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als des Behagens an der Rebellion in Gottscheds eigenem Lager, wie er denn auch die von Schlegel getadelten Stellen aus Gleims Blödem Schäfer in einem Privatbriefe in Schutz zu nehmen geneigt war. 249) Aber so beachtenswerth sich. Bodmers Stoffwahl erweist, so sehr sich sein Stück vor den meisten Schäferspielen durch eine sorgfältige Motivirung auszeichnet, so unfähig zeigt sich der Dichter Bodmer, seine Figuren mit der geringsten Lebenswahrheit auszustatten. Statt des Plauderns des verliebten Mädchens hören wir endlose Sätze des Büchergelehrten, der durch die Nennung seiner Quelle gleich im Anfang die Spannung auf das Kommende zerstört: 'Ich dächte, die Liebe, die klüger ist als alle Lehrer, könnte sie [Cimons Roheit] zerbrechen: Sie könnte den schlafenden Geist aufwecken, sie könnte die Seele, die von einer grausamen Nacht umnebelt ist, durch. ihre Kraft erheitern, und ich erinnere mich, dass ich in den alten Romanzen der Cyprer 250) gelesen habe, ein Jüngling, Namens o der wunderbaren Übereinstimmung er hiess Cimon, wie dieser, der an Gestalt und Schönheit alle anderen übertraf, aber ebenso dumm war, als schön, sey durch die Liebe zu einem verständigen klugen und artigen Menschen gemacht worden.' Der Hirte, der den Augenblick noch zu blöde gewesen, um Iphigenie von Ismene unterscheiden zu können, weiss im nächsten, von Cephise auf den Wechsel der Personen aufmerksam gemacht, über seine Empfindungen in prätentiösen Metaphern zu reflectiren: 'Ich sauge ein Gift ein, indem ich sie anschaue. Es schleicht mir durch alle Adern; aber es ist ein so süsses Gift, dass ich nicht aufhören kann, es beständig in mich zu saugen.' Das ungeniessbare Stück kam erst 1773 an die Öffentlichkeit 251), als ein anderer Schweizer bereits längst den Anstoss zu einem von ihm selbst nicht geahnten gänzlichen Umschwung in der Auffassung des Idylls gegeben hatte.

249) An S. G. Lange 1745: Sammlung 1, 127.

250) Boccaccios Quelle, über deren etwaigen antiken Ursprung Erwin Rohde, Der griechische Roman und seine Vorläufer, Leipzig 1876, S. 539 ff. zu vergleichen ist.

251) Im Magazin der deutschen Kritik. Herausgegeben von Herrn Schirach. II 1 (Halle 1773), 101 ff.

5. Gessner und der Umschwung der Theorie.

So lange bloss dichterische Impotenz die gemeine Wirklichkeit in eine erlogene Hirtenwelt hineintrug, durfte sich Schlegel in seinen an den Franzosen genährten Anschauungen nur bestärkt fühlen; anders wurde es, sobald ein zielbewusster und schöpferischer Künstler für grössere Gegenständlichkeit in der Ekloge eintrat. Gessners Daphnis war bereits in solchem Gegensatz gegen die Betrachtung der Schäferwelt als einer nur poetischen entstanden 252); aber der Roman fand geringe Beachtung, und als Theoretiker des Idylls blieb Schlegel immer noch unbestritten. Seit 1756 dagegen war Gessner ein gefeierter Dichter, der sich offen als Gegner französischer Galanterie, als Realist und Nachahmer Theokrits bekannt und seine Idylle mit der Berufung auf die Geschichte der Patriarchen und die Schilderungen Homers auf historischen Boden gestellt hatte. Ist nun für uns die Vorrede der 'Idyllen' ein Beweis schlimmer Selbsttäuschung oder mangelhafter Kenntniss ihres angeblichen Musters, der Schlegelschen Theorie waren diese zarten Schöpfungen nicht minder als Daphnis entgegen. Schlegel hatte Handlung als das Wesen. der Ekloge hingestellt: hier fand er Naturschilderung in einem Umfange, wie er sie für diese Gattung ausgeschlossen; er wollte nur die sanften Empfindungen eines glückseligen Lebens hier mischten sich mitunter elegische Töne ein; er verlangte Naturscenerie im Stile Watteaus: Gessner führte zuweilen in die Hirtenhütte; er hielt Burleskes für unerlaubt: Gessner malte Faunen und Satyrn in komischer Situation; er hatte das Motiv des Ständeunterschiedes verpönt, wollte im Schäfergedicht nichts von Essen und Trinken hören: bei Gessner bewirthet der Hirt Menalkas den verirrten Jäger Aeschines; die Kontraste zwischen dem Städter und dem Sohne der Natur, die Gessner dann nach Pfeffels Vorgang auch im Schäferspiel sehr tendenziös verwerthen sollte, sind scharf herausgearbeitet, und ländliche Züge überhaupt von Gessners Silberstift weit über die von Schlegel

252) Gessner an Gleim 29. November 1754. Briefe d. Schweizer S. 218.

Andererseits

gesteckte Grenze hinaus festgehalten. 253) freilich musste die sittliche Idealität der Gessnerschen Hirten den auf moralische Wirkungen der Poesie bedachten Ästhetiker ebenso gewinnen wie der Mangel jeder festen. Charakteristik seinem verschwommenen Idealismus entsprach; Gessners Arkadien war schliesslich eine nicht minder moderne Schöpfung als die von Schlegel aus der Gegenwart heraus construirte poetische Welt; den französirenden Zug haben beide mit einander gemein. Hatte Schlegel die Poesie der Malerei und die Poesie der Empfindungen als zwei selbständige Gattungen geschieden 254), so waren sie für ihn doch auch zwo Schwestern, welche einander wechselsweise hülfreich die Hände bieten' 255), und die wunderbare Glätte der Form musste allein schon den auf Correctheit gerichteten früheren Beiträger entzücken. Aus dem Zwiespalt, dem sich Schlegel dergestalt gegenüber sah, glaubte er sich zu befreien, indem er in der 2. Ausgabe seines Batteux Gessners Idyllen als eine neue Art neben die von ihm beschriebene stellte. Als ihre Vorzüge erklärt er den Besitz auch einer äusseren historischen Wahrheit neben der inneren poetischen sowie die Gewähr der Befugniss, ländliche Einfalt und Lebensweise darin ohne Verstoss gegen den guten Geschmack hervortreten zu lassen; denn 'sobald wir uns in eine alte Zeit versetzen, so bald legen wir auch mit unsern Sitten unsere Vorurteile, unsern willkürlichen Wohlstand, und unsern falschen Eckel beyseite.' 256) Ja er knüpft sogar daran die Hoffnung, dass man sich durch Idyllen dieser Art allmählich daran gewöhnen werde, auch in denen der anderen mehr vestigia ruris zu vertragen; nur solche Verrichtungen, die den

253) So hat später auch Gleim, dessen Blöden Schäfer Gessner 1767 neu herausgab, die von Schlegel u. a. getadelte Erwähnung von 'Heu und Erbsenstroh' (Sämmtl. Werke hg. v. Körte 3, 45) stehen lassen; gegen die französische Auffassung der Schäferpoesie spricht er sich bereits 1755 aus (an Götz: Körte, Leben Gleims S. 41).

254) Vgl. die Batteux-Abhandlung: Von dem höchsten Grundsatze der Poesie. 2. Aufl. S. 364.

255) a. a. O. S. 365.

256) S. 512.

Indem Schlegel als dritte sacra hinzufügt, wie sie in demselben Jahre in

Nebenbegriff des Schmutzes oder der Mühseligkeit haben, sollen unter allen Umständen ausgeschlossen bleiben. Damit hatte Schlegel seine Eintheilung bereits selbst über den Haufen geworfen. Gab es eine Idylle, wo solches von rechtswegen am Platze war, eine zweite, für welche es wünschenswerth erschien: welches war noch der Gattungsunterschied zwischen Land- und Schäfergedicht, den er trotzdem nach wie vor nicht zu einem Artunterschied abgeschwächt wissen wollte? 257) mögliche Art noch eine ecloga durch Jac. Friedr. Schmidt 258) Deutschland eingebürgert wurde, steht nun bei ihm der Gattung des Landgedichtes die des Schäfergedichtes in dreifacher Gliederung gegenüber: 1. Construction der Hirtenwelt aus der Gegenwart heraus unter Verwerthung ländlicher Züge aus dem Bauernleben, also schäferliche Maskirung moderner Menschen: Schlegel erklärt es jetzt ausdrücklich für einen desto grösseren Vorzug des Dichters, 'je näher er die Sitten seiner Schäfer den unsrigen bringt, ohne dadurch dem Wesentlichen des Schäfergedichts Eintrag zu thun' 259), und begründet damit den Anspruch. der poetischen Schäfer auf Witz in den Schranken ‘ungekünstelter Sitte' und 'Güte des Herzens'260); 2. angebliche Schilderung des goldenen Weltalters der antiken Menschheit in der Art Gessners: durch nichts Wesentliches von der ersten Gruppe verschieden; 3. biblische Idylle. Ein Einfluss Gessners auf die Schlegelsche Theorie zeigt sich endlich darin, dass im Gegensatz zur Satire, die im galanten Sinne Fontenelles die Liebe als ausschliesslichen Stoff der Ekloge bezeichnet, jetzt ausdrücklich auch 'Redlichkeit, Offenherzigkeit, Gutthätigkeit, Weichmüthigkeit, Dienstfertigkeit, Edelmüthigkeit, kurz alles was zur Güte des Herzens gehört' als 'sanfte Empfindung' aufgezählt ist. 261)

257) S. 476.

258) Poetische Gemählde und Empfindungen aus der h. Geschichte. Altona 1757.

259) S. 499.

260) S. 500 f.

261) S. 492.

Wie Schlegel immer noch in der Stofffrage befangen blieb, zeigen die Bemerkungen über E. v. Kleist, der seine Fischer- und Gärtneridyllen mit dem Vorschlag begleitet hatte, überhaupt im Unterschied von den Franzosen auch anderen Bewohnern des Landes den Zutritt in diese Gattung zu verstatten. Die Kunstgärtnerei passt doch nicht in ein Gedicht, das ganz der Natur gewidmet ist'; steigt man tiefer, so wird dasselbe einem 'all zu niedrigen Begriffe ausgesetzt. Dem Schäferleben allein kommt 'die durch die Dichter eingeführte Gewohnheit zustatten, den Nebenbegriff einer mühseligen Handarbeit davon abzusondern'. Für das Fischeridyll freilich sprach der Vorgang Theokrits, und so begnügte sich Schlegel statt einer völligen Ausschliessung dieser Berufsklassen mit der blossen Forderung, ihr Auftreten 'allezeit in die uralten Zeiten' zu verlegen.262)

Der Widerspruch, in welchen Schlegel durch die Zustimmung zu Gessners Idyllenstil gerathen war, ist durch den Charakter des letzteren natürlich veranlasst. Es war ein richtiges Gefühl der Beiträger, dass in der Welt ihrer poetischen Schäfer jede Erinnerung an das äussere Leben wirklicher Hirten als ein niedriger Zug empfunden werde oder richtiger die thatsächliche Unwahrheit der fingirten. Situation zum Bewusstsein bringe, dass also der Schwerpunkt auf das Innere gelegt werden müsse. Verstand man, an die Stelle typischer Schäfermasken wirkliche Individualitäten zu setzen, so war innerhalb der conventionellen Schranken nach einer Richtung wenigstens Lebens wahrheit zu erreichen, wie dies Goethes anmuthiges Schäferspiel zeigt. Dagegen ward Gessners Idyll ein Zwitterding, zu dessen Vergleich mit Theokrit er selbst herausforderte. So musste auf dem eingeschlagenen Wege über ihn hinaus fortgeschritten werden.

Die Kritik der Schlegelschen Abhandlung durch Mendelssohn in den Litteraturbriefen bezeichnet 263) den ersten bedeutenden Fortschritt in der Erkenntniss des echten

262) S. 513 f. Kleist selbst supponirte die Scene thatsächlich in einem goldenen Weltalter: an Gleim 25. Juli 1757. Sauers Kleist 1, 101 f. Anm.

263) Briefe die Neueste Litteratur betreffend, Berlin 1762, 5, 113 ff.

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