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Officiums und Philipp's, ja keine Macht der Erde haben hindern können, dafs die neue Lehre Wurzel schlug, in jedem Orte Gemeinden sammelte, in jedem Dorfe spanische Bibeln ohne Noten gedruckt wurden, dafs Konfessionen, Katechismen eindrangen. Warum unterlagen die Protestanten ohne Religionskriege? Weil in Spanien nichts unpopulärer war als die Ketzerei, und am unpopulärsten von allen Häresieen der Protestantismus! Dieses Vae victis läfst doch nicht vergessen, dafs seit 1560 die Blüte der spanischen Reiche zu welken beginnt. Kirchenspaltung ist ein schweres Volksleid. Kirchliche Volkseinheit ist ein Gut von hohem Werte. Doch giebt es ein noch höheres, für das kein Preis zu teuer ist. Ihn haben die spanischen Märtyrer bezahlt; Senza mio lagrimar non fur' lor pianti mufs die evangelische Kirche sagen.

10) Der fleifsige, unermüdliche Defensor Servet's Tollin war vier Jahrzehnte lang Reina's Spuren nachgegangen. Seine Findlinge gab er einem Auszuge aus Menendez' Reinakapitel in französischer Sprache mit. Im Bulletin historique et litteraire der Gesellschaft für die Geschichte des französischen Protestantismus ist er abgedruckt. Die wichtigsten bestehen in Notizen aus dem Archive der französischen Gemeinde in Frankfurt am Main. Danach hätte der Moses der spanischen Kolonie in Genf Servet's Ende beweint, ihn als einen grofsen Mann bezeichnet, der der spanischen Nation sehr genützt haben würde. Weiter soll er bemerkt haben, Calvin hätte seinen Feind gar nicht verstanden und aus Neid umgebracht. Käme das Evangelium nach Frankreich, so werde Genf ein neues Rom. In Frankfurt habe Reina eine Schrift Servet's mit den Worten geküfst, der allein hätte das Mysterium der Trinität verstanden. Auf der Kanzel seien demgemässe Äufserungen laut geworden. Sind die Facta und Worte echt, sind sie treu überliefert? Dann war das Amtsleben des Bibelübersetzers, der lutherische Konfessionen vorlegte und unterschrieb, eine Lüge. Auf Grund von Aussagen der beiden obskuren Servetisten Juan de Leon und Baltasar Sanchez darf man eine so gravierende Anklage nicht erheben. Tollin meint freilich leichten Sinnes,

zu Ehren des Prometheus der Reformation, Reina habe lieber seine Ausdrücke ändern als das Schaffot besteigen wollen, nach dem angeblichen Rate, heimlich möge man diese Lehren hegen, aber nicht für sie sterben, da sie gefährlich und skandalös seien.

Dechent's Geschichte der niederländischen Gemeinde in Frankfurt am Main 1885 enthält, wie Böhmer mir schreibt, einiges Neue über Reina. Der betreffende Artikel der allgemeinen deutschen Biographie 1888 wiederholt es.

11) Durch Menendez' Werk angeregt, gab Lassalle eine gute Übersicht des Bekannten in Umrissen. Er nennt es eine gewaltige Aufgabe, reich an Interesse, den protestantischen Gedanken zu studieren. Schwer hat er die Lösung derselben nicht genommen. Droin lieferte die Anordnung, Castro, Böhmer, Stern, Carrasco boten die Thatsachen. Hase wünschte bekanntlich theologischen Autoren etwas Lakonismus. Wenn aber 110 Seiten 6 Einleitungen, 2 Schlufsabhandlungen, 26 Biographieen, 20 Charakteristiken und die Analyse von 40 Schriften enthalten, kann der Gehalt der Einzelheiten nur minimal sein. Unhistorisch heifst das 16. Jahrhundert die schlimmste Zeit der spanischen Geschichte. In Alcala soll offen der Protestantismus gepredigt sein. Tausend Symptome der Empörung gegen Thron und Altar sollen das Volksleben durchzogen haben, Valera heifst ein Mann von unendlichem Wissen. Diese Übertreibungen bestätigen Isocrates' Wort: Rhetorik macht Kleines grofs und Grofses klein. Wicliff, Erasmus und Luther werden zu einem Triumvirate geprefst. Nur Furchtsamkeit hätte die Humanisten abgehalten, franchement d'adopter la Réforme, deren Ideen sie in der Hauptsache teilten. Habe es sich doch um freie Prüfung, Opposition gegen die Kirche, Befreiung der gesunden Kraft und des Gedankens, Vertheidigung der Rechte der Vernunft und des Gewissens, der freien Entscheidung des Einzelnen in Glaubenssachen gehandelt. Das wäre richtig, wenn Protestantismus, im urkundlichhistorischen Sinne, religiösen Subjektivismus und kirchlichen Atomismus bedeutete.

12) In Burgos erschien 1554 ein Roman, der 1888 noch gelesen wird. Lazarillo de Tormes ist der Chorführer der Schelmenromane, dieser originalen Spezialität spanischer Litteratur. Er besteht aus einer Reihe sozialer Satiren. Der autobiographische Faden verbindet sie. National und realistisch, beifsend und pietätslos, legen sie, mit hogarthischer Beobachtungsgabe, die Schattenseiten der gesellschaftlichen Hauptgruppen des Klerus, des Adels, des Bürgerstandes blofs. Als Führer eines blinden Bettlers beginnt der Held die Spitzbubenlaufbahn. Zusehends vervollkommt er sich im Dienste von Priester, Bettelmönch, Ablafskrämer, Kaplan und Alguacil. Fügsam, gutmütig, aufgeräumt, findig, unverschämt, Taugenichts und Cristiano rancio ist er Todfeind alles pfäffischen Wesens. Ungestört hatte die Lesewelt über die pikanten Porträts lachen dürfen, bis die lutherische Propaganda entdeckt ward. Die Inquisition verbot sogleich das Buch. Die einheimischen Exemplare waren leicht zu vertilgen. Aber niederländische Buchhändler schmuggelten die verbotene Frucht in Duodez massenhaft über die Grenze. Philipp II. sah, seine Macht reiche gegen den Schelm nicht aus. Er befahl seinem Historiographen Juan Lopez de Velasco das Buch zu purifizieren wie die Propaladia des Torres de Naharro und die Poesieen Castillejos. Einige Derbheiten im Stile der Celestina und die ärgsten Impietäten wurden kassiert. Die Leser verloren den Bettler, der seine einträgliche Gebetsmühle nur für Wirtinnen, Kellnerinnen und Dirnen dreht. Auch der Tetzel war verschwunden, der seine Ware ausruft, bis alle Exemplare der Bulle verkauft sind. Die Frage des Pfarrers und der Ratspersonen, ob die Indulgenzen auch für Ungeborene kräftig seien, vermag der heilige Mann nicht zu entscheiden. Nach seinen wissenschaftlichen Forschungen möchte er Nein sagen, doch solle man ältere Autoritäten konsultieren. Kauflust, nun hält der Krämer ein rend das Volk die Bulle anstaunt, der Altarkerze ein altes Eisenkreuz. Das bietet er zur Adoration dar. Wunder, Wunder, die Küssenden spüren wie das Kreuz brennt aus Schmerz über die Lieblosigkeit der

Ein Dorf zeigt geringe pompöses Amt. Wäherhitzt er heimlich an

Gemeinde. Es mufs in Gold gefafst und der Kathedrale verehrt werden. Doch lässt sich der Krämer, der alle seine Ware angebracht hat, erbitten. Er schenkt es der Gemeinde gegen ein altes, silbernes Kruzifix.

Lazarillo erschien anonym. Morel Fatio, der ein grofses kulturhistorisches Werk über die spanische Gesellschaft des 16. und 17. Jahrhunderts vorbereitet, hat seinen Etudes sur l'Espagne Recherches sur L. de Tormes eingefügt. Siguenza, der Chronist des Ordens der Hieronymiten, nannte als Verfasser gerüchtweise den Bruder Juan de Ortega. 1607 schreibt Scott das Buch dem Diplomaten, Historiker, Dichter, Gelehrten, Soldaten Diego Hurtado de Mendoza zu, dem Lope de Vega dreiundzwanzig Generationen höchsten Adels und höchster Würden nachrühmt. Fatio hat die Grundlosigkeit beider Annahmen dargethan. Mendoza sei scharf und schneidig. Er trete Paul III. und Julius III. sehr machtbewusst gegenüber. Aber die scharf ausgeprägte Originalität der Schriften des hochfahrenden Granden verbiete es, dem Verfasser des Krieges von Granada den Lazarillo zuzuschreiben. Der geniale Wurf einer übermütigen Studentenlaune Mendozas könne das Werk nicht sein. Denn diese Herbheit des Spottes, diese Reife der Erfahrung, diese Vertrautheit mit dem Leben des niederen Volkes habe erst in einem Alter erworben werden können, wo der hohe Herr sich um ganz andere Dinge kümmerte als um Lust und Leid der Geringen. Weshalb man ihm den Streich zutraute? Sein trotzig stolzer Ton, der lebhafte, unbändige Geist, die launigen Einfälle und Bonmots, die Händel mit Päpsten und Kardinälen, die Verbannung durch Philipp, dem der souveräne Übermut unerträglich wurde, das alles machte Men

doza zum enfant terrible der Litteratur. Ohne Grund schrieb man ihm viele satirische Briefe und Libelle zu. Ebenso grundlos machte man den Sammler der griechischen Handschriften des Eskorial zum Vater des verleugneten Kindes Fatio sucht den Autor im Kreise derer, die mit der Feder des Erasmus und mit der Tinte Lucian's Moralitäten gegen den Klerus schrieben. Juan Valdes' Mercurio zeige die gleiche Freiheit der Sprache und der Gedanken. Mittel

glieder zwischen Lactancio, Mercurio und Lazarillo konnte Fatio nicht aufzeigen, so grofs auch die innere Verwandt

schaft ist.

13) Es ist mir noch erlaubt für mich zu reden. Fast dreifsig Jahre habe ich mich an den Lichtseiten des spanischen Charakters, an den Schönheiten der Sprache und Litteratur, der Architektur und der ,,stummen Götzen" der grofsen Maler erfreut. Wiederholt war ich zu den Konfessoren und Blutzeugen zurückgeführt. Meine Darstellung des kurzen Leidenstages unserer Glaubensgenossen ist nicht für Fachgelehrte bestimmt. Dem gröfseren christlichen Leserkreise ist sie zu gedrängt und zu schwer. Geistlichen, denen Böhmer's und Menendez' Werke unzugänglich sind, kann sie dienen. Das Wichtigste und Charakteristischste dieses Momentes spanischer Kirchengeschichte sollte zur Anschauung kommen. Längst Bekanntes wiederholte ich nicht ausführlich aus Liebe zu aktenmässiger Vollständigkeit. Bringt ein Jahr 3000 theologische Arbeiten, so liegt darin eine Mahnung an jeden Autor, seine Worte wenige sein zu lassen. Die obigen Blätter beweisen wohl, dafs ich die Quellen kenne. Aber Leser, die Milton, Dante, Cervantes und Calderon nicht im Original geniefsen können, verschonte ich mit Beweisstellen in diesen Sprachen. Die Litteratur gab ich vollständig an. Auf ein weltlich langweiliges Kompendium war meine Absicht so wenig gerichtet, wie auf einen geistlich langweiligen Traktat. Keine Mühe habe ich gescheut, meinem Versuche den Reiz der Neuheit zu verleihen. Dabei war ich unbekümmert um den Geschmack schulmeisterlicher Pedanten. Für ein solides Inhaltsverzeichnis und für ein korrektes Namenregister verzichten diese Matadore gern auf alles, was der Darstellung Leben, Frische, Schönheit geben soll. Hinweg mit allen Zügen aus der politischen, kirchlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen Zeitgeschichte, aus den Erlebnissen der Konquistadoren. Wozu Sprichwörter, Romanzen, Gänge durch Sevilla, Valladolid, San Yuste? Gönnen muss man den Inhabern diese Liebhaberei. Mifsgönnen dürfte sie ihnen nicht jeder. Überraschungen in einem Buche durch Unerwartetes, das zur

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