherzen wüster Kneipgenossen und bei den Phantasiegebilden, die der Rausch erzeugte, auf Stunden vergessen. So griff das Laster der Trunksucht rasch um sich, bis es der winterliche Zeitvertreib des Ritters und die stille Freude des Gelehrten, zum guten Ton am fürstlichen Hofe und im Pfarrhause ein verderbliches Vorbild für die ganze Gemeinde wurde.20) Diese Seuche drohte die Thatkraft des Mannes, die Sittsamkeit des Weibes zu untergraben, darum versuchten einsichtsvolle und mässige Fürsten und Obrigkeiten schon im Anfang des Jahrhunderts durch Verwarnungen und Gesetze diesen Dämon zu vernichten. Einzelne Fürsten, wie Moritz von Hessen, stifteten Mässigkeitsorden; auf mehreren Reichstagen wurden eindringliche Edicte gegen die Trunksucht erlassen, so zu Köln 1512, zu Augsburg 1530 und 1570. Die Lehrdichter haben diese Edicte sorgfältig aufgezeichnet oder gar obrigkeitliche Er

20) Zahlreiche historische Beispiele verzeichnet Oberbreyer, Ius potandi, Heilbronn 1874 S. X-XV.

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