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Mutterbruder; es überwiegt noch dermassen das Gefühl des Vaters zum Kinde, dass der germanische Häuptling sich für gebundener hielt, wenn sein Schwestersohn, als wenn sein. leibliches Kind in das Lager des Römers als Geissel gebracht wurde. Aber das Recht selbst war schon auf anderen Bahnen; die Habe fiel nicht mehr an die mütterliche Familie, sondern der Erbzug ging vom Vater bereits auf die Abkömmlinge 1) was unten als ein Kennzeichen des späteren Vaterrechts aufgeführt werden wird.

Dieser Umschmelzungsprozess musste immer weitere Fortschritte machen, je mehr die germanischen Stämme mit der antiken Kultur zusammentrafen. So zeigt das Zeitalter der Völkerwanderung schon die Auflösung der alten Zustände. Doch konnte nach den deutschen Volksrechten die Ehe auch noch in der Weise geschlossen werden, dass das Mundium (Gewaltverhältnis) nicht auf den Mann überging, sondern beim Vater verblieb, sodass trotz der Eheschliessung die Frau mitsamt ihren ehelichen Kindern in ihrer angestammten Familie verblieb und nicht in die Familie des Mannes hinübertrat 2). Es liegt nahe, dies anscheinende Wahlrecht der Ehegatten mit der später zu besprechenden Kaufehe in Zusammenhang zu bringen und anzunehmen, dass erst nach voller Zahlung des Kaufpreises die Frau dem Mann gehörte, bis dahin aber unter der Gewalt (im derben Sinne der alten Zeit im Eigentum) ihres Vaters blieb; derartige Verhältnisse werden wir dort bei manchen Naturvölkern zu betrachten haben. Streng genommen hat dies also mit dem alten Mutterrecht überhaupt nichts zu

1) BACHOFEN, Mutterrecht, S. 79a; KOHLER in krit. Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, N. F. Bd. 4, S. 179 A*; vergl. auch O. SCHRADER, Sprachvergleichung und Urgeschichte, S. 571.

2) SCHRÖDER, Geschichte des ehelichen Güterrechts in Deutschland Bd. 1, S. 10; DARGUN, S. 33; BERNHÖFT in Zeitschrift, Bd. 6, S. 430 ff. Es ist möglich, dass die Ususehe der Römer in alter Zeit auf denselben Prinzipien beruhte (BERNHÖFT a. a. O., S. 431).

tun, wenn es auch lehrreich zeigt, wie noch in jener Zeit die Bande, die die Ehe zwischen den Gatten schafft, durchaus hinter der Zugehörigkeit der Frau zu ihrer angestammten Familie zurücktreten konnten 1).

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Einen eigentümlichen Übergang weist der ältere Text der lex Salica, des Rechts der salischen Franken, auf, in welchem unter den Erben der beweglichen Habe der Vater und der Vaterbruder gar nicht aufgeführt sind also noch Festhalten des Mutterrechts, aber auch bereits der Mutterbruder fehlt, also gerade der nach Mutterrecht bevorzugte Verwandte tibergangen ist 2). Es ringt hier also eine Rechts- und Kulturform mit der andern, aber das neue Recht dringt mächtig hinein, und das alte weicht zurück.

Anders bei den Pikten. In der Abgeschlossenheit ihrer schottischen Berge vererbte sich bei ihnen die Königswürde noch bis zum Ende des 8. Jahrhunderts nach Mutterrecht. Wie es in einem alten Liede heisst:

Eide waren auf sie gelegt

Bei der Erde, bei den Sternen,

Dass von der Mutter Adel

Das Recht der Herrschaft stets entstammen sollte3).

Sagenhafte Erinnerungen mutterrechtlichen Geistes lassen. sich noch in den Ritterdichtungen aus der Blütezeit der mittel

1) Daher wird es auch schwerlich zufällig sein und ist daher nicht ohne Bedeutung für die Anschauung der alten Hebräer, wenn es in 1. Mose 2, 24 heisst: Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen. Das herrliche Bibelwort ist uns so zu eigen geworden, dass uns an ihm kaun mehr etwas auffällt; und doch ist es eigentlich überraschend und müsste von unserem heutigen Standpunkt heissen: »Darum wird ein Weib Vater und Mutter verlassen und an dem Manne hangen.«

2) DARGUN, S. 60 ff.; vergl. auch SCHRÖDER, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, S. 321 A. 414 u. HEUSLER, Institutionen Bd. 2, S. 521.

3) Mc LENNAN, S. 68, 102 ff.; BEDA, historia ecclesiastica gentis Anglorum I, I (in der Ausgabe v. PLUMMER, Oxford 1896, S. 12); LUBBOCK, S. 124.

alterlichen Poesie auffinden. Hier wird es als selbstverständlich betrachtet, dass die Prinzessin ihrem Ritter das Königreich mit in die Ehe bringt, und andererseits zieht der Königssohn aus seiner Heimat aus, um sich in der Fremde durch die Hand der Königstochter ein Reich zu erobern 1).

Und mindestens bei einem Volke Europas lassen sich bis auf den heutigen Tag derartige Spuren feststellen. In Korsika ist noch heute das geschwisterliche Band das heiligste, Bruder und Schwester stehen sich von allen Angehörigen am nächsten, und die meisten der wilden korsischen Rachelieder sind Klagen der Schwester um den Bruder, der gefallen ist 2). Und der norwegische Bursche ritzt in höchster Seegefahr auf den Kiel des umgeschlagenen Boots den Namen seiner Mutter zum Zeichen, dass er ihrer in der letzten Not gedacht hat3).

Ähnliche letzte Nachklänge finden wir in der Volkspoesie der Litauer und Serben. In einem litauischen Daino1) beklagt sich die junge Frau, weil ihr Mann sie schlecht behandle, bei ihren Eltern und der Schwester, aber Alle, ach, schalten. mich, niemand, ach, half mir.« Nur der Bruder, der zuletzt angerufen wird, kommt der Schwester zu Schutz und bedroht den Mann mit dem Schwert, dass er ihr Ruhe giebt. So ist bei den heutigen Serben der Bruder stolz auf den Besitz einer Schwester, die Schwester schwört bei dem Namen ihres Bruders). In einem serbischen Volkslied) erwartet die Frau

1) SCHULENBURG, der Brautraub u. s. w. in den französischen mittelalterlichen Epen, in Zeitschrift, Bd. 12, S. 178 ff.

2) GREGOROVIUS, Korsika Bd. 1, S. 146. Vergl. auch die Meistererzählung MÉRIMÉE Colomba«.

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3) THORESEN, Gesammelte Erzählungen, 3. Aufl. Berlin 1901, S. 95. So erwähnt auch, wenn ich mich recht erinnere, Goethe in seiner italienischen Reise, dass für den italienischen Burschen damals die äusserste Beleidigung eine Beschimpfung seiner Mutter war.

4) TETZNER, S. 86, Nr. 36.

5) WESNITZ in Zeitschrift, Bd. 9, S. 48.

6) TALVJ, Volkslieder der Serben, Bd. 2, S. 169.

vergebens ihren jungen Gatten Georg, ihren Brautführer und ihren Bruder:

>Um Georg hat sie ihr Haar verschnitten,
Um den Führer ihr Gesicht zerrissen,
Um den Bruder ausgebohrt die Augen.
Haar verschnitt sie, Haare wachsen wieder,
Kratzt das Antlitz, heilet zu das Antlitz;
Doch die Augen können nicht mehr heilen,

Noch des Herzens Wunde um den Bruder 1). «

Also dieselbe Auffassung uralter Zeiten, wie sie uns in der älteren Edda entgegentritt: Gudrun, die zum Rasen durch den Tod der Brüder gebracht wird und den Mord des Gatten ruhig wie ein Schicksal trägt. Dass es sich auch bei den Serben um einen Zusammenhang mit ferner Vergangenheit handelt, lehrt uns, was die Alten von den am Don wohnenden sauromatischen Stämmen berichten. Von ihnen ist uns die seltsamste Überlieferung erhalten. NIKOLAUS VON DAMASKUS 2) sagt von ihnen geradezu: sie gehorchen in allen Dingen den Frauen als Gebieterinnen, und berichtet, dass die Frauen ebenso kriegerisch wie die Männer seien: kein Mädchen dürfe heiraten, ehe sie nicht einen Feind getötet habe. Und PLINIUS 3) bringt das Volk der Sauromaten mit den mythischen Amazonen in Verbindung und nennt sie Untertanen ihrer Frauen (Gynaecocratumenoi). Bei den späteren Slaven haben sich nur schwache Spuren des Mutterrechts gefunden. So vor Allem, dass die Frau nach dem Tode des Mannes zu ihrem eigenen Geschlecht (zadruga) zurückkehren kann und in solchem Falle die Kinder der Mutter folgen1).

Anders im Kaukasus. Hier hat sich bei den abgelegen wohnenden Bergstämmen bis in neue Zeit alte Sitte erhalten.

1) Vergl. auch TALVJ a. a. O., Bd. 1, S. 280, 281.

2) S. 517.

3) 6, 19.

4) RUNDSTEIN in Zeitschrift, Bd. 15, S. 217.

So ist bei dem kaukasischen Volk der Inguschen der Mutterbruder verpflichtet, dem Schwestersohn nach erreichtem 16. oder 17. Lebensjahr ein schönes Pferd und 30 Rubel zu schenken; und gebührt bei einigen Stämmen dem Oheim mütterlicherseits, bei anderen dem Bruder bei der Brautwerbung wie bei der Blutrache eine besondere Rolle, wie sie bei anderen Völkern dem Vater zukommt. So wird im Kreise Sakatal in Dagestan das Ross, worauf die zum Bräutigam reitende Braut sitzt, von ihrem Mutterbruder am Zaum geführt1).

Von den transkaukasischen Tataren wird folgende Legende berichtet:

>>Ein Chan wollte einmal Mann, Sohn und Bruder einer
Frau hinrichten lassen. Letztere warf sich dem Chan zu
Füssen und flehte um Gnade. Der Chan versprach ihr
selbe, doch nur für einen der Verurteilten, wobei er der
Frau die Wahl unter ihnen überliess. Sie bat für den
Bruder. >Warum bittest Du nicht für den Mann oder
für den Sohn?« fragte der Chan. »Einen Mann<
sagte die Frau
>kann ich auf der Strasse finden, einen
Sohn im Mutterleibe, einen Bruder aber nirgends").<<

1) DARINSKY in Zeitschrift, Bd. 14, S. 193, 194.

2) DARINSKY a. a. O. Diese Geschichte ist doppelt merkwürdig, weil eine ganz ähnliche von HERODOT (3, 119) bei den alten Persern berichtet wird, wo die Frau sich dem König Darius gegenüber fast mit den nämlichen Worten äussert: »O König, ich bekomme wohl, so Gott will, noch einen anderen Mann und andere Kinder, wenn ich diese verliere; da aber mein Vater und meine Mutter nicht mehr leben, so bekomme ich niemals einen Bruder wieder. Wie die Begründung zeigt, die der Frau in den Mund gelegt wird, handelt es sich offenbar um eine alte Sage, die in der späteren Zeit nicht mehr verstanden wurde. Vergl. auch PLUTARCH, de fraterno amore c. 7 u. SOPHOKLES, Antigone 905 ff. Die Echtheit der letzteren Stelle ist allerdings zweifelhaft; doch muss sie mindestens ein Einschiebsel aus hellenischer Zeit sein, da bereits ARISTOTELES (Rhet. 3, 16, in der Ausgabe v. Römer, S. 218) sie kennt.

WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts I

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