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Omahasystem. Diese entsprechen, wie wir bei späterer Betrachtung sehen werden, vollständig den verschiedenen Stufen der menschlichen Entwickelung, die wir unter Mutter- und Vaterrecht begreifen. Bei dem sogenannten Choktasystem zeigen uns die in der Sprache erhaltenen verwandtschaftlichen Bezeichnungen deutlich, dass die Mutter als Ursprung des Stammes betrachtet wurde, ihre Gatten waren die Männer der anderen Gruppe und zwar, da von der Frau der Ursprung des Geschlechts und die Verwandtschaft gerechnet wurde, nur die Männer, die von der Mutterseite her zur Gruppe gehörten die Sprache bezeichnete also später mit dem Worte > Ehemann« auch den Bruder, den Mutterbruder und den Schwestersohn des Mannes 1). Hier sehen wir einen Ursprung der Vielmännerei. Dagegen zeigt sich bei dem sogenannten Omahasystem, das einer späteren Entwickelung anzugehören scheint, schon die Einwirkung des späteren Vaterrechts. Die Verwandtschaft wird nicht durch die Mutter, sondern durch den Vater, also von Mannes-, nicht von Frauenseite berechnet (agnatische Berechnung der Römer). Hier ist der Mann der Ausgangspunkt der Verwandtschaft, und daher waren dem Mann die sämtlichen umgekehrt wie bei dem Choktasystem Frauen der andern Gruppe anvermählt; die Sprache zeigt uns dies darin, dass das Wort für Ehefrau auch die Schwester, die Bruderstochter und die Vatersschwester der Frau bedeutet 2)

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1) Der gleiche Zustand wird uns von den Australnegern (KOHLER in Zeitschr. Bd. 12, S. 338) berichtet. Nachklänge solcher Zustände scheinen aus einem Bericht des Missionärs DUBOIS (Description of the character etc. of the people of India, Translated into English, London 1817, S. 6) hervorzugehen, wonach in Ostindien der Onkel die Schwestertochter, aber nicht die Bruderstochter, die Kinder des Bruders die Kinder der Schwester, aber nicht die Kinder zweier Brüder oder zweier Schwestern unter einander heiraten dürfen, und eine ganz strenge Sonderung der männlichen und der weiblichen Linie durch die entferntetesten Generationen beobachtet wird.

2) KOHLER in Zeitschr., Bd. 12, S. 253 ff., 279 ft.

ganz konsequent, weil beim Vaterrecht nur die väterliche Verwandtschaft gerechnet wird. Hier liegt ein Ursprung der Vielweiberei.

Berühren sich infolge der Wandlungen des Volkes, z. B. bei Vermischung zwischen Stämmen mit Vater- und Mutterrecht, beide Systeme, so ist allerdings falls nicht die höhere Stufe des Vaterrechts obsiegt der Familien-Wirrwarr fertig,

die Schlange beisst sich in den Schwanz und die Entwickelung endet, statt in einem höheren Ziel, rückwärts in einen Zustand, der von dem alten Hetärismus kaum mehr zu unterscheiden ist (so allerdings nicht in Amerika, aber bei den Ba-Ronga an der Delagoabai nachweisbar)1).

Nordamerika ist auch keineswegs das einzige Land der Gruppenehe, wir haben es vielmehr mit einer weit über die Erde verbreiteten Erscheinung zu tun. Auch bei einzelnen Naturvölkern Südamerikas ist der Totemismus festgestellt. Auch hier besteht das Verbot, dass die einzelnen Mitglieder der Gruppe sich nicht unter einander heiraten dürfen, vielmehr stets in eine andere Gruppe hineinheiraten müssen. Auch hier sind die Gruppen nach Pflanzen oder Tieren benannt (z. B. bei den Grajiroindianern Venezuelas nach Geier, Eule, Falke u. s. w. 2), gewöhnlich solchen, die für die Lebensverhältnisse des Stammes von besonderer Bedeutung sind. Auch hier werden diese Pflanzen oder Tiere mythisch mit dem Stamm auf das Engste verbunden, sodass die Gruppe sogar ihre Herkunft von ihnen herleitet3).

Haben wir vorhin Nordamerika als den klassischen Boden des Totemismus bezeichnet, so geschah dies hauptsächlich, weil hier die Forschung ihren Ausgangspunkt nahm. An Ausdehnung der Gruppenehe stehen Australien und Polynesien mit in vorderster Reihe. Auch die Australneger teilen sich

1) Zeitschr., Bd. 14, S. 458 ff.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S. 381, 382.

3) Zeitschr., Bd. 13, S. 283, 284.

durchweg, ganz wie die Indianer, in Gruppen, die nach Tieren (wie von den Rothäutem Totem, so von den Australiern Kobag genannt) z. B. dem Emu, dem Känguruh, dem Hunde u. s. w. benannt werden. Auch sie stellen sich vor, dass zwischen ihrem Geschlecht und dem Tier eine geheimnisvolle Verwandtschaft bestehe, und darf keiner aus der Gruppe das Stammtier töten 1). Auch hier heiratet eine Gruppe in die andere hinein, und hat sich dieser Grundsatz in ganz besonders konsequenter und eigener Weise ausgebildet. Wird nämlich eine Gruppe (Horde) grösser, so ist es allgemeine Übung, dass sie in 4 Untergruppen (Unterhorden) zerfällt, und dass die Mitglieder einer dieser neuen Untergruppen nur in eine andere bestimmte Untergruppe aber, und das ist das höchst Merkwürdige, gleichviel von welcher Gruppe irgend eines Australnegerstammes hinein heiraten dürfen2). Wahrschein

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lich entsprechen diese Untergruppen lediglich den Generationsstufen, da die Kinder keineswegs der Abteilung von Vater oder Mutter folgen, sondern in die Abteilung der Grosseltern zurückkehren, sodass in einem gewissen Turnus die Abteilungen sich wieder ergänzen. Auch hier ist von einschneidendem Einfluss, ob die Stämme nach Vater- oder Mutterrecht leben.

Also z. B. nach Vaterrecht A1 heiratet b13),

Tochter a 2,

a2 heiratet B2,

Tochter b1,

oder nach Mutterrecht A1 heiratet b1,

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S. 324 ff. Vergl. auch SEMON, Im australischeu Busch, S. 158: Auch die Schwarzen verfolgen den Emu nur wenig. Warum letzteres der Fall ist, weiss ich nicht. Es ist mir nachträglich eingefallen, dass vielleicht gewisse Satzungen den jüngeren und mittleren Altersklassen verbieten, Emufleisch zu geniessen.<

2) Eine interessante Vergleichung der nordamerikanischen und australischen Zustände findet sich bei DORSEY S. LIII ff.

3) Die grossen Buchstaben bedeuten Männer, die kleinen Frauen.

Tochter b2,

b2 heiratet A2,
Tochter bi1).

Man wäre versucht, dies für eine ausgeklügelte Spitzfindigkeit zu halten, aber es ist eine uralte Entwickelung, nach welcher die Australneger ihr Dasein eingerichtet haben. Und so ist nach den Berichten der englischen Forscher ein Neger aus dem äussersten Süden des australischen Kontinents, wenn er zu einem Stamm im fernen Norden verschlagen wird, nach diesem Gesetz der Gruppen- und Untergruppenehe keinen Augenblick im Zweifel, wo er seine Frau sich zu holen hat, und andererseits würde nach seinen Begriffen, wenn er in dieser für ihn weltentfernten Gegend ein Weib aus der ihm gleichen Untergruppe begehren sollte, dies ein eben solcher Greuel sein, als wenn nach unseren Begriffen jemand seine eigene Schwester zur Frau haben wollte. Ebenso muss ein Weib, das im Kriege gefangen genommen wird, entlassen werden, wenn sie der dem Sieger entsprechenden Untergruppe angehört; denn mit ihr in Verkehr zu treten, wäre Frevel. So finden wir eine durchgängige Regelung der Heiratsfrage durch einen ganzen Kontinent!

Und wir dürfen als sicher aussprechen, dass diese Regelung der Gruppenehe ursprünglich auf hetäristischer Grundlage beruhte. Denn hierauf weisen deutliche Spuren. Noch jetzt haben bei den Australnegern die Brüder des Mannes fast dieselben Rechte wie der Ehemann und werden von der Frau auch mit derselben Bezeichnung wie der Mann angeredet"). Ja, wir finden bei vielen Stämmen dieser Neger noch heute den Hetärismus in Verbindung mit der Gruppenehe in seiner reinen Form entwickelt, sodass alle Männer einer Gruppe mit allen Frauen einer anderen Gruppe wie mit Ehegatten Verkehr 1) KOHLER in Zeitschr., Bd. 7, S. 329 ff. Vergl. über die ganze Frage ausser den schwer zugänglichen englischen Werken auch SEMON a. a. O., S. 248 ff.

2) WAITZ, Anthropologie, Bd. 6, S. 774.

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haben1). Bei anderen Stämmen finden wir die Abschwächungen in Mischformen, die vom Hetärismus her in die Zeit der Einzelehe hinüberreichen. So wird bei den Kunandabur-Australiern das Recht der Brautnacht von den Gruppengenossen des Mannes, die mit ihm den gleichen Totem haben, ausgeübt'). So fällt bei manchem Stamm der Australneger die Witwe bis zu ihrer Wiederverheiratung sämtlichen Gruppengenossen des Verstorbenen in eigentümlicher Ausgestaltung der später zu erörternden Leviratsehe als gemeinschaftliche Gattin zu3); ganz konsequent, denn nach dem Tode des Einzelmannes tritt die alte Gesamtehe in ihre ursprünglichen Rechte.

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So auf dem Kontinente. Aber auch bei den Papuas in Neu-Guinea finden wir die Gruppen und die Gruppenehe. Als Stammtiere haben sie hier insbesondere Vögel, Fische und Insekten 4). Manche Papuastämme betrachten das Tier geradezu als ihren Stammvater 5). Im Aaruarchipel bei Neu-Guinea verehren einige Familien Krokodile und Haifische als ihre Voreltern ®). Auf den Banksinseln giebt es auch Unterabteilungen der Stämme und Totems"). Hier und ebenso auf Neu-Britannien spaltet sich jeder Stamm in zwei Abteilungen, von denen die eine in die andere hineinheiratetR).

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7. S. 326 ff.

2) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 5, S. 401.

3) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S. 328. Vergl. wegen der südafrikanischen Kaffern ähnlich NAUHAUS in Zeitschr. f. Ethn., Bd. 14 (Anlageband Verhandlungen) S. 211.

4) Zeitschr., Bd. 14, S. 323,

5) VETTER in Zeitschr., Bd. 14, S. 323.

6) RIEDEL in den Verhandlungen der Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin 1885, S. 164.

7) Stammtiere sind insbesondere Eidechsen, Schlangen, Haifische. »Mit diesen wähnen sie sich in einem gewissen Zusammenhange, in ihnen glauben sie ihr zweites Ich. Vergl. ECKARDT im Globus, Bd. 40, S. 366.

8) POWELL, Unter den Kannibalen von Neu-Britannien, übers. von SCHRÖTER, S. 82, 181.

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