ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Eine andere eigentümlichere Unterart der Kaufehe ist das Abverdienen der Frau: der Preis wird in Arbeiten entrichtet, die Verlobung wird zu einem Vertrag über Handlungen. Gerade diese Form der Ehegründung ist uns allen wohl vertraut, als ob es sich um ein Stück unserer Kindheitsgeschichte handelt; denn so warb Jakob um Rahel. Dies eine Erzählung aus fernster Vorzeit; und ebenso berichtet uns das alte finnische Nationalepos Kalewala in sagenhafter Umkleidung von wunderbaren Arbeiten und Taten, welche die Helden Finnlands verrichten mussten, um die Braut als Lohn zu erhalten; so wird der Sampo, ein seltenes Kleinod, geschmiedet, so ein durch Zauber des Bösen geschaffenes Elentier durch die entferntesten Winkel der Erde gehetzt und endlich gefangen, ein feuerschnaubendes Ross gezäumt, der Totenfluss erreicht und sein Strudel durchschwommen, wobei der Held sein Leben verliert und nur durch die Liebe und Künste der Mutter wieder zu einem Lebenden zusammengefügt wird u. s. w. 1). Alle Schauer des Nordlandes werden aufeinander getürmt, um die Heldentaten ins Ungeheure zu treiben.

Dies die alte Sagenwelt; aber wir finden auch in neuerer Zeit das Erdienen der Frau in weiten Gebieten der Erde üblich. So wird uns von den Kamtschadalen berichtet), und bei den Tipperahs in Bengalen muss der Mann 3 Jahre lang in der Familie der Frau dienen3). Ganz das Gleiche gilt bei den Birmanen). Weiter wird die Frau durch Arbeitsleistungen abverdient bei den nordamerikanischen Rothäuten"), dem südamerikanischen Indianerstamm der Kariben) u. S. W. Die

1) Kalewala, übers. v. SCHIEFNER, S. 50 ff., 65 ff., 72 ff., 105 ff.
2) STELLER, Beschreibung des Landes Kamtschatka, 1774, S. 343 ff.
3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 9, S. 334.

4) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 167, Bd. 9, S. 333. FRIEDRICHS ebenda Bd. 12, S. 466.

5) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 12, S. 383.

6) FRIEDRICHS a. a. O., S. 478.

innere Verwandtschaft mit der Kaufehe verrät sich auch dadurch, dass sie häufig in Verbindung mit ihr auftritt, entweder wahlweise, oder so, dass der festgesetzte Preis bei Armut des Mannes von ihm in Arbeiten geleistet werden kann. Derartiges finden wir z. B. bei dem vorarischen (dravidischen) Stamm der Gonds im Dekan1), bei den Mrus in Chittagong (Bengalen)"), der Leptschas im Himalaya3), dem Bergvolk der Lubus auf Sumatra'), den Papuas auf Neu-Guinea 5), den Naturvölkern Brasiliens, bei denen der Freier sich sehr geschäftig erweisen, für den Schwiegervater auf die Jagd gehen und Fische fangen, die Hütte bauen, den Wald reinigen, Holz tragen, Kähne zimmern, Waffen und Geräte fertigen muss u. dergl.")

Man sieht der Preis bleibt Preis, er wird nur in anderer Weise berechnet und abgegolten. Aber in Zeiten, in denen die Kaufehe sich abschwächt und nur noch zur Form wird, können die Leistungen des Freiers eine andere Bedeutung erhalten, sie können zur Probe männlicher Tüchtigkeit werden; so besonders bei Völkern, die nicht die Jünglingsweihe und damit nicht die Proben kennen, die auf diese Weise allen Jünglingen des Stammes zum Erweise ihrer Mannhaftigkeit auferlegt werden. Bei solcher Gestaltung der Leistungen finden wir nicht selten einen Wettkampf um die Hand des Mädchens zwischen den Bewerbern veranstaltet; wie bei der Kaufehe dem Zahlungsfähigsten, so fällt sie hier dem männlich Tüchtigsten zu. Am bekanntesten ist aus der griechischen Sagenwelt der Wettkampf der Freier um Penelope), bei dem sich

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 8, S. 144 ff.
2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 9, S. 333.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5. S. 341.

4) Globus, Bd. 45 (1884), S. 319; vergl. über die Sitten auf den Molukkeninseln Ausland 1884, S. 528 ff.

5) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S. 371, VETTER in Zeitschrift, Bd. 14,

S. 340.

6) MARTIUS, Ethnographie, S. 107; derselbe, Brasilien, S. 55 ff.
7) Od. 21, 75 ff.

seltsamer Weise auch Telemach beteiligen will, um die Mutter im Hause zu behalten 1). Und ein noch auffälligeres Beispiel enthält das altindische Epos Mahâbhârata in dem Wettkampf, der ebenfalls im Bogenschiessen um die Königstochter Krishnâ veranstaltet wird, die in der Tat dem Sieger zuteil wird. Ganz Ähnliches finden wir aber auch in der neuesten Zeit bei dem brasilianischen Indianerstamm der Chavantes, bei welchem die Bewerber um die Hand einer Schönen um die Wette schwere Holzblöcke schleppen oder sich im Fernwurf erweisen müssen, und auch hier der Obsiegende die Braut heimführt). Und bei den Bewohnern Madagaskars, den Malagassy, muss der Bräutigam Proben des Mutes und der Geschicklichkeit im Auffangen nach ihm geschleuderter Speere beweisen 3). Und die Heldenbücher unseres Mittelalters sind voll von Turnieren, in denen entweder die Hand der Schönen selbst oder, offenbar zum Symbol geworden, ein Kranz aus ihrer Hand den Preis bildet. Hat doch Wagner in den Meistersingern, allerdings stark postdatiert, einen solchen Wettstreit sogar mit Waffen des Gesanges zum Mittelpunkt einer wunderbaren Musikdichtung gemacht.

Sehen wir von der dichterischen Verklärung ab, welche auf diesen letzten Ausläufern der Kaufehe ruht, um ein Bild von ihrem eigensten Wesen zu gewinnen! Aus dem Beutestück eine Waare geworden war die Lage der Frau verbessert? Und doch konnte das Weib nicht gebeugt werden. Wir alle sind Kinder der titanischen Menschheit, in deren innerstem Kern etwas von der Urkraft und dem Urlicht lebt und von der soviel gemisshandelten und doch gewaltigen Liebe, die Berge versetzt und mit Gigantenarmen nach der Unmöglichkeit greift.

1) OD. 21, 113 ff.

2) MARTIUS, Brasilien, S. 58, 59.

3) SIBREE, Madagascar, S. 251.

6. Kapitel

Vielmännerei und Vielweiberei

Der Weg der Menschheit zur Einzelehe scheint in Ser

pentinen mit vielen Kehren und Krümmungen geführt zu haben. Sicher aufwärts - aber langsam und mit vielen Rückschritten, wie sie einer Periode rascheren Vorwärtsdringens zu folgen pflegen. Der Hetärismus kannte nur die Frauengemeinschaft und, als die Stammesgemeinschaft in die später zu besprechenden Hausgenossenschaften zerfiel, war auch hier der Boden für die Einzelehe noch nicht bereitet, und auch das Vaterrecht war an seinem Beginn, da es nur das Eigentum des Mannes an der Frau rücksichtslos betonte, der Vereinigung des einzelnen Mannes mit dem einzelnen Weib nicht direkt günstig. Wenn es der Tüchtigkeit des Römervolkes gelang, bereits in sehr früher Zeit trotz des Vaterrechts zur Einzelehe zu gelangen, so sehen wir dagegen, wie im Orient im Gebiet des Islam noch heute das Vaterrecht sich mit der Vielweiberei vereinigt. Gehört die Frau dem Manne, wie ein anderes Stück seiner Habe, weshalb soll der Reiche nicht einen Luxus, wie an anderem Gut, auch an Frauen entwickeln? Der Arme mag sehen, wie er mit einer haushält! Und so finden wir tatsächlich vielfach die Vielweiberei zum Privileg der reichen Männer und insbesondere der Häuptlinge geworden, während die niedere Klasse sich mit einer Frau begnügen muss. Von diesem

Zustand, in dem der grösste Teil des Volkes in durch die Verhältnisse erzwungenem Besitz an einer Frau lebt, bis zu dem Gedanken, dass der Mann nicht anders als mit einer Frau leben darf, dass die Frau nicht die Knechtin, sondern die Gefährtin des Mannes ist, ihm unverbrüchlich und untrennbar geeint für die ganze Wanderschaft durchs Leben, von dort nach hier ist ein gewaltiger Schritt ich möchte hinzufügen, der gewaltigste Fortschritt, den die Menschheit jemals gemacht hat, und gleichzeitig die grossartigste Weiterentwickelung des Rechts; denn auf dieser neuen Grundlage baut sich unser ganzes heutiges Familienrecht auf.

Es würde ermüden, hier alle die Völker aufzuzählen, bei denen Polygamie in grauer Vorzeit nachzuweisen oder heute noch üblich ist. Für die Vergangenheit muss die Liste naturgemäss unvollständig sein; denn die grossen Kulturvölker traten zumeist lange, nachdem sie diesen Schritt gethan hatten, in das Licht der Geschichte. Wir können uns vielfach nur in Vermutungen ergehen, die richtig sein mögen oder auch nicht. Bei den Indern aber, diesem für die Eheverfassungen interessanten Volk par excellence, sind wir in der glücklichen Lage, für die Vorzeit wenigstens einige deutliche Anhaltspunkte zu haben. Dass im alten Indien ein Mann mehrere Frauen haben konnte, ist unzweifelhaft; so werden z. B. dem Manu selbst 10 Weiber zugeschrieben 1), und ist die Vielweiberei bereits in den uralt ehrwürdigen Veden, deren Entstehung sich im Dunkel ältester Vorzeit verliert, nachweisbar 2). Aber auch eine Frau konnte umgekehrt mehrere Männer, wenigstens in der Vorzeit, von welcher nur die Sage noch berichtet, haben. Es ist uns dafür ein nicht wegzuleugnender Zeuge fernster Vergangenheit

1) DELBRÜCK, Die indogermanischen Verwandtschaftsnamen, in Abhandlungen der Kgl. Sächsischen Gesellsch. der Wissenschaften, Bd. 25, Philologisch-historische Classe, Bd. 11, 1888-90, S. 540.

2) Rig-Veda VII, 26, 3, X, 101, II (übers. von GRASSMANN, Bd. 1, S. 323, Bd. 2, S. 384); Zimmer, Altindisches Leben, S. 324 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »