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Mund und unsere Augen besser zu herrschen; der Anstand verbietet Geschrei und Thränen. Die thätige Tapferkeit des ersten rauben Weltalters hat sich bei uns in eine leidende verwandelt. Aber alles Stoische ist von geringer dramatischer Wirkung; unser Mitleiden. ist jederzeit dem Leiden gleichmäßig, welches der intereffirende Gegenstand äußert. Bewunderung ist ein kalter Affect, dessen unthätiges Staunen den wärmeren Antheil ausschließt.

Die Reflerion nimmt es sich heraus, Gesege für die Empfindung aufzustellen. Nach ihnen will man das Maß der Sympathie bestimmen, welches man mit dem förperlichen Schmerze haben könne, man will die allzuheftige Aeußerung desselben als unzulässig erklären, weil dann jene hier ohnehin eingeschränkte Sympathie in der Verachtung untergehe. Ist wohl etwas betrüglicher, entgegnet darauf Lessing, als allgemeine Geseze für unsere Empfindungen! „Ihr Gewebe ist so fein und verwickelt, daß es auch der behutsamsten Speculation kaum möglich ist, einen einzelnen Faden rein aufzufassen und durch alle Kreuzfäden zu verfolgen. Gelingt es ihr aber auch schon, was für Nugen hat es? Es giebt in der Natur keine einzelne reine Empfindung; mit einer jeden entstehen tausend andere zugleich, deren geringste die Grundempfindung gänzlich verändert, so daß Ausnahmen über Ausnahmen erwachsen, die das vermeintlich allgemeine Geseg endlich selbst auf eine bloße Erfahrung in wenig einzelnen Fällen einschränken! Ja es ist wohl leicht gesagt: wir verachten denje

Baser: Bon Gottsched bis Schiller.

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nigen, den wir unter körperlichen Schmerzen heftig schreien hören. Werden wir aber da diesem allgemeinen Sage zu Gefallen sofort den Philoftet verachten, der zwar dem momentanen, physischen Schmerzgefühl durch Webrufe nachgiebt, aber dennoch nicht das Geringste in seiner Denkungsart, in seinen Entschlüssen ändert, ob: gleich er von dieser Sinnesänderung die Erlösung von seinen Dualen hoffen dürfte? Werden wir diesen Felsen von einem Manne verachten, weil die Wellen, die ihn nicht erschüttern können, ihn wenigstens ertönen machen? Freilich finden diejenigen, welche die natürliche Empfindung schulmeistern, hier eine willkommene Autorität an Cicero's philosophischen Declamationen über die Erduldung des Schmerzes. Doch sollte man nicht meinen, fragt Leffing, daß der philosophirende Römer einen Gladiator abrichten wollte, indem er gegen den äußerlichen Ausdruck des Schmerzes eiferte? Ja wohl - dem Fechter der Arena kam es zu, mit Anstand zu fallen! von ihm mußte fein Klagelaut ge= hört, keine schmerzliche Zuckung erblickt werden; da seine Wunden, sein Tod die Zuschauer ergößen sollten, so mußte die Kunst ihn alles Gefühl verbergen lehren. Die geringste Aeußerung desselben hätte Mitleiden er wirkt, und öfters erregtes Mitleiden würde diesen frostig grausamen Schauspielen bald ein Ende gemacht haben. Was aber hier nicht erregt werden sollte, ist die einzige Absicht der tragischen Bühne, und fordert daher ein gerade entgegenseßtes Betragen. Ihre Helden müssen Gefühl zeigen, müssen

ihre Schmerzen äußern, und die bloße Natur in sich wirken lassen. Verrathen sie Abrichtung und Zwang, so lassen sie unser Herz kalt, und sind nichts weiter, als Klopffechter im Kothurne. Diese Benennung verdienen, wie Leffing nachdrücklich betont, alle Personen der soge= nannten Seneca'schen Tragödien; die Gladiatorenspiele seien eben die vornehmste Ursache gewesen, warum die Römer in dem Tragischen noch so weit unter dem Mittelmäßigen geblieben sind. Die Zuschauer lernten in dem blutigen Amphitheater alle Natur verkennen, der Dichter, an diese künstlichen Todesscenen gewöhnt, mußte auf Bombast und Rodomontaden verfallen.

Wie treffend ist hier die echte heroische Natur dem affectirten Stoicismus gegenübergestellt! Schon der römische Kunstgeschmack war eine raffinirte phrasenhafte Renaissance, verglichen mit der edlen Simplicität des griechischen Ideals. Das Franzosenthum war wiederum ein übersteigertes Römerthum - und die Tragöden am Hofe des französischen Augustus konnten wohl als Schüler des Seneca, nicht aber als Erben des Genius eines Sophokles oder Euripides gelten. Auch bei ihnen trat an die Stelle der erschütternden tragischen Hoheit die rhetorische Prahlerei mit dem Schmerz, an die Stelle der gewaltigen Accente der Heldenklage das frostige Spiel mit geistreichen Antithesen, bei ihnen erst vollends verdrängte der falsche Adel des Anstands den echten Adel der großen Natur- und ihre Bühnenhelden waren eben auch nur sterbende Fechter, nicht duldende Heroen. Dasselbe, was Leffing an Shakespeare bewundert,

hebt er auch an die Alten so rühmend hervor: die unverfälschte Wahrheit im Schönen, die ungeschwächte Ursprünglichkeit des Affectes. Wie schlecht müssen gegen dieses hohe Vorbild die Toilettenkünfte der tragischen Muse von Versailles bestehen!

C. Leffing's dritte Periode: 1) Die Hamburgische Dramaturgie. 1767-69.

Der angebrannte Speer des Fecialen war schon längst in's feindliche Gebiet hinübergeschleudert begann Lessing in seiner Dramaturgie" den planmäßigen Feldzug gegen den französischen Geschmack.

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Mit der Dramaturgie" steigen wir zur Höhe seiner vollsten, männlichen Reife empor. Wir wissen bereits, daß bei ihm die süße Frucht der dichterischen Kraft sich immer unter der stachlichten Schale der Kritik entwickelt; bis diese Schale abermals aufbricht, werden wir den Fruchtkern einer „Emilie," eines „Nathan" darin gereift finden vorerst sei aber wieder dem Kritiker unsere nächste Aufmerksamkeit zugewendet.

Als Dramaturg des Hamburger Theaters gewinnt er vollends die Schanze, auf der er das Panier der deutschen Dichtung siegreich aufpflanzt. Da die Veranlassung der Entstehung dieses großen kritischen Hauptwerkes Lessing's hinreichend bekannt ist, so sei mir erlaubt, hier oberflächlich zu sein und darüber hinwegzugeben. Interessant ist zunächst, wie daraus etwas An

deres und Bedeutenderes wurde, als was Lessing an fangs selbst im Sinne hatte. Er ging mit der aufrichtigen Absicht an's Werk, „ein kritisches Register von allen aufzuführenden Stücken zu führen, und jeden Schritt zu begleiten, den die Kunst sowohl des Dichters als des Schauspielers thun werde;" d. h. er dachte wirklich an nichts weiteres, als an methodisch abgefaßte Recensionen. Statt dessen wurde die Dramaturgie eine auf empirischem Wege entstandene Aesthetik des Drama's, eine Erforschung der Geseze der dramatischen Kunst von Fall zu Fall, jenachdem sich eben die Gelegenheit zur Erörterung dieses oder jenes wesentlichen Punctes darbot. Der eigentlichen Recensionen, die beim nächsten Gegenstande bleiben, wurden immer weniger; über den principiellen Fragen trat das Interesse an den einzelnen Stücken in den Hintergrund. Je inhaltsvoller, desto formloser wird zugleich die Dramaturgie: rhapsodische Abhandlungen über die wichtigsten ästhetischen Fragen nehmen gar bald die Stelle der eigentlichen kritischen Besprechungen völlig ein, und breiten sich über Erwarten aus. Statt frischweg und resolut über das Vorhandene Kritik zu üben, untersuchte Lessing immer tiefer und eingehender, nach welchen Grundsägen überhaupt kritisirt werden solle? Anstatt den Schritten zu folgen, welche die Kunst des dramatischen Dichters in Deutschland wirklich gethan, sah er sich genöthigt, bei denen zu verweilen, die sie vorläufig thun müßte, um sodann ihre Bahn mit desto schnelleren und größeren durchzulaufen. Es waren die

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