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Einleitung.

I.

Begriff und Gegenstand der Moralphilosophie.

1. Die Moralphilosophie oder Philosophie der Sitten (philosophia moralis, Ethit) ist ein Teil der Philosophie, kann also, wie jeder Teil, nur aus dem Zusammenhang mit dem Ganzen vollständig begriffen werden.

Was ist Philosophie? Die Philosophie ist die sichere Erkenntnis der Dinge aus ihren legten und höchsten Gründen, soweit sie mit dem natürlichen Lichte der Vernunft erreichbar ist. Moralphilosophie ist nun jener Teil der Philosophie, der sich mit der sittlichen Ordnung befaßt und dieselbe aus ihren lezten Gründen zu begreifen sucht. Mithin kann die Moralphilosophie definiert werden als die aus den höchsten Vernunftgrundsägen mit dem natürlichen Lichte der Vernunft geschöpfte Wissenschaft vom sittlichen Handeln des Menschen. Also ist

a) die Moralphilosophie eine Wissenschaft, d. h. ein System von be= wiesenen Schlußfolgerungen, die sich auf denselben Gegenstand beziehen. Sie ist mehr als eine bloße Zusammenstellung allgemeiner Regeln, die das sittliche Handeln der Menschen zum Gegenstande haben.

Moralphilosophie ist deshalb nicht gleichbedeutend mit Sittenlehre. Jedes, auch das ungebildetste Volk hat seine Sittenlehre, d. h. eine Summe von Vorschriften über das sittliche Verhalten des Menschen, mögen sie nun schriftlich aufgezeichnet sein oder nicht. Die Natur hat weise dafür gesorgt, daß jeder Mensch über einen Vorrat von sittlichen Begriffen und Grundsäzen verfügt, die für den praktischen Hausbedarf des täglichen Lebens ausreichen, ohne daß er erst auf die Ergebnisse der Wissenschaft zu warten brauchte. Die Moralphilosophie aber ist die philosophische Bearbeitung der Sittenlehre. Diese bildet den Gegenstand, den die Moralphilosophie wissenschaftlich zu erfassen, zu ordnen und auf seine letzten Gründe zurückzuführen strebt.

b) Gegenstand (Materialobjekt) der Moralphilosophie sind zunächst und hauptsächlich die sittlichen Handlungen der Menschen. Was eine Handlung zu einer sittlichen mache, wird später zu untersuchen sein. Hier ge= nüge es, zu bemerken, daß nur die freien, bewußten Handlungen sittlich sein können. Niemand wird einen Menschen für ein Tun oder Lassen verantwortlich machen, loben oder tadeln, das gar nicht von seinem Willen abhing. Ferner gehört zum Gegenstand der Moralphilosophie alles, was das sittliche Handeln irgendwie beeinflußt, wie z. B. das Gesez, das Gewissen usw.

Cathrein, Moralphilosophie. I. 4. Aufl.

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Die besondere Rücksicht, unter der die Moralphilosophie die sitt= lichen Handlungen betrachtet (das Formalobjekt), ist ihre sittliche Gutheit oder die ihnen als menschlichen Handlungen zukommende rechte Ordnung.

Was ist recht? Recht (rectum) nennt man dasjenige, was seiner Norm entspricht oder so ist, wie es sein soll. Man unterscheidet in Bezug auf das Handeln der Menschen eine doppelte rechte Ordnung (rectitudo): die sittliche und die künstlerische. In künstlerischer Beziehung ist eine Handlung recht, wenn sie den Regeln der Kunst und dem besondern durch sie zu erreichenden Zweck entspricht. So ist ein Sah recht, wenn er den Regeln der Grammatik entsprechend den Gedanken klar und bestimmt zum Ausdruck bringt. Im Deutschen sagen wir für recht in diesem Sinne meist richtig. Eine Schlußfolgerung ist richtig (recht), wenn sie den Denkgesehen entsprechend sicher zur Erkenntnis der in den Vordersägen enthaltenen Wahrheit führt.

Nennen wir aber eine Handlung sittlich recht oder auch einfachhin ohne weiteren Zusatz recht, so denken wir nicht an ihre Beziehung zu irgend einem besondern Zweck, sondern an ihre Beziehung zum Handelnden selbst. Ist sie dem Handelnden nach der Besonderheit seiner Natur ent= sprechend, angemessen, so nennen wir die Handlung recht (gut); ist sie es nicht, so nennen wir sie unrecht (schlecht). So kann eine Rede in rhetorischer Beziehung und mit Rücksicht auf ihren Zweck schlecht, in sittlicher Beziehung aber gut sein, wofern sie aus der rechten Gesinnung hervorgeht. Umgekehrt kann die Handlung eines Malers von künstlerischem Standpunkt recht und gut sein, während sie vielleicht vom sittlichen Gesichtspunkt aus dem schärfsten Tadel unterliegt. Ein schlechter Mensch kann ein guter Künstler, und ein schlechter Künstler ein guter Mensch sein. - Die Moralphilosophie hat es mit den Handlungen in Bezug auf ihre sittliche Gutheit oder Rechtheit (rectitudo) zu tun.

c) Die Quelle der Moralphilosophie sind die obersten Vernunftgrundsäze. Hierdurch unterscheidet sich die Moralphilosophie von den andern Wissenschaften, die ebenfalls das sittliche Handeln zum Gegenstand haben. Auch die Moraltheologie ist eine Wissenschaft, die sich mit dem sittlichen Handeln der Menschen befaßt, aber ihre vornehmste Quelle ist die Offenbarung, der sie ihre Grundsäße entlehnt. Sie sezt die Erhebung des Menschen in die übernatürliche Ordnung voraus und zeigt ihm, wie er nach den Grundsäzen des Glaubens und mit Hilfe der übernatürlichen, von Christus eingesetzten Gnadenmittel sein Leben ordnen müsse, um sein übernatürliches Ziel zu erreichen. Die Moralphilosophie dagegen schöpft ihre Grundsätze aus der natürlichen Vernunft, die von der Natur des Menschen unzertrennlich ist. Sie sucht an der Hand dieser Grundsäße wissenschaftlich zu bestimmen, was recht und unrecht, gut und böse sei, wie mithin der Mensch sein Leben einrichten müsse, um als Mensch recht und gut zu sein vorausgesezt, daß er in der rein natürlichen Ordnung existierte sein leztes Ziel zu erreichen.

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Weil jedoch der Mensch tatsächlich in der übernatürlichen Ordnung lebt, so bedürfen die Lehren der Moralphilosophie stets der Ergänzung durch die

sittlichen Vorschriften der christlichen Offenbarung, welche über die natürlichen. Sittengebote vielfach hinausgehen.

Durch den Beisaz: „aus den höchsten Vernunftgrundsäßen“, unterscheiden wir die Moralphilosophie von andern natürlichen Wissenschaften, die sich auch mit dem sittlichen Handeln des Menschen unter verschiedenen Rücksichten be= schäftigen, aber in ihrer Untersuchung nicht bis zu den höchsten und legten Vernunftgrundsäzen hinaufsteigen, sondern von der Moralphilosophie ihre Grundprinzipien entlehnen und ihr deshalb in gewisser Beziehung untergeordnet sind. Dahin gehören z. B. die Rechtswissenschaft (Jurisprudenz), die Pädagogik usw. Denn, was gut und böse, was Tugend und Laster, Gesetz und Verbrechen, Recht und Gewissen sei, wird bei Wahrung der richtigen Grenzen der Wissenschaften nicht in der Rechtswissenschaft, sondern in der Moralphilosophie untersucht und bestimmt.

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2. Die Moralphilosophie pflegt nicht selten praktische Philosophie genannt zu werden. Wie ist das zu verstehen? Die Antwort auf diese Frage wird uns einen tieferen Einblick in die Stellung der Moralphilosophie im Ge= samtgebiete der Philosophie gewähren.

Was die Vernunfterkenntnis im Gegensatz zur Sinneserkenntnis auszeichnet, ist, daß fie die Beziehungen der Dinge zueinander und zu ihrem Zweck oder vielmehr die Ordnung zu erkennen vermag. Nun gibt es eine doppelte Ordnung: Die eine ist in ihrem Dasein von der Vernunft unabhängig, sie ist etwas in der Natur der Dinge schon Gegebenes, das die Vernunft nur zu erfassen und zu begreifen braucht; die andere hingegen muß von der Vernunft erst hervorgebracht, verwirklicht werden. Mit der ersteren Ordnung befaßt sich die theoretische oder spekulative Philosophie (Metaphysik, philosophia realis), mit der letzteren die praktische Philosophie. Die theoretische Philosophie fragt nach dem Seienden, die praktische nach dem Seinsollenden. Leztere zerfällt wieder in zwei Teile, je nachdem die Vernunft die eigenen Denktätigkeiten (Logik, philosophia rationalis) oder aber die Tätigkeiten des Willens (philosophia moralis) ordnet1. Sowohl die Logik als die Ethik sind also normative Wissenschaften. Beide sezen stillschweigend voraus, daß es sowohl für das Denken als das Wollen objektive, allgemeingültige Geseze gebe, die man mit Sicherheit erkennen und mit deren Hilfe man das Denken und Wollen richtig ordnen könne.

Obwohl dem Gesagten zufolge auch die Logik (Dialektik) streng genommen zur praktischen Philosophie gehört, so kann doch die Moralphilosophie einfachhin die praktische Philosophie genannt werden, weil sie in ganz vorzüglichem Sinne praktisch ist, und zwar aus einem doppelten Grunde. Die Logik ordnet nur die Denktätigkeiten der Vernunft, um die sichere Erkenntnis der Dinge zu ermöglichen. Die Moralphilosophie dagegen befaßt sich, wenigstens mittelbar, mit allen menschlichen Tätigkeiten. Unmittelbar freilich sucht sie nur die Willenstätigkeiten zu regeln, aber der Wille nimmt eine herrschende Stellung im Menschen ein; er ist der allgemeine Beweger aller übrigen Fähigkeiten, die zu ihm in einer Art Dienstverhältnis stehen und von ihm troß

1 S. Thomas, In I. Ethicor. Nicom. 1, Prooem.

ihrer Verschiedenheit zum einheitlichen Handeln, wie es der Einheit des Menschen entspricht, zusammengefaßt werden. Den Willen ordnen heißt daher den ganzen Menschen mit all seinem Tun und Lassen ordnen.

Die Moralphilosophie begnügt sich ferner nicht damit, dem Menschen zu zeigen, wie er sein Tun und Lassen einrichten müsse, wenn er als Mensch gut sein wolle. Sie tut mehr, sie zeigt ihm die unbedingte Pflicht, gut zu handeln. Sie lehrt und führt zugleich zur Tat. Aristoteles bemerkt treffend: Wir stellen nicht moralphilosophische Untersuchungen an, bloß um zu wissen, was die Tugend sei, denn das würde von keinem Nugen sein, sondern um tugendhaft zu werden."1 Hieraus erkennt man die große Bedeutung einer richtigen Moralphilosophie für das sittliche Leben der Menschheit.

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K. Stange meint, durch Belehrung über den Inhalt der sittlichen Normen werde die praktische Sittlichkeit nicht gefördert“. Und an einer andern Stelle3: „Die Formulierung der sittlichen Normen als allgemeingültiger Regeln zum Zweck der Belehrung über das Sittliche ist prinzipiell und in jeder Beziehung zu verwerfen." Gewiß genügt die bloße Belehrung zum sittlichen Handeln nicht. Dieses bleibt immer die allereigenste freie Tat des einzelnen Menschen. Aber es sezt doch die Erkenntnis des sittlich Guten voraus, und zwar nicht bloß die Erkenntnis der allgemeinsten sitt= lichen Grundsäge, wie z. B. man solle das Gute tun und das Böse meiden, sondern auch der Schlußfolgerungen, die sich aus diesen Grundsägen für die ver= schiedenen Beziehungen des Menschen zu sich und zu andern ergeben. Vermöge der natürlichen Logik kann ein jeder Mensch von sich aus und ohne Belehrung manche Schlußfolgerungen ziehen. Aber daß hier fremde Belehrung, also auch die wissenschaftliche Begründung und allseitige Klarlegung der sittlichen Grundsäte, von großer Bedeutung ist, liegt auf der Hand.

Wenn Stange behauptet, eine mehr ins einzelne gehende Behandlung der sittlichen Pflichten (er nennt es Kasuistik) wirke demoralisierend und schalte das Gewissen aus, so kommt uns das gerade so vor, als ob jemand behauptete, durch die Kom= mentare zu den Gesetzbüchern und die juristischen Seminarien, in denen die angehenden Richter und Anwälte angeleitet werden, an der Hand der Gesetze die einzelnen Fälle zu entscheiden, schädige das Rechtsbewußtsein und eliminiere das Gewissen der Richter.

3. Die Moralphilosophie ist eine Wissenschaft, weil sie nicht bloß Regeln für das Handeln des Menschen aufstellt, sondern dieselben auch beweist und auf ihre lezten Gründe zurückführt. Ist sie auch eine Kunst? Nein, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Kunst und Wissenschaft begrifflich sich gegenseitig ausschließen. Beide zwar sind Fertigkeiten des Verstandes ; allein die Wissenschaft befaßt sich mit der Wahrheit im allgemeinen. Die praktische Wissenschaft insbesondere hat die Wahrheit der allgemeinen auf die Leitung der menschlichen Handlungen sich beziehenden Grundsäge zum Gegenstande. Die Kunst dagegen hat es, ähnlich wie die Klugheit, mit den einzelnen, konkreten Handlungen zu tun, die sie nach allgemeinen praktischen Grundsägen der Vernunft leitet und ordnet. Sie vermittelt uns nicht das Wissen, sondern das Können. Der Gegenstand der Wissenschaft ist des

1 Ethicor. Nicom. 2, c. 2. Ed. Bekker 1103 b, 26.

2 Einleitung in die Ethik. I. System und Kritik der ethischen Systeme (1900) 9. 3 Ebd. 40.

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