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Die Taktik der Kohortenlegion.

Von G. Veith, k. und k. Hauptmann.

Phalanx immobilis est et unius generis, Romana acies distinctior, ex pluribus partibus constans, facilis partienti, quacumque opus esset, facilis iungenti.

Livius, IX. 19.

In meiner Geschichte der Feldzüge C. Julius Caesars1) hatte ich mich gezwungen gesehen, meine Ansicht über die Treffen- und Intervalltaktik der römischen Legion, insbesondere Delbrück gegenüber, zu präzisieren. Der Natur der Sache nach und dem Rahmen des Buches entsprechend erfolgten diese Ausführungen in einem auf das Nötigste reduzierten Umfange. Die Folge war nicht nur, dass manches, was zu erwähnen zwar nicht dringend geboten, aber doch wünschenswert erschien, eben wegblieb, sondern auch, dass manches nicht so klar und unzweideutig gesagt wurde, wie man es wohl hätte verlangen dürfen; besteht doch die grösste Schwierigkeit des Schriftstellers, der ja über das, was er schreibt, sich selbstverständlich vollkommen klar ist, in der Beurteilung, ob die Leser, die ja nicht im Vorhinein wissen können was er meint, dies aus seinen Worten auch mit aller Klarheit zu entnehmen imstande sind.

Eine vorläufig nur auf privatem Wege angeknüpfte Diskussion hat mir nahegelegt, dass beide Mängel meiner Arbeit nicht fremd sind: dass sowohl das rege Interesse, welches diesem ziemlich verfahrenen Problem entgegengebracht wird, im Sinne meiner in mancher Hinsicht neuen Auffassung eine erschöpfende Ausführung wünschenswert macht, dass aber auch eine klarere Präzisierung des bisher Gebotenen stellenweise sehr am Platze wäre. Im folgenden soll versucht werden, beiden Anforderungen in Form einer möglichst erschöpfenden und abschliessenden Behandlung der Frage gerecht zu werden2).

Bei dem von mir stets betonten Umstande, dass die grösste Schwierigkeit bei Behandlung derartiger Probleme in der Durcharbeitung nicht der

1) Wien, Seidel & Sohn, 1906.

2) Im Interesse der Vollständigkeit und Unabhängigkeit dieser Arbeit habe ich die in Betracht kommenden Stellen aus meinem eingangs zitierten Buche hier übernommen. Klio, Beiträge zur alten Geschichte VII 3.

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Originalquellen, sondern der einschlägigen modernen Literatur liegt, müssen wir uns vor allem darüber klar werden, mit wem wir es auf diesem Gebiete zu tun haben. Die in Betracht kommenden Autoritäten lassen sich logisch in drei Gruppen teilen:

1. Praktische Militärs,

2. Historiker.

3. Philologen.

Wir werden sehen, dass die exklusive Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen nicht genügt, um an Probleme unserer Art sich heranwagen zu können; aber es ist nicht nur interessant, sondern auch sehr dankbar, die Persönlichkeit jedes Autors nach obigen Schlüssel gewissermassen in ihre Bestandteile aufzulösen, zu untersuchen, welchen Anteil der Militär, der Historiker und der Philologe an seinem Werke hat; wobei ich gleich bemerke, dass die äussere Berufstellung des Betreffenden mit seiner Klassifizierung in dieser Hinsicht weniger zu tun hat, als man im allgemeinen glauben sollte.

Dass bei spezifisch taktischen Problemen, wie es das unsere ist, der praktische Militär nicht nur für die Beurteilung, sondern in noch höherem Grade für die Kritik des auf diesem Gebiete literarisch Geleisteten in erster Linie in Betracht kommt, werden wohl auch die Angehörigen der beiden. anderen Gruppen nicht leugnen können. Dass aber von unsern praktischen Militärs relativ sehr wenige die klassischen Sprachen genügend beherrschen, um auf Grund direkter Quellenstudien positive Resultate zeitigen zu können. ist bedauerlich aber wahr, und wohl der Hauptgrund, warum es auf diesem Gebiete zu einer derartigen Konfusion überhaupt hat kommen können.

Dass die zweite Gruppe gleichfalls absolut imstande und berufen ist, auch militärische Fragen zu diskutieren und zu entscheiden, soweit sie historischer Natur sind, wird vice versa auch der Militär nicht leugnen dürfen. Hier aber ergibt sich für den Historiker, der keine persönliche militärische Praxis besitzt, die unausweichliche Notwendigkeit, die Anlehnung an die als militär-fachmännisch verlässlich erkannten Quellen ausnahmslos peinlich genau einzuhalten. Dass dies wiederum in vieler Hinsicht schwer vernachlässigt wurde, ist der zweite Grund für die oben angeführte Konfusion 1).

Was endlich die dritte Gruppe anbelangt, so ist der Philologe als 1) Besonders Delbrück ist in dieser Hinsicht, in der souveränen Missachtung. ja Misshandlung der Quellen, bis zum Extrem gegangen und hat damit die gesamte Forschung auf diesem Gebiete ihrer einzigen Basis beraubt. Es ist demnach nur auf das freudigste zu begrüssen, dass, nachdem schon vorher einzelne seiner treuesten Anhänger an ihrem Meister einigermassen irre geworden, in neuerer Zeit insbesondere eine Autorität wie J. Kro mayer in energischster Weise bestrebt ist, den Quellen ihr unbestreitbares Recht zu wahren und damit die ganze Forschung wieder auf eine positive Basis zu stellen.

solcher zur Beurteilung taktischer Probleme wohl nicht berechtigt. Denn das rein grammatikalische Verständnis des überlieferten Textes steht in gar keinem Zusammenhange mit dem der Beurteilung vom militärischen Standpunkte. Wenn trotzdem wirkliche Philologen auch auf diesem Gebiete manches und durchaus nicht geringes geleistet haben, so ist dies ausschliesslich darauf zurückzuführen, dass jeder gebildete Philologe schliesslich auch bis zu einem gewissen Grade Historiker ist; und dann hat eben in ihm nicht der Philologe, sondern der Historiker den Löwenanteil an der Leistung, vielleicht ohne dass er sich dessen bewusst geworden. Dass aber bei so manchem der Philologe den Historiker in die zweite Linie gedrängt hat, das ist der dritte Grund für den nicht ganz wünschenswerten Zustand unserer Fragen.

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Wer sich an diese Probleme heranwagt, muss sonach gewissermassen alle drei Gruppen wenigstens bis zu einem gewissen Grade in sich vereinigen. Er muss Philologe sein, um die Quellen benützen zu können: er muss Historiker sein, um den allgemeinen geschichtlichen Zusammenhang zu verstehen und alle jene zahlreichen Faktoren zu berücksichtigen, welche auch auf die Entwicklung des Kriegswesens jederzeit von aussen eingewirkt haben: er muss schliesslich praktischer Militär sein, um ein massgebendes Urteil über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der gewonnenen Deduktionen zu besitzen.

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Gross ist die Zahl derer, die der vorliegenden Frage zum Teile leider mit ebenso grossem Ueberfluss an Gelehrsamkeit wie Mangel an praktischem Verständnis ihr Augenmerk zugewandt, und von denen selbstverständlich jeder einzelne bona fide behauptet zu einem alleinseligmachenden Resultate gelangt zu sein. Im Nachfolgenden sollen nur jene erwähnt werden, welche heute überhaupt noch als diskutabel in Betracht kommen:

Rüstow) ist der Ansicht, dass die Legion sowohl in der Quincunxstellung bereitgestellt wurde, als auch in derselben gekämpft habe. Die Unterstützung der kämpfenden Truppen durch die Reserven erfolgte normal durch Einrücken ganzer Kohorten in die dementsprechend reservierten. Intervalle der Front, bei gleichzeitiger Ablösung der bis dahin im Kampfe gestandenen.

Delbrück) verwirft die schachbrett förmige Quincunxstellung überhaupt; bei ihm sind die einzelnen Treffen fortlaufende, im Kampfe ununterbrochen zusammenhängende Linien; nur für den Anmarsch vor dem Kampfe konzediert er ganz kleine Intervalle, die aber im Momente

1) W. Rüstow, Heerwesen und Kriegfuhrung C. Julius Caesars. 1862, p. 114-136.

Nordhausen,

2) H. Delbrück, Die rómische Manipulartaktik, Historische Zeitschrift, N. F.. Band XV, u. a. a. O.; dann Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, I, Berlin 1900 p. 235-260, dann 375-390.

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des Kampfes, sei es durch Ausdehnung der kämpfenden Fronten, sei es durch Ersatz aus den rückwärtigen Treffen, absolut verschwinden müssen 1). Fröhlich) stimmt im wesentlichen mit Delbrück überein; er konzediert aber nur verhältnismässig kleine Legions- und Korpsintervalle, diese allerdings auch für den Kampf; innerhalb der Legion gibt er keine Intervalle zu. Die Unterstützung erfolgt ausschliesslich durch Einzelablösung. Stoffel) nimmt die schachbrettförmige Quincunxstellung für den Aufmarsch an, lässt aber dann das erste Treffen knapp vor dem Angriff derart aufmarschieren, dass die Intervalle ausgefüllt erscheinen und es eine geschlossen zusammenhängende Linie bildet.

Schneider4) setzt gleichfalls die Quincunxaufstellung für den Aufmarsch voraus, wobei jedoch nach seiner Ansicht die Intervalle nur den Zweck haben, die zur Einleitung des Gefechtes bestimmten Leichtbewaffneten durch dieselben durchzulassen; sobald diese ihren Zweck erfüllt und sich durch die Intervalle zurückgezogen haben, rückt das zweite Treffen in die Intervalle des ersten ein, wodurch eine zusammenhängende Linie entsteht; jetzt erst erfolgt der Angriff.

Um aus diesem Chaos widerstreitender Meinungen zu einem positiven Ergebnisse zu gelangen, muss es unsere Aufgabe sein, die charakteristischen Punkte aller obigen Ansichten zunächst auf Grund praktischer militärischer Erfahrung auf ihre Möglichkeit, und dann, wenn sich dieselbe ergibt, auf Grund der Originalquellen auf ihre faktische historische Existenz zu prüfen. Eines muss zur Kontrolle des andern dienen.

Die diversen Ansichten gipfeln in zwei „springenden Punkten“: Hie Intervalle hie die lange zusammenhängende Linie. Diese beiden Elemente sind es demnach, die wir zuerst nach den oben angeführten Standpunkten untersuchen müssen.

Die Intervalle.

Die Gegner der Intervalle wenden unter versuchter Widerlegung der Rüstowschen Beweisführung gegen dieselben ein, dass sie höchst verhängnisvolle Einbruchstellen abgegeben hätten. Ich glaube, dass es niemandem gelungen ist, die Beweisgründe Rüstows für die Möglichkeit der Intervalle überzeugend zu entkräftigen. Mit der einfachen Behauptung, sie hätten in kürzester Zeit zur Katastrophe führen müssen“, ist dies nicht getan. Der Einbruch in ein leeres Intervall zwischen zwei intakten Ab

1) Ausdrücklich präzisiert Delbrück seine Ansicht nur für die Manipellegion; doch glaube ich in seinen Intentionen zu handeln, wenn ich annehme, dass er dies sein System in analoger Weise auch auf die Kohortenlegion angewandt wissen will. 2) Dr. Fr. Fröhlich, Das Kriegswesen Cäsars, Zürch 1889, p. 150-168.

3) Colonel Stoffel, Histoire de Iules César; La guerre civile. Paris 1887, II. p. 323-349.

4) Dr. R. Schneider, Legion und Phalanx Berlin 1893 p. 100-149.

teilungen, mit einer dritten solchen überdies vor der Front, war entschieden sehr riskiert, abgesehen davon, dass dies eben auch die Auflösung des eigenen Zusammenhanges voraussetzte; die einbrechende Abteilung hatte es sofort nicht mit einem, sondern mit drei Gegnern zu tun; dass zwei davon eventuell bereits frontal beschäftigt waren, fiel bei der relativen Tiefe aller Abteilungen, wie sie eben die Intervallstaktik voraussetzt, wenig ins Gewicht. Von diesem Standpunkte aus war die einbrechende Abteilung entschieden weit schlechter dran, wenn sie in ein leeres Intervall geriet, als wenn sie vorher eine zusammenhängende Linie durchbrechen musste; denn in letzterem Falle trieb sie einen Haufen zurückgeworfener Gegner vor sich her, welche die zum Gegenangriff vorgehenden Reserven in ihrer Waffenwirkung behindern mussten, ja dieselben leicht in ihre Flucht mit fortreissen konnten; im ersteren Falle jedoch rannte sie direkt gegen die Waffen intakter Abteilungen, die sie in der Front und in beiden Flanken bedrohten.

Dass bis zu einem gewissen Grade die Intervalle auch im Kampfe eine Notwendigkeit sind, dass ohne sie jede Elastizität, jede Möglichkeit einer planmässigen Gefechtsführung verloren geht, haben auch die meisten Gegner der Intervalle gefühlt und darum halbe Konzessionen gemacht. Fröhlich konzediert, wie wir gesehen haben, die Legions- und Korpsintervalle. Schneider spricht dies zwar nicht direkt aus, doch ergeben sie sich nach seinem System notwendig, da ja im Momente des Einrückens keine Kohorten im zweiten Treffen vorhanden sind, welche die Intervalle zwischen den Flügelkohorten zweier nebeneinanderstehender Legionen ausfüllen könnten. Warum, frage ich, waren diese Legions- und Korpsintervalle nicht gefährlich? Warum boten sie nicht eine ebensolche Gelegenheit zum Einbruche wie die Intervalle innerhalb einer Legion, umsomehr, als dort wahrscheinlich keine Reserven so nahe zur Stelle waren wie hier? Wo liegt da der Unterschied?

Und nun zu den Quellen.

Für die Manipellegion werden die Intervalle sehr oft ausdrücklich erwähnt (Livius VIII. 8, Polybius III. 73, XI. 22, XV. 9 etc.); aber auch für die Kohortenlegion finden sich unwiderlegliche Belege.

Das berühmte Intervall in Caes. b. g. V. 15, das niemand wegleugnen kann (ob nun die beiden Kohorten derselben Legion angehört haben oder zwei verschiedenen, ob sie ferner aus demselben Tore ausmarschiert sind oder nicht, ist billigerweise ganz gleichgültig) wurde vom Feinde durchbrochen. Der Durchbruch gelang, zunächst weil kein zweites Treffen vorhanden war. Und trotzdem litten die beiden Kohorten nicht wesentlich; von einer Katastrophe" ist keine Rede. Sie konnten einfach nicht den Durchbruch verhindern, das war alles, und auch das nur, weil sie noro genere pugnae perterriti waren. Der Umstand, dass dies ausdrücklich als Entschuldigung angeführt wird, lässt darauf schliessen, dass den Kohorten

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