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3. Kapitel

Mutterrecht und Vaterrecht

Endogamie und Exogamie, Innenehe und Aussenehe,

sind die beiden Pole, um die sich die Begriffe der Menschheit über das Recht der Eheverbindungen bewegen. Ebenso wichtige Marksteine für das Verhältnis der Ehegatten im Innern der Familie sind Mutter- und Vaterrecht.

Wie der Mensch ein Produkt aus zwei Faktoren1), so ist der Brennpunkt dieser für die Menschheit so wichtigen Entwickelung die Frage, welchem dieser beiden Faktoren die entscheidende Bedeutung für den Ausbau der häuslichen Beziehungen und die Struktur der Familie beizumessen ist. Das rechtliche Verhältnis, in welches das Kind durch seine Geburt eintritt, bestimmt sich naturgemäss nach dem obwaltenden Verhältnis, in welchem seine Mutter zum Vater des Kindes steht. Im Zustande des reinen Hetärismus, wo das Weib dem Stamme gehört, und ein ehelicher Bund zwischen einem einzelnen Mann und einer einzelnen Frau nach Sitte und Denkart der Zeit ausgeschlossen ist, kann das Kind nicht anders als dem ganzen

1) Ich will hierdurch nur im Sinne der alten Zeit zum Ausdruck bringen, dass der Mensch von Vater und Mutter stammt. Derartige unumwundene Betrachtungen, die mit modernsten Lehren absolut nichts zu tun haben, finden sich vielfach, z. B. im Gesetzbuch des Manu und im Mahabharata, sowie in anderen Schriften der Vorzeit.

Stamm der Mutter gehören, da jeder Mann des Stammes sein Erzeuger sein kann. Auch in späteren, entwickelteren Verhältnissen, wo die Stellung der Frau eine freiere und würdigere wird, ist, so lange die Frau nicht zu unverbrüchlicher Lebensgemeinschaft sich mit einem einzelnen Mann vereint und in zähem Festhalten an älterer Gesittung auch sicherlich weit über diesen Zeitpunkt hinaus, nicht der Vater der nächste Angehörige seines Kindes, sondern, einer primitiven Auffassung folgend, steht die Mutter und ihre Verwandtschaft dem Kinde am nächsten. Die Gemeinschaft des Mutterschosses, nicht die Erzeugung durch den Vater, knüpft die nächsten Bande. Das Kind, das dem Schoss der Mutter entspringt und als Teil ihres Seins mit Schmerzen von ihr geboren wird, gehört ihr und ihrem Geschlecht, wie die Frucht, die aus dem Schoss der Erde entspriesst, zur Erdscholle gehört. Dies ist der Sinn des Mutterrechts.

Hetärismus und Mutterrecht haben hiernach den gemeinsamen Berührungspunkt, dass der Vater dem Kinde gegenüber ein Fremder ist 1). Vom Hetärismus zur Einzelehe war ein sehr weiter Weg; aber auch in Zuständen, wo die Zuweisung des Kindes an einen einzelnen Vater sehr wohl möglich gewesen wäre, wird die Idee, dass das Kind nur dem Schoss der Mutter, aus dem es hervorging, gehöre, noch lange von der Menschheit festgehalten. Mit diesen Grundgedanken des Mutterrechts hängt untrennbar zusammen, dass später die Verwandtschaft von Vaters Seite her besonders berücksichtigt wird hier ganz ausschliesslich das Gegenteil galt, also nur die mütterlichen Verwandten gezählt wurden,

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während

1) Vergl. SOLINUS 33: omnibus vulgo in venerem licet, inde est quod filios matres tantum recognoscunt, nam patris nominis nulla reverentia est. Dass der Ursprung des Mutterrechts aus dem Hetärismus möglich ist, zeigt auch das Beispiel der Nairs in Malabar, bei denen ein dem Hetärismus sehr naher Zustand sich mit dem Mutterrecht verbindet.

während die Verwandtschaft vom Vater her völlig zurücktrat. Ja - so unerhört uns diese Konsequenz auf unserer Kulturstufe auch erscheinen mag der Vater ist mit seinen eigenen Kindern nicht verwandt, sondern nur mit seiner Mutter und ihrem Stamm. Der Vater hatte demgemäss auch nicht die spätere Stellung als Haupt und Verteidiger der Familie; seine Stelle übernahm vielmehr der älteste Bruder der Mutter; und ähnlich bedeutungsvoll trat, wo es am Onkel fehlte, der eigene Bruder hervor. Diese sind die Gewalthaber und üben Vaterrechte am Knaben, wie sie über die Hand des Mädchens verfügen (sogenanntes Avunculat).

Dieses Mutterrecht wird uns vielfach belegt. Seine letzten Spuren bei den grossen Kulturvölkern finden wir in Sagen und Märchen, aber auch die Volkssitte bewahrt zuweilen noch hierhin gehörige Züge. Bei Naturvölkern beobachten wir es noch heute 1). Allerdings setzt das Mutterrecht, wie bereits vorhin hervorgehoben, eine Überwindung des uralten Zustands des Hetärismus voraus, wenn dieser ihm auch den Boden bereitet hat. So scheint nach den Ergebnissen der vergleichenden Sprachwissenschaft das altarische Urvolk nicht nach Mutterrecht gelebt zu haben; insbesondere scheint die Ursprache ein Wort für Vaterbruder, dagegen nicht für Mutterbruder gehabt zu haben3). Für Indien lässt sich sogar nachweisen, dass der Mutterbruder erst später seine besondere Stellung erhalten hat3). Und andererseits erstreckt sich das Mutterrecht auch bei hochstehenden Kulturvölkern in einzelnen

1) KOHLER in Kritischer Vierteljahrsschrift N. F., Bd. 4, S. 178, 179. 2) SCHRADER, Sprachvergleichung und Urgeschichte. 2. Aufl., S. 539 ff.; DELBRÜCK, die indogermanischen Verwandtschaftsnamen, in den Abhandlungen der Kgl. sächsischen Gesellsch. der Wissenschaften, Bd. 25, Philolol.-hist. Klasse, Bd. 11, 1888-90, S. 501; BERNHÖFT, Staat und Recht der römischen Königszeit, S. 202 ff.; ders. in Zeitschrift, Bd. 4, S. 227 ff.; Bd 8, S. 11, Bd. 9, S. 418; FRIEDRICHS in der deutschen Revue 1890, S. 242. Vergl. auch JHIERING, Vorgeschichte der Indoeuropäer, S. 61.

3) DELBRÜCK a. a. O., S. 586 ff.

Ausläufern bis in sehr späte Zeiten hinein. So folgt im Sklavenrecht das Kind der Mutter, bei indogermanischen Völkern wie bei den Arabern1). Ebenso ist es noch heutigen Tags mit den unehelichen Kindern.

Beginnen wir bei den Hellenen! Hier sind es hauptsächlich die Erinnerungen einer weit zurückliegenden Sagenwelt, in denen deutliche Anklänge des Mutterrechts enthalten sind. So erscheint Althäa nach späteren Begriffen schwer verständlich, wenn sie zu den Göttern der Unterwelt fleht, ihren eigenen Sohn Meleager zu töten, weil er ihrem Bruder den Tod gegeben hatte 2) anders nach mutterrechtlichen Vorstellungen, wo, wie wir gesehen haben, die Sache so steht, als ob ein Kind den Tod des Vaters zu rächen hätte; wenn dieser Zusammenhang auch späteren Generationen nicht mehr bewusst war, so konnte, wie dies so oft ging, das zu einer so furchtbaren Tat antreibende Motiv nicht ohne Änderung des ganzen Sagenstoffs umgestaltet werden, und der fremd gewordene Beweggrund blieb mit der Sage leben. Hierhin gehört auch die von EURIPIDES zum Gegenstand einer Tragödie gemachte Jonsage; denn Jon ist deswegen fähig, den Thron zu besteigen, weil er mütterlicherseits aus Erechteus' Geschlecht stammt, obwohl er nicht der Sohn des vorigen Königs, Xuthos, ist seine Erbfolge bestimmte sich also nach Mutterrecht, was dem späteren Tragödiendichter ungeheuerlich erschien und ihn zu kühnen Erweiterungen der Fabel veranlasste 3). Die gesamte Sagenwelt trägt aber Züge an sich, die auf das Mutterrecht, wenn nicht auf den uralten Hetärismus, hinweisen. Der geordnete vaterrechtliche Hausstand späterer Zeiten existiert für die Helden dieser Sagen nicht. So waren die griechischen Heroen selbst der freien Liebe Kinder (Theseus) oder gar nach

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 422.

2) ILIAS 9, 565 ff.

3) BACHOFEN, Mutterrecht, S. 245 ff. in ausführlicher Darlegung.

unseren Begriffen im Ehebruch erzeugt (Herakles). Ebenso steht es mit Romulus, und ebenso in dem keltischen und germanischen Sagenkreise um Artus. Auch wissen die Heroen zumeist nichts von der Geschlossenheit unserer heutigen Ehe: sie ziehen in aller Welt umher, erobern Frauen und Reiche und hinterlassen eine Unzahl unehelicher Nachkommenschaft, wie sie bei Herakles von der Sage ins Ungeheure getrieben wird 1).

Die spätere Zeit der Hellenen kennt das Mutterrecht nicht mehr, wie es schon bei Homer der Sagenperiode angehört. Doch finden wir einzelne Spuren, die sich als letzte festgehaltene Erinnerungen deuten lassen. So insbesondere die merkwürdige athenische Rechtssatzung, dass man die Halbschwester väterlicher-, nicht mütterlicherseits heiraten durfte 2), was nur dahin erläutert werden kann, dass hier, die sonstige spätere Auffassung durchbrechend, nur die Verwandtschaft durch die Mutter, nicht durch den Vater als solche gerechnet wurde. Hierhin gehört auch das Konkubinat, welches kein Treuverhältnis begründete 3), und aus welchem die Kinder nicht als eheliche galten.

Auch glaubt man hierhin rechnen zu müssen, dass in Athen auch nach vollrechtlicher Adoption (moíŋois, déos), die im übrigen dem Kinde die Blutsverwandtschaft in seiner bisherigen Familie nahm und ihn zu einem Blutsverwandten der neuen Familie machte, trotzdem die natürliche Verwandtschaft zur Mutter bestehen blieb1).

1) Vergl. die ganz im selbstherrlichen Sinn dieses alten Heroentums gehaltenen prächtigen Scenen des Bastards in Shakespeare's König Johann. So auch das indische Wort »Eigenen Namens der Mann hehr ist (BACHOFEN, Antiquarische Briefe II, 154; LEIST, Altarisches jus gentium S. 57). 2) Εξεῖναι γαμεῖν τὰς ἐκ πατέρων αδελφάς; Mc. LENNAN, S. 275; SCHRADER, Sprachvergleichung und Urgeschichte 2. Aufl., S. 567 in der Anm. 3) Etwa mit Ausnahme des Verhältnisses zur παλλακή, ἥν τις ἐλευθέροις παισὶν ἔχει; vergl. DEMOSTHENES, κατὰ Ἀριστοκράτους, REISKE, S. 637. Unser Recht (BGB § 1764) steht auf einem ganz anderen Standpunkt: die Adoption löst überhaupt nicht die

4) ISÄUS, de Apollod. § 25.

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