Polemische Verhandlungen mit Gegnern habe ich vermieden. Es fehlt vielfach noch die Voraussetzung für eine fruchtbare Diskussion. Eine Reihe von gegnerischen Äußerungen sind besonders gesammelt worden und sollen vielleicht später als Beitrag zur Geschichte der biblisch-orientalistischen Wissenschaft abgedruckt werden. Meine grundsätzliche Stellung zur biblischen Frage habe ich im Vorwort zur ersten Auflage, das auf dem folgenden Blatte wieder abgedruckt ist, ausgesprochen. Ich weiß mich eins mit denen, die im Alten Testament eine Welt geschichtlich vermittelter Offenbarung suchen. Die israelitische Gottesvorstellung und Erlösererwartung ist nicht ein Destillat menschlicher auf verschiedenen Gebieten des alten Orients erwachsener Ideen, sondern sie ist ewige Wahrheit im bunten Gewande orientalischer Denkweise. Und die Formen dieser Denkweise gehören einer einheitlichen Weltanschauung an, die in den irdischen Dingen und Vorgängen Abbilder himmlischer Dinge sieht, welche in den Bildern und im Kreislauf des gestirnten Himmels typisch vorgezeichnet sind. Großen Dank schulde ich Verlag und Druckerei. Mein Herr Verleger hat in freigebiger Weise eine reiche Vermehrung des Bildermaterials gestattet und wieder für eine vornehme Ausstattung Sorge getragen. Gleichwohl ist eine außerordentlich niedrige Preisansetzung ermöglicht worden. Der Böhlau'schen Hof- Buchdruckerei zu Weimar, mit der zu arbeiten für jeden Autor eine Freude sein muß, ist es zum guten Teile zu danken, wenn auch die 2. Auflage, wie es der 1. Auflage widerfuhr, als typographisch musterhaft bezeichnet werden darf. Der Druck des Buches begann Mitte April 1906. Im Juni wurden die ersten zwölf Bogen als Abteilung I besonders ausgegeben. Auf die Register ist große Sorgfalt verwendet worden. Ich danke auch an dieser Stelle meinem lieben Famulus, Herrn stud. theol. Münnich, für seine treuen Bemühungen um Korrektur und Register. Leipzig, 31. Oktober 1906. Alfred Jeremias. Vorwort zur ersten Auflage. Und Wer den Dichter will verstehn, muß in Dichters Lande gehn. wer eine Schrift verstehen will, wird die beste Erklärung und die hellste Beleuchtung aus den gleichzeitigen Urkunden ihrer Welt empfangen. Auf dem Gebiete der alttestamentlichen Forschung hat sich diese selbstverständliche Wahrheit nach langen Kämpfen theoretisch Geltung verschafft. In der Praxis ist noch wenig von ihrer Wirkung zu spüren. Man hat sich zumeist damit begnügt, die Ergebnisse der Denkmalforschung den Kommentaren als interessante Arabesken einzufügen, aber man hat ihnen nur selten Einfluß auf das Verständnis des Wesens israelitischer Denkweise eingeräumt. Die Skepsis, mit der die sog. altgläubige „positive" Richtung der Verwertung der Denkmäler gegenüberstand, hatte ihren guten Grund. Aber diese Skepsis hätte sich nicht gegen die Denkmäler, sondern gegen die Ergebnisse ihrer Bearbeiter richten sollen, die ihre Anschauungen darin bestätigt fanden. Es wäre richtiger gewesen, die Gegner mit der eigenen Waffe zu schlagen. Neuerdings erhebt sich der Widerspruch gegen die Ergebnisse der Assyriologie vor allem innerhalb der Richtung, die von jeher die Wissenschaftlichkeit für sich in Anspruch nahm und die, wie anerkannt werden muß, in ernster und sorgfältiger Weise die Ergebnisse der Geschichtswissenschaft und Völkerkunde für die Erklärung des Alten Testamentes zu verwerten bemüht gewesen ist. Die historisch-kritische Schule, die ihr Werk in einer Zeit begonnen hat, in der die Gefilde der vorderasiatischen Altertumskunde noch verschüttet lagen, hat sich nicht imstande gezeigt, das neue Material zu verwerten, weil es den auf früheren Stufen der Erkenntnis selbstgeschaffenen Dogmen in entscheidenden Punkten widerspricht. Der Verfasser dieses Buches steht der Tradition des Alten Testamentes mit einem Vertrauen gegenüber, das im letzten Grunde auf der religiösen Erkenntnis beruht: novum testamentum in vetere latet. Dieses Vertrauen hat sich ihm wissenschaftlich bewährt, je mehr die Erschließung der Verhältnisse und Zusammenhänge des Alten Orients eine authentische Beurteilung der im Alten Testament geschilderten gleichartigen Verhältnisse gestattet hat. Er fand eine glänzende Bestätigung seiner Auffassung in der Tatsache, daß der Gelehrte, der die Voraussetzungen der historischkritischen Schule am konsequentesten aufgenommen und bis ans Ende verfolgt hatte, auf Grund einer lebendigen Kenntnis des Alten Orients und der gleichzeitigen Geschichte zu Folgerungen kam, die jene Voraussetzungen als irrig erwiesen. Einer besonderen Einführung bedürfen die zwei ersten Kapitel, die ursprünglich als Einleitung gedacht sind. Bereits in meiner Schrift,,Im Kampfe um Babel und Bibel“ bin ich mit voller und nachdrücklicher Betonung für die Annahme der ,,mythologischen Darstellungsweise“ und des,,mythologischen Systems" eingetreten, wie es von Winckler ent- wickelt worden ist. Winckler hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich die richtige Erkenntnis der ,,mythologischen“ Ausdrucks- und Auf- fassungsweise des Altertums ebensogut mit der vollkommensten Gläubig- keit wie mit der weitgehendsten Zweifelsucht in bezug auf die erzählten Tatsachen vereinigen läßt. Ich habe bisher keinerlei Gegenausführungen zu Gesicht bekommen, die Wesen und Tragweite der Sache erfaßt und die den Widerspruch auf etwas anderes als Mißverständnisse gegründet hätten. Ich sehe in der Erkenntnis des altorientalischen mythologischen Systems den Schlüssel zu einer Formenlehre des biblischen Schrifttums und bin dabei bemüht, auf Schritt und Tritt vor einer Überschätzung der Form und vor Auflösung der Tatsachen in mythologische Ideen zu warnen. Um das System verständlich zu machen, mußte die altorien- talische Weltauffassung und das ihr zugrunde liegende astrale Pantheon auseinandergesetzt werden. Die einleitenden Kapitel stellen beides zum ersten Male im Zusammenhange dar unter Vorführung der urkundlichen Als Ganzes möchte das Buch zu seinem Teile nicht nur darauf hin- wirken, daß die Form biblischer Darstellung in ihrem Wesen erkannt Die Einrichtung ist durchsichtig. Die alttestamentlichen Schriften Möchte das Buch der großen und herrlichen Aufgabe, die mir vor Leipzig, am Tage der Frühjahrstagesgleiche 1904. Alfred Jeremias. Inhaltsverzeichnis. I. Die altorientalische Lehre und das altorientalische Weltbild II. Die babylonische Religion Mysterien S. 76. Monotheismus und Trias S. 77. Kalender- III. Die außerbiblischen Kosmogonien Babylonien S. 129. Phönizien S. 141. Ägypten S. 144. Eranier IV. Der biblische Schöpfungsbericht Seite 76 129 159 Zum biblischen Weltbild S. 174. Kampf Jahve's mit dem Babylonische Parallelen S. 203. Der glückliche Zustand des 252 277 287 XI. Die Völkertafel XII. Der Turmbau zu Babel XIII. Das vorisraelitische Kanaan Züge nach dem Westland S. 287. Die ägyptischen Zeug- Mu XIV. Abraham als Babylonier. XV. Abraham als Kanaanäer. Die Religion der Abrahamsleute S. 331. Der Kriegszug Zwölfstämme S. 363. XVI. Weitere Glossen zu den Vätergeschichten. Die Opferung Isaaks S. 367. Der Traum von der Himmelsleiter S. 372. Jakobsstab S 376. Jakobskampf S. 377. Dina S. 379. Thamar S. 381. XVII. Die Josefsgeschichte. Tammuz-Motive in der Josefsgeschichte S. 383. Josef in XVIII. Der Auszug aus Ägypten Außerbiblische Überlieferungen S. 400. Seite 324 331 366 383 400 Die Geburts geschichte Mosis S. 408. Horeb und Sinai S. 414. Pesah S. 418. XIX. Israelitische und babylonische Gesetzgebung XX. Stiftshütte“ und „,Bundeslade" XXI. Weitere Glossen zum Pentateuch XXII. Glossen zum Buche Josua . XXIII. Das Buch der Richter 422 434 448 463 471 Debora S. 473. Jephta S. 478. Simson S. 478. Gideon S. 474. Abimelech S. 477. Ehud Die Religion der Richterzeit S. 472. Othniel S. 472. XXIV. Samuel, Saul, David, Salomo. XXV. Die politische Geschichte der Staaten Israel und Juda im Die Quellen S. 497. Kleinstaaten am Mittelmeer S. 501. XXVI. Glossen zu den Büchern der Könige, Chronica, Esra, 536 Elias und Elisa S. 537. Der Mesastein S. 541. Die Bücher der Chronik S. 549. XXVII. Glossen zu den sog. Lehrbüchern 552 Buch Hiob S. 552. Harmonie der Sphären S. 558. Psalmen XXVIII. Glossen zu den Propheten 564 |