ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub
[ocr errors]

Wahrheit!" ruft Pilatus aus. Die Welt ist nach Pyrrhon's Lehre weder gut noch schlecht, weder schön noch häßlich u. s. w., sondern dies sind Prädicate, welche Ich ihr gebe. Timon sagt: „An sich sei weder etwas gut noch sei es schlecht, sondern der Mensch denke sich's nur so oder so;" der Welt gegenüber bleibe nur die Ataraxie (die Ungerührtheit) und Aphasie (das Verstummen oder mit andern Worten: die isolirte Innerlichkeit) übrig. In der Welt sei „keine Wahrheit mehr zu erkennen“, die Dinge widersprechen sich, die Gedanken über die Dinge seien unterschiedslos (gut und schlecht seien einerlei, so daß, was der Eine gut nennt, ein Anderer schlecht findet); da sei es mit der Erkenntniß der „Wahrheit“ aus, und nur der erkenntnißlose Mensch, der Mensch, welcher an der Welt nichts zu erkennen findet, bleibe übrig, und dieser Mensch lasse die wahrheitsleere Welt eben stehen und mache sich nichts aus ihr.

So wird das Alterthum mit der Welt der Dinge, der Weltordnung, dem Weltganzen fertig; zur Weltordnung oder den Dingen dieser Welt gehört aber nicht etwa nur die Natur, sondern alle Verhältnisse, in welche der Mensch durch die Natur sich gestellt sieht, z. B. die Familie, das Gemeinwesen, kurz die sogenannten ‚natürlichen Bande“. Mit der Welt des Geistes beginnt dann das Christenthum. Der Mensch, welcher der Welt noch gewappnet gegenüber steht, ist der Alte, der - Heide (wozu auch der Jude als Nichtchrist gehört); der Mensch, welchen nichts mehr leitet als seine Herzenslust", seine Theilnahme, Mitgefühl, sein Geist, ist der Neue, der - Christ.

[ocr errors]

Da die Alten auf die Weltüberwindung hinarbeiteten und den Menschen von den schweren umstrickenden Banden des Zusammenhanges mit Anderem zu erlösen strebten, so kamen sie auch zulezt zur Auflösung des Staates und Bevorzugung alles Privaten. Gemeinwesen, Familie u. s. w. sind ja als natürliche Verhältnisse lästige Hemmungen, die meine geistige Freiheit schmälern.

2. Die Neuen.

„Ist jemand in Christo, so ist er eine neue Creatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden.“ *)

Wurde oben gesagt: „den Alten war die Welt eine Wahrheit,“ so müssen Wir hier sagen: „den Neuen war der Geist eine Wahrheit," dürfen aber, wie dort, so hier den Zusah nicht auslassen: eine Wahrheit, hinter deren Unwahrheit sie zu kommen suchten und endlich wirklich kommen.

Ein ähnlicher Gang, wie das Alterthum ihn genommen, läßt sich auch am Christenthum nachweisen, indem bis in die die Reformation vorbereitende Zeit hinein der Verstand unter der Herrschaft der christlichen Dogmen gefangen gehalten wurde, im vorreformatorischen Jahrhundert aber sophistisch sich erhob und mit allen Glaubenssäßen ein kezerisches Spiel trieb. Dabei hieß es denn, zumal in Italien und am römischen Hofe: wenn nur das Herz christlich gesinnt bleibt, so mag der Verstand immerhin seine Lust genießen.

Man war längst vor der Reformation so sehr an spißfindiges „Gezänk“ gewöhnt, daß der Papst und die Meisten auch Luther's Auftreten anfänglich für ein bloßes „Mönchsgezänk“ ansahen. Der Humanismus entspricht der Sophistik, und wie zur Zeit der Sophisten das griechische Leben in höchster Blüthe stand (Perikleisches Zeitalter), so geschah das Glänzendste zur Zeit des Humanismus, oder, wie man vielleicht auch sagen könnte, des Macchiavellismus (Buchdruckerkunst, Neue Welt u. s. w.). Das Herz war in dieser Zeit noch weit davon entfernt, des christlichen Inhalts sich entledigen zu wollen.

Aber die Reformation machte endlich, wie Sokrates, mit dem Herzen selber Ernst, und seitdem sind die Herzen zusehends unchristlicher geworden. Indem man mit Luther anfing, sich die Sache zu Herzen zu nehmen, mußte dieser Schritt der Reformation dahin führen, daß auch das Herz von der schweren Last der Christ

*) 2. Cor. 5, 17.

lichkeit erleichtert wird. Das Herz, von Tag zu Tag unchristlicher, verliert den Inhalt, mit welchem es sich beschäftigt, bis zuleht ihm nichts als die leere Herzlichkeit übrig bleibt, die ganz allgemeine Menschenliebe, die Liebe des Menschen, das Freiheitsbewußtsein, das „Selbstbewußtsein“.

[ocr errors]

So erst ist das Christenthum vollendet, weil es kahl, abgestorben und inhaltsleer geworden ist. Es giebt nun keinen Inhalt mehr, gegen welchen das Herz sich nicht auflehnte, es sei denn, daß es unbewußt oder ohne Selbstbewußtsein“ von ihm beschlichen würde. Das Herz kritisirt alles, was sich eindrängen will, mit schonungsloser Unbarmherzigkeit zu Tode, und ist keiner Freundschaft, feiner Liebe (außer eben unbewußt oder überrumpelt) fähig. Was gäbe es auch an den Menschen zu lieben, da sie allesammt „Egoisten“ sind, keiner der Mensch als solcher, d. h. keiner nur Geist. Der Christ liebt nur den Geist; wo wäre aber Einer, der wirklich nichts als Geist wäre?

"

Den leibhaftigen Menschen mit Haut und Haaren lieb zu haben, das wäre ja keine geistige" Herzlichkeit mehr, wäre ein Verrath an der „reinen“ Herzlichkeit, dem „theoretischen Interesse“. Denn man stelle sich die reine Herzlichkeit nur nicht vor wie jene Ge= müthlichkeit, die Jedermann freundlich die Hand drückt; im Gegentheil, die reine Herzlichkeit ist gegen Niemand herzlich, sie ist nur theoretische Theilnahme, Antheil am Menschen als Menschen, nicht als Person. Die Person ist ihr widerlich, weil sie „egoistisch“, weil sie nicht der Mensch, diese Idee, ist. Nur für die Idee aber giebt es ein theoretisches Interesse. Für die reine Herzlichkeit oder die reine Theorie sind die Menschen nur da, um kritisirt, verhöhnt und gründlichst verachtet zu werden: sie sind für sie nicht minder, als für den fanatischen Pfaffen, nur „Dreck“ und sonst dergleichen Sauberes.

Auf diese äußerste Spige interesseloser Herzlichkeit getrieben, müssen Wir endlich inne werden, daß der Geist, welchen der Christ allein liebt, nichts ist, oder daß der Geist eine Lüge ist. Was hier gedrängt und wohl noch unverständlich hingeworfen wurde, wird sich im weitern Verlauf hoffentlich aufklären.

Nehmen Wir die von den Alten hinterlassene Erbschaft auf

[ocr errors]

und machen Wir als thätige Arbeiter damit so viel, als sich damit machen läßt! Die Welt liegt verachtet zu Unsern Füßen, tief unter Uns und Unserem Himmel, in den ihre mächtigen Arme nicht mehr hineingreifen und ihr sinnbetäubender Hauch nicht eindringt; wie verführerisch sie sich auch geberde, sie kann nichts als unsern Sinn bethören, den Geist und Geist sind Wir doch allein wahrhaft irrt sie nicht. Einmal hinter die Dinge gekommen, ist der Geist auch über sie gekommen, und frei geworden von ihren Banden, ein entknechteter, jenseitiger, freier. So spricht die geistige Freiheit".

Dem Geiste, der nach langem Mühen die Welt los geworden ist, dem weltlosen Geiste, bleibt nach dem Verluste der Welt und des Weltlichen nichts übrig, als der Geist und das Geistige.

Da er jedoch sich von der Welt nur entfernt und zu einem von ihr freien Wesen gemacht hat, ohne sie wirklich vernichten zu können, so bleibt sie ihm ein unwegräumbarer Anstoß, ein in Verruf gebrachtes Wesen, und da er andererseits nichts kennt und anerkennt, als Geist und Geistiges, so muß er fortdauernd sich mit der Sehnsucht tragen, die Welt zu vergeistigen, d. h. sie aus dem „Verschiß“ zu erlösen. Deshalb geht er, wie ein Jüngling, mit Welterlösungs- oder Weltverbesserungsplänen um.

"

Die Alten dienten, Wir sahen es, dem Natürlichen, Weltlichen, der natürlichen Weltordnung, aber sie fragten sich unaufhörlich, ob sie denn dieses Dienstes sich nicht entheben könnten, und als sie in stets erneuten Empörungsversuchen sich todmüde gearbeitet hatten, da ward ihnen unter ihren lezten Seufzern der Gott geboren, der Weltüberwinder“. All ihr Thun war nichts gewesen als Weltweisheit, ein Trachten hinter und über die Welt hinaus zu kommen. Und was ist die Weisheit der vielen folgenden Jahrhunderte? Hinter was suchten die Neuen zu kommen? Hinter die Welt nicht mehr, denn das hatten die Alten vollbracht, sondern hinter den Gott, den jene ihnen hinterließen, hinter den Gott, „der Geist ist", hinter alles, was des Geistes ist, das Geistige. Die Thätigkeit des Geistes aber, der „selbst die Tiefen der Gottheit erforscht", ist die Gottesgelahrtheit. Haben die Alten nichts aufzuweisen als Weltweisheit, so brachten und bringen es die Neuen

niemals weiter als zur Gottesgelahrtheit. Wir werden später sehen, daß selbst die neuesten Empörungen gegen Gott nichts als die äußersten Anstrengungen der „Gottesgelahrtheit“, d. h. theologische Insurrectionen sind.

§ 1. Der Geist.

Das Geisterreich ist ungeheuer groß, des Geistigen unendlich viel: sehen Wir doch zu, was denn der Geist, diese Hinterlassenschaft der Alten, eigentlich ist.

Aus ihren Geburtswehen ging er hervor, sie selbst aber konnten sich nicht als Geist aussprechen: sie konnten ihn gebären, sprechen mußte er selbst. Der geborene Gott, der Menschensohn“ spricht erst das Wort aus, daß der Geist, d. h. er, der Gott, es mit nichts Irdischem und keinem irdischen Verhältnisse zu thun habe, sondern lediglich mit dem Geiste und geistigen Verhältnissen.

Ist etwa Mein unter allen Schlägen der Welt unvertilgbarer Muth, Meine Unbeugsamkeit und Mein Troß, weil ihm die Welt nichts anhat, schon im vollen Sinne der Geist? So wäre er ja noch nicht mit der Welt in Feindschaft, und all sein Thun beschränkte sich darauf, ihr nur nicht zu unterliegen! Nein, bevor er sich nicht allein mit sich selbst beschäftigt, bevor er es nicht mit seiner Welt, der geistigen, allein zu thun hat, ist er nicht freier Geist, sondern nur der Geist dieser Welt", der an sie gefesselte. Der Geist ist freier Geist, d. h. wirklich Geist erst in einer ihm eigenen Welt; in „dieser“, der irdischen Welt, ist er ein Fremdling. Nur mittelst einer geistigen Welt ist der Geist wirklich Geist, denn „diese“ Welt versteht ihn nicht und weiß „das Mädchen aus der Fremde" nicht bei sich zu behalten.

"

Woher soll ihm diese geistige Welt aber kommen? Woher anders als aus ihm selbst! Er muß sich offenbaren, und die Worte, die er spricht, die Offenbarungen, in denen er sich enthüllt, die sind seine Welt. Wie ein Phantast nur in den phantastischen Gebilden, die er selber erschafft, lebt und seine Welt hat, wie ein Narr sich seine eigene Traumwelt erzeugt, ohne welche er eben kein Narr zu sein vermöchte, so muß der Geist sich seine Geisterwelt erschaffen, und ist, bevor er sie erschafft, nicht Geist.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »