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in Senegambien etwas ganz Ähnliches, allerdings in eigentümlich symbolischer, dem zu Bildern sich hinneigenden Gedankenkreise eines Naturvolks angemessenen Umkleidung. Der Bräutigam gibt hier der Braut eine Schürze, und die Ehe dauert, so lange die Schürze dauert; ist sie verbraucht, so kehrt die Braut zu ihrer Familie zurück 1). Also Ehe auf Zeit, an das Zeichen eines rasch vergänglichen Kleidungsstücks geknüpft.

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Vor uns heute durchaus fremdartig anmutende Fragen werden hetäristische Völker gestellt, wo es sich um die Vaterschaft handelt. Wir werden später sehen, dass der Natur entsprechend die erste wie die innigste rechtliche Verbindung des Kindes mit der Mutter ist, und dass die Zugehörigkeit des Kindes zum Vater wie sein Anteil an der Erziehung erst dem älteren Kinde gegenüber in Erscheinung treten kann auch erst einem späteren Lebensalter der Völker angehört; wie wir das später ausdrücken werden: das Mutterrecht geht dem Vaterrecht zeitlich voraus, oder dem Hetärismus entsprechend steht das Vaterrecht allen Männern des Stammes, den gemeinsamen Ehegatten der Frau, zu. Man sollte daher denken, dass in den ältesten Zeiten durchweg Hetärismus und Mutterrecht als die ältesten Erscheinungsformen sich vereinigen, und dass Hetärismus in Verbindung mit Vaterrecht des Einzelnen undenkbar wäre. Aber das Leben ist eben nicht so mathematisch einfach, wie man es sich in der Theorie vorstellen möchte; die Fortschritte der Kultur sind keineswegs in mathemathisch gleichmässigen Linien, gewissermassen in geschlossener Marschkolonne erfolgt. Eine Vorstellung löst nur langsam die vorangegangene ab und hält Reste derselben lange nach vollständigem Obsiegen der neuen Idee fest; sie trägt mit den neuen Blüten noch Früchte der alten Gedanken

1) KOHLER in Zeitschr., Bd. 5, S. 352. Weitere Beispiele sind in reicher Zahl bei WILKEN, Matriarchat der alten Araber. S. 21, 22 in Anm. 3 aufgeführt.

anschauungen und treibt gleichzeitig die Knospen der nach ihr kommenden neuesten Vorstellungen. Das ist ein Vorgang, den jede Periode der historischen Geschichte (sogenannten Weltgeschichte) dem aufmerksamen Beobachter zeigt: der Revolutionär von vorgestern ist der Konservative von über. morgen, aber er muss dann den Tag mit den neuen Revolutionären teilen. Kann es da befremden, dass wir auch vorgeschichtlich solche Zustände finden, in denen ein Volk noch am Hetärismus festhält, aber andererseits schon zur Idee des Vaterrechts vorgeschritten ist? Und die Überlieferung hat uns allerdings Berichte von solchen Übergangszuständen erhalten, wie man dem Kinde einen Vater suchte und fand. So berichtet HERODOT von den hetäristischen Auseern Afrikas, die Männer des Stammes hätten sich jeden dritten Mond versammelt, und es sei dann die Vaterschaft der heranwachsenden Kinder festgestellt worden; welchem Mann das Kind gleiche, der gelte für den Vater1). Dasselbe wird von den äthiopischen Garamanten (quos pro suis colant, formae similitudine agnoscunt)) und von den Liburnern3) bezeugt; bei den vorislamitischen Arabern wurde die Vaterschaft nach den Eigenschaften des Kindes durch den Ausspruch von Sachverständigen bestimmt 4). Aber es war dies eben schon ein späterer Zustand, und auf ältere Bildungsstufen weisen andere Nachrichten hin. So HERODOT von den Agathyrsen, dass sie den Hetärismus üben, »damit sie alle Brüder sind, und als Blutsverwandte

1) HERODOT, 4, 180.

2) POMPONIUS MELA, 1, 8, 7. Ein anderer Beobachter (SOLINUS XXX 2) sagt allerdings von den Garamanten: filios matres tantum recognoscunt, nam paterni nominis nulla reverentia est also das ausgesprochene MutterEntweder handelt es sich um Überlieferungen aus verschiedenen Zeiten oder von verschiedenen Stämmen, die sich auf verschiedenen Stufen der Entwickelung befanden.

recht.

3) NICOLAUS DAMASCENUS, S. 517.

4) WILKEN, Matriarchat bei den alten Arabern, S. 27; KOHLER in Zeitschr., Bd. 6, S. 420.

weder Neid noch Feindschaft wider einander hegen« 1) - wobei der alte Beobachter freilich augenscheinlich die Wirkung für das Motiv nimmt. Und ebenso heisst es bei den Alten von den Galaktophagen: »sie zeichnen sich aus durch Gerechtigkeit und haben Güter- und Weibergemeinschaft. Daher nennen sie alle Bejahrten Väter, die Jüngeren Söhne, die Altersgenossen Brüder<2). Hier haben wir also eine sehr alte Stufe vor uns, auf welcher Hetärismus und Mutterrecht sich noch entsprachen.

So ist es hauptsächlich das Altertum, das noch in der Lage war, den Hetärismus in seiner reinen Form in den Grenzgebieten der damaligen Hochkultur zu beobachten. In reicher Zahl finden wir aber auch später bis auf den heutigen Tag noch deutliche Spuren über die ganze Erde verstreut. Der urzeitliche Hetärismus selbst ist hier längst entschwunden, aber wir finden den im Völkergemüt, vor allen Dingen in religiösen Gebräuchen, zurückgelassenen Abdruck. Solche zum Teil entartete Gebräuche sind die in momentane Frauengemeinschaft ausartenden Orgien bei hohen Festen, wie sie uns nicht hier oder dort, sondern in den verschiedensten Gegenden der Erde, und zwar wohlbezeugt begegnen; so die nächtlichen Feste, die von dem kaukasischen Stamm der Pschaven zu Ehren LASCHA's, des sagenhaften Sohnes der Czarin Tamara gefeiert werden3), so die ähnlichen Orgien der nordamerikanischen Indianerstämme und der Eskimos) und

1) HERODOT 4, 104.

2) NICOLAUS DAMASCENUS, S. 510, 513. Ähnlich sollen es nach STRABO 11, C. 504, Stämme am Asowschen Meer mit den Kindern des Stammes gehalten haben: die Älteren nannten jeden Jüngeren Sohn διὰ τὴν ἄγνοιαν.

3) DARINSKY auf Grund eines russischen Werks VON KOVALEVSKY in Zeitschr., Bd. 14, S. 153, 154. Sollte hier vielleicht ein uralter Zusammenhang der Überlieferung bis auf die Scythenzeit vorliegen? Vergl. die Andeutungen STRABO'S (C. 512) über die nach Scythenart (oxvdiotí) von dem Volk der Saken gefeierten Orgien zu Ehren der Göttin Anaïtis.

4) KOHLER in Zeitschr., Bd. 12, S. 325. 326.

durch eine Hemisphäre von diesen getrennt, der Australneger1) und der Fidschi-Insulaner2). Ganz das Gleiche finden wir auf Madagaskar3) und in andern weit von einander entlegenen Teilen der Erde4).

Hierhin gehört auch die für uns erstaunliche Auffassung, dass ein Mädchen, das sich der freien Liebe weiht, deswegen nicht missachtet wird, ja zuweilen als ein den uralten Göttern geweihtes Wesen besonders geachtet ist. Es erinnert dies an die hohe Auffassung, die die hetäristischen Äthiopen im Altertum vom Weibe hatten. Die Frau galt als unverletzlich und Schlachtreihen trennten sich im Kampfe, wenn ältere Frauen friedengebietend dazwischen traten3). So ist in manchen Ländern noch heute der höchsten Aristokratie vorbehalten, sich der freien Liebe zu widmen. So die älteste Königstochter bei dem alte Überlieferungen pflegenden Dravidavolk der Buntar (Ostindien)), so die vornehmen Mädchen der MarschallInseln), so die Frauen von Königsblut bei den Tschi-Stämmen an der afrikanischen Goldküste ) und ganz allgemein die Frauen der herrschenden Familien in Westafrika).

1) GASAN in Journal of the Anthropol. Inst. Bd. 24, pag. 173.
2) Globus Bd. 46 (1884), S. 319.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5, S. 345.

♦) Post, Anfänge, S. 22.

Dieser

KULISCHER in Zeitschr. f. Ethn. 1876,

S. 144 ff., 150ff. Über Nicaragua vergl. MARTIUS, Brasilien, S. 61.

5) DIODOR, 3, 33.

6) STARCKE, primitive Familie, S. 92.

7) KNAPPE, in den Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten Bd. 1, S. 76. Hier steht überhaupt ein Mädchen, das nicht heiratet, sondern ein freies Leben führt und ständig ihre Liebhaber wechselt (sogenanntes Buschweib), in derselben Achtung wie eine verheiratete Frau (Zeitschr. Bd. 14, S. 418).

8) ELLIS, Tshispeaking peoples, pag. 287.

Über weitere

9) LUBBOCK, S. 117; ders. Vorgesch. Bd. 2, S. 264. Fälle bei den Negervölkern in Afrika, vergl. FRIEDRICHS in Zeitschr., Bd. 10, S. 275, 276.

Brauch wird zuweilen darauf zurückgeführt1), dass man untergeordnete Stellung, welche bei jenen Stämmen einer verheirateten Frau zukomme, einem vornehmen Mädchen nicht zumuten dürfe; der wahre Grund aber wird in der auch sonst häufig vorkommenden und in diesen Blättern oft festzustellenden Tatsache liegen, dass uralte Sitten am längsten von der Aristokratie, den vornehmen Familien als Palladium der konservativen Anschauungen festgehalten werden.

Auch auf die freie Stellung der berühmten griechischen Hetären mag die Überlieferung nicht ohne Einfluss gewesen sein. Dann finden wir ferner vielfach, dass dem Mädchen mindestens kein Makel anklebt, wenn es sich der freien Liebe ergiebt. So sagt in dem altindischen Epos Mahâbhârata2) der König Yayâti zu seinem Schwiegervater geradezu folgendes: »Der Mann, der von einem Weibe in ihrer Reife angegangen wird und ihren Wunsch nicht erfüllt, wird von den Kennern des Veda ein Mörder des keimenden Wesens genannt. Wer von einem begehrenden und reifen Weibe im Geheimen angegangen, nicht zu ihr geht, verliert die Tugend und heisst bei den Weisen ein Mörder des keimenden Wesens.<< Es ist hier aber festzuhalten, dass es sich keineswegs um Proklamierung eines Rechts auf freie Liebe im allermodernsten Sinne handelt, sondern, was der Inderkönig meint, sind uralte, ihm heilige und von der Sitte geweihte und im Zügel gehaltene Anschauungen geheiligte Pflichten, nicht Rechte.

Noch heute finden wir bei den niedern Klassen der Inder, dass ein Mädchen sich in einem gewissen Lebensalter zwischen Ehe und freier Liebe entscheiden muss und in letzterem Falle vielfach durch eine Scheinehe mit dem Bildnis einer Gottheit vermählt wird3).

1) Vergl. LUBBOCK, S. 117.

2) AD. PARVA sect. 83, S. 253, 254ff.

3) KOHLER in Zeitschr., Bd. 10, S. 120 ff. Die symbolischen Scheinehen sind in Indien vielfach in Gebrauch. Reizend ist die Ehe des Mäd

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