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Ob die Bergrede bei Matthäus mit der Nede
Lucä 6, 17 ff. identisch sei?

Diese Frage muß zuerst behandelt werden, insofern die Frage über den Plan und die ursprüngliche Beschaffenheit der Berg, rede mit dieser zusammenhängt.

Die Ansicht hierüber wird durch die in verschiedenen Zeiten und Theilen der Kirche verschiedenen allgemeinen Grundsäge über Evangelien - Harmonie bestimmt. Wie die Exegeten der griechischen Kirche überhaupt eine freiere Ansicht über den historischen Charakter der evangelischen Geschichte hatten, so daß sie z. B. die Abweichungen derselben in Nebenùmständen zuließen und dars in fogar, und zwar mit Recht, einen Beweis für die Zuverlåsfigkeit jener Hauptumstånde fanden, in denen alle Evangelisten übereinstimmen (vgl. die trefflichen Bemerkungen von Chrysos stomus in der Vorrede zum Matthåus, auch in meinem Com mentar zum Johannes C. 18, 1.), so bestanden sie doch keiness weges auf der Annahme einer genauen Chronotaris in der evang. Geschichte und einer genauen Conformität der Aussprüche des Erlösers bei den verschiedenen Evangelisten. Daher finden wir auch die Annahme der Identität der Bergrede mit der bei Lucas in der griech. Kirche allgemein verbreitet. Anders stellt es sich in der abendländischen Kirche. Hier wurde, so wie andere Dogmen, so auch das der Inspiration mit größerer Strenge festgehalten und das dogmatische Intereffe, eben dieses Dogma Bergpredigt.

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hinsichtlich der Enantiophonien der Evangelisten zu rechtfertigen, und somit den Einwendungen der Heiden und namentlich der Manichåer zu begegnen, gab dem in Bezug auf die Evangelien-Harmonie classischen Werke des ́ Augustin: de consensu evangelistarum seinen Ursprung. Wie vieles Treffliche und Brauchbare mit großem Scharfsinn jener Kirchenvater in diesem seinem Werke niedergelegt hat, darüber kann man das für Aus gustin sonst nicht parteiische Urtheil bei Clausen: Augustinus sacrae scripturae interpres S. 112. nachlesen. Auguftinus glaubte nun auch die Verschiedenheit der Reden bei Matthåus und Lucas behaupten zu müffen; in der Art und Weise, wie er dies that, bewährt er auch hier sein Geschick und will man einmal die Verschiedenheit beider Reden behaupten, so wird man am füglichsten sich ihm anschließen können. Nach Auguftinus (de consensu evangelistarum II, 19.) hat Christus zuerst auf dem Gipfel des Berges den ausführlichern Vortrag gehalten, den uns Matthäus giebt, und ist dann herabgestiegen auf die Ebene, um, in Kürze gefaßt, dieselben Wahrheiten der Volksmasse mitzutheilen. Die wesentlichsten Einwendungen gegen die Verschiedenheit, welche daraus abgeleitet werden, daß bei beiden Evangelisten dieselben Facta der Rede vorangehen und dem Schluffe derselben sich anschließen, werden durch diese Auffaffung der Sache beseitigt.

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In der lateinischen Kirche wurde diese Ansicht die gewöhn. liche, und nur scharfsichtigere Männer, wie ein Maldonatus, weichen davon ab.*) Auch bei den Reformatoren finden wir die Ansicht von der Inspiration, welche im 17. Jahrhundert in der lutherischen Kirche als die ausschließlich orthodore galt, nicht. Wenn Luther bei der von der Hagar ents lehnten Allegorie im Galaterbrief dem Paulus den Vorwurf macht, „der Beweis sei zu schwach 'zum Stich“, so war das ein keckes Wort, welches im 17. Jahrhundert der strengsten Rüge und Bestrafung nicht entgangen seyn würde. Aus dergleichen

*) Auch der Vf. des opus imp. seßt beide Reden verschieden, und eben so wie Augustin läßt er die bei Matth. an die Apostel die bei Lucas an das Volk gehalten seyn.

Aeußerungen Luthers läßt sich indeß kein folgerechtes System seiner Ansichten zusammenstellen; sie waren das Resultat des Augenblicks und wurden in anderen Zeiten wieder beschränkt, je nachdem die Umstånde es verlangten. Bon festen Principien geht dagegen Calvin aus, bei welchem man in der Behand lung der neutestamentl. Geschichte solche freiere Grundsäge findet, wie sie etwa unter den neueren Offenbarungsgläubigen von Olshausen in seiner Synopsis aufgestellt werden. In seiner Evangelien - Harmonie (vom Jahre 1555) giebt er die chronotaktische Ausgleichung der Evangelisten gänzlich auf, und an die Verschiedenheit der beiden Reden bei Matthäus und Lucas denkt er so wenig, daß er das dafür angeführte Argument: bei Matth. spreche Christus auf dem Berge, bei Lucas auf der Ebene, ein leve et frivolum argumentum nennt. Anders stellte sich die Behandlung der Evangelien-Harmonie in der lutherischen Kirche, wo noch vor Calvin Andreas Osiander, damals noch Paster in Nürnberg, im Jahre 1537 feine Evangelien. Harmonie ausgehen ließ, in welcher er, zwei Geschichten ausgenommen, alles von den Evangelisten Erzählte, in derselben Ordnung, wie sie es erzählen, mit einander zu einem Ganzen verbindet und daher jedes Ereigniß, was bei Verschiedenen in verschiedener Ordnung vorkommt, zweimal und dreimal sich wiederholen läßt. Er mußte dann natürlich die Rede bei Mate thaus und Lucas in zwei verschiedene Zeiten fallen lassen und zwar feßt er die bei Lucas gehaltene nicht weniger als ein ganzes Jahr später, als die bei Matthäus. An ihn schloß sich genau Molinâus, Codmann an und auch Jansenius in der von ihm 1571 herausgegebenen Harmonie. Von den übrigen Harmonisten ist keiner ihm ganz beigetreten, wiewohl Calov in seiner harmonia evangelica von 1676, Sandhagen in seiner Harmonie (2. A. 1688.), Reinhard Rus (1727), Dav. Hauber in seiner Harmonie der Evangelisten von 1737 und noch Einige ihm ziemlich nahe kommen. Die leßten, welche sich der strengen Osianderschen Methode mehr anschließen, find der Engländer Maknight in der lateinischen Ueber sehung von Ruckersfelder, Bremen 1772, und Büsching in seiner Harmonie von 1766, nach welchem ebenfalls die Rede

bei Matthäus und bei Lucas eine verschiedene ist. Unterdeffen hatten Bengel, Clericus und andere Harmonisten richtigere Ansichten verbreitet. Noch in der neuesten Zeit ist übrigens die Verschiedenheit beider Reden von Heß, Storr, dem Holländer Ferf und dem kathol. Exegeten Graß*) behauptet worden.

Was uns nun anbetrifft, so wollen wir zwar nicht sagen, daß die Annahme einer nochmaligen Wiederholung der Hauptstücke einer früheren långeren Rede Christi etwas ganz Undenkbares sei,, wie Manche es darstellen; da jedoch die anderen Nebenumstände so sehr stark für die Identität der Rede sprechen, so betrachten wir, nach vielen bereits vorhandenen Untersuchungen dieses Gegenstandes, die Frage als erledigt, und begnügen uns, die Gründe für die Identität beider Reden und die Zurückweisungen der Einwürfe kurz anzuführen. Für die Einerleiheit der Rede spricht 1) daß der Anfang, die Gedankenreihe im Ganzen und der Schluß von beiden gänzlich übereinstimmen. 2) bei beiden Evangelisten kommt die Rede in demselben historischen Zusammenhange vor, es schließt sich nämlich unmittelbar an dieselbe an: der Eintritt in Kapernaum und die Heilung des Knechtes des Hauptmanns (Mtth.8, 5. Luc. 7, 1.). Die Einwendungen gegen die Identitåt find folgende: 1) der Mangel an genauer Uebereinstimmung beider Reden, indem Lucas einiges mehr hat: V. 24-26, 2. 38-40. V. 45., und vieles weniger als Matthåus, außerdem aber auch manche

Gratz

*) Heß, Lebensgesch. Jesu, B. 3, C. 1. Heß nimmt an, daß die Auswahl der Apostel nach der Rede bei Matthäus statt gefunden, und damals Christus mehrere Stücke der Bergpredigt wiederholt habe. Storr, über den Zweck der evang. Gesch. S. 384. Ueber Ferf sprechen wir in dem folgenden Abschnitte. in f. Comm. zu Matth. stellt die ungeschickte Hypothese auf, jes der von beiden Evangelisten gebe eine verschiedene Rede, aber Matthäus habe aus Verwechselung manches aus der späteren kürzeren herübergenommen. Gerade diese Ansicht hatte schon der Socinianer Wolzogen cusgesprochen. Daß die Rede zweis ' mal gehalten worden, nimmt auch Faustus Socinus in seiner explicatio der Bergrede an.

Ausdrücke, die sehr modificirt sind V. 29. 35. 36. 44. 46., oder wohl gar in beiden Reden einen verschiedenen Sinn haben V. 20. vergl. mit Matth. 5, 3. und 43. 44. vergl, mit Matth. 7, 16. 18. Dieser Einwand hebt sich bei der Vergleichung vie ler anderer Reden Christi in den drei Evangelisten, wo die Verschiedenheit des Ausdrucks und die Schattirung des Gedans kens nicht minder anerkannt werden muß. 2) die Rede Matthai 5, 1. ist sigend, die Lucå 6, 17. ist stehend gehalten. Die Antwort ist: V. 17 bezieht sich noch nicht auf den Moment der Rede selbst, sondern auf die vorangehenden Augenblicke, wo das Volk sich erst ordnete und Plaß nahm. 3) nach Matthai 5, 1. ist die Rede auf einem Berge, nach Lucå 6, 17. auf einer Ebene gehalten. In der Einleitung zu der Erklärung von V. 1. werden wir sehen, daß beides einander sich nicht ausschließt. 4) zur Zeit, wo die Rede bei Matthåus gehalten ist, hatte Je sus erst vier Apostel; Cap. 10. wählt er erst die Zwölfe, während er sie bei Lucas 6, 13. unmittelbar vor der Predigt erwählt, worauf auch Marci 3, 13. fich zu beziehen scheint. Dieser Einwand ist dadurch hinlänglich zurückgewiesen, daß Matth. 10, 1. nicht von der Erwählung, sondern von der Aussendung der Apostel die Rede ist, und wir uns mithin denken können, daß dieselbige der Rede auf dem Berge voranging, ohne daß Matthåus es erwähnt. Ein triftigerer Einwand wåre der, daß doch Matthäus selbst seine Berufung erst C. 9. in einem ganz anderen Zusammenhange erzählt hierüber sprechen wir noch §. 3.

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§. 2.

Ueber die ursprüngliche Gestalt und den Plan
der Bergpredigt.

Die Beantwortung dieser Frage hat zugleich ein allgemei neres kritisches Intereffe, insofern dieselbe einen nicht ganz geringen Einfluß auf das Urtheil über die Aechtheit des Evangelifien ausübt. Daß nåmlich unser erstes Evangelium mit viel geringerer Anschaulichkeit als Lucas und Marcus erzähle, ja daß es die historischen Veranlassungen vieter Aussprüche des Erlösers nicht kenne, hat man daraus vorzüglich erwiesen, daß es Aussprüche, von denen uns Lucas. speciellere historische Mo

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