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zubauen. Der Richter gab den Mittelpunkt und 'Sprecher' des Spieles ab, der die Einleitungsrede halten, die Streitreden der Brüder entgegennehmen und schliesslich Urtheil und Moral verkünden muss. Die beiden langen Declamationen der Brüder werden in kleine Stücke zerhackt, die in lebhafter Discussion hinüber und herüber fliegen. Einige dramatisch wirksame Züge werden hinzugethan: das Aufeinanderplatzen der Brüder, nachdem sie sich zum Ausgleich vor dem Richter kaum geeinigt haben; der unmotivirte Anfall des Trinkers gegen Ende des Spiels (V. 428):

Der Trincker torckelt, spricht:

Hör auff! mir wil der kopff vmbgehn.

Mich dunckt, es sein der Richter zwen.

Die deutlichsten Merkmale des Stiles des Hans Sachs zeigt
der Bau des Schlusses. Die Schrift des Beroaldus-Franck
hatte mit einem Fragezeichen geschlossen, indem die Auswahl
des grössten Sünders, welche nach der im Argument über-
lieferten Testamentsklausel nicht zu umgehen war, dem
einzelnen Leser anheimgestellt wurde. Hans Sachs aber
konnte weder mit einem Fragezeichen noch mit einem Ur-
theil persönlicher Willkür sein Stück schliessen. Er brauchte
einen allgemeinen und gerechten Spruch, welchen der Richter
als Vertreter der öffentlichen Meinung verkünden konnte,
um damit eine gemeingiltige Moralrede ad spectatores zu
verbinden. Ein solches Urtheil konnte nicht einen von den
drei Brüdern zu Gunsten der andern beiden verdammen,
zumal in dem Charakter des Hans Sachs die Neigung liegt,
gerade derartigen Fastnachtspielen, welche an die Kampf-
gespräche grenzen, einen ausgleichenden und versöhnenden
Schluss zu geben. Da es
Da es nun unmöglich wäre, alle drei
Brüder durch den Engpass jener Klausel zu bringen, so führt
Hans Sachs sie mit einander um ihn herum, indem er sich
einen neuen Ausweg schafft durch die Erklärung:

Doch weil ewr Vatter nit hat gwolt,
Das man ewr ein enterben solt,
Weil jr seit sein natürlich Erbn,
Bgert er ewr kein zu uerderbn,
Hat den Artickel hinein gelegt,
Das jr all drey wurd abgeschrecht
Von Hurweiss, Trunckenheit und Spil.

In den veränderten Plan des Aufbaues passt nun das alte Material recht schlecht. Jenes Schleudern mit Citaten, das bei Beroaldus sich als übermüthige Verspottung scholastischen Wesens durch einen sattelfesten Humanisten darstellte, erscheint bei Hans Sachs im Rahmen der Gerichtshandlung wie eine müssige und prahlerische Klopffechterei. Hans Sachs selbst mag das Unpassende der Kampfesweise gefühlt haben. Er scheint sie dadurch erklären zu wollen, dass er wenigstens dem Richter einen fremdartigen Charakter gibt:

Ich komm zu euch hieher auss fern
Griechischen Landen von Athen.

Eine heimische Färbung dagegen scheint er dem Stoff geben zu wollen, wenn er eine Idee, die Sebastian Franck in der angeführten Stelle der Widmung ausgesprochen hatte, in Ausführung bringt und eine Anzahl biblischer Citate einmischt. Doch diese, sich theilweise sogar widerstrebenden, Mittel verschlagen wenig. Man braucht nur einige verwandte Fastnachtspiele wie das 3., 9. und 13. zum Vergleich heranzuziehen, um zu erkennen, dass hier Hans Sachs durch eine ungeeignete und missverstandene Vorlage aus der richtigen Bahn gelenkt worden ist. Während in jenen Spielen die streitenden Personen sämmtlich in lebendigen und angeschauten Zügen gezeichnet sind, dringt hier aus dem Citatenwust nur selten ein lebensvoller Zug hervor.

Als eine interessante Vermischung des scholastischen Stils und greller realistischer Sittenmalerei mag zum Schlusse eine Bearbeitung der Beroaldischen Schrift aus dem 17. Jahrhundert angeführt werden: Lustiger Prozess dreyer Adelicher Brüder u. s. w. 1655. Eingerahmt von juristischem Brimborium, welches sich mit den Äusserlichkeiten des 'Prozesses beschäftigt, und einem Gedicht Urteils bedencken, das sich für den Spieler entscheidet, bieten die drei Reden neben den hier noch gesteigerten scholastischen Ausführungen so lebendige Schilderungen der verschiedenen Sünden in den Farben ihrer Zeit, dass es sich verlohnt, einige Stücke herauszuheben: Ess ist in allen Rechten das Spielen, wie es mein Bruder macht verboten, es wird auch vor ein verbrechen gerechnet, die Spieler zu Herbergen

oder zum Spielen, ihnen einen Platz zu verlehnen, weil das Spielen eine Pest der Jugend gehalten wird, und erstreckt zu der Menschen eusserstem verderben, wann man Profession davon macht; der solches thut kan ihm immermehr rechnung machen, das er in seinem Alter einen Groschen behalte. Gesetzt ein Dopler gewünne so offt als er verlührt, so kommet er dennoch zu kurtz, dann wann man etwas gewinnet halt man es wie gefunden, und ist gantz Liberal damit, die Lacqueyen kriegen Trinckgeld, für die Karten und Wurffel, die Wirthin und Töchter, auch die Magt im Hause kriegen ihre Portion; kommet ein Frantzsch Krämer darzu, so kriegt der ein par Handschuh, der andern Favore, die dritte Messer, welches alles aus dem Gewinn bezahlt wird über diess alles gibt man noch etwas in das Gelach zum bästen: in Summa, der Gewinn hat viel zu ertragen, und blibt oft nicht die helffte über'. 'Wann ich ihn auss dem Weinhausse voll nach Hausse kommen sehe, so schwebet er von einer seiten zu der andern, seine Haare sind ungekämt, sein Bart vol Weines, seine Bruch unzugenestelt, sein Wammes unzugeknöpfft, immer von oben biss unten befleckt, sein Kragen ist mit Wein und Bier gemarmelt, sein Hut ungefegt, sein Mantel hanget als ein Sack, an einer Seiten länger als an de andern, und wann ich ihm ein guten Abend sage, dancket er mir mit einem solchen Reusper, und geuffer den man wol in drey Brabantische Ellen zehen könnte: wenn ich nun solches sehe, höre, und rieche, denck ich nuer dass solches Leben ein Bestialisches Leben sey, ja ärger alss Bestialisch'.

Berlin.

Siegfried Szamatólski.

Der Bienenkorb.

Ein Beitrag zur Fischart- Litteratur. 1)

1.

Der Verfasser des Biënkorfs, Marnix van St. Aldegonde, wurde 1538 in Brüssel geboren. In Genf studirte er unter

1) Allen in dieser Abhandlung genannten Bibliotheken sage ich hiermit für die mir gewährte Unterstützung meinen verbindlichsten Dank. Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte II

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der Führung des Calvin und des Beza, und dort erwarb er sich die gründliche theologische Kenntniss, welche sich in all seinen kirchlichen Schriften kund gibt. Zu seinen ältesten Werken gehört: Van de Beelden Afgheworpen in de Nederlanden In Augusto 1566. Als kurze Zeit nachher der gefürchtete Herzog Alba nach den Niederlanden kam, hielt der Vertheidiger der Reformation es für gerathen, sich nach Deutschland zu begeben. Im Jahre 1568 dichtete er das berühmte und jetzt noch allgemein beliebte Nationallied: Wilhelmus van Nassouwe.2) Im folgenden Jahre gab er den Biënkorf heraus. Als er sich 1573 in Utrecht als Kriegsgefangener befand, begann er seine sehr gerühmte Übersetzung der Psalmen, welche er 1580 vollendete. Nach dem Tode seines Fürsten und Gönners, des Prinzen von Oranien, ward ihm, als Bürgermeister von Antwerpen, die Vertheidigung dieser Stadt übertragen. Auf die Dauer war er jedoch nicht im Stande, die Stadt zu behaupten, sie fiel Ende 1585 in die Hände der Spanier. Da trat Marnix aus dem öffentlichen Leben zurück und lebte seitdem still auf seinem Landgut in Seeland. Hier schrieb er 1589: De Trouwe Vermaningen (1591 ins Deutsche übersetzt) und vollendete sein Tableau des différens de la Religion, welches erst nach seinem Tode herausgegeben wurde. Seine letzten Lebensjahre widmete er noch einer Bibelübersetzung: es war ihm aber nicht vergönnt, sie zu Ende zu führen; er starb am 15. Dezember 1598. Die Bedeutung des Mannes ist nicht allein in seinem Vaterlande, sondern auch im Auslande schon seit langer Zeit anerkannt. Besonders von Motley wurden seine Verdienste als Staatsmann, als Dichter, als Schriftsteller und theologischer Gelehrter gewürdigt.3)

2) Eine deutsche Übersetzung von 1608 ist abgedruckt in: Geschriften van Philips van Marnix van St. Aldegonde. Verscheidenheden. Door J. J. van Toorenenbergen. S. 183 ff. In diesen ‘Geschriften' (3 Bde. 1871 ff., von denen der letzte unter dem Titel 'Verscheidenheden' im Haag 1878 erschien) sind die kirchlichen Werke des Marnix zum Abdruck gebracht. Die wissenschaftliche Einleitung bietet viel Neues und Interessantes für die Marnix-Litteratur.

3) The Rise of the Dutch Republic. New ed. (1882) S. 244. Vgl. Jonckbloets Geschichte der ndl. Literatur, übers. v. W. Berg 1, 431.

Sein Hauptwerk in jeder Hinsicht ist der Biënkorf. In dieser Schrift zeigt er eine bis dahin unbekannte Gewalt über die Sprache, welche in jenem Jahrhundert eine neue Gestalt annahm. Die allegorische Form des Werkes war überliefert. Schon im 13. Jahrhundert hatte Thomas van Cantimpré1) ein Bonum universale de Apibus, welches 1488 als Byenboec in niederländischer Sprache erschien, herausgegeben. Während aber Thomas van Cantimpré einige Stellen aus Aristoteles und Plinius zusammenliest, um 'den gemenen staet der menschen, alre meest der prelaten ende ondersaten ende besonderlinge hoe men in den cloester sal leven' zu beschreiben, gebraucht Marnix eben diese Stellen, um Kirche und Klöster zu bekämpfen.

Den Bienkorf zu schreiben, ward er zweifellos zunächst durch die Briefe des Canonicus Gentien Hervet zu Reims veranlasst. Dieser hatte 1561 zwei Briefe an die 'Abtrünnigen von der römischen Kirche' gerichtet: Epître envoyée à un quidam fauteur des nouveaux Evangelistes, en laquelle est clairement montré que hors l'Eglise Catholique n'y a nul salut, und: Epître aux Ministres, Predicans et Suppots de la nouvelle Eglise, de ceux qui s'appellent fidèles et croyans à la parole. Der letztere Brief erschien ins Niederländische übersetzt 1567 in Antwerpen: Missyve oft Seyndbrief aan de verdoolde van den Christen gheloove door Gentiaen Hervet van Orleans.5) Zur Widerlegung dieser Briefe und besonders der vielen Anschuldigungen, welche darin gegen die Anhänger der neuen Confession geäussert wurden, drängte es Marnix, das Schwert einstweilen mit der Feder zu vertauschen. Dass er seinen Gegnern gewachsen, ja sogar in mancher Hinsicht weit überlegen war, beweisen die vielen Ausgaben seiner Streitschrift, so wie auch der Eifer und die Wuth, womit Tausende von Exemplaren verbrannt wurden. In dem sehr schönen und gut erhaltenen Exemplar der äusserst seltenen ersten Ausgabe von 1569, welches die K. Universitätsbibliothek zu Leiden besitzt, befindet sich eine kurze Notiz des

*) Cd. Busken Huet. Het Land van Rembrand, 2. A. 1886, 1, 201. 2, 5. 5) J. J. van Toorenenbergen, Verscheidenheden S. XXXIX und 233.

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