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ist schlecht, bedeutet keineswegs, Räuberei ist (in ihren Folgen) schädlich, sondern: sie ist, wie eine unergründliche, wohl von Gott herrührende Stimme im Menschen verkündet, tadelnswerth.

Nicht anders verhält es sich mit den ,,guten" Handlungen. Wohlthätigkeit ist gut, besagt: sie wird von dem mysteriösen Bewusstsein für eine löbliche, jedem gebotene Handlungsweise erklärt. Daneben ist sie (in ihren Folgen) nützlich, nämlich für den, an welchem sie geübt wird.

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Psychologisch betrachtet haben also die Metaphysiker Recht: die Handlungen bestehen nicht blos aus ihren Folgen. Besonders lebhaft wird dies von Whewell hervorgehoben: Meint ihr das Nämliche, fragt derselbe, wenn ihr eine Handlung gut und wenn ihr sie nützlich nennt? Die Frage ist nicht, ob gute Handlungen nützlich sind das wollen wir als ausgemacht annehmen sondern ob das Prädikat gut nicht etwas Anderes besagt, als: die Handlung ist nützlich. Die Begriffe gut, löblich erklärt man keinem befriedigend durch einen Hinweis auf die Folgen der Handlungen. Der Mord ist verderblich für die Gesellschaft, aber er ist auch nichtswürdig (wicked; Vorr. zu Mackintosh, progr. of eth. philosophy).

Dieser Aussage des individuellen Bewusstseins nun aber zum Trotz ist den Handlungen ursprünglich ihrer Folgen wegen das Urtheil angehängt. Um seiner schädlichen Folgen und nur um dieser willen ist der Mord, historisch betrachtet, einst getadelt, mit Leid bedroht worden. Wie man gegen das überfluthende Meer Deiche aufwirft, so errichtete man gegen den überfluthenden Egoismus der Menschen Leidandrohungen. Beides aus demselben Motiv: aus Nützlich

keitsrücksichten.

Den später Geborenen aber entgeht eben

dies ursprüngliche, nur historisch auffindbare Motiv des Tadels. Ihrer bemächtigt sich blos das Urtheil selbst: Mord ist verwerflich; und da dies Urtheil schon als Nebenbedeutung des Wortes Mord in das Bewusstsein dringt; da es, durch jeden Eindruck bestätigt, den Charakter der Selbstverständlichkeit erlangt, so ist ihnen Mord eben tadelnswerth, weil er durch ein unabweisbares Bewusstsein für tadelnswerth erklärt wird. Es sei ein Zusammenhang zwischen diesem Ausspruch ihres Bewusstseins und dem Umstand, dass Mord verderblich für die Gesellschaft ist, die Behauptung muss den später Geborenen fremd, also falsch klingen. Sie haben den Zusammenhang, um mich eines Kinder-Schulausdrucks zu bedienen, nicht gehabt". Ihnen ist die Verderblichkeit des Mordes ein Faktum, und die Thatsache, dass ihr Bewusstsein den Mord verdammt, ein zweites, vom ersteren unabhängiges Faktum.

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Ebenso werden Raub, Betrug, Diebstahl, obgleich ursprünglich ihrer Folgen wegen getadelt, dem Individuum an sich tadelnswerthe Handlungen (d. h. darum tadelnswerthe, weil ein Bewusstsein in ihm sie verwirft).

Andererseits gestalten sich Barmherzigkeit, Feindesliebe dem individuellen Bewusstsein so zu an sich guten, löblichen Gesinnungen.

Whewell und die übrigen Philosophen haben das Unglück gehabt, sich in das Bewusstsein des einzelnen Menschen wie in eine Sackgasse zu verrennen. Von diesem mussten sie zur Geschichte der Menschheit übergehen, um die Gründe zu entdecken, aus welchen ursprünglich Mord und verwandte Handlungen mit dem Tadel vermählt worden sind, und das

Wohlwollen mit dem Lob. Es ist kein Zufall, dass die an sich tadelnswerthen, schlechten Handlungen das gemeinsame Merkmal haben, Andern nachtheilig, schlecht zu sein, und dass die an sich guten Handlungen zugleich für Andere gut sind.

Das Räthselhafte der sittlichen Urtheile verschwindet also, wenn man die Unterscheidung zwischen Gattung und Individuum auf sie anwendet. Denn ihre Räthselhaftigkeit besteht blos darin, dass sie scheinbar grundlos sic volo,

sic jubeo aus dem Bewusstsein quellen. Der Satz:,,Mord ist, nach Aussage eines Bewusstseins in mir, zu tadeln" klingt geheimnissvoll, kann, so scheint es, nur übersinnlich gedeutet werden. Das geschichtlich entstandene Urtheil dagegen: „der Mord ist seiner Schädlichkeit wegen (etwa wie ein schädliches Klima) zu tadeln" entbehrt des Geheimnissvollen. Nun ist ja aber das Urtheil, welches im Bewusstsein so räthselhaft und selbstherrlich dasteht, nichts anderes als die verstümmelte Ueberlieferung des in der Gattung entstandenen Urtheils.

Offenbar kann dem Bewusstsein, wenn dasselbe nur in entsprechender Weise zubereitet wird, jede beliebige Handlung,,an sich löblich" oder ,,an sich tadelnswerth" erscheinen. Uns ist die Barmherzigkeit,,an sich lobenswerth", einem Zögling der niederen Kulturstufen die Rache. Denn seinem Bewusstsein wird das Lob der Rache schon als Nebenbedeutung des Wortes einverleibt. Ihm würde es daher schwer fallen, das Urtheil des Lobes auch nur in Gedanken von der Rache abzutrennen. Der Begriff kommt ihm ohne diese Nebenbedeutung verstümmelt vor. Selbstverständlich ist ihm, dass überall in der Welt, wo Menschen Rache neh

men, ihr eigenes Bewusstsein, dasjenige aller übrigen Menschen und die Gottheit selbst Beifall spendet.

Wann und von welchen Bedürfnissen das Lob der Rache geprägt worden ist, bleibt noch dahingestellt (cf. § 30).

Statt der Ausdrücke löblich und tadelnswerth werden oft die Wendungen,,so soll oder soll nicht gehandelt werden" gebraucht. Ihnen ist deutlich anzusehen, dass die Gebote ursprünglich bestimmter Zwecke wegen kreirt worden sind. Denn offenbar hat man nicht ins Blaue hinein das „,sie sollen gethan werden" mit den einen Handlungen, das „,sie sollen nicht gethan werden" mit andern verknüpft, sondern ein Weshalb, Gründe drängten dazu. Dem später Geborenen aber entziehen sich, wie wir eben gezeigt haben, die Gründe der Urtheilskreirung, während ihm der Imperativ selbst,,so soll gehandelt werden" in früher Kindheit schon mit der Vorstellung der Barmherzigkeit, der Nächstenliebe vereint wird, und der Imperativ,,so soll nicht gehandelt werden" mit der Vorstellung der Betrügerei, des Raubes. Danach erscheint ihm denn sein so gestaltetes Wissen als der letzte, geheimnissvolle Grund, weshalb er die einen Handlungen thun, die andern lassen soll. Er soll nicht morden, weil aus seinem Bewusstsein das Verbot ertönt: Du sollst nicht morden.

Imperative, welche auf Grund ihres geheimnissvollen Daseins im Menschen Achtung, Gehorsam erheischen, sind kategorische Imperative. Ihren Gegensatz bilden die hypothetischen Imperative. Diese sind irgend einem Zweck, den man erreichen will, untergeordnet. Um des Zweckes willen sind sie da. Sie verlangen nur, dass man so, wie es zur Erreichung des Zweckes dienlich ist, handele. Liebe deine

Mitmenschen, wenn du zu ihrem Glück beitragen willst, ist ein hypothetischer Imperativ. Liebe deine Mitmenschen, beglücke sie sind kategorische Imperative. Jener ist einem Zweck untergeordnet. Auf diese hat man nicht behufs der Erreichung irgend eines Zwecks zu hören, sondern deshalb, wie gesagt, weil sie nun im Bewusstsein einmal mysteriöserweise thronen. Sie sind autonom, selbstherrlich (sic volo, sic jubeo) und wurzeln, meint man, im Intelligibelen, im Ding an sich.

Letzteres ist, wie wir gesehen haben, nicht der Fall. Die kategorischen Imperative sind, historisch betrachtet, hypothetische Imperative: sie sind ursprünglich um eines Zweckes willen geschaffen.

,,Kategorisch geboten und verboten" ist ziemlich gleichbedeutend mit ,,an sich lobenswerth und tadelnswerth". Eine Handlung ist,,an sich löblich“ besagt ja: sie ist löblich, weil ein Bewusstsein in mir sie lobt. Sie ist kategorisch geboten, besagt: sie ist geboten, weil ein Bewusstsein in mir sie befiehlt. Das,,an sich" lehnt es ab, die (nützlichen) Folgen der Handlung als den Grund des Lobes anzuerkennen. Das kategorische,,du sollst" weigert sich, irgend einen durch die Handlung zu erreichenden Zweck als Grund des Gebotes zu betrachten. An beiden Phänomenen ist derselbe negative Umstand Schuld: dem später Geborenen werden Abbreviaturen überliefert; ihm entgeht der Grund, aus welchem die Handlung einst gelobt, der Zweck, weswegen sie geboten wurde. So erscheint sie ihm denn blos darum löblich, weil sein Bewusstsein sie lobt; geboten, weil das Bewusstsein sie befiehlt, und von keinem Zweck, dem die Handlung als Mittel dienstbar zu sein habe, weiss er.

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