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67. Gudrun.1

Viele Jahre waren vergangen, und Gudrun war zu einer herrlichen Jungfrau herangewachsen, und wie einst von ihrer Mutter, so ging jezt die Sage von ihr, daß es kein schöneres Frauenbild auf Erden2 gäbe. Diese Märe drang auch nach Normannen5 land, wo der stolze König Ludwig3 mit seiner Gemahlin, der noch stolzeren Frau Gerlind, herrschte. Sie hatten einen Sohn, Hartmut genannt, der nach des Vaters Tode die Krone tragen sollte. Als nun Gerlind von Gudruns Schönheit und von der Macht ihres Vaters hörte, sprach sie zu ihrem Gemahl: „Die wäre eine 10 Frau für unsern Sohn, um sie soll er werben." Zwar wollte König Ludwig, der den Übermut der Hegelinge kannte, erst nicht auf den Plan seiner Gemahlin eingehen; als aber auch sein Sohn Hartmut bat, um Gudrun werben zu dürfen, und erklärte, daß all sein Sinnen und Trachten auf sie gerichtet sei, und wenn1 er 15 sie mit Heeresmacht erkämpfen müßte, da gab der Vater seinen Bitten nach und hieß sechzig Boten satteln, um die Werbung seines Sohnes nach Hegelingenland zu bringen. Aber dieselbe wurde, als die Boten nach langem Ritte zu Hettels Königsburg gelangt waren, übel abgewiesen. Wie kann," so sprach die Kö

67. 1 This selection is an abridgment of the contents of the latter portion of the middle-high German epic Gudrun. Hettel won by stratagem and force, although with her consent, his wife Hilde from her father Hagen, king of Ireland. Hettel was king of Hegelingenland, which seems to have been situated on the coast of the North Sea. He and his subjects are called Hegelinge. His wife Hilde bore him a daughter Gudrun and a son Ortwin. Gudrun had grown to be a young woman at the beginning of the portion of the epic here paraphrased. 2 Old dat. sing. 3 Ludwig

(Louis) was king of Normandy. Hilde says below that he had received lands in fief from her father Hagen and was in that sense the latter's vassal. He was the husband of Gerlind and the father of Hartmut and Ortrun. even if.

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nigin Hilde, „der Königssohn von Normannen sich unterfangen, zur Königstochter von Hegelingen seine Augen zu erheben? Mein Vater hat dem seinigen Land und Leute zu Lehen gegeben, und von Rechts wegen ist König Ludwig dem König von Frenland zinspflichtig. Wie kann der Unterthan das Enkelkind seines 5 Gebieters zum Weibe begehren?" Traurig ritten die Brautwerber mit diesem Bescheide wieder heim und meldeten, wie schimpflich sie empfangen worden seien. Deswegen zürnten Ludwig und Gerlind den Hegelingen und sannen auf Rache. Da aber Hartmut auf sein Befragen von den Boten hörte, Gudrun sei 10 schöner und lieblicher, als ein Mensch es beschreiben könne, rief er schwermütig aus: „So mag 5 ich ohne Gudrun nicht mehr leben," und sann im stillen darauf, sie dennoch zur Gemahlin zu gewinnen.

Nun warb aber noch ein anderer Freier um die schöne Gudrun; 15 das war der nächste Nachbar von Hegelingenland, der König Herwig von Seeland. Oft schon und dringend hatte er um sie gefreit, aber auch er war immer mit stolzen und harten Worten von ihren Eltern abgewiesen worden, weil er nur eines kleinen Landes König sei und nicht ebenbürtig den mächtigen Hegelingen. 20 Endlich hatte ihm Hettel verboten, je wieder mit einer Werbung vor ihn zu kommen. Herwig aber hatte trotzig erwidert: „Ich lasse nicht von Gudrun, und geht es nicht in Güte, so komme ich einst mit Speeren und mit Schilden." Und wahrlich, eines Morgens, als in der Hegelingenburg noch alles in tiefem Schlum- 25 mer lag, schmetterte auf einmal das Horn des Turmwächters in scharfen Stößen, und der König und seine Mannen wurden mit dem Rufe: „Zu den Waffen!" aus dem Schlafe aufgeschreckt. Schnell legten sie ihre Rüstungen an und eilten den Feinden ent

5 mögen perhaps 6 = können. Probably not the Danish island Seeland (or Sealand), but a region along the coast of the North Sea.

Say, give up.

gegen. Es entspann sich ein heißer Kampf. Aber Herwig und die Seinen hatten die Übermacht; die Hegelinge wurden geworfen, und mit ihnen drangen die Feinde durch das offene Burgthor. Gudrun schaute dem Kampfe zu. Oftmals schon 5 hatte sie den jungen König von Seeland gesehen, und er war ihr immer edel und kühn erschienen, heute aber deuchte ihr Herwig, wie er in unwiderstehlicher Siegeskraft alles vor sich niederwarf, schöner nnd herrlicher zu sein, als je vorher, und so leid ihr ihres Vaters Leib und Leben war, sie konnte dem kühnen Freier nicht 10 böse sein. Als aber ihr Vater immer enger umschlossen ward, da konnte sich Gudrun nicht länger halten und rief vom hohen Balkone herab mit flehender Stimme: Lasset ab vom Streite, mein Vater, des roten Herzblutes ist genug um mich geflossen, möge unser stürmischer Nachbar sein Begehren mit Worten 15 sagen und nicht mit also grimmen Schwertschlägen." Da ward Stille im Saal, und die Streiter traten zurück. Herwig aber wandte sich an Gudrun selbst und sprach: „Oft hat man mir gesagt, schöne Jungfrau, ihr wiesset mich zurück, weil ich nicht von so hohem Stamme bin, wie ihr. Doch auch ich bin eines 20 freien Königs Sohn, und wenn meine Herrschaft auch nicht so mächtig ist, wie die eures Vaters, so bedenket, daß schon oft der. Ärmere dem Reicheren zu Glück und Wonne verholfen hat." Da errötete Gudrun und rief: „Wo wäre eine Frau auf Erden, welche einen solchen Freiersmann, der so heldenmütig wirbt, 25 noch hassen und verschmähen könnte? Niemand kann euch holder sein als ich, und wollten die Eltern es vergönnen, so wollte ich gerne auf immer mit euch sein." Da gedachte auch Hettel des Tages, als er selber auf solche Weise um Hilde geworben hatte, und mit lauter Stimme fragte er seine Tochter, ob sie den edlen 30 König Herwig zum Ehegemahl begehre. Freudig antwortete. Gudrun sogleich: „Einen besseren Ritter kann ich nie zum Manne gewinnen!" Da war der Friede geschlossen, und Hettel fügte selbst die Hände des jungen Brautpaares zum ewigen Bunde

zusammen. Aber es sollte noch manchen harten Kampf kosten, ehe sie sich ganz mit Leib und Seele angehörten.

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Nicht lange nachher nämlich erscholl plötzlich die Kunde, der Mohrenkönig Siegfried sei in Seeland eingefallen und verwüste das Land. Da mußte Herwig scheiden und eiligst in sein Reich 5 zurück, und als neue Botschaft kam von seiner großen Bedrängnis, zog auch Hettel auf Gudruns Bitten mit einem stattlichen Heere von elftausend Hegelingen dem Seelandskönig zu Hilfe.

Inzwischen war auch nach Normannenland das Gerücht gedrungen, daß die schöne Gudrun einen andern zum Bräutigam 10 erkoren habe, und daß sie jezt allein mit ihrer Mutter Hilde in der Hofburg sitze. Auf eine solche Gelegenheit hatten der alte Ludwig und sein Sohn Hartmut und besonders die rachsüchtige Gerlind schon lange geharrt. Alsbald sammelten sie ein Kriegsheer und rüsteten eine Flotte, und in kurzem traten wieder 15 Gesandte des Normannenkönigs in die Hofburg der Hegelinge vor die erschreckten Frauen. Noch einmal boten sie in Hartmuts Namen der schönen Gudrun seinen Thron und seine Minne; doch lasse er zugleich entbieten, lieber wolle er sich den Leib in Stücke zerhauen lassen, als daß er ohne Gudrun heimfahre. 20 Wohl erschracken die edlen Frauen; dennoch aber sprach Gudrun die stolzen Worte: „Das sei ferne von mir, daß ich eurem König je zur Seite stehe; Herwig heißt mein angetrauter Herr, und seine Liebe will ich immer mit gleicher Liebe lohnen.“ Als die Boten mit dieser Antwort zu den Normannenkönigen zurückkehr- 25 ten, hießen diese die Banner hochauf schwingen, der Hegelingenburg entgegen. Wohl rief die tapfere Hilde die zurückgebliebenen

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8 Probably understood originally as king of a land somewhere near the North Sea, but in latter times really as king of the Moors. The geographical notions of the compiler of the epic are not always clear. Say, wedded. She calls him such in the epic and he her his wife, although they were only formally betrothed at the time she was carried away by Hartmut.

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Mannen zur Verteidigung zusammen, aber es waren ihrer zu wenige. Troß ihrer heldenmütigen Gegenwehr erlagen sie der Überzahl; treu ihrer Herrin waren sie bis auf den lezten Mann gefallen. Die Normannen drangen in die Burg auf die wehr5 losen Frauen ein. Gudrun und zweiundsechzig ihrer Frauen und Dienerinnen wurden weggeführt, und die Königin Hilde stand allein und verlassen in den rauchenden, blutbesprigten Trümmern der stolzen Königsburg. Lange, lange blickte sie mit weinenden Augen den Schiffen nach, die ihr die Tochter raubten, 10 bis das letzte weiße Segel am fernen Himmel verschwand.

Bald darauf brachte ein Bote dem König Hettel die traurige Kunde. Hettel und Herwig und alle ihre Ritter erschracken gewaltig. Nur der alte, mutige Wate 10 wußte bald zu trösten

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und zu raten. Und wie er geraten, so thaten die Fürsten. 15 Sie schlossen Frieden mit dem Könige aus Mohrenland und eilten noch selbigen Tages nach Hegelingenland zurück. Das war ein trauriges Wiedersehen zwischen Hettel und Hilde; aber jezt war nicht Zeit zum Jammern, es galt nur zu helfen und zu rächen. Schiffe und Waffen waren schnell gerüstet, und bald 20 fuhren die Könige Hettel und Herwig mit ihren Mannen in den hohen Meerschiffen hinter den Feinden drein.

Diese waren inzwischen weit voraus. Doch hatten sie sorglos an einer Insel, die halbwegs zwischen Hegelingen- und Normannenland lag, Halt gemacht. Die Insel hies der Wülpen25 werder 11 oder der Wülpensand. Hier jubelten und schwelgten. sie fröhlich über ihren gelungenen Raubzug, und nur Gudrun und ihre Frauen standen einsam und freundlos und sahen sehnsüchtig über das Meer nach ihrer Heimat zu.

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10 Wate was ruler of a region called Stürmen in the epic and tributary to Hettel. He was an invincible warrior, often described as der alte, alt meaning experienced or wise, as well as old. Supposed to have been an island at the mouths of the Scheldt. Werder, m. -8, -, means island.

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