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oft in gehobener Stimmung das geistliche Lied angestimmt, das den Schluß des Mahles bildete.

Ich benußte diese Gelegenheiten, um Angelegenheiten der Kirche, Schule, Gemeinde, oder zeitgemäße christliche Ideen unter das Volk zu bringen, um die Gemeinde für Dies oder Jenes zu erwärmen, um wider diese oder jene üble Sitte ein Wort einzulegen. Was ich sonst erreichen wollte, das betrieb ich auf meinen besonderen Pfarrwegen durch Hausbesuche. In einer halben Stunde konnte ich an die äußersten Enden meiner Gemeinde kommen, und es stand daher in der That jedes Haus unter meiner pfarramtlichen Controle. Ich war gern gesehen, wann und wohin ich kam, seßte mich gern mit den Leuten an ihren Tisch, um den unvermeidlichen Kaffee mit ihnen zu trinken. Sie kamen auch wieder, namentlich im Winter, gern zu mir und theilten mit mir, was auf meinem Tische war. So gewann ich einen nicht geringen Einfluß auf die sittliche Haltung des Lebens in der Familie, konnte strafend, versöhnend, ausgleichend einwirken, konnte die Jungen leiten und den Alten rathen, und erntete wol Widerspruch und Undank, aber auch Dank und reiches Vertrauen. Ich führe hier nur einen Erfolg an. In den acht Jahren meiner dortigen Beamtung ist wider Schulversäumnisse keine einzige Strafe verhängt worden. Dies erreichte ich dadurch, daß ich eine außerordentliche Commission zur Ueberwachung der Versäumnisse errichtete, und wo dies nicht ausreichte, persönlich zu jedem Schulverächter mit freundlich ernster Ermahnung trat. Als ich die Gemeinde verließ, durfte ich sagen, daß in derselben sich kein Herz befand, in dessen Tiefen ich nicht geblickt, zu dem ich nicht in ein persönlich seelsorgerisches Verhältniß getreten und das wieder zu

mir nicht einen persönlichen Vertrauensstand gewonnen hatte. Erzählte ich diese Dinge, um mich zu rühmen, der Ruhm wäre eitel! Denn es war ja heilige Amtspflicht nur, der ich nachkam und das oft unter großer Schwäche und vielen Fehlgriffen; der geringe Umfang meiner sonstigen Amtsgeschäfte ließ mir für diese Specialisirung volle Muße, und vor allen Dingen trug mich das entgegenkommende Vertrauen und die Liebe der Gemeinde. Hätte sie nicht diesen patriarchalischen Sinn in sich bewahrt; hätte sie nicht diese schöne Vererbung von ihren Vätern überkommen gehabt, welche den Geistlichen nicht bloß als Religionslehrer und Prediger, sondern vielmehr als den ansah, der von Gotteswegen berufen fei, alle Angelegenheiten ihres innern und äußeren Lebens in fein seelsorgerisches Herz aufzunehmen, hätte sie die tragende Liebe nicht gehabt, welche dem Eifer und der Wärme des jungen Geistlichen, um seiner guten Meinung wegen viele Mißgriffe nachsah, nie hätte ich diese Resultate erreichen können. Dann kamen ja auch die localen Verhältnisse hinzu. Aus 450 Seelen bestand meine Ges meinde. Mögte doch nie ein Geistlicher mehr als 1000 Seelen in seiner Gemeinde haben! Ich habe des guten Kirchenbesuches Erwähnung gethan. Wenn dawider gesündigt ward, so pflegte ich dies nicht in der Kirche zu rügen, wo, wie mit Recht gesagt wird, eben diejenigen, welche die Rüge verdienen, nicht zugegen find, und die zugegen sind, die Rüge nicht verdienen; der eigenthümliche, köstliche Vertrauensstand, den mir die Gemeinde einräumte, der persönlich rege Verkehr, in welchen ich zu jedem Mitgliede trat, gestattete auch eine persönliche Verhandlung dieses Gegenstandes und

meine Ermahnungen blieben nie unbeachtet. Soll ich mir dies zum Vorwurf machen? Ich meine nicht. Wozu hat der Herr die Zionswächter bestellt? was heißt es, wenn Er spricht, weide meine Schafe? was heißt im Allgemeinen die cura animarum specialis? Der Rationalist freilich, als Geistlicher, darf nie solche Sprache führen und wird sie auch nicht führen, denn er predigt sich und nicht Christum, den Gekreuzigten. Wenn aber unser Herz durch den Glauben das selige Dienen und den seligen Dienst am Wort begriffen hat, wenn unser eigenes Leben gläubig in die freimachende Gnade gestellt ist, wenn wir täglich selber schmecken, wie freundlich der Herr ist, so haben wir den sündigen Menschen in uns gleichsam abgelöst vom heiligen Amte (sit venia verbo,) und dürfen aus Liebe zum Herrn auch den uns anvertrauten Seelen sagen : verlasset nicht die Versammlungen, kommet in die Gottesdienste, kommet und schmecket, wie freundlich der Herr ist.

Auch die gottesdienstliche Ordnung hielt ich mit Strenge inne. Es war nicht möglich, die üble Sitte abzuschaffen, nach welcher ein Theil der Gemeinde erst während des leßten Liedes in die Kirche kam. Aber die andere üble Sitte, fofort nach dem Amen der Predigt die Kirche zu verlassen, gelang es mir, abzuschaffen. Ich machte darin auch eine eigene Erfahrung. Von Ostern bis in den Herbst ward gleich nach der Predigt mit der Jugend catechisirt. Im ersten Jahr liefen nicht blos die Erwachsenen fort, ehe die Catechisation begann, sondern es fehlte mir auch die Jugend. Lehteres aber änderte sich bald, aber vergeblich arbeitete ich daran, durch systematische Catechisationen auch die Alten zu locken. Da sprach ich mit einem meiner Bauern, der ein intelligentes und lebendiges

Glaubensleben führte, über diese Sache, und erhielt den schlichten Rath:,,catechisiren Sie doch über die Sonntagsperikope, worüber Sie eben gepredigt haben, und Sie werden sehen, daß wir bleiben, denn es ist vielen Schwachen nöthig und uns Allen lieb, die Wahrheiten des Evangeliums noch einmal und in schlichterer, mehr kindlicher Fassung ausgelegt zu hören." Ich befolgte diesen Rath, hielt keine socratische und systematische Catechisation, sondern eine erbauliche Kinderpredigt über das eben gepredigte Evangelium, ward von der vorhaltenden Predigtwärme dabei getragen und fah bald, daß die ganze Versammlung blieb und sich darüber freute, daß ich so eindringlich zu ihren Kindern redete. Wollte ja Jemand fortgehen vor dem Segen, so ließ ich dies nicht ungerügt; ja einem Bauern, der mit schnellen Schritten aus der Kirche eilte, rief ich nach: er möge den Segen des Herrn nicht unter die Füße, sondern ins Herz nehmen. Das half, der Fall kam nie wieder vor. Nimmt Jemand Anstoß an dieser meiner Kirchenzucht, wol, er möge das thun. Aber die Kirchenzucht ist so alt, als die Kirche, und daß sie uns vers loren gegangen ist, hat mehr zum Verfall der Kirche beiges tragen, als der eingedrungene Unglaube. Dieser aber hat die humanistischen, dämonischen Tendenzen in die Kirche getragen und vor diesen ist das Bollwerk der Kirche, die Kirchenzucht, gefallen. Wird jemals wieder ein volles Bewußtsein von der Kirche Christi unter uns erwachsen, so wird dies sein ernstes Leben auch nothwendig wieder als sittliche Kirchenzucht ausprägen müssen. Nur der Unglaube kann die Nothwendigkeit derselben verkennen.

Hier kann ich es auch nicht unerwähnt lassen, daß ich bis jest immer über die Perikopen gepredigt habe. Was dafür

und dawider geredet ist, das ist an mir nicht unbeachtet vorüber gegangen. Aber ich habe mich noch immer nicht entscheiden können, diese eigentliche Volksbibel zu verlassen, habe mich zu der Wahl freier Texte nicht hergeben mögen, noch darin einstimmen können, wenn Harms in seiner Pastoraltheologie sagt, daß sich aus den Perikopen ja nicht einmal die Lehre von der Rechtfertigung herauspredigen lasse, noch wenn Andere sagen, daß auf diese Weise das christliche Volk nur Bruchstücke der Bibel kennen lerne. Wol, es mag dies sein. Aber wann wird das evangelische Volk ein Bibelvolk werden, und wird es dies mehr, wenn ihm in freien Texten neue Bibelbruchstücke gegeben werden? Was aber die Fundamentalsäße der Kirchenlehre betrifft, die in den Perikopen nicht ihre Vertretung finden sollen, so meine ich, daß diese Ansicht wol auch nicht frei von Irrthum ist. Unsere Gottesdienste sollen keine Schule sein im specifischen Sinne des Wortes; die Kanzel ist kein Lehrstuhl, sondern die Stätte des Zeugnisses von Christo, die Stätte, von welcher nicht bloß lehrhaftes, sondern lebendiges Leben ausströmt. Theologische Disciplinen im Lehrton, systematische Unterweisungen gehören nicht dorthin. Warmes Leben, Buße und Gnade aus dem Schaß eigener Erfahrung gehört dahin, denn auch der Gottesdienst ist nicht ein Dienst am Buchstaben, sondern die Darstellung des entfremdeten und des verföhnten Lebens vor Gott. Die Perikopen aber hindern uns nicht, die Predigt in die Gesammtheit der Offenbarung einzuführen, wenn auch ihr nur ein Bruchstück dieser als Text unterlegt ist. Nicht daß wir über Bruchstücke heiliger Schrift predigen, das werden wir immer thun müssen, auch wenn freie Texte gewählt werden, sondern, daß unser eigenes Leben

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