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aus einem Uebermaß von Glauben und Vertrauen, so wie den allzu hochstrebenden, männlichen Geist die Unruhe des Zweifels dem Bösen entgegenführt. Verwegen genug tritt Faust an sie heran; seine erste Regung ist durchaus frivol, so daß es selbst Mephistopheles zu stark ist und er sagt: „Du sprichst ja wie Hans Liederlich!" Und dennoch fühlt Gretchen vom ersten Momente sich im Innersten zu ihm hingezogen:

Gefteh' ich's doch! ich wußte nicht, was sich
Zu Eurem Vortheil hier zu regen gleich begonnte;
Allein gewiß, ich war recht bös auf mich,
Daß ich auf Euch nicht böser werden konnte.

Sie hat nicht in sich die moralische Schugwehr der Lessing'schen Frauengestalten, obgleich sie im Anfang vielleicht innerlich unschuldiger ist, als jene Emilien, jene Recha's in ihrer reflectirten Tugend. Aber ihre Unschuld ist wie die Reinheit der Lilie nur ein Geschenk der Natur, und so ist denn auch ihr Fall ein tieftrauriges, natürliches Geschick.

Jene bewunderungswürdige Begabung Göthe's, bei einer jeden bedeutenderen Gestalt, die er zeichnet, alle Beziehungen ihres Lebenskreises mitzuschauen und wiederzugeben die zeigt sich in den Scenen Gretchens in vollendetstem Maße. Die ganze kleine Welt des schlichten Bürgermädchens in ihrer einfach stillen Beschränkung finden wir hier beisammen. Die Scheu vor der strengen Mutter, die gerade durch ihre Strenge zu Heimlichkeiten Anlaß giebt, über die man sich dann bei der Nachbarin ausspricht der regelmäßige Kirchgang und die häufige Beichte, wo es eben nichts zu

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beichten giebt das Schmücken des Muttergoldesbildes das Geplauder am Brunnen

mit Blumenfrügen

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das stille Sinnen am Spinnrad: das Alles sind Züge, die an das Genrebild mahnen, Schilderungen aus dem heimlich gemüthlichen Kreise der engen, bürgerlichen Eristenz. Aber wie sind diese Elemente hier in eine tiefergreifende Herzensgeschichte hineingeknüpft wie schlingt sich durch diese harmlosen Bilder der tragisch dunkle Faden so eigen hindurch! Und dazu der Kreis der Personen, der sich um Gretchen gruppirt, wie umschließt er so bezeichnend ihr Leben! Die Nachbarin, Frau Marthe, die nun einmal zum heimlichen Plaudern da sein muß, dann die Mutter, die unsichtbar, aber doch sehr merklich hereinwirkt,

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Lieschen,

die schadenfrohe Klätscherin in der Brunnenscene, und endlich der Bruder, soldatisch ehrenfest und rauh, der sterbend der Schwester Schande zu Tage bringt dies Alles scheint so natürlich, so naheliegend zu sein, und doch ist es nur dem Blick des Genies zu einem so abgerundeten, so in sich zusammenstimmenden Lebensgemälde vereinbar.

Wenn man schon einmal symbolisiren will, dann kann man in der Gretchentragödie ebenso eine symbo lische Geschichte des Weibes finden, wie in der Faustdichtung den Mythus von dem männlich ringenden, Alles anstrebenden Geiste. Doch lassen wir die Symbolik, und betrachten wir diesen Theil von Faust als das, was er wirklich ist: als das echte bürgerliche Trauerspiel voll Wahrheit und voll Poesie, in dem auch kein Restchen jenes prosaischen Bodensages zu

finden ist, der sonst in dieser Gattung immer zurückbleibt. Faust und Gretchen ist jene alte Geschichte, die immer neu bleibt, ein Trauerspiel aus dem Privatleben, das sich unter den verschiedensten geselligen Verhältnissen immer wieder abspielt, fast könnte man sagen eine bürgerliche Alltagsgeschichte, der nur der höchste Zauber der Dichtung hier den Charakter des Außerordentlichen und Ungemeinen verlieh. Das Schicksal Gretchens ist, wie schon bemerkt wurde, das der blind vertrauenden Naivetät, die gleichsam mit verbundenen Augen sündigt und zu Falle kommt. Geistige Ueberlegenheit wirkt auf folche Naturen wie ein fremdartiger Zauber; sie fühlen es nicht, daß auch neben ihrem Fauft der Geist der Verneinung unsichtbar einhergeht, um den furzen Liebestraum unmerklich, aber sicher zu vergiften.

Die bunte Fülle des Stoffs, die einmal wesentlich zur Faustfabel gehört, und im 1. Theile noch fehlt, wird nun im 2. Theil der Tragödie nachgetragen. Die Handlung wird reicher; ein Gedränge von Gestalten wogt heran; eine Reihe von Abenteuern entrollt sich vor uns in wechselndem Spiel. Aber kommt dadurch wirklich ein neuer Inhalt in Faust's Leben? Nein. Genau betrachtet, wechselt dieses fortwährend zwischen einer künstlichen, forcirten Verjüngung und einer lähmenden Erschlaffung, und dieser Proceß erneuert sich so lange, bis endlich das Gespenst der Sorge den gealterten Faust anbaucht, und er erblindet rückwärts

sinkt. Immer gewaltsamer rafft er sich auf, den neuen Lebenslauf zu beginnen, immer tiefer geht dann von einer Phase zur anderen die Erschöpfung.

Auf blumigem Rasen gebettet, verschläft er das Bewußtsein seiner ungeheuren Schuld; er träumt sich in ein neues Dasein hinüber, das dämmernd vor ihm aufsteigt. Im Gesange der Luftgeister verklingen die Wahnsinnslaute Gretchens, der Thau des neuen Morgens wäscht die rasch verwitternde Blutspur aus seinem Leben; die Gestalt der Geliebten zerrinnt wie ein Phantom in den Lüften. Trompeten verkünden die Nähe des Kaisers und seines Hofstaates, ein Aufruf zu neu bewegter Thätigkeit! Buntes Treiben drängt sich heran; in des Maskenfeftes tollem Gedränge schwindet vollends der Hintergrund des grauenvoll Erlebten. -Nachdem Fauft und Mephistopheles den Kaiser durch das Papiergespenst der Gulden" aus der Finanznoth gerettet, sollen sie auch dafür sorgen, ihm neue nie gehörte Zaubergenüsse zu bereiten. Zum Urquell der Dinge ist Faust hinabgestiegen, um das Bild der reinen classischen Schönheit in dem herrlichen Liebespaar der Helena und des Paris emporzufördern. Doch das so schwer Errungene, so tief Heraufgeholte, foll es nur dazu dienen, um einem blasirten Hof ein eitles Schauftück zu bereiten? Nimmermehr! Faust will das Ideal, das er schon längst in den Nebeln des Zauberspiegels gesehen, das ihm nun nahe und näher tritt, dies will er selbst besigen, ein neuer Pygmalion, mit beseelender Umarmung an's Herz schließen. Das Treiben des Hofs hat ihm die Nichtigkeit des Daseins

in einer neuen und hohleren Form gezeigt. Eine tiefe Sehnsucht treibt ihn in die Ferne, weithin an des Peneios Gewässer, über dessen murmelnden Wellen in nächtlicher Stille der Vorzeit silberne Gestalten“ erglänzen.

Zurück nach Hellas! in ein glücklicheres Alter der Welt, wo auch für die spätesten Geschlechter der Quell der Verjüngung fortfließt. Die ganze Schattenwelt der antiken Sage durchwandert er forschend in der classischen Walburgisnacht, um Helenen wieder zu erfragen - endlich tritt sie ihm entgegen in den Zaubern eines magischen Traumes er der romantische Held hält die antike Heroine beseligt in seinen Armen. Doch Träume zerstieben am frostig nüchternen Tage ist wieder allein.

Faust

Was nun beginnen? Welche neue Vergnügung vermag das stockende Blut wieder frisch umzutreiben? Fauft hat im Traume mit Heroinen der Vergangenheit verkehrt -es drängt ihn nun selbst ein Heros der Zukunft zu werden. Nachdem ihn früher die Sehnsucht zu der idealen Welt der Schönheit zurückgetrieben, hofft er nun im Realismus praktischer Bestrebungen, in einer rüstig kühnen Thätigkeit den Pulsschlag seines Herzens neu zu ers frischen. Den Uebermuth des Elementes zu bändigen, dem Meer den niederen Strand abzugewinnen, durch trogige Geisteskraft mit der Natur kühn in die Schranke treten das wär' ein Faust'sches Werk, eine That so ganz nach seinem Sinn! Doch der verwegene Muth kann dem Alter nicht lange mehr trogen. Noch einmal

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