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was Nabu schreibt, sollen doch wohl die äußerlichen Widerfahrnisse sein, die den Menschen in dem kommenden Jahre bestimmt sind. Die Tafeln der Gnade und der guten Werke aber werden aufnehmen, was die Menschen gegenüber den Göttern versäumt oder getan haben. Sie könnten demnach eher mit den Tafeln der Sünde verglichen werden, von denen die frommen Babylonier bitten, daß sie zerbrochen werden mögen, wie man einen Schuldschein zerbricht, wenn die Schuld bezahlt ist; oder wie es in einer Beschwörung heißt:

„Die Tafel seiner Sünden (des Gebannten), seiner Uebertretungen, seiner Missetaten, seiner Bannsprüche, seiner Verwünschungen werde in's Wasser geworfen."

Nach babylonischer Anschauung gehören die Seelen der Frommen in die seligen Wohnungen, die der Gottlosen in die Hölle. Aber ein andermal heißt es von dem Reich der Toten, dort herrsche weder Leben noch Tod, alles sei dumpf und dunkel. Dort irren dann die einen Seelen ohne Ruh noch Rast umher und müssen sich von der elendesten Nahrung genügen lassen, während andre sich am frischen Wasser erquicken.

Jedenfalls erwartet diejenigen Seelen ein trauriges Geschick, deren tote Behausung oder Leichnam unbestattet auf der Erde liegen geblieben ist.

Kurnugi, der Ort der Toten, wird in Terten, deren vorliegende Abfassung semitischen Ursprungs ist, die aber nach ihrem Inhalt doch sehr alt sein können, also beschrieben: Er ist das Haus, dessen Eingang ist ohne Ausgang; die Straße, deren Hinweg ist ohne Heimweg; das Haus, deffen Bewohner vom Licht abgeschlossen sind; der Ort, da Staub ihre Nahrung und Kot ihre Speise ist. Licht schauen sie nicht, in Finsternis wohnen sie. Sie sind den Vögeln gleich in ein Federgewand mit flügeln gekleidet und wie die Nachtvögel gleiten sie mit lautlosem flügelschlag dahin. Ueber Türe und Riegel ist Staub gebreitet. Von einer künftigen Auferstehung wissen weder Babylonier noch Affyrer irgend etwas; und wenn sie ihrem Gott Marduk und der einen Istar nachrühmen, sie machen Tote lebendig, so bezieht sich diese gerühmte Kraft doch nur auf die Erweckung für dieses Leben. Doch spricht sich in mehreren Gebeten und Fürbitten für Sterbende ein gewisses Erlösungsbedürfnis und Verlangen nach einem bessern Leben aus. So betet einer: „Möge die Sonne ihm Leben geben und Marduk ihm eine Wohnung der Seligkeit schenken", oder: Möge er emporsteigen zur Sonne, der höchsten Gottheit. Möge die Sonne, die höchste Gottheit, seine Seele aufnehmen in ihre gnädigen Hände."

Zu dem Erforschen des Willens der Götter ist noch nachzutragen, daß auch die Träume als ein Mittel der Offenbarung des Verborgenen angesehn wurden. Asurbanipal läßt aus der Zeit, da sein Bruder Samassumukin, den er zum Statthalter von Babylonien bestellt hatte, sich gegen ihn erhob, auf dem Rassamcylinder folgendes berichten:

3u jener Zeit legte sich ein Traumseher gegen Ende der Nacht nieder und fah einen Traum. Auf der Mondscheibe stand geschrieben: „Wer gegen Asurbanipal, den König von Affyrien, böses plant und einen Kampf unternimmt, dem will ich bösen Tod zu teil werden lassen durch das blitzschnelle Schwert, feuerbrand, Hungersnot und Berührung der gira werde ich ihrem Leben ein Ende machen“1). Dies hörte ich und vertraute auf das Wort Sins, meines Herrn.“

Die Gira, die hier erwähnt wird, kann nicht gleich girra sein, womit Marduk bezeichnet wird. Entweder heißt so eine Gefährtin der Ereskigal oder ein Ort in der Unterwelt.

Asurbanipal läßt auch die Erfüllung dieses Traumes durch eine Hungersnot berichten, die so schwer auf Babylonien lastete, daß die Eltern gar ihre Kinder verzehrten; und die zweite Erfüllung wird in dem Tod seines Bruders gesehn, den die Götter selbst in eine brennende feuerstelle werfen 2).

1) U. Jeremias, U. T. O., S. 34. Derselbe Craum in andrer Uebersetzung. S. S. 124. 2) K. B. II, b, S. 191.

Achter Abs ch n i t t.

Staatsverfassung und Rechtsleben in Babylonien und Assyrien.

1. Staatsverfassung.

Ein treffendes Gleichnis hat der Prophet Ezechiel 1) von dem assyrischen Königreich gesagt: „Assur war wie ein Zedernbaum auf dem Libanon, von schönen Aesten, dick von Laub und sehr hoch." Babylonien aber war Assyrien wie in Sprache und Schrift, Religion und Sitte, also auch in der Regierungsform und Weise sehr ähnlich. Hier und dort bestand das unabhängige Königtum, wenigstens dem Namen nach, nur mit dem Unterschied, daß der König von Assyrien, nicht aber der von Babylonien, zugleich Oberpriester war. Dieser Unterschied mochte seinen Ursprung in der verschiedenen Entwicklung haben, die beide Reiche durchgemacht, indem das Gebiet des späteren babylonischen Weltreiches aus einer Menge kleinerer Herrschaften bestand, die von Patesis regiert waren und später wieder mehrmals selbständig zu werden suchten. Assyrien dagegen entwickelte sich aus einer einzigen Patesiherrschaft und breitete sich durch siegreiche Kriege aus. Daher hieß der König von Babylon sar sarrani König der Könige, nachdem die Patesi zu Statthaltern geworden waren, während derselbe Titel in Assyrien einen andern Sinn in sich barg. Die Statthalter des affyrischen Königs waren assyrische Beamte, nicht aus königlichem Geschlecht, aber über fremde Völker gesetzt, deren Könige gefangen oder tot waren. Babylonien war von Anfang zum Frieden bestimmt und meist auch im Frieden erwachsen, Assyrien ein Reich aus Gewalt. Jenes aus verwandten Völkern zusammengesetzt, ähnlich wie Preußen, dieses wie Oesterreich aus ganz fremden. Daher konnte auch der Versuch, so oft und mit welchen Mitteln er auch unternommen wurde, aus Assyrien ein einheitliches Reich zu machen, nie gelingen. Die gewaltsam und künstlich hergestellte Schöpfung brach gleichsam über Nacht zusammen, wie die Propheten in Juda und Israel vorhergesagt hatten.

1) Ezech. 31, 3—14.

Der Hof eines babylonischen oder affyrischen Königs sollte ein Ab bild des Himmels sein, nur nicht in der Götter Vielherrschaft. Sie waren Alleinherrscher und selbst Götter. So gefielen sie sich in dem Scherz, zuweilen sich als Götter zu verkleiden und mit ihren Gewaltigen Götter-Maskeraden aufzuführen 1). Weil aber diese Könige sich selbst für Götter hielten und von ihren Völkern also geehrt wurden, konnte auch der Begriff des Königtums von Gottes Gnaden gar nicht im babylonisch-afsyrischen Orient entstehen, wie H. Windler 2) entdeckt haben will. Denn ein König oder Fürst, der dieses christliche Bekenntnis, das Bekenntis des Apostels Paulus ), zu dem seinen macht, spricht in Demui aus, daß er seiner hohen Stellung gar nicht wert ist; und sieht man hier wieder deutlich, wie das ergern an einer christlichen Lehre oder Sitte bisweilen aus einem gründlichen Mißverstand hervorwächst. H. Windler aber durfte auch daran denken, daß die ersten christlichen Fürsten, die fich fürsten von Gottes Gnaden nannten, vom Orient so gut wie nichts wußten! Den Königen von Babylonien und Affyrien kam es auf das grade Gegenteil als wie jenen an: Ihre Völker sollten an ihnen wie an Göttern in die Höhe schauen. Sie waren die Herren der untern Welt, Söhne der Götter, gekleidet wie die Götter. Binde, Müge und Szepter schimmerte auch bei ihnen von blauem Lasurstein). Die vier Ecken des Königspalastes wiesen auf die vier Himmelsgegenden hin, über die der Herr der Welt" sein Szepter ausstreckte. So nannten sich die Könige von Babel, bald auch die von Ninive, wenn nicht aus eigner Ueber hebung, dann doch in herablaffender Annahme der ausgelaffenen Schmeichelreden ihrer Diener. Die hohe Sprache der affyrischen Beamten ist auch in der hl. Schrift ) treffend dargestellt und aus vielen Inschriften uns bekannt geworden.

Obwohl des Königs Wille von vornherein als unumstößliches Recht und Gesek galt, versammelten diese unumschränkten Herrn, wenn es ihnen nicht an Klugheit mangelte, doch von Zeit zu Zeit die Vornehmen ihres Reiches, um ihren Rat und Meinung über wichtige Staatsangelegenheiten zu hören. Don solchen Versammlungen berichtet herodot; eine derselben beschreibt auch das Buch Esther). Folgten die Könige nicht diesem Gebot der Klugheit, so wurde ihnen, trohdem daß fie für Götter galten, häufig sehr schnell und zwar mit blutiger Cat bedeutet, daß sie sterbliche Menschen waren und daß es Leute gebe, die nur mit Widerstreben gehorchten und für den Thron einige Prätendenten bereit hielten.

1) Perrot und Hoffmann, 3. f. A. 1896.

2) B. u. U., S. 106, 209 2c.

8) 1. Kor. 15, 10.

4) K. B. VI, S. 583.

5) Jef. 36, 18—20. 37, 10—13.

Efth. 1, 13—20.

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Aus dem Priesterstand hervorgegangen, blieb der assyrische König noch weiter der oberste Priester, der nicht nur Tempel und Altäre der Götter baut, sondern auch unter dem Beistand der von ihm eingeseßten Priester in der Verehrung der Götter mit täglichen Opfern vorangeht. Er nennt sich Sonne des Landes oder des Volkes, in den Inschriften steht vor seinem Namen stets das Götterzeichen, und wie später den Kaisern zu Rom wurden ihnen Tempel gebaut und Opfer gebracht ). Hilprecht hat in seiner Erforschung der biblischen Länder“ nachzuweisen versucht, daß die babylonischen Pyramiden oder Stufentürme Göttergräber waren, während Hommel mit größerer Wahrscheinlichkeit Königsgräber in ihnen vermutet. Schon den alten Königen oderPati Dungi und Gudea wurden in ihren Tempeln von ihnen Priestern Opfer dargebracht. Um so greller war der Widerschein ihres meist gewaltsamen Todes, um sɔ erwiesener das Lügenwerk solcher Menschenvergötterung. Aber bis zu dem jähen Absturz stand der babylonische König wie auch der Großkönig hoch über seiner ganzen Umgebung, seinen Beamten, seinen Weibern, seinen Untertanen. Niemand durfte vor ihn treten ohne seine Aufforderung, die durch das Neigen des Szepters kundgetan wurde 2). An gewissen Tagen erteilt er Audienzen, empfängt Bittschriften, hört die Beschwerden und entscheidet die Klagen der Untertanen. Königtum und Staat werden in beiden Reichen nicht unterschieden, Königstreue und Vaterlandsliebe finden dasselbe Lob. Die tollste Laune, der verwegenste Einfall des Königs verlangt Gehorsam. Als Kambyses seine persischen Richter fragte, ob das Gesetz erlaube, daß der Bruder die Schwester zur frau nehme, antworteten die Richter, darüber könnten sie kein Geset finden. Wohl aber hätten sie das Gefeß gefunden, daß dem König von Persien erlaubt sei zu tun, was ihm beliebe. Also heiratete Kambyses seine Schwester. Die Perser aber hatten das Erbe der Babylonier und Affyrer angetreten, wie uns die Geschichte gezeigt hat.

Ist der Großkönig Abbild und Stellvertreter der Götter und selbsi Gott, so steht er doch unter dem Willen und Gebot der Götter, das will sagen: unter den Gesetzen seines Landes. Der König von Babylon konnte seine Herrschaft nur am Neujahrsfest oder Zagmuk antreten, und Jahr für Jahr mußte seine Herrschaft neu und zwar an diesem Tage bestätigt werden. An diesem Tage mußte der König „Marduks Hände ergreifen", während das vor dem Tempel wogende Volk einen Sklaven oder Verbrecher in königlichen Kleidern auf den Thron erhob und ihm andre königliche Ehren erwies.

Der affyrische König wurde im zweiten Monat gekrönt. Er be kleidete im ersten Jahre seiner Regierung die Limmuwürde. Daß aber in Assyrien wie in Babylonien die Könige ursprünglich nur ein Jahr

1) Fr. Hommel, Grundriß, S. 126, Unm.
2 Esth. 5, 2.

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