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schaffen, da sie allein die wahren Jünger und Vollbringer des Geistes waren.

Wie weniges vermag der Mensch zu bezwingen! Er muß die Sonne ihre Bahn ziehen, das Meer seine Wellen treiben, die Berge zum Himmel ragen lassen. So steht er machtlos vor dem Unbe= zwinglichen. Kann er sich des Eindruckes erwehren, daß er gegen diese riesenhafte Welt ohnmächtig sei? Sie ist ein festes Gesez, dem er sich unterwerfen muß, sie bestimmt sein Schicksal. Wohin arbeitete nun die vorchristliche Menschheit? Dahin, das Einstürmen der Geschicke loszuwerden, sich durch sie nicht alteriren zu lassen. Die Stoiker erreichten dies in der Apathie, indem sie die Angriffe der Natur für gleichgültig erklärten, und sich nicht dadurch afficiren ließen. Horaz spricht das berühmte Nil admirari aus, wodurch er gleichfalls die Gleichgültigkeit des Andern, der Welt, bekundet: sie soll auf Uns nicht einwirken, Unser Staunen nicht erregen. Und jenes impavidum ferient ruinae drückt ebendieselbe Unerschütterlichkeit aus, wie Psalm 46, 3: „Wir fürchten Uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge." In alle dem ist für den christlichen Saß, daß die Welt eitel sei, für die christliche Weltverachtung der Raum geöffnet.

Der unerschütterliche Geist „des Weisen“, mit welchem die alte Welt ihrem Schlusse vorarbeitete, erfuhr nun eine innere Erschütterung, gegen welche ihn keine Ataraxie, kein stoischer Muth zu schüßen vermochte. Der Geist, vor allem Einflusse der Welt gesichert, gegen ihre Stöße unempfindlich und über ihre Angriffe erhaben, nichts bewundernd, durch keinen Einsturz der Welt aus seiner Fassung zu bringen, - er schäumte unaufhaltsam wieder über, weil in seinem eigenen Innern Gase (Geister) sich entwickelten, und, nachdem der mechanische Stoß, der von außen kommt, unwirksam geworden, chemische Spannungen, die im Innern erregen, ihr wunderbares Spiel zu treiben begannen.

In der That schließt die alte Geschichte damit, daß Ich an der Welt mein Eigenthum errungen habe. „Alle Dinge sind Mir übergeben von meinem Vater." (Matth. 11, 27.) Sie hat auf

gehört, gegen Mich übermächtig, unnahbar, heilig, göttlich u. s. w. zu sein, sie ist „entgöttert“, und Ich behandle sie nun so sehr nach Meinem Wohlgefallen, daß, läge Mir daran, Ich alle Wunderkraft, d. h. Macht des Geistes, an ihr ausüben, Berge versehen, Maulbeerbäumen befehlen, daß sie sich selbst ausreißen und in's Meer verseßen (Luc. 17, 6), und alles Mögliche, d. h. Denkbare könnte: „Alle Dinge sind möglich Dem, der da glaubet“*). Ich bin der Herr der Welt, Mein ist die Herrlichkeit". Die Welt ist prosaisch geworden, denn das Göttliche ist aus ihr verschwunden: sie ist Mein Eigenthum, mit dem ich schalte und walte, wie Mir's (nämlich dem Geiste) beliebt.

Als Ich Mich dazu erhoben hatte, der Eigner der Welt zu sein, da hatte der Egoismus seinen ersten vollständigen Sieg errungen, hatte die Welt überwunden, war weltlos geworden, und legte den Erwerb eines langen Weltalters unter Schloß und Riegel.

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Das erste Eigenthum, die erste „Herrlichkeit“ ist erworben! Doch der Herr der Welt ist noch nicht Herr seiner Gedanken, seiner Gefühle, seines Willens: er ist nicht Herr und Eigner des Geistes, denn der Geist ist noch heilig, der heilige Geist“, und der weltlose" Christ vermag nicht gottlos" zu werden. War der antike Kampf ein Kampf gegen die Welt, so ist der mittelalterliche (christliche) ein Kampf gegen sich, den Geist, jenes gegen die Außenwelt, dieses gegen die innerliche Welt. Der mittelalterliche ist der „in sich gekehrte“, der sinnende, sinnige.

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Alle Weisheit der Alten ist Weltweisheit, alle Weisheit der Neuen ist Gottesgelahrtheit.

Mit der Welt wurden die Heiden (auch Juden hierunter) fertig; aber nun kam es darauf an, auch mit sich, dem Geiste, fertig, d. h. geistlos oder gottlos zu werden.

Fast zweitausend Jahre arbeiten Wir daran, den heiligen Geist Uns zu unterwerfen, und manches Stück Heiligkeit haben Wir allgemach losgerissen und unter die Füße getreten; aber der riesige Gegner erhebt sich immer von Neuem unter veränderter Gestalt und

*) Marc. 9, 23. Stirner, der Einzige.

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Namen. Der Geist ist noch nicht entgöttert, entheiligt, entweiht. Zwar flattert er längst nicht mehr als eine Taube über unsern Häuptern, zwar beglückt er nicht allein mehr seine Heiligen, sondern läßt sich auch von den Laien fangen u. s. w., aber als Geist der Menschheit, als Menschengeist, d. h. Geist des Menschen, bleibt er Mir, Dir, immer noch ein fremder Geist, noch fern davon, Unser unbeschränktes Eigenthum zu werden, mit welchem Wir schalten und walten nach Unserm Wohlgefallen. Indeß Eines geschah gewiß und leitete sichtlich den Hergang der nachchristlichen Geschichte : dies Eine war das Streben, den heiligen Geist menschlicher zu machen, und ihn den Menschen oder die Menschen ihm zu nähern. Dadurch kam es, daß er zuleht als der „Geist der Menschheit“ gefaßt werden konnte und unter verschiedenen Ausdrücken, wie "Idee der Menschheit, Menschenthum, Humanität, allgemeine Menschenliebe“ u. s. w. ansprechender, vertrauter und zugänglicher erschien.

Sollte man nicht meinen, jezt könnte Jeder den heiligen Geist besißen, die Idee der Menschheit in sich aufnehmen, das Menschenthum in sich zur Gestalt und Existenz bringen?

Nein, der Geist ist nicht seiner Heiligkeit entkleidet und seiner Unnahbarkeit beraubt, ist Uns nicht erreichbar, nicht Unser Eigenthum; denn der Geist der Menschheit ist nicht Mein Geist. Mein Ideal kann er sein, und als Gedanken nenne Ich ihn Mein: der Gedanke der Menschheit ist Mein Eigenthum, und ich beweise dies zur Genüge dadurch, daß Ich ihn ganz nach Meinem Sinne aufstelle und heute so, morgen anders gestalte: Wir stellen ihn Uns auf die mannigfaltigste Weise vor. Aber er ist zugleich ein Fideicommiß, das Ich nicht veräußern noch loswerden kann.

Unter mancherlei Wandlungen wurde aus dem heiligen Geiste mit der Zeit die „absolute Idee", welche wieder in mannig= faltigen Brechungen zu den verschiedenen Ideen der Menschenliebe, Vernünftigkeit, Bürgertugend u. s. w. aus einander schlug.

Kann Ich die Idee aber mein Eigenthum nennen, wenn sie Idee der Menschheit ist, und kann Ich den Geist für überwunden halten, wenn Ich ihm dienen, ihm „Mich opfern“ soll? Das endende Alterthum hatte an der Welt erst dann sein Eigenthum

gewonnen, als es ihre Uebermacht und „Göttlichkeit“ gebrochen, ihre Ohnmacht und Eitelkeit“ erkannt hatte.

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Entsprechend verhält es sich mit dem Geiste. Wenn Ich ihn zu einem Spuk und seine Gewalt über Mich zu einem Sparren herabgesezt habe, dann ist er für entweiht, entheiligt, entgöttert anzusehen, und dann gebrauche Ich ihn, wie man die Natur unbedenklich nach Gefallen gebraucht.

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Die Natur der Sache", der „Begriff des Verhältnisses“ soll Mich in Behandlung derselben oder Schließung desselben leiten. Als ob ein Begriff der Sache für sich existirte und nicht vielmehr der Begriff wäre, welchen man sich von der Sache macht! Als ob ein Verhältniß, welches Wir eingehen, nicht durch die Einzigkeit der Eingehenden selbst einzig wäre! Als ob es davon abhinge, wie Andere es rubriciren! Wie man aber das Wesen des Menschen" vom wirklichen Menschen trennte und diesen nach jenem beurtheilte, so trennt man auch seine Handlung von ihm und veranschlagt sie nach dem „menschlichen Werthe“. Begriffe sollen überall entscheiden, Begriffe das Leben regeln, Begriffe herrschen. Das ist die religiöse Welt, welcher Hegel einen systematischen Ausdruck gab, indem er Methode in den Unsinn brachte und die Begriffssaßungen zur runden, festgegründeten Dogmatik vollendete. Nach Begriffen wird Alles abgeleiert, und der wirkliche Mensch, d. h. Ich werde nach diesen Begriffsgesehen zu leben gezwungen. Kann es eine ärgere Gesezesherrschaft geben, und hat nicht das Christenthum gleich im Beginne zugestanden, daß es die Gesezesherrschaft des Judenthums nur schärfer anziehen wolle? („Nicht ein Buchstabe des Gesezes soll verloren gehen!")

Durch den Liberalismus wurden nur andere Begriffe auf's Tapet gebracht, nämlich statt der göttlichen menschliche, statt der kirchlichen staatliche, statt der gläubigen „wissenschaftliche“ oder allgemeiner statt der „rohen Säße“ und Sahungen wirkliche Begriffe und ewige Gesetze.

Jezt herrscht in der Welt nichts als der Geist. Eine unzählige Menge von Begriffen schwirren in den Köpfen umher, und was thun die Weiterstrebenden? Sie negiren diese Begriffe, um neue an deren Stelle zu bringen! Sie sagen: Ihr macht Euch

einen falschen Begriff vom Rechte, vom Staate, vom Menschen, von der Freiheit, von der Wahrheit, von der Ehe u. s. w.; der Begriff des Rechts u. s. w. ist vielmehr derjenige, den Wir jezt aufstellen. So schreitet die Begriffsverwirrung vorwärts.

Die Weltgeschichte ist mit Uns grausam umgegangen, und der Geist hat eine allmächtige Gewalt errungen. Du mußt Meine elenden Schuhe achten, die Deinen nackten Fuß schüßen könnten, mein Salz, wodurch Deine Kartoffeln genießbar würden, und meine Prunkkarosse, deren Besit Dir alle Noth auf einmal abnähme: Du darfst nicht darnach langen. Von alle dem und unzähligem Anderen soll der Mensch die Selbständigkeit anerkennen, es soll ihm für unergreifbar und unnahbar gelten, soll ihm entzogen sein. Er muß es achten, respektiren; wehe ihm, wenn er begehrend seine Finger ausstreckt: Wir nennen das „lange Finger machen"!

Wie so bettelhaft wenig ist Uns verblieben, ja wie so gar nichts! Alles ist entrückt worden, an nichts dürfen Wir Uns wagen, wenn es uns nicht gegeben wird: Wir leben nur noch von der Gnade des Gebers. Nicht eine Nadel darst Du aufheben, es sei denn, Du habest Dir die Erlaubniß geholt, daß Du es dürfest. Und geholt von wem? Vom Respecte! Nur wenn er sie Dir überläßt als Eigenthum, nur wenn Du sie als Eigenthum respectiren kannst, nur dann darfst Du sie nehmen. Und wiederum sollst Du keinen Gedanken fassen, keine Silbe sprechen, keine Handlung begehen, die ihre Gewähr allein in Dir hätten, statt sie von der Sittlichkeit oder der Vernunft oder der Menschlichkeit zu empfangen. Glückliche Unbefangenheit des begehrlichen Menschen, wie unbarmherzig hat man Dich an dem Altare der Befangenheit zu schlachten gesucht!

Um den Altar aber wölbt sich eine Kirche, und ihre Mauern rücken immer weiter hinaus. Was sie einschließen, ist — heilig. Du kannst nicht mehr dazu gelangen, kannst es nicht mehr berühren. Aufschreiend in verzehrendem Hunger schweifst Du um diese Mauern herum, das wenige Profane aufzusuchen, und immer ausgedehnter werden die Kreise Deines Laufes. Bald umspannt jene Kirche die ganze Erde, und Du bist zum äußersten Rande hinausgetrieben;

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