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denke ich auch dieses bei ihr zu verantworten. Würden es auch wohl die Herren Schweizer übel nehmen können, wenn man den Klopstock'schen Messias, zum Unterschiede so vieler anderen älteren lateinischen, italienischen und französischen Christiaden und Messiaden, Messias den zehnten - oder die Breitinger'sche kritische Dichtkunst, damit man sie doch gleich von der Gottsched'schen unterscheiden möchte, kritische Dichtkunst die zweite nennen wollte? Ich glaube nicht!"

Was den Schulmeistergeschmack des Leipziger Professors besonders für den Cato von Addison gewinnen mochte, das war wohl die lehrhafte Tendenz, die Beredtsamkeit einer abstracten Moral, die diesem Stücke in so hohem Grade eigen ist. Für England war da mals das Zeitalter der moralisirenden Lehrdichtung gekommen. Der gravitätisch - sententiöse Ton, wie er in den versificirten Abhandlungen eines Pope und seiner Schule herrscht, wurde nun auch auf die Bühne übertragen; die Dramen sollten gleichfalls moralische Lehrstücke, dialogisirte Essays sein. Schon Dryden drang darauf, daß jede Tragödie eine moralische Lehre in ihrer Handlung enthalten müsse, und spätere Dichter, wie Thomas Southerne, Rowe u. A. verabsäumten es auch nicht, die moralische Nuganwendung ausdrücklich ihren Stücken beizufügen. So wurde denn die Tragödie nur eine Eremplification allgemeiner Sittenregeln, eine Ethik in Beispielen. Die Poesie ging darin ganz mit der Zeit. Auf den stirnrunzelnden, finstern Ernst der Republik, auf die salbungsvolle Heuchelei der Rundköpfe, welche die Bibel- und Pre

digtsprache zur Redeweise des gewöhnlichen Lebens machten, folgten die Bacchanalien der Restauration, die lachende, weltmännisch - wißige Zeit der legten Stuarts, und die ausschweifendste Frivolität wurde modern im Leben wie in der Literatur. Nun aber, nachdem der Rausch jener Liederlichkeit verflogen war, und mit der Erhebung Wilhelms von Dranien der Anstand und die gemessene Sitte wieder bei Hofe einzog da ernüchterte sich auch gleichzeitig die Poesie; sie wässerte nun ihren Wein, der früher zu higig in den Adern gebrannt, recht tüchtig mit dem hellen, farbund geschmacklosen Wasser der Moral. Das Predigen ward wieder Mode; wohl nicht das in den Betstuben der Puritaner, sondern ein Predigen anderer Art, das nicht minder anspruchsvoll war, und sich in moralischen Wochenschriften, in Lehrgedichten und moralisirenden Dramen des breitesten erging.

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Unter den Dramatikern jener Zeit war nun Addi= son der gefeierteste Bühnenprediger — ein um so höher anzuschlagender Ruhm, da er ihn nur mit einer einzigen Tragödie errang. Er machte mit seinem Cato den für jene Zeit glücklichen Wurf, Politik mit Moral zu verbinden, und zu dem doctrinären Pathos, mit dem er die stoische Tugend des Helden ausstattete, auch das pikantere Gewürze von Hinweisungen auf die Gegenwart hinzuzuthun. Eine Zeit, durch welche die Gewitterluft einer politisch - erregten Stimmung weht, ist auch für die leiser betonte Anspielung empfänglich; so konnte man denn leicht das Freiheitspathos des Cato auf die Whigs, die Herrschsucht Cäsar's auf die To

ries, die verrätherische Gesinnung des Sempronius auf die whigistischen Ueberläufer deuten. Auch die Moral des Stückes, die Warnung vor den Bürgerkriegen, war in der damaligen Krise des englischen Staatslebens keine so leere Schulphrase; die Schrecken des Bürgerkriegs hatte man ja in England genugsam erfahren, und konnte, da die Successionsfrage zwischen den Anhängern Jacobs II. und jenen der protestantischen Erbfolge noch keineswegs entschieden war, die Erneuerung jener Schrecken immer wieder befürchten.

Bei jenem Cato nun, wie ihn Gottsched bearbeitete und auf die deutsche Bühne verpflanzte, fiel freilich eine jede Spur einer politischen Bedeutung, überhaupt aller lebendige Zusammenhang mit der Gegenwart gänzlich hinweg. In Leipzig, Braunschweig, Wien, und wo man sonst noch den sterbenden Cato spielte — da gab es keine Whigs und Tories, keine Parlamentsopposition, überhaupt kein Staatsleben und keine öffentliche Meinung; und das viele schulmäßige Gerede von Freiheit, Republik, Haß der Willkürherrschaft, wovon dieses Stück überfließt, war geradezu lächerlich in jener Zeit, wo sich Alles den Herren und Herrchen der deutschen Lande devotest und allerunterthänigst zu Füßen warf. Nicht minder leer und nichtssagend mußte in Leipzig oder in Wien auch jener Vers klingen, welcher die Schlußmoral des Stücks ausspricht:

O Rom! das ist die Frucht von deinen Bürgerkriegen!

Was für einen Gewinn konnte man wohl in Deutschland aus dieser Moral ziehen! Und ließ sich überhaupt ein grellerer Abstich denken, als der zwischen

der bedientenhaften und spießbürgerlichen Gesinnung jener Zeit und dem aufgestelzten Römerpathos des Stüdes? Ich glaube kaum. So wurden denn auf der deutschen Bühne die Figuren dieser Tragödie erst vollends zu leblosen Marionetten, die Rhetorik derselben zu bedeutungsleeren Phrasen, das Ganze zu einem rein formalen, unbeschreiblich frostigen Schulstück.

Uebrigens war die Perrücke des englischen Staatssecretairs unserem Rector noch nicht stattlich genug; er fand, daß die Locken derselben etwas in Unordnung gerathen waren. Sie mußte noch einmal zurück zum französischen Friseur, ehe er sich sie selbst auffeßte.

Gottsched untersuchte die Einrichtung des Addisonschen Cato nach den theatralischen Regeln und fand, daß derselbe, obgleich nach französischem Geschmacke geschrieben, doch bei Weitem nicht so regelmäßig sei, als die Tragödien der Franzosen selbst. Für's Erste hat Addison, was auch Voltaire in der Widmung seiner Zaïre tadelnd bemerkt, ganz willkürlich zwei Liebschaften eingeflochten, die mit der Haupthandlung in durchaus feinem organischen Zusammenhang stehen; es ist dies die Liebesgeschichte zwischen Lucia und den beiden Söhnen Cato's, dann jene zwischen Juba, Sempronius und Cato's Tochter Porcia. Ferner beachtete Addison nicht die Regel der ununterbrochenen Scenenverbindung: endlich fand Gottsched mit Grund darin einen Uebelstand, daß der sterbende Cato, dieser strenge Verfechter der Freiheit, der doch ganz andere Dinge im Kopfe hatte, hier noch zulegt ein paar Heirathen bestätigen muß. Diese Mängel des englischen Originals bewogen ihn

statt zu einer Uebersehung, zu einer Umarbeitung des= selben: denn er wollte auf der deutschen Schaubühne nicht gerne ein neues Muster aufführen lassen, das den Feinden aller Regeln einen neuen Vorwand geben könnte, zu sagen, daß ein Stück auch ohne dieselben schön sein könne." Als Correctiv des Addison'schen Cato's brauchte er nun den von Deschamps. Diesem entlehnte er die Zwischenfabel von Pharnaces und Arsene, und segte sie an die Stelle der obenerwähnten Liebeshändel, weil sie sich dem Gange der Haupthandlung natürlicher einfüge, und doch auch dem Zwecke ausreichend entspreche, einige Verwicklung in das sonst so einfache Sujet zu bringen. Arsene, eine verloren geglaubte Tochter Cato's, die anfangs als Fürstin der Parther auftritt, und erst später ihre Herkunft erfährt die Intrigue des Bösewichts Pharnaces, der durch Verbrechen Arsenens Besig erzwingen will endlich der edel gelös'te Conflict zwischen Liebe und Tochterpflicht, als Arsene Cäsarn, den sie liebt, um ihres Vaters willen feierlich entsagt dies gab Verwicklungsscenen, die sich nach Gottsched's Ansicht mit dem heroischen Ernst des Grundstoffes besser vertrügen, als die allzu romanhaften Einschiebungen bei Addison. In der Katastrophe hielt sich dagegen Gottsched wieder an das englische Stück; weil Deschamps diesen großen Mann nicht als einen Weltweisen, sondern als einen Verzweifelnden sterben lasse, und im Schlusse seiner Tragödie ebensowohl gegen die Wahrheit der Geschichte, wie gegen den philosophischen Charakter Cato's verstoße. Wie wir also sehen, ging Gottsched bei der eklektischen Zusammenfügung der Sce

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