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eine solche Gesellschaft dem Hofe noch nüglicher vorkommen, zumal, wenn sie auch jährlich etliche deutsche Schauspiele auf französischem Fuß für den Hof zu liefern verbunden würde."

Der Plan zerschlug sich aber Gottsched erneuerte immer wieder den Versuch, die einmal disciplinirte Literatur auch zu nobilitiren, indem er eine bleibende Beziehung zu den deutschen Höfen auf das Eifrigste einzuleiten bemüht war. Er glaubte bereits die deutsche Poesie bis zu dem Grade herausgestugt zu haben, daß sie wie in Frankreich zur Verherrlichung der höheren Lebenssphären dienen könne: und so suchte er denn nur für die auf höfifchen Fuß eingerichtete Literatur auch den entsprechenden Hof. Mochte auch eine sehr starke Dosis Eitelkeit eine Haupttriebfeder dieser endlosen Gunstbewerbungen Gottsched's sein so kann man sie doch nicht als die einzige gelten lassen. Nur in dieser Art konnte, nach seiner richtigen Einsicht, die neue künstliche Entwicklung der Literatur für die Dauer gesichert werden; so lange sie, die ganz nach dem Muster der französischen Hofdichtung zugeschnitten war, nicht factisch für courfähig erklärt wurde, schwebten die Gottsched'schen Reformen gleichsam ohne Halt in der Luft. Der Naturwuchs einer ungeregelten Volksdichtung konnte sich jeden Augenblick erneuern, der Geschmack, dem er mit Mühe einen Mittelpunkt geschaffen, lief dann wieder Gefahr, auf's Neue decen= tralisirt zu werden, und Alles war dann wie zuvor. Das natürlich Gewordene erhält sich durch sich selbst, das willkürlich und künstlich Gemachte bedarf des

Schußes der Autorität, der Sanction eines mächtigen Willens.

Gottsched wurde aber mit seinen Tendenzen von oben her nicht recht verstanden, oder vielmehr bei der völligen Gedankenlosigkeit der meisten damaligen Regierungen gar nicht gewürdigt. Wenn in dem deutschen Absolutismus nur irgend ein Programm, eine flar bewußte Richtung gewesen wäre, so hätte er in dem Gottschedianismus ein verwandtes Element begrüßen und ihn auf's Kräftigste unterstügen müssen. Gepriesen sei eben darum die Beschränktheit der damaligen Höfe, daß sie zur künstlichen Centralisirung des deutschen Geschmacks nicht ihre Hand boten, und so der jüngeren Generation der deutschen Literatur freie Luft ließen, sich auf eigene Hand zu entwickeln!

Hin und wieder fanden die Bestrebungen Gottsched's in den allerhöchsten Kreisen ein vorübergehendes Interesse, ein gnädiges Knopfnicken, aber keine dauernde Unterstügung. Er klopfte überall an: in Cassel, in Zerbst, in Sachsen, in Preußen, zulegt besonders eindringlich in Wien nirgends gab es faßbare Erfolge, an die sich anknüpfen ließ. Man hatte sich an den Höfen längst die französische Originalbildung, wenn auch in sehr äußerlicher Weise angeeignet und geläufig gemacht: wozu sollte man sie wieder ins Deutsche übersegt sich aufs Neue entgegenbringen lassen! Trinkt man doch lieber an einer gut beseßten Tafel echten Champag ner, als solchen, der aus einheimischen Weinen, wenn auch noch so geschickt bereitet wird!

Wie schon aus der bisherigen Darlegung erhellt, ließ es Gottsched an einer planmäßigen Thätigkeit bei seinen literarischen Reformbestrebungen nicht fehlen. Auf die gelehrten Kreise suchte er durch die deutsche Gesellschaft, auf die vornehme Societät durch seine beständig erneuerten Connerionsversuche einzuwirken: nun ersah er sich auch dem großen Publicum gegenüber ein passendes Organ für seine Zwecke und fand es in der Neuber'schen Schauspielertruppe. Ueberall wählte der kluge Mann sehr materielle Mittel für seine Tendenz der Dünkel der Gelehrten wurde durch die Diplome gefirrt, die er als Senior der deutschen Gesellschaft ertheilte, der Eitelkeit der Großen wurde das Räucherwerk der Dedicationen und Gelegenheitsgedichte gezollt, mit denen Gottsched sehr bereitwillig bei der Hand war, dem Speculationstrieb eines Theaterunternehmers machte er sich durch die glänzenden Luftspiegelungen der Cassaerfolge verständlich, die er für das neue Repertoir nach französischem Schnitt in Aussicht stellte. Es mußte ihm ernstlich um die Sache zu thun sein, wenn er bei all der Gravität seiner Rector= würde, die er sonst so vollgewichtig in die Wagschale warf, es doch über sich brachte, nicht blos den Studenten, sondern sogar den Komödianten einmal ein Collegium über den guten Geschmack zu lesen!

Ein Rector magnificus von damals und der Principal einer wandernden Bühne zu jener Zeit! Welch' ein ungeheurer Abstand! welch' ungleiches Bündniß! Aber Gottsched sah gleichwohl die Wichtigkeit der so unebenbürtigen Allianz ein, wenn das Princip der Cor

rectheit und der modernen Bildung, wie er sie verstand, nicht blos eine Doctrin bleiben, sondern wirklich in die Massen dringen, sich der allgemeinen Anschauung bemächtigen sollte. Von der Bühne herab mußte das in lautem Wiederhall in die Welt hinausschallen, was er vom Katheder herab nur den Auserwählten lehren konnte. Danzels Auffassung ist sehr fein und richtig, wenn er sagt: „es sei dabei gar nicht einmal auf das Drama als solches abgesehen gewesen; Gottscheden lag es im Grunde nur daran, sein formelles Princip eben überall, und deshalb denn auch unter Anderm im Drama durchzuführen; und wenn er dieses besonders in's Auge faßte, so war es deshalb, weil er seinem Princip auf diese Weise die größte Popularität versprechen konnte. Die Vorstellungen der herumziehenden Schauspielergesellschaften galten ihm für ebenso viele, bald an diesem, bald an jenem Ende von Deutschland angestellte Vorlesun= gen von oratorischen Musterstücken."*) So wie ihm die Poesie eigentlich nichts Anderes war, als eine andere Art von Eloquenz, eine Redekunst in Versen, so sah er das Theater eben nur für eine ambulante Praris der Redekunst, das Drama selbst blos für ein etwas com= plicirteres rhetorisches Kunstwerk an, das sich von der einzelnen Rede, der Predigt u. s. w. nicht anders unterscheidet, wie etwa in der Musik das Quartett oder Quintett von dem Solosag für ein einzelnes Instrument. Wenn durch die edle Vortragsweise der Schau

*) Gotth. Ephr. Leffing. Sein Leben und seine Werke. Von Th. W. Danzel. S. 139.

spieler denn nur auf diese, nicht auf die eigentliche Darstellungskunst kam es Gottsched an der Sinn des Publicums für die formale Redeschönheit, für das rhetorisch Regelrechte geweckt und geschärft werden konnte, so war in seinem Sinne der Zweck der Bühne schon erreicht.

Laffen wir es uns von ihm selbst erzählen, auf welche Weise er zuerst auf die theatralische Poesie gelenkt worden, und wie sauer er sich's selbst werden ließ, endlich zu der untrüglichen Geheimlehre von dem regelrechten Drama zu gelangen.

Es sind nunmehr 15 oder 16 Jahre, fo schreibt Gottsched in der Vorrede zur ersten Ausgabe seines „fterbenden Cato“ (1732), – als ich zuerst Lohenstein's Trauerspiele las, und mir daraus einen sehr wunderlichen Begriff von der Tragödie machte. Ob ich gleich diesen Poeten von vielen himmelhoch erheben hörte: so konnte ich doch die Schönheit seiner Werke selber nicht finden oder gewahr werden. Ich ließ also diese Art von Poesie in ihren Bürden und Unwürden beruhen weil ich mich nicht getraute, mein Urtheil davon zu sagen. Ich las auch um eben die Zeit Opisens Antigone, die er aus dem Sophokles verdeutschet hat. Allein ob mir wohl die anderen Gedichte dieses Vaters unserer Dichtkunst ungemein gefielen: so konnte ich doch die rauhen Berse dieser etwas gezwungenen Ueberseßung nicht leiden; und daher kam es, daß ich auch an dem Inhalte dieser Tragödie keinen Geschmack fand (!). Ich blieb also in Absehen auf die theatralische Poesie in vollkommener Gleichgiltigleit oder Unwissenheit, bis ich etliche Jahre hernach den Boileau kennen lernte. Damals wurde ich denn, theils durch die an Molieren gerichtete Satyre, theils durch den hin und her eingestreuten Ruhm und Tadel theatralischer Stücke, begierig gemacht, felbige näher kennen zu lernen. Obgleich ich nun Molieren leicht genug zu lesen bekam, so war doch in meinem Vaterlande keine Gelegenheit, eine Komödie oder Tragödie spielen zu sehen; als wozu mir dieses Lesen eine ungemeine Luft erwecket hatte. Ich

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