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Was Robert aus dem Leben trieb, war vielleicht jenes entsezlichste aller Gefühle, wo ein Künstler das Mißverhältnis entdeckt, das zwischen seiner Schöpfungslust und seinem Darstellungsvermögen stattfindet; dieses Bewußtsein der Unkraft ist schon der halbe Tod, und die Hand hilft nur nach, um die Agonie zu verkürzen. Wie brav und herrlich auch die Leistungen Roberts, so waren sie doch gewiß nur blasse Schatten jener blühenden Naturschönheiten, die seiner Seele vorschwebten, und ein geübtes Auge entdeckte leicht ein mühsames Ringen mit dem Stoff, den er nur durch die verzweiflungsvollste Anstrengung bewältigte. Schön und fest sind alle diese Robertschen Bilder, aber die meisten sind nicht frei, es weht darin nicht der unmittelbare Geist: sie sind komponiert. Robert hatte eine

gewisse Ahnung von genialer Größe, und doch war sein Geist gebannt in kleinen Rahmen. Nach dem Charakter seiner Erzeugnisse zu urteilen, sollte man glauben, er sei Enthusiast gewesen für Raffael Sanzio von Urbino, den idealen Schönheitsengel; nein, wie seine Vertrauten versichern, war es vielmehr Michelangelo Buonarotti, der stürmische Titane, der wilde Donnergott des jüngsten Gerichts, für den er schwärmte, den er anbetete. Der wahre Grund seines Todes war der bittere Unmut des Genremalers, der nach großartigster Historienmalerei lechzte — er starb an einer Lakune seines Darstellungsvermögens.

Der Kupferstich von den Fischern, den die Herren Goupil und Rittner jezt ausgestellt haben, ist vortrefflich in Bezug auf das Technische; ein wahres Meisterstück, weit vorzüglicher als der Stich der Schnitter, der vielleicht mit zu großer Hast verfertigt worden. Aber es fehlt ihm der Charakter der Ursprünglichkeit, der uns bei den Schnittern so vollselig entzückt, und der vielleicht dadurch entstand, daß dieses Gemälde aus einer einzigen Anschauung, sei es eine äußere oder innere, gleichviel, hervorgegangen und derselben mit großer Treue nachgebildet ist. Die Fischer hingegen sind zu sehr komponiert, die Figuren sind mühsam zusammengesucht, nebeneinander gestellt, infommodieren sich wechselseitig mehr als sie sich ergänzen, und nur durch die Farbe ist das Verschiedenartige im Originalgemälde ausgeglichen und erhielt das Bild den Schein der Einheit. Im Kupferstich, wo die Farbe, die bunte Vermittelung fehlt, fallen natürlicherweise die äußerlich verbundenen Teile

wieder auseinander, es zeigt sich Verlegenheit und Stückwerk, und das Ganze ist kein Ganzes mehr. Es ist ein Zeichen von Raffaels Größe, sagte mir jüngst ein Kollege, daß seine Gemälde im Kupferstich nichts von ihrer Harmonie verlieren. Ja, selbst in den dürftigsten Nachbildungen, allen Kolorits, wo nicht gar aller Schattierung entkleidet, in ihren nackten Konturen, bewahren die Raffaelschen Werke jene harmonische Macht, die unser Gemüt bewegt. Das kommt daher, weil sie echte Offenbarungen sind, Offenbarungen des Genius, der, eben wie die Natur, schon in den bloßen Umrissen das Vollendete gibt.

Ich will mein Urteil über die Robertschen Fischer resu mieren: es fehlt ihnen die Einheit, und nur die Einzelheiten, namentlich das junge Weib mit dem kranken Kinde, verdienen das höchste Lob. Zur Unterstüßung meines Urteils berufe ich mich auf die Skizze, worin Robert gleichsam seinen ersten Gedanken ausgesprochen; hier in der ursprünglichen Konzeption, herrscht jene Harmonie, die dem ausgeführten Bilde fehlt, und wenn man sie mit diesem vergleicht, merkt man gewiß, wie der Maler seinen Geist lange Zeit gezerrt und abgemüdet haben muß, ehe er das Gemälde in seiner jezigen Gestalt zu stande brachte.

Paul Delaroche. 1)

Paris, 19. Dezember 1841.

Wird sich Guizot halten? Heiliger Gott, hierzulande hält sich niemand auf die Länge, alles wackelt, sogar der Obelisk von Luyor!2) Das ist keine Hyperbel, sondern buchstäbliche Wahrheit; schon seit mehren Monaten geht hier die Rede, der Obelisk stehe nicht fest auf seinem Postament, er schwanke zuweilen hin und her, und eines frühen Morgens werde er den Leuten, die eben vorüberwandeln, auf die Köpfe purzeln. Die Ängstlichen suchen schon jezt, wenn ihr Weg sie über die Place Louis-Quinze führt, sich etwas entfernt zu halten von der fallenden Größe. Die Mutigern lassen sich freilich nicht in ihrem gewöhnlichen Gange stören, weichen keinen Finger breit, können aber doch nicht umhin, im Vorübergehen ein bißchen

1) In der ersten Ausgabe der „Lutetia" der XXXVIII. Korrespondenzartikel. 2) Der kleinere der beiden, von Ramses II. in dem ägyptischen Dorfe Luksor errich teten Obelisken wurde 1831 nach Paris gebracht und dort auf der Place de la Concorde aufgestellt.

hinaufzuschielen, ob der große Stein wirklich nicht wackelmütig geworden. Wie dem auch sei, es ist immer schlimm, wenn das Publikum Zweifel hegt über die Festigkeit der Dinge; mit dem Glauben an ihre Dauer schwindet schon ihre beste Stüße. Wird er sich halten? Jedenfalls glaub' ich, daß er sich die nächste Sizung hindurch halten wird, sowohl der Obelisk als Guizot, der mit jenem eine gewisse Ähnlichkeit hat, z. B. die, daß er ebenfalls nicht auf seinem rechten Plaze steht. Ja, sie stehen beide nicht auf ihrem rechten Plaz, sie sind herausgerissen aus ihrem Zusammenhang, ungestüm verpflanzt in eine unpassende Nachbarschaft. Jener, der Obelisk, stand einst vor den lotosknäufigen Riesensäulen am Eingang des Tempels von Luxor, welcher wie ein kolossaler Sarg aussieht, und die ausgestorbene Weisheit der Vorwelt, getrocknete Königsleichen, einbalsamierten Tod enthält. Neben ihm stand ein Zwillingsbruder von demselben roten Granit und derselben pyramidalischen Gestalt, und ehe man zu diesen beiden gelangte, schritt man durch zwei Reihen Sphinge, stumme Rätseltiere, Bestien mit Menschenköpfen, ägyptische Doktrinäre. In der That, solche Umgebung war für den Obelisken weit geeigneter als die, welche ihm auf der Place Louis-Quinze zu teil ward, dem modernsten Plaß der Welt, dem Plaz, wo eigentlich die moderne Zeit angefangen und von der Vergangenheit gewaltsam abgeschnitten wurde mit frevelhaftem Beil. — Zittert und wackelt vielleicht wirklich der große Obelisk, weil es ihm graut, sich auf solchem gottlosen Boden zu befinden, er, der gleichsam ein steinerner Schweizer in Hieroglyphenlivree Jahrtausende lang Wache hielt vor den heiligen Pforten der Pharaonengräber und des absoluten Mumientums? Jedenfalls steht er dort sehr isoliert, fast komisch isoliert, unter lauter theatralischen Architekturen der Neuzeit, Bildwerken im Rokokogeschmack, Springbrunnen mit vergoldeten Najaden, allegorischen Statuen der französischen Flüsse, deren Piedestal eine Portierloge enthält, in der Mitte zwischen dem Arc de Triomphe, den Tuilerien und der Chambre des Deputés ungefähr wie der sacerdotal tiefsinnige, ägyptisch steife und schweigsame Guizot zwischen dem imperialistisch rohen Soult'), dem merkantilisch

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1) der wenig von Kunst versteht, aber ein großer Liebhaber von Murillos ist, die nichts kosten, heißt es hier noch in der französischen Ausgabe J. G. Humann (1780-1842), seit 1832 französischer Finanzminister.

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flachköpfigen Humann, und dem hohlen Schwäßer, Villemain, der halb voltairisch und halb katholisch angestrichen ist und in jedem Fall einen Strich zu viel hat.

Doch laßt uns Guizot beiseite sehen und nur von dem Obelisken reden; es ist ganz wahr, daß man von seinem baldigen Sturze spricht. Es heißt: im stillen Sonnenbrand am Nil, in seiner heimatlichen Ruhe und Einsamkeit, hätte er noch Jahrtausende aufrecht stehen bleiben können, aber hier in Paris agitierte ihn der beständige Wetterwechsel, die fieberhaft aufreibende, anarchische Atmosphäre, der unaufhörlich wehende feuchtkalte Kleinwind, welcher die Gesundheit weit mehr angreift, als der glühende Samum der Wüste; kurz, die Pariser Luft bekomme ihm schlecht. Der eigentliche Rival des Obelisken von Luror ist noch immer die Colonne Vendome. Steht sie sicher? Ich weiß nicht; aber sie steht auf ihrem rechten Plaze, in Harmonie mit ihrer Umgebung. Sie wurzelt treu im nationalen Boden, und wer sich daran hält, hat eine feste Stüße. Eine ganz feste? Nein, hier in Frankreich steht nichts ganz fest. Schon einmal hat der Sturm das Kapital, den eisernen Kapitalmann, von der Spize der Vendomesäule herabgerissen, und im Fall die Kommunisten ans Regiment kämen, dürfte wohl zum zweiten Male dasselbe sich ereignen, wenn nicht gar die radikale Gleichheitsraserei die Säule selbst zu Boden reißt, damit auch dieses Denkmal und Sinnbild der Ruhmsucht von der Erde schwinde; kein Mensch und Menschenwerk soll über ein bestimmtes Kommunalmaß hervorragen, und der Baukunst ebenso gut wie der epischen Poesie droht der Untergang. "Wozu noch ein Monument für ehrgeizige Völkermörder?“ hörte ich jüngst ausrufen bei Gelegenheit des Modellkonkurses für das Mausoleum des Kaisers; „das kostet das Geld des darbenden Volkes, und wir werden es ja doch zerschlagen, wenn der Tag kommt!')" Ja, der tote Held hätte in Sankt Helena bleiben sollen, und ich will ihm nicht dafür stehen, daß nicht einst sein Grabmal zertrümmert und seine Leiche in den schönen Fluß geschmissen wird, an dessen Ufern er so sentimental ruhen sollte, nämlich in die Seine! Thiers hat ihm als Minister vielleicht keinen großen Dienst geleistet.

1) Dreißig Jahre später, am 15. Mai 1871, wurde von der Kommune die Vendome säule niedergerissen.

Wahrlich, er leistet dem Kaiser einen größern Dienst als Historiker, und ein solideres Monument, als die Vendomesäule und das projektierte Grabmal, errichtet ihm Thiers durch das große Geschichtsbuch, woran er beständig arbeitet, wie sehr ihn auch die politischen Tageswehen in Anspruch nehmen.')

Nur Thiers hat das Zeug dazu, die große Histoire des Napoleon Bonaparte zu schreiben, und er wird sie besser schreiben als diejenigen, die sich dazu besonders berufen glauben, weil sie treue Gefährten des Kaisers waren und sogar beständig mit seiner Person in Berührung standen. Die persönlichen Bekannten eines großen Helden, seine Mitkämpfer, seine Leibdiener, seine Kämmerer, Sekretäre, Adjutanten, vielleicht seine Zeitgenossen überhaupt, sind am wenigsten geeignet seine Geschichte zu schreiben; sie kommen mir manchmal vor wie das kleine Insekt, das auf dem Kopf eines Menschen herumkriecht, ganz eigentlich in der unmittelbarsten Nähe seiner Gedanken verweilt, ihn überall begleitet und doch nie von seinem wahren Leben und der Bedeutung seiner Handlungen das mindeste ahnt.

Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit auf einen Kupferstich aufmerksam zu machen, der in diesem Augenblick bei allen Kunsthändlern ausgehängt ist und den Kaiser darstellt nach einem Gemälde von Delaroche, welches derselbe für Lady Sandwich gemalt hat. Der Maler verfuhr bei diesem Bilde (wie in allen seinen Werken) als Eklektiker, und zur Anfertigung desselben benuzte er zunächst mehre unbekannte Porträte, die sich im Besit der Bonaparteschen Familie befinden, sodann die Maske des Toten, ferner die Details, die ihm über die Eigentümlichkeiten des kaiserlichen Gesichts von einigen Damen mitgeteilt worden, und endlich seine eignen Erinnerungen, da er in seiner Jugend mehrmals den Kaiser gesehen. Mein Urteil

1) In der A. A. 3. heißt es hier weiter: Dieses Werk, wie mir sein Buchhändler versichert, der den größten Teil davon in Händen hatte, ist in der jüngsten Zeit sehr fortgeschritten. Sein Buchhändler ist Herr Dubochet, einer der edelsten und wahrhaftigsten Männer, die ich kenne; die Böswilligkeit wird mir daher einräumen müssen, daß ich nicht aus unlauterer Quelle berichte. Andere glaubwürdige Personen, die in Thiers' Nähe leben, haben versichert, daß er Tag und Nacht mit seinem Buche beschäftigt sei. Ihn selbst habe ich seit seiner Rückkehr aus Deutschland nicht gesehen, aber ich höre ebenfalls mit Frende, daß er durch seinen dortigen Aufenthalt nicht bloß seine historiographischen Zwecke erreicht, sondern auch eine bessere Einsicht in die deutschen Zustände gewonnen habe, als er während seines Ministeriums beurkundete. Mit großer Vorliebe und entschiedenem Respekt spricht er vom deutschen Volke, und die Ansicht, die er von unserm Vaterlande mitgebracht, wird gewiß gedeihlich wirken, gleichviel ob er wieder ans Staatsruder gelangt oder nur den Griffel der Geschichte in der Hand behält. Thiers bereiste Deutschland im Jahre 1840.

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