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der Echrift, sondern auch in Scriver, Müller, Arndt. Sie war geistliche Dichterin, aber vor allen Dingen war sie eine demüthige, tiefgläubige Natur. Da stand ich nun an ihrem Krankenbett, empfangen von dem herzlichsten Vertrauen, lernte aber bald mit tiefem Schmerz erkennen, daß sie ein viel reicheres, tieferes, feligeres Leben in Christo führte, als ich, daß sie auf einer Glaubenshöhe der Erfahrung stand, in einer Wahrheit und Klarheit des wiedergeborenen Lebens, von dem mir kaum eine Ahnung geworden war. Das war meine erste Schule. Sie dauerte anderthalb Jahre. In dieser Zeit besuchte ich die Kranke, die nur wenige Häuser von mir entfernt wohnte, fast täglich. Daß ich dies that, danke ich noch Gott. Ich kann es nicht beschreiben, wie oft und wie sehr ich am innern Menschen durch sie gedemüthigt bin, welche Kämpfe das hoffärtige, widerstrebende Fleisch in mir gekämpft hat, das in diese tägliche Schule der Erniedrigung nicht gehen wollte, welche Anklagen ich mit mir hinwegtrug, die zu Seufzern wurden um ein neues Herz und einen neuen gewissen Geist. Es war aber eine segensreiche Schule und als der Herr die fromme Seele heimrief, da war ich an vielen Dingen reicher geworden, die sich nicht in Compendien und Heften finden, wol aber in dem nicht geschriebenen Buche des Lebens in Gott. Ich ging weiter auf dem begonnenen Wege. Wie die Gefunden mir still halten mußten, wie ich ein persönliches Verhältniß zu jedem Gemeindegliede anstrebte, so viel mehr die Kranken. Und sie sahen mich gern kommen. Herzlich fühlte ich mich erquickt, wenn etwa bei schlechtem Wetter und Wege der Kranke oder die Seinigen mir mittheilten, wie er den ganzen Tag in das böse Wetter geblicket und gefragt hatte: sollte auch wol der Prediger kommen? In Fällen, wo es sich weni

ger um das Element der Seelforge handelte, habe ich auch gern namentlich diätetische Vorschriften gegeben, und getrieben, daß man den Arzt zeitig hole. So lange ich da war, kann ich fagen, ist keiner gestorben, der nicht mir gestorben, an dessen Krankenbette ich nicht stand. Mein Verfahren ward durch die individuellen Zustände bestimmt. Die geistliche Diagnose war mein erstes Bemühen, und ist es noch. Ich fiel nicht mit der Thür ins Haus, sondern suchte erst den Seelenzustand zu erforschen, ging dann vom leiblichen auf das geistliche, vom zeitlichen auf das ewige Gebiet. Waren wir zu einer Einheit des Glaubens gekommen, so ließ ich den Kranken ein Gebet sprechen, betete mit ihm und für ihn, je nach dem der Herr mir gab auszureden.

Der Erfahrungen, die ich auf diesem Gebiete gemacht habe, könnte ich gar viele mittheilen. Eine statt vieler. Ein angesehener, aber streitsüchtiger Bauer, der ein Leben in Selbstgerechtigkeit und Geschlechtsfünden geführt hatte, erkrankte schwer am Nervenfieber. Ich besuchte ihn täglich. Es wollte lange nicht mit uns gehen. Er verschloß sein Herz wie der Buße, so der Gnade und überall zerschlagen in seinem Gewissen, hielt die selbstgerechte Natur dennoch zurück mit dem Bekenntniß: Gott sei mir Sünder gnädig. Über die Macht der Krankheit brach doch das starre Eis. Einst, als ich selbst in halber Verzagtheit, daß sich doch gar kein Weg zu feinem Herzen bahnen lassen wollte, an seinem Lager stand, griff ich zu der starken Gebetswaffe und legte die Nicodemusseele warm hin an die Brust Des, der Gebet erhört. Noch während ich betete, rannen Thränen aus dem Auge des Kranken und als ich Umen gesagt, seufzte er: ach wenn ich doch auch beten könnte. Nun ging mir das volle Herz in

warmer Rede über; Gott gab es mir, ihn zu überzeugen, daß es ihm an der Buße fehle, daß er kränker sei in seinen Sünden an der Seele, als am Leibe. Ich wies ihn hin auf den Arzt der Mühseligen und Beladenen und verließ ihn mit der Mahnung, er möge bitten um ein rechtes Gebet. Als ich am folgenden Tage wiederkam, war ein Neues geworden. Mit fröhlichem Auge grüßte er mich, und sein erstes Wort war: nun kann ich beten. Die Krisis an der Seele war von einer ähnlichen am Leibe begleitet. Er genas, und ging bald wieder die alten Sündenwege. Da sollte ich mit ihm andere Kämpfe durchmachen. Damals war eine neue Sabbathsordnung erlassen, die lax und lau sonst, doch die Bestimmung hatte, daß für jedes öffentliche Gelag und Lustbarkeit eine bestimmte geringe Abgabe an die Armenkasse zu erlegen sei. Sowol um der Zucht willen, als auch als Präses der Armencommission, überwachte ich diese Verordnung mit Strenge. Wie es gewöhnlich kommt, suchte auch hier die Vergnügungssucht das Gefeß zu umgehen. Man verlegte die Gelage aus dem Gasthause in die Häuser einzelner Bauern, die bei dem großen Landbesig unserer heimischen Hufenstellen Raum genug boten. Nun war es keine öffentliche, sondern eine Privatgesellschaft. Einer der einzelnen Bauern, der sein Haus zu einer solchen Umgehung des Gefeßes hergab, war jener gewesene Kranke. Er ward von der Armencommission, oder vielmehr von mir, bei der nächsten richterlichen Behörde verElagt. Diese indeß roch auf ihrem weltlichen Standpunkt überall, wo die Geistlichen eine ernstere Kirchenzucht einzus führen strebten, nur Hierarchie. Der Bauer gewann und wir verloren. In seiner Siegesfreudigkeit kam er zu mir, wol nicht in der bestimmten Absicht, mich zu beleidigen, aber

doch schwerlich in freundlicher Absicht und theilte mir seinen Sieg mit. Ich sagte ihm in kurzen derben Worten meine Meinung und jagte ihn aus der Thür. Es war das erste Mal und ist das lehte Mal geblieben, daß ich diese ultima ratio habe anwenden müssen. Die Streitfache ging ihren Gang. Die Armencommission appellirte an die höhere richterliche Behörde; der Bauer nahm einen Advokaten an, der ihm manchen Thaler aus dem Beutel schrieb. Er verlor und wir gewannen in lehter Instanz. Als er sein Urtheil in dem vier Meilen entferntem Umthause empfangen hatte und nun in bedeutende Kosten gestürzt, um seine vermeintliche Ehre gebracht, (denn ein rechtskundiger Bauer ist auf dem Lande eine bedeutende Autorität) und in Wintersturm und Unwetter zurückgekehrt war, da brach sein Körper zusammen und er ward heftig krank. Es war am späten Abend, keine Stunde, nachdem er sein Haus erreicht hatte, als sein Sohn mir weinend die Bitte des Vaters brachte, ihn doch gleich zu besuchen. In dunkler Nacht eilte ich zu ihm und ohne daß ein Wort unser persönliches Verhältniß berührte, erhoben wir betend Herzen und Hände miteinander und fast in meinen Armen starb er. Noch sehe ich den dankenden Blick seines Auges, als ich mit ihm und über ihn gebetet hatte, und glaubte fortan fester an die Macht des Herrn, Herzen zu lenken wie Wasserbäche.

Erleichtert wurden mir die seelsorgerischen Bemühungen durch den guten Stand des religiösen Wissens in der Gemeinde. Auch die Alten hatten den Katechismus Lutheri noch immer, hatten Bibelkunde, hatten einen reichen Schat von geistlichen Liedern inne. Ich bin später an Krankenbetten gestanden, wo der Kranke nicht einmal das Vater Unser

kannte; in dieser Gemeinde war es nicht so. Fast immer empfingen mich die Kranken mit einem Bibelwort oder Liedervers, und forschte ich näher nach, so hatte dieses Wort eine Geschichte in ihrem Leben, hatte mit ihnen gute und böse Tage erlebt und war oft wie Trost so Leitstern gewesen in trüben Stunden. Ich nahm regelmäßig für meine Betrach= tungen den Ausgang von diesem Wort, suchte ihr krankes Leben noch tiefer in dasselbe hineinzustellen und oft ist mir ein solches Wort der Tert für die zu haltende Leichenpredigt gewesen. Der Werth eines solchen Wortes, das eine Geschichte in unserem Leben gewonnen hat, ist nicht hoch genug anzuschlagen. Welche Worte ich ihnen auch sonst brachte, den vertrauten Klang des mit und in ihnen lebendig gewordenen Worts hatten sie nicht. Dies hat mich auf die Nothwendigkeit verwiesen, den Confirmandenunterricht streng biblisch zu halten, Spruchbücher anlegen zu lassen, Liederverse aufzugeben und überall neben dem Wissen erbauliche Belebung anzustreben. Bei der oft vorhandenen großen Dürftigkeit des religiösen Wissens und Verständnisses, die sich bei manchen Confirmanden herausstellt, hat mich der Gedanke an ein solch schlagendes Bibelwort getröstet. War es auch nur scheinbar dem Gedächtniß eingeprägt, der Geist des Herrn, der in jedem Herzen und in jedem getauften Christen seine verborgene Werkstatt hat, wird die Stunde schon finden, in welcher er das schlummernde Saatkorn lebendig macht, und was oft nicht durch hundert Predigten ausgerichtet wird, das wird durch ein kleines kurzes Bibelwort bewirkt. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?" Jer. 23, 29.

Es giebt aber kein Gebiet des Amtes, das den Geistlichen.

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