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zu einem Vergleich mit Lessings Emilia keineswegs ausreicht.

Aber mindestens éin englisches Virginiadrama hat Lessing sicher gekannt. Mit Hilfe der einflussreichen Lady Coventry hatte ein gebildeter Dilettant, Samuel Crisp, es durchgesetzt, dass Londons beste Bühne, Drury-Lane, am 25. Februar 1754 eine fünfactige Virginia in reimlosen Blankversen von ihm aufführte. Dank den guten Freunden des Verfassers, dank auch der ausgezeichneten Aufführung erreichte das Drama elf Vorstellungen. Garrick erntete als Virginius für ein virtuoses 'thou traitor!' stürmischen Beifall, und eine ganz junge Schauspielerin, Mrs. Graham, die als Marcia debutirte, übte durch Schönheit und Talent die grösste Anziehungskraft (Some account of the english stage 4, 386). Dagegen lehnte die Kritik das gedruckte Drama einstimmig ab, und als Crisp es überarbeitet von neuem bei Garrick einreichte, wies auch dieser es zurück. Voll Feindschaft gegen die Welt, die sein Werk nicht achtete, zog sich der Dichter auf sein Landgut ChessingtonHall bei Kingston in Surrey zurück, wo er am 24. April 1783, 76 Jahre alt, starb (Dictionary of national biography 13, 97).

Der Beweis, dass Lessing Crisps Virginia kannte, genau kannte, ist leicht zu führen. Sein Fragment ‘Virginia' (Hempel XI 2, 631), das man bisher allgemein als eignes Werk Lessings angesehen hat, ist nichts weiter als der Anfang einer prosaischen Übersetzung der Crispschen Tragödie (nach März 1754). Ich stelle Original und Übertragung zusammen: Crisp benutze ich in Bells edition, British theatre tome XI (trag. IX), London 1778.

Crisp.
Act I.

Lessing.
Erster Aufzug.
Erster Auftritt.

Scene, an Apartment in Clau- Die Scene ein Zimmer in dem

dius's House in Rome. Enter Claudius and Rufus.

Claud.

Rufus, didst mark Virginius, with

what scorn

Hause des Claudius.

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His silver hairs, his honour, his Ruhm, seine rauhe Beredsam

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Also nichts wie eine gute, getreue Übersetzung. Das begründete Lob, welches man der knappen Expositionsscene Lessings gespendet, hat also Crisp sich verdient: leider ver

sinken die folgenden Scenen fast durchweg in langweilig gespreiztem Pathos; erst die Mordscene erhebt sich wieder höher.

Crisp hat sehr richtig empfunden, dass der dürftige Stoff für die obligaten fünf Acte nicht ausreiche. So hat er eine neue Person geschaffen, die er in den Mittelpunkt einer neuen, nicht eben glücklichen Intrige stellt: in dieser Gestalt, Marcia, der Schwester des Claudius, sehe ich den Keim der Lessingschen Orsina. Ob es nur Zufall ist, dass Crisps Amme Plautia heisst, wie die Mutter bei Campistron, weiss ich nicht; ich finde bei Crisp keine sonstige Berührung mit dem Franzosen. Aber eins der mir unbekannten älteren englischen Virginiadramen könnte vermittelt haben. Noch am 29. Mai 1820 wurde am Drury-Lane-Theater eine ungedruckte Virginia aufgeführt, unter deren Personen eine Plautia erscheint; hier könnte der Name aus Crisp stammen, wie der des Minutius aus Webster.

Eine Beratung zwischen dem Patricier Claudius, einer von Appius abhängig gedachten Persönlichkeit, und seiner plebejischen Creatur Rufus eröffnet das Drama. Glücklich wird des Virginius hitzköpfiges Ehrgefühl gleich in den ersten Worten berührt. Rufus glaubt nicht, dass es gelingen werde, Virginia, die Appius liebt, von ihrem jugendschönen Bräutigam Icilius abzuwenden und sie dem schon alternden Decemvir in die Arme zu führen. Aber Claudius ist sanguinischer: seine edle Schwester Marcia liebt gleichfalls den Icilius und ist doch Virginias beste Freundin: mit ihrer Hülfe hofft er Zwietracht zwischen den Liebenden zu säen. Der Plan ist gut, aber nicht leicht auszuführen: Marcias redlicher Sinn sträubt sich gegen jede gemeine Handlung; erst die Warnung des Bruders, das Leben des Icilius sei gefährdet, wenn er des Appius Nebenbuhler bleibe, macht ihr gequältes Herz, das sich nur allzu gern überreden lässt, den Plänen des Bruders geneigt. So will sie helfen, eine Zusammenkunft der Liebenden, zu der Icilius heimlich aus dem Lager nach Rom gekommen ist, zu vereiteln; so gibt sie Claudius Gelegenheit, ihre Freundin allein im Sinne des Appius zu bearbeiten.

Auf dem Forum trifft der greise Virginius, im Begriff, zum Heere abzugehen, mit dem Decemvir zusammen. Sein treuer Freigelassener Cajus sucht die Zusammenkunft zu hindern, da er von der Hitze des Virginius alles fürchtet: aber umsonst. Cajus scheidet mit einem 'be calm!' Es hilft nichts: einige begütigende Worte des Appius genügen, um zu bewirken, dass der hitzige Greis in pathetische Declamationen über Freiheit und Tyrannei

losstürmt.

In wildem Zorn über den unverschämten Plebejer findet Claudius seinen Patron. Er hat neue Kränkung zu melden: Virginia hat seine Freiwerbung verächtlich zurückgewiesen. Er mahnt den Decemvir zur Fassung. Appius erzählt, wie seine Liebe erwuchs; er wird weicher und weicher, bis plötzlicher Umschlag in Verzweiflung ihm selbst die Gewalt erlaubt erscheinen lässt. Nun enthüllt Claudius seinen Plan mit Marcia; in hoffnungsvollem Jubel stimmt der Liebende bei.

Zweiter Act: Claudius Intrige scheint guten Fortgang zu nehmen. Durch glückliche Zufälle begünstigt, hat Marcia leichte Mühe, den Icilius zu überzeugen, dass die Macht der Eitelkeit Virginias Herz zu Appius gezogen habe. Nur einmal noch will er die Treulose sehen; er lässt Marcia in folternder Gewissensqual zurück. Inzwischen beunruhigen düstere Träume Virginiens ahnungslose Seele: ihre Amme Plautia räth ihr dringend, so lange ihr natürlicher Schutz, ihr Vater, abwesend sei, Appius Rachsucht nicht schroff herauszufordern. So hält sie ihn hin, als er liebeglühend ihr naht, und Icilius überrascht ihn zu ihren Füssen. Er zweifelt nicht mehr an der Treulosigkeit der Geliebten, die zu stolz ist, ihn aufzuklären; die Trennung des Paares scheint geglückt; schon triumphirt Appius: da bricht nach Icilius Scheiden Virginias wahre Liebe, ihr Hass gegen den Tyrannen so rückhaltlos durch, dass ihm jede Hoffnung schwindet und er nur noch nach Rache dürstet.

Jetzt erst taucht, im dritten Acte, der neue Anschlag auf, Claudius solle Virginia als Sklavenkind für sich beanspruchen. Wer der saubere Erfinder ist, wird nicht ganz deutlich: Appius tritt wärmer für den Plan ein als der vorsichtige Claudius, aber Marcia richtet rücksichtslos gegen den Bruder die Anklage, er habe den gemeinen Rath ersonnen. Die beiden verhöhnen die unzeitgemässe moralische Entrüstung ihrer bisherigen Mitschuldigen, die sich blutenden Herzens von jeder Gemeinschaft mit ihnen lossagt: gern möchte sie sich opfern, um nur die verrathene Virginia zu retten. Ihr Erstes ist, dass sie die Freundin und ihre Verwandten von der drohenden Gefahr unterrichtet; schnell gelangt, sein Misstrauen beschämend, Kunde ins Lager zu Icilius. Und zwischen Marcia und Virginia zieht sich nach schwerer Trübung das Band der erprobten Freundschaft von neuem fest. Den Appius aber erschüttert auch die Nachricht, dass beide Armeen von den Decemvirn abgefallen seien, nicht in seinem verbrecherischen Wollen: noch ehe die Sonne wieder die sieben Hügel vergoldet, will er Virginia in seinen Armen halten.

Inzwischen ist Icilius in Rom angelangt. Ein Blick genügt, die Liebenden zu versöhnen, und auch der Marcia bewahrt Icilius keinen Groll mehr. Aber es ist keine Zeit zu verlieren: Flucht nach Ardea, geleitet vom Onkel Numitor, soll Virginien retten; den Tribun selbst fesselt die Pflicht, die mehr vermag als die

Liebe, an seine Vaterstadt. Doch schon ist es zu spät. Claudius hält die Fliehenden auf und schleppt sie vor des Appius Tribunal, um seine Ansprüche zu vertreten. Nur Marcia weiss zu entweichen und den Virginius, der an der Porta Collina mit seinen Soldaten steht, von der Sachlage zu benachrichtigen. Mit zornig vorschnellem Schelten begrüsst der Centurio den Icilius, der noch lebe, da seine Braut doch in der Macht des Tyrannen schmachte; sowie der Tribun zu Worte kommt, gibt er die beruhigende Kunde, dass Appius das Verfahren eingestellt habe bis zur Rückkehr des Vaters; dass Virginia, nicht wie Appius ursprünglich wollte, in des Claudius Gewahrsam, sondern unter Numitors Schutze diesen Zeitpunkt erwarte. Noch ist nichts verloren; aber Virginius will keinen Tag mehr in der Furcht leben of being father to a strumpet; er drängt zur Entscheidung.

In zerrüttenden Zweifeln, schmerzhaft bemüht, den Sturm in der eignen Brust zu beruhigen, findet der fünfte Act den unglücklichen Vater. Er will seine Tochter nicht sehen, er kann es nicht: da tritt sie zu ihm. Ihr Anblick entwaffnet seine Stärke, seine Entschlüsse; sie aber ist mit sich einig, alles zu tragen, was er gut findet, zu tragen als Römerin und als des Virginius Tochter. Gefasst und fest in dem Willen, treu ihres Vaters Wunsch zu gehorchen, kann sie auch Icilius Liebesangst ruhiger ertragen: 'learn to respect my duty and my glory', ruft sie ihm zu; 'for tho' I love, yet still I am a Roman!' Im Glorienschein des Ruhms ist die schwächere Flamme ihrer Liebe erblichen. Plautia, Marcia und Icilius holen sie zum Tribunal ab.

Auf dem Forum warten Appius und sein Helfershelfer ihres Erscheinens. Aus einem kurzen Gespräch erfahren wir, dass Claudius seine Schwester hat festnehmen lassen, um eine unbequeme Zeugin, die ihn durchschaut, loszuwerden; auch Icilius ist verhaftet. Schnell spielt sich die Verhandlung ab. Des Virginius haltlose Hitze erleichtert dem Appius den Spruch, der die Unglückliche in des Claudius Hände liefert. Er will sie fortschleppen. Auf ihr Jammern hat auch ihr Vater keine andere Antwort als: 'armed with patience suit thy mind to thy hard fortune!' Das ist der härteste Schlag für sie: 'Righteous Heaven! what, does my father give me up? Virginius beugt sich scheinbar fügsam dem Gesetz: nur ein paar Augenblicke des Abschieds unter vier Augen erbittet er sich als letzte Gunst. Sie wird gewährt: Vater und Tochter treten allein auf den leeren vorderen Theil der Bühne. Er sieht für sie nur eine Rettung vor Schmach und Sünde, den Tod. Wohl schaudert sie einen Augenblick zusammen, aber ein Blick in die Zukunft, und sie ruft: 'quick, quick, dispatch!' Schon erhebt er den Dolch, da versagt seine Kraft. Aber jetzt hat sie nur noch den einen Wunsch, zu sterben: ‘oh, let me aid thy trembling hand! A moment lost consigns me o'er to shame!' Er stösst zu; in den Tumult, den seine That

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