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ralisten besonders jenen Zechern immer von neuem zurufen, denen zahlreiche Schlemmerlieder die Armuth im verklärten Lichte des 'göttlichen Leichtsinns' vorspiegelten. Franck führt es in seinem vierten Kapitel aus, dass uns das Schlemmen zu Bettlern macht (D): Was ist's dann wunder dz Juden vnd Türcken reich sind. Bey den erbeyt man, bey vns frisst vnd saufft man zů'. Alle leben zu üppig, die Bürger wie Fürsten, die Bauern geben nach oben ein böses Beispiel. 'Frösch müssen storcken haben, sollich volck, sollich fürsten, das Gott einen mit dem andern straff. Und Nigrinus in seinem zweiten Kapitel, Der Schaden des Guts (S. 25 ff.), klagt (im Anschluss an das bekannte Lied):

Hätt mancher auch den zoll am Rein

So müsst' er doch verschlemmet sein, kein Handwerk passe mehr den Leuten, endlich werden sie Bettler, Betrüger und Diebe. Auch die Weiber wollen mit in die Kneipe. Bei feierlichen Anlässen werde furchtbar vergeudet, der Wein aus Übermuth verschüttet. Andere Lehrdichter weisen nur kurz darauf hin.

Schädigung des Leibes. Die Wanderlust und Raufsucht, das unruhige und ungeordnete Leben der leichtsinnigen Menschen des 16. Jahrhunderts gefährdete deren Gesundheit ohnedies schon in böser Weise; die Unmässigkeit im Essen und Trinken trat nun hinzu, die körperlichen Übel vermehrend, die Wirkungen der herrschenden Seuchen. verschlimmernd. Dass die Trunksucht auch eine körperlich schädliche, das Leben verkürzende Sünde sei, darauf hatten schon Berthold von Regensburg und Hugo von Trimberg hingewiesen; die Trinkerdichter aber stellten die üblen Wirkungen zusammen, welche die Trunksucht auf die einzelnen Glieder des Leibes ausübt, in genauer oft ekelerregend realistischer Ausmalung, in kürzerer oder längerer Reihe, meist in ähnlichen Ausdrücken.

Schwarzenberg hatte im Scherze die Wunder, welche der Teufel durch die Trunkenheit wirkte, aufgezählt. Hegendorfer in seinem Encomium Sobrietatis beginnt mit einer kürzeren Reihe: (A 3b) genae pendulae, oculorum vlcera, tremulae manus etc.; facit ebrietas vt nec homo quidem

appellari possis. Ähnlich Scheidt I V. 31 f., während Franck in seinem zweiten Kapitel (Trunkenheit verdirbt auch den Leib, sie ist die Ursache vieler Krankheiten und eines frühzeitigen Todes) die Reihe der Folgen vermehrt: (C) blöden kopff, schwindel imm haupt, trieffende augen, ein stinckender athem, böser mag, zitternde hände, das podagra, die wassersucht u. s. w. daher kommet auch das sprichwordt, Ehs ertrinckenn mehr imm glass, denn imm wasser. Der Bacchus bringet mer vmb dann Mars vnd Pallas'. Bei Schertlin beklagt sich der alte Zecher Silenus über seine körperlichen Leiden: (Ich hab' - —)

Grillen; im kopff hab' ich sausen

Von überschwencklichem bausen
Darzů mir zittern händ und füss

In lenden hab' ich d'bewl vnd drüss

Das zipperlein vnd Podagra

Des soldes bin ich nit gar fro

Die augen gschwelln vnd trieffend mir

und ganz ähnlich in der 'höflichen und nutzbarlichen vermanung (B1), wo der Stein, die Frantzosen-Beulen und das Podagra aus dem Weingenuss hergeleitet werden. Friederich fügt der oben angeführten Reihe noch hinzu (D 2bf.) 'mancherley flüsse, schnupffen, schnuder, halsgeschwer, brustgeschwer, feule an lunge vnnd leber'. Ähnlich Obsopöus, Nigrinus, Hans Sachs 88) und andere. Albertinus hat in seinem Tractat De conviviis et compotationibus ein längeres Kapitel Corruptio corporis.

Nach diesen vier Gesichtspunkten war die ernste Lehre der Moralisten eingetheilt. Doch darüber hinaus bot der behandelte Stoff den vorwiegend realistisch und humoristisch beanlagten Trinkerdichtern genug Momente dar, welche in scherzhafter und drastischer Weise ausgeführt werden konnten und so im Gewande des Scherzes die ernsten Worte der Lehre verstärken sollten. Neben den Folgen der Trunksucht wurden auch die Wirkungen des Weines auf die Bezechten beobachtet. Der Wein macht diese sinnlos und unverständig, aber auch wild und roh. Doch je nach der Verschiedenheit des Charakters der Zecher

88) In den zwei oben S. 498 f. erwähnten Dichtungen.

äussert sich der Rausch bei jedem einzelnen in anderer Weise und lässt so dessen eigentliche Natur erkennen. Darum wurde die Wirkung des Weines gerne nach den vier Temperamenten geschieden dargestellt. So theilt ein fliegendes Blatt: Ein kurzweilig Gedicht von den vier unterschiedlichen Weintrinkern 89) und ebenso Hans Sachs in Die vier wunderberlichen eygenschafft unnd würckung des weins 152890) die Menschen nach ihren 'Complexionen' ein. Der Sanguineus wird ausserordentlich heiter und blöde durch den Weingenuss, er ist wie ein Lamm; der Cholericus fängt Streit und Hader an und prügelt daheim Weib und und Gesinde, er ist wie ein Bär: der Phlegmaticus bleibt bezecht unter dem Tische liegen und besudelt sich scheusslich wie ein Schwein; der Melancholicus ist geschwätzig und phantasirt wie ein Affe.

Neben den vier Temperamenten finden sich hier auch die Vergleiche aus dem Thierreiche, die, weiter fortgesetzt, eine grössere Zahl von Zecher - Typen, zuletzt neun bis zwölf, charakterisiren konnten. Menschliche Schwächen und Eigenarten mit bestimmten Thiergattungen zu vergleichen war ein durch die äsopische Fabel, die im 16. Jahrhunderte vielfach verbreitet und nachgeahmt wurde, vorbereiteter und gebräuchlicher Vorgang. In der Trinklitteratur finden wir schon von Anfang an kurze Vergleiche aus der Thierwelt mit dem äusseren Gebahren der Zecher. Einer der ältesten und häufigsten ist 'saufen wie eine Kuh'; die altdeutschen Tischzuchten, Brant 91), Murner, Franck, Obsopöus, Jörg Wickram und viele andere gebrauchen ihn. Für einen schlimmeren Grad der Unanständigkeit wird die Sau herangezogen, meist wie schon in Luthers Tischreden in Verbindung mit dem in dieser Zeit so verrufenen Philosophen Epicur. Hartmanns Saufteufel berichtet (S. 36 f.): 'etliche sind wie die Schweine, welche die Tische voll speien'. Friederich verlangt in seiner Vorrede, dass die Obrigkeit die 'Epicurische Sew' bestrafe, und warnt im

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89) Scheible, Die fliegenden Blätter des 16. und 17. Jahrhunderts S. 135 ff. o. J.

90) Ein kurtzweiliger spruch hg. von Keller 4, 237–243.
91) Kap. 16 V. 53. Dazu Zarnckes Anmerkungen.

Beschlusse vor dem 'viehischen und sewischen' Laster; ähnliche Ausdrücke gebrauchen Obsopöus 92), Schertlin, Scheidt und andere.93) Und wie die 'niederdeutsche Tischzucht' eine längere Reihe von Vergleichen zwischen den gegen die Tischzucht Verstossenden und bestimmten Thieren durchgeführt und Geiler die Schlemmer den Thieren gleichgestellt hatte 94), und wie noch heute die verschiedenen Grade und Abarten des Rausches als Spitz, Affe, Bär u. s. w. bezeichnet werden, so stellen die meisten Schriftsteller der Trinklitteratur die sich verschieden betragenden Zecher als Thiere dar. Die ungezogensten sind Schweine, die wilden streitsüchtigen sind Bären, die albernen Esel, die tölpisch herumspringen, sind Kälber, die alles ausplaudern, Gänse u. s. w. Mehrere der hierher gehörigen Schriften haben ein Titelbild, auf welchem Zecher mit den betreffenden Thierköpfen um eine Tafel schmausend sitzen; viele erwähnen eine völlige Verwandlung der Menschen zu Thieren. Diese Metamorphose durch den Wein geht auf eine jüdische Überlieferung zurück. 95) Als Noah den Wein pflanzte, düngte er die Erde mit dem Mist von Schafen, Bären, Schweinen und Affen. Darum hat der Wein auf jene, die von ihm berauscht werden, eine vierfache Wirkung, der Eigenart dieser Thiere entsprechend. Diese Sage erzählen Rosenblüt in seinem 18. Weinsegen 96), Hans Sachs in einem Spruche 97), Pauli in einem Schwank. 98)

Sie wurde bereits in dem ersten Werke der Trinklitteratur De generibus ebriosorum mit der griechischen Sage der Zauberin Circe verwoben, die ja humanistischen Kreisen sehr nahe lag. Circe erwähnen auch Scheidt (I V. 10), Obsopöus (D 3 f.), Nigrinus, Hans Sachs in:

92) E 4.

93) Mehrere Parallelen bei Strauch a. a. O. S. 75, Anm. zu V. 53. Ausserdem Fischarts Thierbilder. Vgl. Flögl, Geschichte des GroteskKomischen 3, 351.

94) Vgl. meine Schrift Caspar Scheidt S. 14 und 24.

95) Strauch a. a. O. S. 83 und meine Schrift S. 42 f.

96) Altdeutsche Blätter 1, 412.

97) Keller 4, 237.

98) Österley S. 162.

Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte II

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Die wunderpar würckung des weins im menschen 99), 1553, Grimmelshausen 100) und andere. In den älteren Darstellungen dieser Thiermetamorphose, in De generibus ebriosorum (A 5), bei Obsopöus (D 3b), Schertlin 101) wird das Gebahren jedes Thieres nur mit kurzen Strichen skizzirt. Hieronymus Bock in Der vollen brüder orden vergleicht in breiter Darstellung die Eigenart verschiedener Thiere mit den verwandten Unarten eines Zechers und entrollt über den Vergleich hinausgehend manches satirische Genrebild. Scheidt aber hat sein Schriftchen Die Volle Brüderschaft dem ganzen Inhalt nach nur der Thiermetamorphose gewidmet und dieses Motiv am klarsten und schematisch gleichförmigsten durchgeführt. 102)

Spätere Dichter, Aegidius Albertinus in seinem oben. erwähnten Tractat 1598 103) und Hartmann im Saufteufel 1679 (S. 37 f.) bilden nach den gleichen Thierklassen eigene Schlemmerzünfte, eine Säwische Schlemmerzunft, eine Wolfsund Eselsschlemmerzunft, eine Affen-Schlemmer-Compagnie u. s. w., deren Treiben in der alten Weise dargestellt wird.

Ausser diesen Vergleichen wird aber die Thierwelt von den Moralisten noch in ganz anderer Art zur Lehre verwendet. Die Thiere werden den Menschen auch als nachahmenswerthe Vorbilder gerühmt, die immer nüchtern bleiben und nur zur Befriedigung der Nothdurft saufen. Schon Freidank und die altdeutschen Tischzuchten werfen den Säufern die beschämende Thatsache vor, dass jedes Vieh des Abends in den richtigen Stall treffe, während jene ihr eigenes Heim nicht finden könnten. Schwarzenberg (in seiner Vorrede), Franck (C 2), Friederich (Q 3), Scheidt (II V. 177–181), Bock 104), Albertinus in der Hofschul 1600105) und viele andere erklären in ähnlichen Wendungen 99) Keller 4, 232-236.

100) Simplicius Buch 1 Kap. 30.
101) Strauch a. a. O. S. 88.
102) Vgl. meine Schrift S. 43.

103) Strauch a. a. O. S. 97 f.

104) Strauch a. a. O. S. 96. Beschluss V. 21 f.

105) Institutiones vitae aulicae oder Hofschul, München, besonders Bl. 156 und 166. Vgl. auch die Beispiele bei Pauli Nr. 240; Scherz mit der Wahrheit Bl. 74 f.

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