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LVII.

Was ist anständlicher und bequemer, als willig vers lieb nehmen, was dir begegnet, und nichts anders, als was Dir bestimmet ist, verlangen?

LIIX.

m) Man stelle sich bey seinen Zufällen solche Leute vor, denen ein gleiches begegnet ist; die sich aber darüber bekümmern; und es als etwas ungewohntes angesehen; auch etwa daben geklaget, und lamentiret haben. Lieber, wo find nun alle diese Leute? Nirgends mehr! Warum wilt du ihnen gleich werden? Warum låsfest du nicht lies ber alle diese fremde Bewegungen fahren? Warum überlåsfest du sie nicht den so veränderlichen Dingen? Solteft du dich nicht vielmehr bestreben zu lernen, wie man sich als ler seiner Zufälle bedienen muß?

Diese Bemühung wird dir alle Begebnisse vortheils hafft machen, und sie werden dir Anlaß zur Tugends Uebung geben. Befihe dich nur selber wohl, und laß deis nen einzigen Zweck seyn, zu deinem Besten zu thun, was du thuft. Anbey befinne dich, daß es mehrentheils n) Mite tel-Dinge find, womit du dich so bemühest.

LIX.

Siehe in dich selbst hinein; In dir ist ein Brunn des Guten, der allezeit quellen wird, o) wo du allezeit gråbest.

+ LX. m) Zur Erklärung dieses Orts/ beliebe man die schöne Betrach tung des vierten Buchs im dritten Capittel nachzuschlagen. n) Mittel Dinge. Co nennet er alles was den Menschen ei

gentlich nicht angehet; Siehe VI. Buch/32. Capittel. o) Wodu allezeit gräbest. Ist sehr nachdencklich geredet; denn des Menschen Gemüth ist wie ein Acker / der leicht ver wildert/weun er nicht fleißig bearbeitet wird. Daß manches Leben voller Unkraut ist/ kömmt daher/ weil das Gemüth Durch vernünftige Erziehung/ nicht ist gepflüget und be, fået worden.

LX.

Der Leib muß auch seine Festigkeit haben, und in seiz nen Bewegungen, und Geberden nicht unftått seyn. Denn wie das Angesicht, des Gemüthes Spiegel ist, also, daß jes nes durch dieses gestellet wird; p) gleicher Gestalt muß es auch mit dem ganzen Leibe gehalten werden; doch ohne Zwang.

LXI.

q) Die Kunst zu leben, ist dem Ringen ähnlicher als dem Tanzen; und bestehet darinn, daß wir fertig seyn mögen, alles unvermutheten Zufällen unbeweglich zu bes gegnen.

LXII.

Lege öffters bey dir über, was es vor Leute sind, von welchen du wilt gepriesen werden, und was Verstand fie haben? denn so du in die Quelle ihres Urtheils siehest, wirst du ihr Lob nicht begehren; auch nicht zornig auf sie werden, wenn sie wider ihren Willen irren.

LXIII.

Eine jede Seele, sagt Plato, ist r) wider ih

ren

p) Der Apostel fasset dis in kurzen Worten / wann er alles ans ständlich und mit Ordnung wil gethan wissen. #arra ευχημόνως καὶ καλὰ τάξιν.

g) Freylich ist das Leben der Zugendliebenden ein fteter Streit/ bald mit sich felbft/ bald mit andern; in welcher Absicht der Apostel auch gesagt: Daß wir nicht allein mit Fleisch und Blut zu kampffen haben/ sondern mit dem Für. ften und Gewaltigen / mit dem Herren der Welt. Eph.VI. 12. Da hingegen ist das Leben der Weltkinder einem Tange ähnlicher/ da fich viele vereinbaren / und sich durch eine blinde Gefälligkeit/einer nach dem andem richten ihren Reigen um das güldne Kalb/desto lustiger und ansehnlicher zu machen. r) Wider ihren Willen. Dis lehret Plato an unterschiede

nen Orten/ und die Erfahrung beweiset/ daß es wahr sey.

ren Willen der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Mäss figkeit, der Gleichmüthigkeit, und anderer Tugenden, beraubet. So du dieses öffters erwegest, wirst du gegen alle Menschen sanfftmüthiger werden.

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LXIV.

Stelle dir in allen Schmerzen vor, daß der Schmerk an sich, weder eine Schande ser, noch deine Seele årger machen könne, so fern sie entweder selbståns dig, oder gesellig ist. So wird dir auch in manchem Schmerken, des Epicurus Anmerckung, zur Hülffe gedeyen: s) daß kein Schmers unerträglich, oder ewig während sey, dafern du nur an desselben Ende gedenckest, und ihn durch deine Einbildung nicht vergrössern hilffest.

Endlich erinnere dich, daß wir offt in uns Dinge empfinden, die dem Schmerzen ähnlich, und uns vers driestich find; zum Erempel: Wenn einem schläffert, der doch wachen muß; wenn einem die Hike oder der Eckel beklommen macht, 2c. So offt du demnach wider eines dieser Dinge murrest, so sprich bey dir selber: t) Jho übers wältigt mich der Schmert!

LXV.

Frage den Frrenden warum er diese oder jene falsche Meynung heget? er wird dir antworten/daß du irrefi/weil du sei. men Wahn nicht so wohl für wahr hältest als wie er. Erken. net er die Warheit nicht/ so ists doch wider feinen Willen. Denn keiner will sich vorseßlich betrügen. Wer betrügt sich augenscheinlicher als der ruchlose Sünder, und wer ist davon unempfindlicher als er woher kommts? Er siehet die Schein Güter für was rechtes an und gehorchet der Lügen/ a als einer Warheit. Gewiß/diese Betrachtung eines Hey. korden/ ist vernünfftiger / als die blinde Hike vieler Christen.

Und was ist dem Evangelio anständiger /als die Irrenden er $192.* tragen/ und zu rechte bringen, mit fanfften Muth? 2.s) Droben im 33. Capittel dieses Buchs ist von dieser Materie mehr geredet.

1) Iso überwältigt mich. Antoninus scherget mit diesen

LXV.

u) Hüte dich, daß du gegen die Unmenschen nicht eben so gesinnet feyst, wie fie gegen andere Menschen ges finner find.

LXVI.

x) Woher wissen wir, daß Socrates tugendhaffter und gröffer als andere gewesen? Denn es ist nicht genug, y) daß er rühmlicher gestorben ist ; daß er nachdrücklicher wieder die Heuchler gehandelt, oder z) daß er im Winter unter freyem Himmel übernach tet hat; nicht, a) daß er denen Tyrannen sich grosmus thig

Worten/ um zu zeigen / wie lächerlich offt die Klage dërer/ die sich über einen Schmecken beschweren/ fey; der durch Einbildung vergröffsert wird.

u) Das heist so viel / mis: Vergeltet nicht böses mit bösen. x) Nach diesem Capittel können die/ fo mit ihrer eingebildeten Grosse schwanger gehen/ dieselbe abmessen/ um zu sehen/wor in die wahre Größe bestehe.

y) Daß er rühmlicher gestorben ist. Socrates wolte lie. ber sterben, als einige Unanständigkeit begehen. Über dieser preiswürdige Tod ist es noch nicht allein/der einen Menschen wahrhafftig groß machen kan.

2) Daß er im Winter Socrates hat viele Beweisthümer feiner Gedult hinterlassen / und eines unerschrocknen Muths in allen Gefährlichkeiten; Aber auch dieses ist noch nicht ges nug wahrhafftig groß zu heissen.

a) Daß er denenTyrannen sich großmüthig widerseget. Die dreyßig Tyrannen/wolten den Socrates mit einigen Soldaten genSalamine schicken/um von dannen einen Nah. mens Leon/abzuholen/ welchen sie wolten aus dem Mittel geraumet wiffen/ um dessen sehr grosse Baarschafften an sich zu bringen. Socrates war so muthig/sich ihnen hierin zu wisehen/ wie solches vom Plato/in dessen Apologie / und in feinem VII. Briefe erzehlet wird. Doch diese That konte den Socrates noch nicht groß machen sintemal auch wohl unartige Leute dergleichen Entschliessung gefaffet haben. Die hoch. trabende Schritte/deren im nachfolgenden gedachtwird/wol

thig widersekete, als sie ihm befohlen jenen Salaminis schen Mann zu holen; nicht, daß er auf der Gaffen hochtrabend einher ging; woran ich doch zweifle ob es wahr sey.

b) Sondern du must forschen, was für eine Seele Socrates gehabt hat? ob er zufrieden gewesen, wenn er gegen die Menschen konte gerecht; und fromm gegen die Götter seyn? ober sich auch ohne Ursache über die Boss heit der Menschen entrustet? c) Ober je ein Sclave von eines andern Unwissenheit worden ist? ob er auch die Schickungen als etwas ungewohntes, oder als etwas uns erträgliches, angesehen hat? d) Endlich, ob seine Seele, je, wie sein Fleisch, erkrancket, und dessen Leidenschaffe ten unterwürffig worden sey?

LXVII.

e) Die Natur hat unsere Seele nicht so gar mit

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lens auch nicht ausmachen/wiewohl solche ihm von seinem Lå• sterer/den Aristophanes/angedichtet sind.

b) Sondern du must forschen. Dieses ist der Siß der wah. ren Gröffe und folgende Gemüths- Beschaffenheiten des Socrates/geben davon ein untadeliches Zeugniß.

c) Ob er je ein Sclave der Unwissenheit eines andern worden ist? Dis geschicht/ wenn man aus einer knechti schen Gefälligkeit/ oder aus eigennüßiger Furcht / einem an dern zu Gefallen/etwas billiget oder wider Gewissen/ausian. dern unbilligen Absichten/ein Verräther feiner eigenen Mey. ́nung/und zugleich der Warheit wird.

d) Hierin bestehet eigentlich die wahre Grösse/nach Syrachs Ausspruch: Wer seines Muths Herr ist/der ist starcker als einer der Städte gewinnet. So muß denn die Christliche Lehre die vollkommenste Weisheit seyn/ weil sie uns am deutlichsten zeiger / wie wir das Böse durch das Gute überwinden können.

e) Cr will in diesem schönen Capittel zeigen/daß die wahre Glück feeligkeit/ nicht in einer äusserlichen Herrlichkeit/ Lust/Kunst/ oder lleberflug; sondern in der aufrichtigen Frömmigkeit des

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