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ständniß hervorgegangen. Und wie viele Negationen auf dem Gebiete neutestamentlicher Kritik haben ursprünglich irgend eine Schleiermacher'sche Caprice, eine de Wette'sche Nergelei, eine rationalistische Kurzsichtigkeit zur Veranlassung, oder eine fixe Idee von Baur, gemäß der adoptirten Hegel'schen Geschichtsconftruction.

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jezt. 5) Weil die kirchenhistorische Tradition beftimmt zwischen der über Petrus und Paulus verhängten gerichtlichen Exekution und der massenhaften ersten Christenverfolgung unter Nero unterscheidet. 6). Das Zeugniß des römischen Clemens (1 Kor. 5), Paulus sei gekommen ènì tò téqua τns dvσews καὶ μαρτυρήσας ἐπὶ τῶν ἡγουμένων, was, bon Rom ausgestellt, nicht von Rom verstanden werden kann, und was die mit dem Vorsaß des Apostels d. Der Charakter des Apostels. (Röm. 15, 24) übereinstimmende Tradition unterftüßt, Paulus habe nach seiner Freiwerdung Spa„Der Charakter des Apostels spiegelt sich in seinem nien besucht (vgl. m. apoftol. Zeitalter II, S. 386). Werk wie in seinen Briefen und tritt uns entgegen Nach den Indizien der Pastoralbriefe eilte Paulus in den lebensreichen harmonischen Gegensätzen eines nach seiner Befreiung zuerst wieder nach Ephesus, großen apoftolischen Gemüths. Offen in seiner tiefen wo die chriftliche Wahrheit durch die erste Entfaltung Demuth wie der strengfte Büßer (Phil. 3, 6), und der Irrlehre bedroht war. Ob es ihm vergönnt war, ebenso freudig bis zum Jubelruf in seinem weltüberauf dieser Reise Jerusalem wieder zu besuchen, wie windenden Heilsglauben (2 Kor. 12, 10); fest in seidies der Hebräerbrief ankündigt und wie es nach den ner Hingebung an seine Ueberzeugung (Gal. 1, 16), drei Parallelen seiner früheren Missionsreisen nahe und dabei bis zur feinsten gereinigten Weltklugheit lag, ist nicht zu ermitteln. Von Ephesus geht er nach bewußt und besonnen (Apostg. 23, 6 u. 7); begeistert Mazedonien und Griechenland; weiterhin über Troas bis zum reichsten Zungenreden und bis zu visionären, und Milet nach Kreta. Hierauf nach Epirus, wo er ekstatischen Stimmungen (1 Kor. 14, 18; vgl. m. den Winter in Nikopolis zubringt und später den apostol. Zeitalter I, S. 199 ff.) und dennoch raftlos Titus zurückläßt. Darauf wendet er sich dem Abend- praktisch wirksam; spekulativ, tiefsinnig, und zugleich lande zu, dem téqua tŋs dúoews, und wird wahr- allseitig populär und ein Diener der Gemeinde; helscheinlich hier ergriffen und gefangen nach Rom ge- benmüthig stark und freimüthig und nicht minder bracht, bevor er eine bleibende Stiftung in's Leben fast jungfräulich fein in seinem Zartsinn (s. d. Briefe gerufen. Auch Petrus ist unterdeß nach Rom gekom- an die Philipper und an den Philemon); adlerhaft men oder gebracht worden, und beide sterben vereint universell in seinem großen weltumfassenden Blicke hier den Martyrtod (nach Clemens von Rom, Fre- und Werke, und nichts desto weniger in seiner Umnäus, Tertullian 2.; s. d. Art. Petrus in Herzogs sicht und Seelsorge auf das Einzelnfte bedacht; ein Real-Encyklopädie). Die römische Kirche feiert den imperatorisch gebietender Charakter, und doch der Todestag Petri und Pauli vereint am 29. Juni.“ dienstwillige Diener der Gemeinde; ein rabbinisch Bemerkungen: 1) Ueber die Verhandlungen gebildeter Theologe und derselbe ein bescheidener für und gegen die zweite Gefangenschaft des Paulus Handwerksgeselle; brennend in seiner Liebe zum s. Winer II, S. 221. Für dieselbe spricht auch die Herrn und zu seinen Brüdern, und eben darum Schrift von Ruffet: Saint Paul. Sa double heroisch stark in seinem sittlich strafenden Unwillen; captivité. Paris, Meyrueis et C. 1860.- Hierher gehört: Gams, das Jahr des Martyrtodes der Apostel Petrus und Paulus, Regensburg 1867. Nach dem Verfaffer wäre Petrus zu Rom Martyrer geworden im Jahr 65, Paulus im Jahr 67.

ein großer Jude, erfüllt von tragischem Gefühl für das Judenvolk (Röm. 9, 2 ff.; vgl. 2 Kor. 12, 7), und gerade als solcher der furchtbarste Feind alles alten und neuen Pharisäismus; der verhaßteste unter den Aposteln und auch der populärste; am meisten mißverstanden und mißdeutet (Antinomisten, Marcion, Baulicianer 2c.), und hinwiederum am meisten erforscht und gedeutet so hat er das großartigste Heldenleben entfaltet, das die Welt nicht beugen und beherrschen konnte, wohl aber Chriftus mit einem Wunderbliße seiner herrlichen Offenbarung.

2) Weiteres über die Nothwendigkeit, eine zweite Gefangenschaft des Paulus anzunehmen, f. in dem Bibelwerk: Die Paftoralbriefe, 2. Aufl. S. 5 ff. Woselbft auch die einschlägige Literatur S. 6 u. S. 8 u. 9. M. apoftol. Zeitalter II, S. 386. Kritische Vorurtheile wälzen sich oft lavinenartig weiter, ohne daß sich ein klares Bewußtsein um die ursprünglichen In Betreff der apostolischen Stellung des Paulus Impulse oder Gründe erhält; obschon solche Gründe, | find besonders zwei Punkte zu beachten. Zuerst die manchmal aus ursprünglichen Mißverständnissen Thatsache, daß er nicht zu den Aposteln der ersten hervorgegangen, oft im Laufe der Zeit ihre schein- Grundlegung des Christenthums gehörte, daß ihm bare Bedeutsamkeit immer mehr verloren haben. So aber das Apostolat der ersten historischen Fortentwickift z. B. die Kritik gegen die Authentie des zweiten lung des Christenthums, die universalistische EntTheiles des Sacharja offenbar aus einem Mißver- | schränkung desselben anvertraut war (s. m. apoftol.

Zeitalter I, S. 366). Daher ist er im besonderen Es wäre aber ein großes Mißverständniß, wenn Sinne zum Apostel der Reformation geworden für | man sich diesen Typus als einen Synkretismus der alle Folgezeiten der Kirche, und zu dem bestimmtesten judaifirenden Geseßlichkeit und der paulinischen FreiLeiter der evangelischen Reformation. Der große | heit denken wollte. Die höhere Synthese der wahren Gegensatz aber, welchen das paulinische Apostolat | petrinischen und der wahren paulinischen Theologie gegen alle gesetzliche Veräußerlichung und Erstarrung | kann nur in der tieferen ideellen Entfaltung der Ofdes Christenthums bildet, ist zweitens auch in seiner fenbarung und des Gesetzes des Geistes liegen, welche Berufung ausgesprochen. Er war keiner von den | Johannes vollzogen hat.

historischen Jüngern, Zeugen und Berufenen des Die reiche Literatur, betreffend den Apostel Pauhistorischen Christus; kein Mitglied des von Chriftus | lus und seine Theologie, findet man verzeichnet in während seiner Wallfahrt geordneten Apostelcollegi- Walch. Bibl. theol. IV, p. 662 sqq.; Lilienthal, ums. Von dem auferstandenen Herrn in einer himm- | bibl. Archivarius (Königsb. 1745), S. 358 ff.; bei lischen Erscheinung niedergeworfen als Feind, rich- Winer, Handbuch der theolog. Literatur I, S. 252 ff.; tete er sich auf als Glaubenszeuge und apostolischer | S. 294 und 567; Supplement S. 39; Danz UniJünger zugleich, und fand seine apostolische Beglau- | versalwörterbuch der theolog. Literatur S. 740 ff.; bigung nur in himmlischen Stimmen aus der Ge- Supplement S. 30; in den bekannten Einleitungsmeinde (Apoftg. 8, 15), in seinen Visionen (Apoftg. schriften zum Neuen Testament, sowie in den betref= 22, 21), in der Sendung der Muttergemeinde der fenden Commentaren. Außerdem s. m. Hertwig, Heidenkirche, Antiochien, in den lebendigen Briefen, Tabellen zur Einleitung in's Neue Testament, Berwelche der Heilige Geist für ihn ausstellte mit der lin 1855, S. 29. Ebenso sind die Schriften über das Stiftung lebensreicher Kirchen (2 Kor. 3, 2 ff.) und | apostolische Zeitalter zu vergleichen: Neander, Schaff, in der entschiedenen Anerkennung der ersten Apostel Thiersch, Lange, Lechler, Ritschl, Ewald; ferner komdes Herrn (Apoftg. 15; Gal. 2). Für eine große men hierher die bekannten Schriften über die bibl. Anzahl legitimistischer Judenchriften blieb sein Apo- Theologie des Neuen Testaments. Ueber das Werk ftolat zweifelhaft, die strengsten Judenchristen ver- | von Baur, der Apostel Paulus, ist namentlich das warfen daffelbe und verfolgten ihn, die späteren angeführte Werk von Lechler zu vergleichen. Von den Ebioniten belegten sein Gedächtniß mit der Schmach vielen vorwaltend praktischen Schriften über den Apoeines Irrlehrers und Kezers. Den gleichen Ton hat stel Paulus erwähnen wir: Menken, Blicke in das neuerdings ein Judenchrist (Pick) wenigstens ange- | Leben des Apostels Paulus und der ersten Christenschlagen, und auch das mittelalterliche Gesetzeschriften- gemeinden (Bremen 1828); Monob, der Apostel Pau-> thum hat bei den höchsten Ehrenbezeugungen für den | lus. Fünf Reden (2. Aufl., deutsch. Elberfeld 1858). Namen des Paulus die Lehre desselben in den Grund- | Naumann, Paulus. Die ersten Siege des Chriftensäßen der Reformation, in der Gestalt des Jansenis- | thums. Leipzig, Teubner. Auch durch Lieder, Gemus, in der Geschichte von Port-Royal und vielen dichte und Dramen ist das Leben des großen Apostels anderen in aller Weise verfolgt. Auch in der evan- | verherrlicht worden. gelischen Kirche gibt es ein geseßliches Hochkirchen

Bemerkungen: 1) Zur Literatur gehört noch: thum, welches nach seinem Legitimismus und Lega- Der Apostel Paulus von Hemsen, Hilgenfeld, Schra-lismus schon im Allgemeinen mit den Prinzipien | der 2c. Ebenso: Paulus und Jesus, eine AbhandTMdes Christenthums, am entschiedensten aber mit dem lung von Paret, in den Jahrbüchern für deutsche Apoftolat und der Lehre des Paulus zerfallen ist. Theologie, 3. Bd., 1. Heft. Besser, Paulus in zehn Auf der anderen Seite aber hat sich daher auch der Betrachtungen nach der Heiligen Schrift gezeichnet. Antinomismus aller chriftlichen Zeiten auf das Miß- | Leipzig 1861. M. Kähler, Paulus der Jünger und verständniß und die Mißdeutung seiner Lehren ge- Bote Jesu von Nazareth. Ein Lebens- und Charakstüßt. Zwischendurch aber geht der mächtige Strom | terbild, Halle 1862. Oswald, das Missionswerk

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der lauteren Segenswirkungen, welche der Herr mit des Apostels Paulus, 2. Aufl. Stuttgart 1864.seinem Geist auf das Zeugniß des großen Heiden- Neuere Schrift im Sinne der jeßigen Heidelberger apostels gelegt hat und legen wird bis zum Ende der Zeitrichtung: Hausrath, der Apostel Paulus, HeidelTage. Und so wird er seine Stellung neben den an- | berg 1865.

deren Aposteln in der Kirche Chrifti einnehmen und 2) Die Natureigenthümlichkeit des Apostels, sein behaupten; obschon die Construction Schellings eine Temperament, muß wohl als ein hohes Ebenmaß gewiffe Wahrheit haben mag, daß nach dem vorwal- | verschiedener Temperamente und Gaben in genialer tenden Typus der Kirchen auf die petrinische Kirche Fülle und Kraft, beseelt von einer ganz heroischen des Mittelalters die paulinische des Proteftantismus | Gemüthsenergie und Lebendigkeit bezeichnet werden. gefolgt sei, und daß hierauf die Vollendung in einer In Folge dieser energischen Lebendigkeit kann derKirche des johanneischen Typus erscheinen werde. selbe Mann sich immer gleich und treu bleiben und

doch Allen Alles werden, und bald in diesem, bald | Laodicenerbriefes vergl. mein apostol. Zeitalter I, in jenem Pol seiner wunderbaren Begabung stehen S. 205.“ und aufleuchten; bald als Ekstatiker, bald als Prak- Bemerkungen: 1) Zu vergleichen sind die betiker, bald an die Beschaulichkeit eines Johannes, treffenden Bibelwerke an den betreffenden Stellen. bald an die feurige Thatkraft eines Petrus erinnernd; 2) Herr Dr. Schenkel hat in der Abtheilung des bald lyrisch bewegt in seinem Styl, bald dialektisch Bibelwerks: Epheser, Philipper, Koloffer S. 7 nach scharf bis zur subtilsten Distinktion; bei einem tra- | mehreren Anderen (Schulz, Schneckenburger, Schott, gischen nationalen Leid um sein Volk im Herzen, Wiggers, Thiersch, Reuß, Meyer) angenommen, worin sich der Naturgrund der Melancholie spiegelt | daß die Briefe an die Epheser und an die Kolosser und verklärt, zu fröhlichen Stimmungen erregbar wie [also auch an den Philemon] in der Gefangenschaft ein Kind, oder vielmehr wie ein Mann in Christo, in | des Paulus zu Cäsarea geschrieben seien. Das Hauptwelchem der frischeste sanguinische Zug Gott geheiligt argument soll in den Verhältnissen des seinem Herrn ist. Und wie kann er schelten in geweihtem Zorn- | entlaufenen Sklaven Onesimus liegen. Onesimus, muth! Hätte man unter Phlegma eine gefühllose Art | heißt es, habe leichter von Kolofsä nach dem naheund Langsamkeit des Geistes zu verstehen, so würde liegenden Cäsarea, als nach dem weit entlegenen Rom sein Temperament keine Spur davon verrathen; entlaufen können. Wäre dies ein wirkliches Arguverstehen wir darunter aber die Naturanlage ruhiger | ment, so müßte man fragen, weshalb denn OnesiBeharrlichkeit, zäher Consequenz, so sehen wir, wie mus nicht nach noch viel näher liegenden Orten enter auch nach dieser Seite begabt ist. Seine Gaben flohen sei. Man kann sich wohl denken, daß ein Sklave aber bedingen und temperiren sich als Charismata in Kolossä einen stärkeren Zug empfand, nach der Mein seiner Person, wie er nach 1 Kor. 12 verlangt, tropole der Welt, der Zuflucht aller Glücksritter und daß sich die einzelnen Charismata bedingen und zu- | Abenteurer zu entlaufen, als nach Cäsarea. Außersammenschließen sollen in der Gemeinde.

§. 3.

Die Briefe des Paulus.

a. Nach ihrer historischen Folge.

dem käme bei einer wirklichen Seefahrt eine etwas größere oder geringere Distanz sehr wenig in Betracht. Es ist einem deutschen Flüchtling leichter, zur See nach Amerika zu flüchten als auf dem Landwege nach Spanien, und ist er erst auf der See, so hat am Ende auch eine Seitenfahrt nach der spanischen oder

„Abgesehen von dem Schreiben des Apostel-Con- | afrikanischen Küste ebenso viel zu bedeuten, als die cils um das Jahr 53 find die beiden Theffalonicher- Fahrt auf der Hauptroute nach Amerika. BemerkunBriefe die ältesten neutestamentlichen Briefe, ge- gen über die etwa größeren Kosten der Reise nach schrieben nämlich von Korinth aus im Jahre 54 oder Rom, über die wahrscheinlich größere Strenge in 55, nicht lange nach der Gründung der Gemeinde zu Rom sind ebenso gewichtlos, wie das ganze ArguThessalonich und in Folge chiliaftischer Aufregung ment selbst. Es soll aber dann besonders folgender derselben auf der zweiten Missionsreise des Apostels. Umstand entscheidend sein. „Hätte Tychikus nach der Der Brief an die Galater entstand um 56-57 in gewöhnlichen Annahme mit Onesimus von Rom aus Ephesus auf der dritten Missionsreise; die beiden die Reise nach Kolossä gemacht, so hätten die beiden Korintherbriefe schrieb Paulus von Ephesus und Reisenden zuerst in Ephesus eintreffen müssen. Nun Mazedonien aus etwa um das Jahr 58; bald darauf | aber geschieht Ephes. 6, 21, wo Tychikus den Epheden Brief an die Römer von Korinth aus um das sern empfohlen wird, des Onesimus von Seiten des Jahr 59. Zwischen die Jahre 62—64 fallen die | Apostels keine Erwähnung. Dagen wird derselbe Briefe an die Epheser, Kolosser und an Philemon, und zwar etwas früher; in die lezte Zeit der Brief an die Philipper; noch etwas später ging der Hebräerbrief aus der Begleitung des Paulus hervor, ungefähr gleichzeitig mit dem Evangelium des Lukas und der Apostelgeschichte. Zwischen 64 und 66 fällt der erste Brief an den Timotheus und der Brief an den Titus, d. h. in die Zwischenzeit zwischen der ersten und der zweiten Gefangenschaft. Der letzte der paulinischen Briefe, der zweite an den Timotheus, fällt etwa in das Jahr 67.

Ueber die Unhaltbarkeit der Annahme eines drits ten Briefes des Apostels an die Korinther, sowie eines von dem Briefe an die Epheser verschiedenen

Kol. 4, 9 erwähnt und herzlich empfohlen.“ Das Leßtere erklärt sich einfach. Der arme Onesimus war in Kolofsä zu Hause, und mußte nun als Christ von der Gemeinde recipirt werden. Dadurch_bedurfte er allerdings der Empfehlung des Apostels. Aber wozu hätte eine Empfehlung des kolossäischen Sklaven bei der ephesinischen Gemeinde, dem ohnehin Tychikus persönlich überall bei Christen zur Empfehlung gereichte, dienen sollen! Für die Gemeinde von Ephesus hatte Onesimus gar keine Bedeutung. Halten wir nun vollends fest, was freilich Dr. Schenkel in Abrede stellt, daß der Brief an die Epheser ein encyklisches Schreiben war, an die später bestimmt als Cyklus hervortretenden kleinasiatischen

Gemeinden, so wird die wunderliche Forderung, gensatz gegen dogmatische Trübungen und SpaltunOnesimus habe den sieben Gemeinden überall müssen gen. Der Philipperbrief hat einen christologischvorgestellt werden, noch bedeutend wunderlicher. pastoralen und vorwaltend ethischen Charakter, Bei dem ersten Argument vermißten wir alle Witte- in sofern der Apostel die Lieblingsgemeinde Philippi rung der Seeluft, bei dem zweiten fehlt es an aller vorzugsweise zur Mitgehülfin seines apoftolischen Witterung eines apostolischen Dekorums. Außer- | Amtes macht, und ihr das Leben Christi zum Vordem möchte es wohl schwer zu erhärten sein, daß der bilde macht für ihre ethische Vollendung. Der Weg von Cäsarea über Kolofsä nach Ephesus habe Brief an den Philemon ist schon ein entschiedenes gehen müssen und nicht umgekehrt, wenn man nur Pastorale mit spezieller Beziehung auf die Seelirgend die Vortheile der Seewege beachten will. sorge. Von den eigentlichen drei Past o r al briefen Unter den von Guerike S. 334 für die Abfassung gilt der erste an den Timotheus, sowie der Brief der genannten Briefe in Rom angegebenen Gründen an den Titus, vorzugsweise der apoftolischen Norwollen wir nur einen anführen. Der Apostel hatte mirung der pastoralen Kirchenleitung, der vor seiner Gefangennehmung Röm. 1, 10 den Rö- zweite Timotheusbrief vorzugsweise der apostolimern angekündigt, er sei jeßt im Begriff, zu ihnen |schen Normirung des pastoralen Wandels und zu kommen; sollte er dieses wiederholte Verspre- Berufs."

chen in Cäsarea sich schon bald unter trügerischer Bemerkungen: 1) Die spezifischen, alles EinHoffnung auf baldigste Befreiung aus dem Sinnzelne beherrschenden Grundgedanken der paulinigeschlagen haben, und dagegen sich bei den Koloffern | schen Briefe (wie überhaupt der biblischen Schriften) (Philem. 22) die Herberge bestellen? Für uns liegt werden noch vielfach in hohem Grade vernachlässigt Übrigens das Hauptgewicht in der weit vorgerückten zum Schaden einer wahrhaft organisch-anatomischen, Entwicklung der kleinastatischen Gemeinden, sowohl synthetisch-analytischen Exegese. Nicht genug, daß im Schlimmen wie im Guten, die sich in unsern | man vielfach diese Schriften für todte Objekte hält; Briefen spiegelt. Eine solche Entwicklung setzt eher man anatomirt sie denn auch noch oft in die Kreuz einen Verlauf von 3 bis 4 Jahren voraus, als eine und Quere, als ob fie ohne alle gesetzmäßige Gliedefurze Zeit. rung wären.

b. Nach ihrem Inhalt.

2) Dr. Baur verwundert sich nicht nur öfter, wenn ein neuer paulinischer Brief auch etwas Neues ent

„Jeder Brief des Apostels trägt die Signatur hält; er macht diesen Punkt auch wohl zu einem einer historischen Veranlassung, durch welche der In- | Mittel der Verdächtigung.

c. Nach ihrer Beglaubigung.

lichen Kanons bis auf Hieronymus (Zürich 1842) gesammelt hat, und wie sie in den Einleitungsschriften von Credner, Guerike u. A., sowie in den betreffenden Commentaren verhandelt sind."

Ueber die Pseudepigraphie, welche sich an den Namen des Paulus gehängt, s. Winer'II, S. 222.

halt desselben bestimmt ist. Weil die Gemeinde zu Theffalonich unter ihren Verfolgungen in eine chiliastische Aufregung gerieth, so find die betreffenden Ueber die Beglaubigungen der paulinischen Briefe Briefe von eschatologischem Charakter. Der Ga- | durch die kirchenhistorischen Zeugnisse vergl. man die laterbrief ist vorwaltend soteriologisch im Gegen- | neuteftamentliche Stelle 2 Petr. 3, 15 und die Zeugsaß der Gerechtigkeit des Glaubens gegen die judai- niffe der Väter, wie sie Kirchhofer in seiner Schrift: ftische Gerechtigkeit aus den Werken, die von den Quellensammlung zur Geschichte des neutestamentgalatischen Irrlehrern getrieben wurde; der Römerbrief ist soteriologisch in dem allgemeineren Gegensaß der Gnade und der Glaubensgerechtigkeit zu dem allgemeinen Verderben mit Beziehung auf wechselseitige Selbstüberhebungen der Heibenchristen und Judenchriften. Die Korintherbriefe haben den ecclesiastischen Charakter, indem der erste Brief Besonders gehört hieher die erdichtete Corresponvorzugsweise polemisch die wahre Gemeinde zeich- denz zwischen Paulus und dem Philosophen Seneka, net, der zweite vorzugsweise apologetisch das abgedruckt in der Apokryphen Sammlung von wahre Amt; wie diese beiden Momente veranlaßt Fabricius II, S. 880 ff. Ferner ein erdichteter find durch die Trübungen des korinthischen Gemein- dritter Brief des Apostels an die Korinther, erdichtet delebens und die Angriffe auf das Amt des Paulus. zum Ersaß des vermeintlich verloren gegangenen Die Briefe an die Koloffer und an die Epheser ha- (s. mein apostol. Zeitalter I, S. 205), verbunden mit ben entschieden ein christologisches Gepräge; der einem erdichteten Briefe der Korinther an Paulus, erstere stellt vorwaltend die vorzeitliche einzige also aus einem Mißverständniß hervorgegangen Mittlerschaft und Herrlichkeit Chrifti gegen die ko= (f. de Wette, Einl. S. 271). Ebenso ist aus einem lossischen Irrlehrer feft; der lettere seine vorwaltend | Mißverständniß, der Vorausseßung eines besonderen nachhistorische Erhabenheit über Alles im Ge- Laodicenerbriefes, nach Kol. 4, 16, unter welchem

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wir den bis nach Laodicea, der letzten Gemeinde des solcher Schleiermacherianer mußte natürlich, nachephefinischen Cyklus, gelangten Epheserbrief verste- dem er Hegelianer geworden war, mit dem gleichen hen, ein erdichteter Laodicenerbrief hervorgegangen unfreien Aberglauben an die Wissenschaft und mit (s. m. apoft. Zeitalter II, S. 211). Auch einen Brief dem gleichen Mangel an Sinn für die Eigenthüman die Philipper wollen einzelne Exegeten vermissen lichkeit des Objekts die evangelische und apoftolische (de Wette S. 271). Vgl. den Art. in Herzogs Real- Geschichte nach der Hegelschen falschen Vorstellung Encyklopädie: „Pseudepigraphen des Neuen Tefta- von der Entwicklung des Lebens und der Geschichte ments“. Hier sind außerdem die falschen Acta an- auf seine Ebionitenhypothese abziehen. Von einer geführt, welche man dem Paulus angedichtet hat: Unterscheidung der verschiedenen Begriffe von UnActa Petri et Pauli; Acta Pauli et Theclae. vollkommenheit und Vollkommenheit, von einer wahDie Ebioniten haben zudem das Bild des Apostels ren Würdigung originaler neuer geschichtlicher PrinPaulus in der gehässigften Weise entstellt, und zu dem zipien und Faktoren konnte dabei nicht die Rede sein. Bilde eines Häresiarchen gestempelt (s. Neander, Kir-Seine Hingebung aber war nur noch eine halbe, so chengesch. 3. Aufl. I, 198). lange er sich nicht überhaupt in die pantheistische Welt

um diese nach der Vorausseßung, daß Wunder unmöglich seien, zu richten. Am Ende mußte dann freilich seine Superftition, die er von Schleiermacher auf Hegel übertragen hatte, ihn in dem Glauben an die Unfehlbarkeit seiner eignen Wissenschaft und sei

Anhang. Die Kritik der Baur'schen Schule be- | anschauung Hegels versenkt hatte, oder genauer, fie ruht im Wesentlichen auf zwei Voraussetzungen, mit | schien eine halbe, so lange er nicht mit Strauß und denen der Urheber sich von der christlichen Weltan= | seiner Schule diese Weltanschauung auf die evangelischauung abgewandt und dagegen einem pantheisti-sche Geschichte und ihre Zeugen angewendet hatte, schen philosophischen System in die Arme geworfen hat. Offenbar hat von Baur den Mangel an Ehrfurcht für die Zeugen und den Geist der Offenbarung durch eine superstitiöse Hingebung an die Meifter der Wissenschaft reichlich zu ersetzen vermeint; und seine Erfolge sind ihm dadurch erleichtert wor- | ner Schule gefangen nehmen. den, daß man über der großen Gelehrsamkeit und Daß mit einer solchen Gebundenheit vom Geiste dem grübelnden Scharfsinn, oder über der großen der Schulfuperftition, welche sich allmählich zum FaSchulweisheit des Mannes seine noch größere Ur- natismus freigerte, eine große Urtheilslosigkeit getheilslosigkeit") gegenüber den Phänomenen des Le- genüber dem Leben correspondiren mußte, liegt auf bens zu sehr übersehen, daß man hinter der Gravität der Hand. Wir übergehen das erste Anzeichen derseiner Forschung und Methode seine frivole Mißach- selben; der Glaube ist nicht Jedermanns Ding. Von tung nicht nur des religiösen, sondern auch des fitt- religiöser Urtheilslosigkeit soll also nicht die Nede lichen Geistes der biblischen Schriften zu wenig be- | sein: nur von wissenschaftlicher zunächst, sodann von merkt hat. Was jene Superstition für die Wissen-fittlicher. schaft betrifft, so signalisirte sie sich bereits durch seine Was die wissenschaftliche Würdigung der objektiSymbolik und Mythologie, welche er noch als ven Thatsache anlangt, so fragen wir noch einmal: Schleiermacherianer in den Jahren 1824-25 her- Wie kann man eine Mythologie schreiben nach der ausgab. Wem hätte es wohl außer ihm einfallen Eintheilung der Schleiermacherschen Dogmatik? können, eine solche historische Arbeit nach der Schleier- Ferner, wie kann man eine Geschichte der chriftlichen macher'schen Dogmatik einzutheilen und also auf den Gnosis schreiben und einen unerhörten Sprung magrundlegenden Theil in der ersten Abtheilung der chen von den alten Gnostikern aus über das ganze Ausführung „das reine und allgemeine Abhängig= | Mittelalter hinweg bis auf Jakob Böhm, wobei sokeitsgefühl“, in der zweiten dann „den im religiösen gar der Manichäismus und auch Augustinus nur Bewußtsein geseßten Gegensaß“ zu beschreiben. Ein

*) Dieselbe Urtheilslosigkeit in den wesentlichen Lebensfra: gen tritt auch wieder hervor in den jüngst erschienenen Vor: lesungen von Baur über neutestamentliche Theologie (Leipzig, 1864). Hier fragt Baur, S. 36: „Woher weiß man aber vors aus schon, daß es innerhalb einer solchen Entwicklung (der

apostolischen Lehre) zu keinen Gegensäßen kommen kann? Of fenbar vermengt er die Vorstellung der Erforschung eines Ge: genstandes mit der Vorstellung von der Darstellung desselben. Woher weiß ein Geschichtschreiber, welcher die Reformation darstellt, voraus schon, daß die Reformation gut war? Ant:

wort: Aus der Forschung, welche der Darstellung vorausging.

leise gestreift werden? Wie kann man eine Geschichte der Versöhnungslehre schreiben, deren Entwicklung ihren Anfangspunkt haben soll im gnostischen Dualismus und die dem entsprechend ihren Zielpunkt haben soll im Hegelschen System? Kann man das freilich erft, so kann man dann allerdings auch die Geschichte der Lehre von der Dreieinigkeit wie von der Menschwerdung Gottes in Hegel münden lassen. Aber auch bei einer solchen dogmatischen Voreingenommenheit sollte man doch nicht in das sachliche Mißgeschick verfallen, eine Geschichte der chriftlichen Dogmen zu

Auch hier vermengt Baur nach Hegelscher Weise: die Beschreiben und dabei den Manichäismus aus dem griffe: Gegensaß und Widerspruch.

Spiele zu lassen. Ist dies erst möglich, so ist es auch

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