ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

Gedencke demnach iko desgleichen, und achte es eben viel, lange Jahre leben, oder morgen sterben.

LII.

Bedencke, wie viel Aerkte gestorben sind, nachdem fie ihrer Patienten Ende,mit niedergeschlagenen Angesicht verkündiget hatten. Wie viele Sternseher sind dahin, nachdem sie andern ihren Tod, als etwas sonderliches, vors her gesagt? Wie viele Weltweise, nachdem sie vom Tode, und von der Unsterblichkeit geschrieben und disputiret hat? ten? Wie viele Helden, die andere ums Leben gebracht? Wie viele Tyrannen, nachdem sie mit hochmüthigem Ges töfe, das Recht des Lebens und Todes, an vielen Seelen gemißbrauchet, gerade, als ob sie selbst unsterblich wären? Wie viel Städte find gestorben? daß ich mich dieser Res Dens-Art bediene: Helice, Pompeja, Heracla, samt uns endlich vielen andern.

Gehe hienächst die Menschen durch, welche du nach und nach selber gekannt hast, nachdem sie ihre Freunde zur Erde bestätiget hatten, sind sie endlich selber begraben wor den. Die, so ihnen den legten Dienst geleistet, haben densel ben in kurzer Frist, von andern wieder empfangen; mit eis nem Wort, es ist nüklich, daß man sich die menschlichen Dinge fleißig vorstelle, um zu sehen, wie verächtlich und wie nichtig fie find. Was gestern gebohren ward, ist heute eine Leiche, oder eine Hand voll Asche. Dannenher muß man Die übrige wenige Zeit des Lebens, der Natur gemäß, zus bringen, und sich mit guten und zufriedenem Muthe davon begeben; gleich denen reiffen Oliven, welche, wann sie abs fallen, die Erde fegnen, fo fie gezeuget, und dem Baum dancken der sie gebohren hat.

[ocr errors]

LIII.

Sen du einem Felsen gleich, an welchen die Mees res-Wellen unauffhörlich schlagen. Er stehet immer fest, und verachtet die Wuth des Waffers. Omich uns glückfeeligen, dem dis oder jenes begegnet ist! sprich viels mehr: Was bin ich glücklich, daß, da mir dieses wieder fahren ist, ich dennoch unbekümmert bleibe; daß mich dieser Zufall nicht verwundet; und daß mich der keines schrecket, was allen wiederfahren könte! vielleicht wäre ein ander nicht so unbekümmert, als ich, dabey gewesen! Warum nennest du denn diesen Zufall vielmehr ein Uns glücke, als ein Glück, daß du ihn ertragen kanst? heisset dir etwa das ein Unglück, was der Natur des Menschen nicht zuwider ist? oder meinst du, es könne der mensch lichen Natur etwas zuwider seyn, welches weder gegen ihre Ordnung läufft, noch mit dem Willen ihrer Natur streiter? Welches aber ist dieser Wille? du hast es zur Gnüge vernommen! kan die Begebenheit, so dir zustöss set, dich verhindern gerecht, großmüthig, måßig, weise, vorsichtig auffrichtig, ehrbar, fren, oder sonst der Nas tur gemäß, tugendhafft zu fehn? drum besinne dich dies ser Wahrheit bey allen Zufällen, die dich betrüben köns nen: daß alles, was dir zustösst, kein Unglück ist, sons Dern, daß es ein groffes Glück ist, wenn man es muthig zu vertragen weiß.

LIV.

Eine zwar gemeine, aber doch zulängliche Hülffe, zur Verachtung des Todes ist, daß man mit feinen Ges dancken die Anzahl aller derer durchlauffe, welche diesem Leben eifrigst nachgehangen, und deffelben vor allen ans dern genossen haben. Lieber, was haben sie voraus vor Denen, die durch einen frühzeitigen Tod find hingerücket. worden 2 Cadícianus, Fabius, Julianus, Lept

[ocr errors]

dus, und viele andere, sind, nachdem sie vielen Leich-Bea gångnüffen beygewohnet, endlich selbst begraben worden. Die Frist zwischen fremder, und ihrer eigenen Beerdis gung, war kurk Ja, unter wie manchem Elend, mit wela chen Leuten, und in was vor einem Leibe,haben sie diese kurs he Frist zugebracht? Mache demnach nicht so viel Wercks von deinem Leben, sondern gedencke an die unendliche Zeit, die vor dir gewesen ist, und nach dir kommen wird. Was für ein Unterscheid ist in diesem Abgrund, zwischen einem der drey Tage und einem der drey hundert Jahr gelebet hat?

LV.

Gehe allezeit den kürkesten Weg. Dieser ist der Weg der Natur. Derfelbe ist, in allen Dingen reden was vernünfftig, und thun was recht ist. Ein folcher Vorfah wird dir tausend Mühe und Verdruß sparen; denn er ist ohne Bekümmerniß, ohne Streit, ohne Unrus he, ohne Hochmuth und Verstellung.

Des Römischen Käysers Sarcus Aurelius Antoninus

Erbaulicher

Betrachtungen
Fünftes Buch.

I.

Enn du des Morgens nicht gerne auffstehen magst, so gedencke bey dir selbst: Ich soll auffs stehen, das Geschäfft eines Menschen zu vers

richten; wegere ich mich denn etwas zu thun, dazu ich ges bohren bin, und dazu ich bin in diese Welt kommen? Bin ich denn nur dazu gemacht, mich in einem warmen Bette auszustrecken? Aber dis ist angenehm ! Bist du denn zur Wollust gebohren, und nicht vielmehr zur Ars beit? Siehest du nicht die Pflanzen, die Vögel, die Ameisen, die Spinnen, die Bienen? wie sie arbeiten, Die Welt nach ihrer Art zu zieren? und du wilt verabs fäumen zu thun, was menschlich ist? Warum trachtest du nicht denen Dingen nach, dazu dich a) die Natur bes Stimmet hat?...

[ocr errors]

Aber du sprichst: Man muß gleichwohl Ruhe has ben! Es ist wahr. Aber die Natur hat dieser Ruhe ges wiffe Schrancken gefeßt, gleich wie effen und trincken sei ne Zeit hat. Diese Gränzen überschreitest du; duthust an Seiten der Ruhe zu viel, und an Seiten der Arbeit zu wenig; alles fömmt daher, weil du dich selbst nicht recht liebest; thatest du dis, so würdest du deine eigene Naz tur hoch achten, und ihren Trieb gehorchen.

Andre Handwercker lassen sichs bey ihrer Arbeit fo fauer werden, daß fie darüber dürre und hager wers den Sie vergessen Effen und Trincken, und bringen ihr Leben zu, ohne sich zu baden; b) und du machest weniger Werck von deiner Natur, als ein Drechsler von seiner Kunft, als ein Tanker vom Tanke, als ein Geizhals vom Gelde, als ein Ehrbegieriger von dem eis

teln

a) Die Natur bestimmet. Der Mensch ist zur Arbeit ge bohren/wie der Vogel zum fliegen. Er ist auch nimmer ruhis ger/als wenn er arbeitet. Die Müßiggånger felbft / zuar. beiten fich/thr eigenes Hetzeleid zu verfertigen.

b) und du machest weniger Werck ic. Der Käyser meynt/ es fey vernänftig z wenigstens so viel Mühe auf unsere wahre Glückseligkeit/ als jene zum Theils auf ihre Unglückseligkeit/ zu verwenden.

telni Ruhm? Diese Menschen wollen lieber ausführen was sie unter Handen haben, als essen oder schlaffen. Meinest du etwa, daß die Verrichtungen, so zum gemei nen Wohlstand erfordert werden, weniger Mühe und Fleiß verdienen?

II.

Es ist nicht schwer, dich aller verdrieslichen Einbil dung zu entschütten, und dich also in eine völlige Zufries denheit zu stellen!

III.

Glaube, daß du alles sagen, und thun müssest, was deiner Natur anständig ist, c) ohne um die Nachreden dich zu bekümmern, welche solches dir zuziehen kan. Ist etwas gut, so du zu reden oder zu thun vermagst, so laß dich davon nichts abhalten. Deine Tadler haben ihre Absicht, und sie folgen ihren Bewegungen; darauf muft du nicht achten, sondern den geraden Weg fortgehen, deiner, und der gangen Natur zu Folge. Beyde aber haben einerley Weg.

IV.

d) Ich lauffe den Weg der Natur, biß ich mich zur Ruhe niederlege; da werde ich den Geist aufgeben in die Hände deß, von welchen ich ihn empfangen habe. Da wird mein Leib alsdenn wieder an den Ort kehren, daraus mein Vater und meine Mutter die Bluts

c) Ohne/um die Nachreden/dich zu bekümmern. “Der. gleichen Standhaftigkeit fordert noch vielmehr das Christen. ttum. 2. Cor. VI.4-8. Durch böse Gerücht/ und gute Gerücht. Ic.

d) Wie anmuthig führet ihm Antoninus hie feinen Uhrsprung Ju Gemüthe: Du bist Erde/ und folt zur Erden wer den/ und wie demüthig erweiset sich hie ein mächtiger Käyser/ indem er sich fast unwürdig erkennet/ die Erde/als seine güti ge Wohlthäterin/mit Füssen zu treten.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »