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XXXIIX.

Wir kampffen um nichts geringes, sagt derfelbe; denn es gilt entweder klug, oder ein Marr zu werden. XXXIX.

Socrates hat gefraget: Wolt ihr vernünfftige oder unvernünfftige Seelen haben? die Antwort war: Vernünfftige! aber was vor Vernünfftis ge; Gesunde, oder Lasterhaffte? Gesunde! wars um fuchet ihr fie denn nicht? weil wo sie schon haben. Habt ihr sie, zz) warum zancket ihr euch denn, und seyd uneins?

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Des Römischen Käysers Sarcus Aurelius Antoninus Erbaulicher

Betrachtungen
Zwölfftes Buch.

I.

U a) kanst heute erhalten, was du nach langs wieriger Bemühung, und Umschweiff, zu erjas gen, hoffeft; daferne du dir dein Vergnügen,

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felber

stehen/ keinen Abscheu haben; dahingegen aber follen wir scheuen/ was durch unser Versehen/ oder Schuld/ geschicht. zz) Warum sancket ihr. Ist eben die Frage des Apostels Jacobi IV. 1. Warum ist Krieg und 3anck unter euch? Ist es nicht daher / weil die Lüste in euren Gliedern streiten?

a) DisCapittel bemercket abermal/wie wenig der Mensch zu seiner

felber nicht mißgönnest. Dieses, sage ich, kan geschehen, wenn du das Vergangene fahren laffest, wenn du das Zukünfftige der göttlichen Versehung, anheim stellest, und das Gegenwärtige, nach den Regeln der Frömmigs keit, und Gerechtigkeit, brauchest.

Nach den Regeln der Frömmigkeit: daß du mit Vergnügen annehmest, was dir wiederfähret. Denn die Natur ließ dir den Zufall, und dich dem Zufall beges gnen. I fage auch, nach den Regeln der Gerechtig Leit: also, daß du die Wahrheit fren, und ohne Umschweiff redest, auch dich denen Gefeßen gemäß, aufführest, in als lem was du thust.

An Vollziehung dieser Pflicht aber, must du dir, weder anderer Boßheit, noch ihre Gedancken, oder Urtheil von dir, noch die Reihung deines eigenen Fleisches, verhin dern lassen; sondern dit must b) dem leidenden Theile, seis n eigene Noth überlassen.

Du bist bey nahe an deines Lebens Ende, dannens her verläugne alles, und fange an deine Seele, und was in dir selber göttlich ist, zu verehren. Fürchte dich nicht, daß du dereinst auffhören wirst zu leben, sondern bestrebe dich, der Natur gemäß zu leben, weil du lebest: Alsdenn wirst du eine würdige Creatur deines Schöpffers, und kein Frembdling in deinem Vaterlande, diefer Welt werden, wenn du dich, weder über die täglichen, wies woht

wahren Glückseligkeit zu gelangen / brauche : auch / daß es mehr Mühe kostet sich unglücklich/ als glücklich zu machen: woraus denn abermahl die Wahrheit der Worte Johannis erhellen seine Gebote sind nicht schwer ! 1. Epist. V. b) Dem leidenden Theile. Was er damit meyne/ ist um ständlicher / aus des VII. Buchs / 68. Capittel / zu ersehen. Die heilige Schrifft nennet es; Durch den Geist / des Fleisches Geschäffte tooten.

roohl unvermutheten Zufälle, verwunderst, noch dein Herk an dis oder jenes hångest.

II.

GOtt der HErr siehet die Seelen, ohne ihr Gefäß, Schalen, und Unflath, an. Denn fein Geist dringet in das Wesen der Dinge, die ihren Ausfluß aus ihm has ben. c) Gewöhne dich dieses auch zu thun, so wirst du dich vieler Unruhe überheben. d) Denn wer sich nicht viel bekümmert um das Fleisch, so ihn umhüllet, der wird fich noch vielweniger, wegen seiner Kleidung, wegen feines Hauses, wegen seines Ansehens, oder des auffers lichen Schmucks, dieser zerbrechlichen Hütten, ångsti

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Du bestehest aus dreyen Stücken aus Leib, Geift, und Seele. Die beyden ersten find dein, so lan ge du davor forgen kanst; das dritte aber ist dein Eigens thum. e) So du demnach von dieser deiner Seele, das ist, von dir selbst alles entfernest, was andere sagen P 2

oder

x) Gewöhne dich. Wie folches/vermittelst vernünfftiger Be.. trachtung anzufangen fey/beliebe der Lefer/tm 11.Buch/zwey. ten Capittel/nachzuschlagen.

d) Denn wer sich nicht bekämmert. Dahin geht die Lehre unsers Heylandes / Matth. V1. Ist nicht der Leib mehr denn die Kleidung. x.

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So du demnach. Antoninus giebt in diesem schönen Cas pittel/eine kurke Anleitung zur Zufriedenheit. Die erste Stuf. fe daju/ist die Vermeydung unnöthiger Sorgen. Die ande. re/die Selbst-Verläugnung. Die dritte/ die Näherung zw GOtt. Die vierte/die aufrichtige Beständigkeit. Ist alles sehr schön! aber man vergleiche diese vortrefliche Anweifung des Heyden/mit der Anleitung / fo uns unser lieber Erlöser/ in seiner Berg-Predigt/ Matth. v. und folgenden / giebt: fo wird man inne werden/wie weit die Chriftliche Lehre/alle an dere/inAnleitung zur wahren Glückfeeligkeit/ übertrefße.

øder gedencken, oder was du selbst gesaget, oder gethan hast, desgleichen alles Zukünfftige, welches dich schröcket, alle Reizungen des Fleisches, so dich umhüllen, oder der Geister, so deinen Leib beleben, und die nicht in deiner Ges walt find; ja alles, was der Wirbel dieser sichtbaren Welt, durch seine Umweltungen auf dich wirfft; also, daß dein Gemüth, denen Nothwendigkeiten, und dem Joche des Schickfahls entrissen, rein und lauter in sich fels ber lebend, thut was recht ist, faget was wahr ist, und willig annimmt, was dir wiederfähret;

So du, sage ich, von deiner Seelen, die Beweguna gen, so ihr aus der Gemeinschafft mit dem Leibe, zustoffen, entfernest; so du aus deinen Gedancken, die Sorgfalt, beydes, über das Vergangene, und über das Zukünfftis ge, verjagest, und dich selber so rund, als die Kugel des Empedocles, machest,

Die ftets im runden Crayß umlieff.

Auch, so du nur zu leben trachtest, weil du lebest; alsdenn kanst du den Rest deiner Tage, biß an den Tod geruhig, edel, und wie einem vernünfftigen Menschen gebühret, zubringen.

IV.

f) Ich habe mich offt verwundert, daß die Mens schen, die sich doch selbst mehr lieben als andere, dennoch mehr Wercks von der Meynung machen, so andere von ihnen haben, als von den Gedancken, so sie von ihnen selber heaen? Gewiß, so ein GOtt zu ihnen kåme, oder ein verständiger Lehrer ihnen beföhle, nichts von sich selbst

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f) Dis ist eine tieffsinnige Betrachtung/ welche den Selbst. Be. trug der armen Menschen/ zusamt der Wahrheit der Worte Davids/offenbaret/daes heist: Alle Menschen sind Lůz gner! Diefe Lügen fångt in uns selber an/ wenn wir uns lie ber felbft betrügen/ als gründlich nach dem Gewissen prüfen wollen.

Bu gedencken, als was sie alsobald ohne Scheu von sich fagen dürfften; ich besorge, es würde nicht ein einziger feyn, der diesen Zwang einen Tag lang aushielte. So gar schamen wir uns vor anderer Urtheil mehr, als vor uns selber !

V.

g) Wie folte es möglich seyn, daß die alles weislich verordnende, und die Menschen liebende Gottheit, dieses einzige versehen hätte, daß die Menschen, und zwar die allerbesten, welche für andern, in einer genauen Gemeins fchafft, mit der Gottheit stehen, sich Lebens lang in guten Wercken geübet, und durch Gebet, Opffer, oder andern heiligen Uebungen einen göttlichen Sinn bekommen has ben; daß solche Menschen, sage ich, nachdem sie einmal gestorben sind, nicht mehr leben, sondern ewig verlöschen folten?

h) Weil sich dieses aber so verhält, so wisse, daß, i) im Fall es hätte anders sollen beschaffen seyn, es auch anderst würde seyn gemacht worden, k) Denn alles P 3

was

g) Dis Capittel enthält einen Beweiß der Unsterblichkeit unser Seele; aus dem Grunde: weil es unmöglich / daß dasjenige Wesen in uns/so eine Empfindung vom Guten und Bösen/? einen Begriff von GOtt/ und eine Neigung zu seinem Dienst hat/ja gar zu einer Gemeinschafft mit GOTT/ und zu einem göttlichen Sinn gelangen kan folte ein vergänglich/ oder Sterbliches Wesen seyn.

k) Weil sich aber dieses so verhält. Nemlich, daß GOTT weise/und Menschen-liebend; die Seele aber so beschaffen ist/wie kurk zuvor erwehnet worden.

i) Im Fall. Das ist ; håtte die Seele nicht sollen unsterblich feyn/fo wäre sie auch mit solchen göttlichen und unsterbli chen Neigungen/als sie hat nicht begabet worden. k) Denn alles was recht-natürlich war. Recht aber und natürlich war es / daß eine Seele/ so unsterbliche Meigungen und Beschaffenheiten hatte/auch selbst müste unsterblich seyn.

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