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wendig das ganze Leben den schlichten bürgerlichen Anstrich erhalten, weil der Glanz desselben nur von einer bedeutenden Mitte ausstrahlen kann, nur bei einer fräftigen Concentration des ganzen Volkes und Staates sich alles in's Vornehme, in's Aristokratische hinauf zu steigern vermag. In Deutschland, wo selbst ein mächtitiger König, wie Friedrich Wilhelm I., wie ein bürgerlich-knausernder Philister lebte, wo sogar die Minister und Generale, als wären sie nur die Domestiken des Staates, mit Er" angesprochen wurden,

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konnte selbst in den höheren Ständen kein aristokratisches Selbstgefühl sich entwickeln, höchstens ein hochadeliger Bauernstolz, aber dabei mit bürgerlichen Lebensgewohn= heiten sich festsegen.

So wurde denn auch die dramatische Bühnendichtung, die sich zunächst an das Publicum wandte, ganz bürgerlich- realistisch, mit einer starken Neigung zum Weinerlichen, Rührenden, Sentimentalen. Von Anfang an ist in ihr mehr Wasser als Feuer, mehr Thränenweichheit als Glut, mehr Gefühlsschwelgerei als Affect. Die Rührung, wie sie uns hier entgegentritt, ist ein echt bürgerlicher Gefühlshang -fie hängt mit dem Häuslichen, dem Naheliegenden, der Enge des Privatlebens zusammen, während die stolze Leidenschaft, das kühne Pathos, das wagend in die Ferne strebt, immer einen entschieden aristokratischen, einen vornehmen und hochsinnigen Zug hat.

Göthe gibt uns in,,Dichtung und Wahrheit" treuen Bericht, welche Stücke zu seiner Jugendzeit besonders gefielen. Diderots Hausvater," der ehrliche Verbre

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cher," der „Effighändler," der „Philosoph ohne es zu wissen," Eugenie" und mehr dergleichen Werke was ren dem ehrbaren Bürger- und Familiensinne gemäß, der immer mehr obzuwalten anfing. In Deutschland gingen der dankbare Sohn," der „Deserteur aus Kindesliebe" und ihre Sippschaft denselben Weg. Der „Minister," "Clementine" und die übrigen Gehler'’schen Stücke, der deutsche Hausvater" von Gemmingen, alle brachten den Werth des mittleren, ja des unteren Standes zu einer gemüthlichen Anschauung, und entzückten das große Publicum. Aber auch die edlere deutsche Dichtung hing nur da mit dem Leben zusammen, war da allein von dem vollsten Hauch des Gefühls durchdrungen, wo sie bürgerliche Verhältnisse, freilich in höherem Sinne, ferne von der weinerlichen häuslichen Misere schilderte. Die edelsten und liebenswürdigsten Erzeugnisse des Göthe’schen Geistes waren selbst solche Blumen der Poesie, am Fensterbrett der Bürgerstube gezogen: Gretchen und ihr häusliches Schaffen, Clärchen mit ihrer Mutter, die Schilderung des Familienkreises in Werther's Leiden, Hermann und Dorothea. Egmont, der Cavalier, der zu dem Bürgermädchen herabsteigt, benimmt sich freier und natürlicher, als der Bürgersohn Wilhelm Meister, der in die adeligen Kriese emporgehoben wird. Der Dichter selbst fühlt sich durch das Vornehme mit genirt, so sehr es ihn drängt und reizt, im Leben wie in der Dichtung sich damit einzulassen. Es liegt in dem schönen Drama „Torquato Tasso“ man kann es nicht leugnen, ein merklicher Zusag von Fleinhöfischer Wichtigthuerei, von Einschränkung durch Rück

sichten, vom engen Ehrgeiz des Höflingsgeistes; was hier wie ein leichter kalter Zugwind an dem sonst warmen Colorit des Stückes vorüberstreift, wirkt aber in der Natürlichen Tochter" schon wie ein vereisender Hauch. All' den höher oder niedergestellten Personen, die uns da vorgeführt worden, klebt ein perfider Bedientenzug an, der uns sogleich auf das Frostigste be= rühren muß.

Es sind zwei verschiedene Sphären des deutschen Bürgerthums, in welchen Schiller und Göthe aufgewachsen sind: das von fürstlicher Protection abhängige, und das reichsstädtisch freie, das aber für höhere Auszeichnung keineswegs unempfänglich ist. Bei Schiller, dessen Lebenssphäre zu drückend niedrig und abhängig war, macht sich in seinen Jugenddichtungen in den „Räubern" und in „Kabale und Liebe" ein revolutionairer Zorn gegen die Standesfesseln in leidenschaftlicher Weise geltend; später stellt er einen Cavalier von sehr zweifelhaftem Adel den Marquis Posa — an die Seite eines Königssohnes, um durch ihn die Ideen des bürgerlichen Liberalismus sogar in der nächsten Nähe eines despotischen Thrones zu vertreten. Ein stolzer Traum, den der in Niedrigkeit aufgewachsene Dichter hier träumte, sich die Möglichkeit auszumalen, wie der Prinz des mächtigsten Staates um die Freundschaft ei= nes Unterthan's bittend wirbt, ihm das Du anträgt, und an seiner Seite das Jahrhundert in die Schranfen ruft! Göthe zeigt nirgends einen principiellen Haß gegen den Uebermuth und die innere Aushöhlung der höheren Stände; er hat vielmehr selbst das Streben,

fich zu nobilitiren, aus der bürgerlichen Sphäre emporzusteigen und sich jener nicht allzu schwer zu lenkenden Fäden eines höheren Einflusses zu bemächtigen. Dieser Drang des Ehrgeizes ist auch ein typischer Zug seiner bürgerlichen Helden, dieser Schöngeister und literarischen Naturen, wie Werther, Clavigo, Wilhelm Meifter, die alle die Schranken ihrer Eristenz ausweiten, in die freiere Lebensluft der Aristokratie aufsteigen möchten. Auch Tasso, der Dichter, hat keinen höhe ren Stachel des Ehrgeizes, als den, auch in Staatssachen und Cabinetsangelegenheiten in das Vertrauen seines fürstlichen Gönners gezogen zu werden; es ist sein größter Aerger, daß es da immer nur heißt: „Man muß Antonio schreiben! Fragt Antonio!" Im Uebrigen quält ihn der Trieb der Freiheit nicht, er ist mit begeisterter Loyalität Vasall, und schägt es als ein Glück, einem Fürsten, den man ehrt, zu dienen. Alles dieses ist so ganz bürgerlich empfunden: dort die stolzen Marquis Posa Träume, ebenso wie hier die reizbare Ambition des Protegirten, die ängstlich darauf achtet, ob ihr das Maß der Gunst und Gnade auch voll ge= messen wird.

Die einzige Befreiung, sowie jener echte Adel, zu dem sich die deutsche Poesie aus den einengenden Gränzen einer unfreien, bürgerlichen Existenz emporheben. fonnte, war doch immer jener vom Fittich des Gedankens beschwingte, halb speculative, halb poetische Idealismus, wie er sich uns in Schiller auf so bezeichnende Weise darstellt. Die Philosophie der strengsten Schule, die Kant'sche, stand hier dem Aufschwung der Dichtung

zur Seite: nachhelfend hob sie ihr den Arm in die Höhe, damit sie mit ihrer prometheischen Fackel die ewigen Sterne der Freiheit erreiche. Seine dichterischen Farben, seine künstlerischen Formen holte sich dieser Idealismus aus dem hellenischen Alterthum: aber die Helden der griechischen Dichtung traten dem deutschen Geiste nicht wie dem französischen nach ihrer heroisch - vornehmen Seite, nur nach ihrem rein menschlichen Gehalt entgegen. Die Geschichte mußte ihre Schäße eröffnen, sie mußte als Repertorium bedeutender Stoffe dienen, um so die kleinliche, beschränkte Gegenwart vergessen zu machen aber ihre Helden stiegen nicht mit ihrer vollen historischen Lebensfarbe, sondern im Widerschein der antiken Kunstform vor der Phantasie des Dichters empor.

Mit einem gravitätischen Heldengang in Kinderschuhen und im Marionettentact beginnt bei Gryphius, bei Lobenstein das deutsche Drama es bewegt sich in gleichem, feierlich steifen Tempo noch in der Gottsched'schen Schule, bei Cronegk, Elias Schlegel, Weiße weiter — dann sucht es die verlorene Natur bei dem bürgerlichen Schauspiel zulegt erhebt es sich über die triviale Natürlichkeit des legteren wieder zu dem edlen und freien Heldenschritt des historischen Drama's, wie es Göthe, so eigentlich aber Schiller geschaffen. Den rechten königlichen Schnitt haben jedoch die Schiller'schen Tragödien auch nicht; sie unterscheiden sich darin wesentlich von den englischen Königsstücken Shakespeare's, von den Comedias heroycas Calderon's, ja selbst von den Tragödien Corneille's und Racine's.

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