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den Anschauungen der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit sich hätte reden lassen, als irgend ein deutscher Fürst von damals. Stolz zum mindesten liebte Philipp den Spanier; daß aber z. B. der Herzog von Württemberg den Deutschen nicht so liebte, deffen wußte sich Schiller, der ehemalige Festredner der Karlsschule, noch sehr wohl zu erinnern.

Um wieder auf Nathan zurückzukommen ist es nicht so, als ob Lessing bei der Zeichnung dieses Charakters das Vorgefühl überkommen hätte, wie milde und versöhnt er wohl selbst im Alter, das schon an der Thüre klopfte, jene Streitfragen betrachten werde, für die er als Mann so tapfer und heiß gerungen und gekämpft? Das Ideal der beruhigten, über die Gegensäße sich erhebenden Weisheit des höheren Alters schwebte ihm deutlich vor aber er sollte im Leben dieses Ziel nicht erreichen. Ihm war es bestimmt, als Mann zu sterben, damit dem deutschen Volke das Bild eines ganzen und abgeschlossenen Mannes, der für das Echte und Wahre auf dem Felde des Geistes rüstig gekämpft, erhalten bleibe. Göthe's Foust altert mit dem Dichter selbst; er macht wie sein höheres poetisches Ich alle Phasen seines Lebens, seiner Anschauungen und Bestrebungen mit ihm durch, von dem Sturm und Drang der Jugend bis zu den Grillen der späteren Jahre. Anfangs durchstürmt er das Leben groß und mächtig, dann aber geht es weise, geht bedächtig. Zulegt wird die Zeit Herr über den greisen Ringer, nachdem die Sorge mit ihrer lähmenden Macht an ihn herangetreten. Schiller dagegen bleibt jung mit dem

Helden seiner Jugend, mit Marquis Posa, in welchem er sein innerstes Wesen niedergelegt und aus sich herausgestellt hat. Auch in den späteren Dichtungen wirkt bei ihm das Marquis-Posa-Element nach sowohl in dem jugendartigen Aufschwung des Gefühls und dem edlen sittlichen Pathos, wie auch in jenem Freiheitsglauben, der noch in dem legten Drama Schillers, in Wilhelm Tell, so hell aufleuchtet! Als auf dem Rütli geschworen wird, schreitet Posa's Schatten unsichtbar, aber vernehmlichen Schrittes hindurch; es spricht sein Geist aus den Seherworten des sterbenden Attinghausen, als dieser die Alpen im Morgenrothe der Freiheit glühen sieht! So sind diese Helden des Gedankens bei den ideellen Beziehungen, die in ihnen ausgesprochen sind, auch symbolisch für die Persönlichkeit der Dichter selbst. Sie sind es auch, die vorzugsweise ten Charakter der classischen Poesie der Deutschen bezeichnen, welche, um es mit Einem Worte zu sagen, weniger eine Dichtung der Gestalten ist, als der Ideen - gleichsam nur eine große, poetische Confession, ein geistiges Vermächtniß edler und hochgestimmter Geister an ihr Volk, an die Nachwelt.

II.

Gottsched und seine Zeit.

Ich komme nun auf die Vorbereitungszeit der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert, auf Gottsched und seine Epoche zu sprechen, so weit diese für die Entwickelung des Drama's von Bedeutung ist.

Aber so könnte man fragen ist es wohl in unserer Zeit, die es so „herrlich weit gebracht," noch zulässig, von einem Manne zu sprechen, der vergessen und verschollen, schon seit dem Bodmer- und Breitinger'schen Streit im Strafwinkel der deutschen Literatur steht? Gottsched, die alte Perrücke! Er, der Spott je des Primaner's, der gemäß den literaturhistorischen Hef= ten des Herrn Professor's ebenso zur Verachtung Gottsched's wie zur Bewunderung Klopstock's verhalten wird, natürlich beides auf Treu und Glauben. Ist doch der Herr Professor selbst auch ein Gottschedverächter auf Treu und Glauben er kennt den Mann, wenn er

sehr unterrichtet ist, nur aus Gervinus und Koberstein, meist aber aus Vilmar oder sonst einem bequemeren Handbuch und doch ist er, zehn gegen eins, ein Vollblut - Gottscheder, der zu seiner Zeit in Leipzig in

Devotion vor dem Herrn Senior der deutschen Gesellschaft erstorben wäre.

Der literaturhistorische Autoritätsglaube ist ein Hauptübel unserer Bildung. Die Meisten sehen den Wald vor lauter Bäumen, die Literatur vor lauter Literaturgeschichte nicht. Sie sind ganz „gervinusfest,“ haben aber das Wenigste mit eigenen Augen gesehen und beurtheilt. Auf diese Weise bildet sich eine solche Menge erborgter, reproducirter, nachgesprochener, nachgeschriebener Urtheile heraus, daß man schier darüber erschrekfen möchte.

Was nun Gottsched zunächst betrifft, so fällt mir eben nicht bei, geradezu für ihn einzustehen und ihn vertreten zu wollen; übrigens stehen seine Verdienste ebenso objectiv fest, wie seine literarischen Sünden. Nur darauf möchte ich hinweisen, daß man sich's in's Gewissen schreiben sollte, ihn milder zu beurtheilen — oder doch nicht ohne die vorangegangene schärffte Selbstprüfung, ob man nicht mit ihm verwandte Elemente in seinem eigenen Wesen vorfinde. Der Gottschedianismus ist ein charakteristisches Urphänomen des deutschen Wesens, das sich von Zeit zu Zeit, wenn auch in anderer Form wiederholt. So lange es eine deutsche Literatur und deutsche Professoren giebt, wird es wohl ab und zu an Gottscheden nicht fehlen.

Wir finden in Gottsched die prosaische Seite der deutschen Natur eigenthümlich vertreten; die AusDauer, die Ordnungsliebe, das Bestreben, überall abzurechnen und zum Ende zu kommen; zulegt auch die Eitelkeit und den Hochmuth, wie sie geschäftigen und

verdienstlichen, aber dabei unproductiven Menschen so häufig eigen zu sein pflegen. Daher erklärt sich denn auch seine polternde Wuth in späteren Tagen, als er, der so viel geschafft und doch nichts geschaffen, durch eine einzige begeisterte That in der Literatur sich das Terrain abgewonnen sieht.

Ein nüchterner Verstandesmensch, wie er war, hatte er in der Poesie feinen Sinn für ihr natürliches Wesen, d. i. für das Poetische selbst, sondern nur für das Rationelle, Regelgerechte an ihr, für jenen formgebenden Verstand, der sich allerdings auch in der Dichtkunst manifestiren muß; da aber seine Poetik durchaus nur von diesem ängstlichen Regelsinn dictirt war, so wurde derselbe dem höheren Geiste gegenüber, der sich in der Poesie zu offenbaren hat, zu einem geradezu geistlosen Formalismus. Die Sauberkeit, die Correctheit, wenn wir so sagen dürfen die Kalligraphie des poetischen Styls, die ging ihm nun einmal über Alles. Wo hätte nun er, der gewissenhafte Schreibemeister, wohl bessere Vorlegeblätter für die Schönschrift der Poesie finden sollen, als bei Corneille, Racine, Addison? Gottsched suchte eine Form für die deutsche Dichtung, ehe sie noch einen Inhalt besaß, ehe sich in dem deutschen Gemüth ein zur poetischen Bearbeitung geeigne ter Stoff vorbereitet hatte. Die Form fand sich wohl — es war eine solche, die dem Regelbegriff am meisten entsprach, die sich am leichtesten abgießen und auf einen beliebigen Stoff anwenden ließ, der nun eben nicht durch die Tiefe des Gemüths hindurchgegangen war: der Rococostyl der Franzosen und der jegt ebenfalls galli

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