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Gelehrtensprache zu übertragen: sie ist empirisch und spekulativ zugleich. Das Erfahrungselement, von dem sie ausgeht, ist die zweifellose Tatsache, daß alle uns bekannten Menschen eine sittliche Ordnung anerkennen. Sie unterscheiden zwischen sittlich gut und bös, zwischen sittlich guten und sittlich schlechten Menschen, sie loben die einen und tadeln die andern, sie besigen eine Summe von allgemein anerkannten und unbedingt verpflichtenden sittlichen Vorschriften. Wir werden (in einem Anhang) den Beweis erbringen, daß diese Vorschriften in ihren allgemeinsten Umrissen bei allen Völkern dieselben find. Diese Tatsache sucht der Moralphilosoph an der Hand sicherer metaphysischer Grundsäße allseitig zu erklären und auf ihre lezten Gründe zurückzuführen. Aus bloßen Tatsachen läßt sich selbstverständlich keine Wissenschaft aufbauen.

5. Halten wir an den entwickelten Grundsähen fest, so müssen wir in der Behandlung der Moralphilosophie folgende irrige Auffassungen und Methoden vermeiden, von denen die einen die Bedeutung und den Wert der natürlichen Vernunft übertreiben, die andern hingegen unterschä y e n.

a) Die erste Klasse umfaßt die Rationalisten der verschiedensten Schattierungen, die alle mehr oder minder sich ablehnend gegen jede Art von übernatürlicher Offenbarung verhalten und nur die Vernunft als Quelle der Erkenntnis gelten lassen.

a) Das Freidenkertum des 18. Jahrhunderts verwarf jede übernatürliche Offenbarung. Damit kam von selbst jede Rücksichtnahme der Philosophie auf die Offenbarung in Wegfall. Doch anerkannte es eine sog. Vernunftmoral und Vernunftreligion. Die Vernunft ist im stande, das Dasein Gottes und eine Summe von Wahrheiten über sein Verhältnis zur Welt zu erkennen. Das ist nun freilich sehr inkonsequent. Wenn man einmal Gottes Dasein zugibt, mit welchem Grund kann man ihm die Möglichkeit absprechen, mit seinen Geschöpfen in Verbindung zu treten und ihnen übernatürliche Wahrheiten zu offenbaren?

P) Daß alle diejenigen, die das Dasein eines persönlichen, außerweltlichen Gottes leugnen, auch grundsäglich jede übernatürliche Offenbarung verwerfen und die Vernunft als die einzige Quelle der Erkenntnis anerkennen müssen, liegt auf der Hand.

7) Eine eigentümliche Richtung innerhalb des Rationalismus nehmen die Anhänger des sog. reinen abstrakten Naturrechts, wie J. J. Rousseau, ein, die ohne Rücksicht auf Erfahrung und Geschichte aus der abstrakten, willkürlich aufgefaßten menschlichen Natur eine Moral und ein Naturrecht konstruieren, dem sich um jeden Preis die wirklich vorhandenen, durch allmähliche geschichtliche Entwicklung entstandenen Verhältnisse anbequemen müssen. Diese Methode führt notwendig zum Umsturz der bestehenden Zustände, d. h. zur Revolution, und öffnet der subjektiven Willkür Tür und Tor.

6) Am schärfften ausgebildet tritt uns der Rationalismus in der sog. spekulativen Schule Fichtes, Schellings und Hegels entgegen, die der Vernunft schöpferische Kraft zuschreibt und alle Wahrheit als ein Produkt der in dem Menschen sich offenbarenden absoluten Vernunft ansieht. Hier wird das richtige Verhältnis auf den Kopf gestellt. Die Wahrheit nicht in der

Übereinstimmung des Denkens mit dem Sein bestehe, sondern umgekehrt in der Übereinstimmung oder Identität des Seins mit dem Denken.

3. Kant kann insofern der rationalistischen Richtung beigezählt werden, als er jede übernatürliche Offenbarung verwirft und die Geheimnisse des Christentums für bloße symbolische Darstellungen reiner Vernunftwahrheiten erklärte. Weil er aber der theoretischen Vernunft das Vermögen abspricht, transzendentale, d. h. über die gegebene Erfahrung hinausgehende objektive Wahrheiten zu erkennen und in Bezug auf religiöse Dinge nur einen praktischen Vernunftglauben zuläßt, so wird er besser zu den Anhängern des Irrationalismus oder Agnostizismus gezählt, von dem gleich die Rede sein wird.

b) Dürfen wir die Bedeutung der Vernunft in sittlichen Dingen nicht übertreiben, so dürfen wir sie ebensowenig unterschäzen. In diesen verhängnisvollen Fehler fällt vor allem

a) der Traditionalismus. Nach de Lamennais und andern ist die Vernunft aus sich gar nicht im stande, mit Sicherheit die Wahrheit zu erkennen, besonders in Bezug auf Religion und Sittlichkeit; nur mit Hilfe der Belehrung durch andere auf Grund einer göttlichen, von Geschlecht zu Geschlecht überlieferten Offenbarung kann die Vernunft zur Sicherheit vordringen. Diese Lehre muß schließlich zum Skeptizismus führen. Denn wodurch erlange ich Gewißheit über das Dasein, den Charakter und Umfang der ur= sprünglichen göttlichen Offenbarung? Doch gewiß nicht durch die göttliche Offenbarung selbst. Also höchstens durch das Zeugnis der Menschen. Aber was gibt mir Gewißheit, daß mich dieses Zeugnis nicht trügt? Schließlich müssen wir annehmen, die menschliche Vernunft vermöge manches mit Sicherheit zu erkennen, oder wir müssen an der Wahrheit verzweifeln.

B) Dem Traditionalismus verwandt ist die rein geschichtliche Richtung in der Moralphilosophie, welche nur die Geschichte allein als Lehrmeisterin der Sitten anerkennt1. Die Geschichte darf gewiß vom Moralphilosophen nicht vernachlässigt werden, aber sie ist nicht die höchste und noch viel weniger die einzige Quelle der Sittenlehre. Die Geschichte selbst bedarf ja einer höheren Norm. Wer nicht im Lichte gesunder Vernunftprinzipien an das Studium der Geschichte herantritt, kann leicht in verhängnisvolle Irrtümer fallen. Die Prinzipien müssen sich nicht nach den Sitten der Menschen, sondern die Sitten nach den Prinzipien richten. Die Geschichte der Menschen ist leider nur zu häufig die Geschichte ihrer sittlichen Verirrungen. Von der hier genannten rein geschichtlichen Methode der Moralphilosophie ist die sog. historische Rechtsschule wohl zu unterscheiden. Diese lettere beschränkt ihre rein geschichtliche Richtung auf die Rechtsordnung.

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1 So meint Kaftan (Wahrheit der christlichen Religion [1888] 340): „Die Ethik hat es nur damit zu tun, was das heißt, daß wir gut handeln sollen, was uns die Geschichte über dies Bewußtsein der Menschen, über seine Entstehung und Entwicklung, was fie uns über Wert und Bedeutung desselben lehrt.“ Nach dieser Auffassung wäre die Ethik eine rein geschichtliche Disziplin; sie wäre nur ein Teil der Kulturgeschichte, und ihre Untersuchungen hätten denselben Wert wie die Untersuchungen, in welcher Art die Menschen zu verschiedenen Zeiten sich gekleidet, ihre Häuser gebaut, das Brot ge= backen haben usw.

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7) Der Irrationalismus. So nennt Paulsen die protestantische Auffassung des Verhältnisses von Vernunft und Glaube. „Der Protestantismus", schreibt er, ist in seinem Ursprung und Wesen irrationalistisch: die Vernunft kann aus sich von Glaubenssachen nichts erkennen. . . . Das ist Luthers Auffassung. . . . Luther hatte an sich die Erfahrung gemacht, daß es auf diesem Wege (der Vernunft und guten Werke) nicht ging. . . Er schloß: also ist die Vernunft in religiösen Dingen überhaupt blind. Und die Kirche ist blind, daß sie der Vernunft zuviel getraut hat. Das ganze Verderben, worin sie liegt, kommt aus ihrem Zutrauen zur menschlichen Vernunft. . . . Also hinaus mit der falschen Lehre, mit dem Menschenwig philosophischtheologischer Systeme, mit ihren Spekulationen über Dasein und Wesen Gottes und sein Verhältnis zur Welt."1 „Um eine ungeheure, befreiende Vereinfachung handelt es sich, mit Harnack zu reden, in der Reformation, um die Freimachung des religiösen Glaubens von der Spekulation und den sophistsichen Künsten der Schulen und Schulgelehrten." Leider, klagt Paulsen, hielten Luther und Melanchthon diesen Standpunkt nicht fest. Bald hielt die „dogmatische Philosophie" auch auf den protestantischen Universitäten ihren Einzug. „Schon Melanchthon hat dazu die aristotelische Philosophie, die er unter dem ersten Einfluß der neuen religiösen Bewegung mit Luther als heidnischen Greuel von sich gestoßen hatte, zugerichtet." 2

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So blieb es bis auf Kant. Dieser brachte zur vollen Klarheit, „was im ursprünglichen Protestantismus in seinen Grundtendenzen angelegt war". Er ist überzeugt, die spekulative Vernunft ist nicht fähig, den religiösen Glauben durch taugliche Beweise zu unterstügen. Die Wissenschaft, das Werk des gegebene Tatsachen durch intellektuelle Funktionen tonstruierenden Verstandes, kann niemals über die empirische Welt hinauskommen; sie kann nicht einmal über eine erste Ursache' und ihr Wesen etwas feststellen." 3

Es bleibt also nach Kant für alles Transzendente nur mehr der „praktische Vernunftglaube". Eine Metaphysik ist unmöglich, und nur der Glaube kann uns noch einige kümmerliche Reste religiöser und sittlicher Wahrheit aus dem allgemeinen Schiffbruch retten. Ob aber diesem „Glauben“ etwas Objektives entspricht, können wir nicht wissen.

Die richtige Konsequenz aus dieser Kantischen Auffassung ist eigentlich der volle Skeptizismus. Wenn unsere Begriffe nur subjektive Erkenntnisformen sind, in die wir den Inhalt unserer Erfahrung gießen, hat unsere Erkenntnis keinen objektiven Wert mehr. Wir können nicht einmal mehr wissen, ob die andern Menschen dieselben Begriffe und Grundsäge haben wie wir. Wir sind eingeteilt in Erfahrungsphänomene, die wir durch unsere Erkenntnisformen bearbeiten. Eine sichere Brücke in die Außenwelt gibt es nicht mehr.

Eine notwendige Konsequenz aus der Kantischen Auffassung von Wissen und Glauben ist die völlige Unabhängigkeit beider Gebiete voneinander. „Der Glaube stammt aus der praktischen Vernunft, aus der Willensseite unseres

1 Paulsen, Kant, der Philosoph des Protestantismus (1899) 10—11.
2 Ebd. 13.
3 Ebd. 14.

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Wesens, und darum wird er als solcher von Anfechtungen des Verstandes überhaupt nicht erreicht." Religion ist keine Wissenschaft; man kann sie daher niemand vordemonstrieren; aber eben darum ist Religion auch kein Irrtum, man kann sie niemand wegdemonstrieren; Dogmen kann man durch Kritik zerstören, die Religion selber ist unzerstörbar.“ 1

Der letztere Zusatz ist eine Inkonsequenz. Wenn die theoretische Vernunft überhaupt nicht in das übersinnliche Gebiet zu dringen vermag, dann ist sie auch unfähig, die Glaubensdogmen vor ihr Forum zu ziehen und abzuurteilen. Deshalb ist Luther konsequenter gewesen als er zugab, es könne etwas theologisch wahr und zugleich philosophisch falsch sein und umgekehrt. Allerdings ist ein solcher Standpunkt absurd. Wer möchte noch an einer Religion festhalten, von der er zugibt, daß sie mit den sichern Ergebnissen der Wissenschaft in Widerspruch treten fann?

6) Mehr dem Namen als der Sache nach von der eben genannten Richtung verschieden ist der Agnostizismus, der wenigstens in Bezug auf die Religion leugnet, daß wir mit unserem Erkennen über die Erfahrungstatsachen hinauskommen; ferner

e) der Empirismus und Positivismus, welche prinzipiell jede Metaphysik verwerfen und dementsprechend auch die Moralphilosophie unabhängig von jeder transzendenten, über die sinnliche Wahrnehmung hinausgehende Voraussetzung aufbauen wollen. Die Erfahrung ist die einzige Quelle der Wahrheit. Von den apriorischen Denkformen Kants wollen die Anhänger dieser Richtung nichts wissen. Ihre Zahl ist heute in allen Ländern Legion. In Deutschland können wir zu ihnen rechnen E. Laas, Th. Ziegler und besonders Fr. Paulsen. Lezterer gibt sich zwar für einen Anhänger Kants aus und das ist insofern wahr, als er mit Kant die Möglichkeit einer Metaphysik leugnet 2 und an einem praktischen Vernunftglauben festhalten will. Da er aber nicht nur alle apriorischen Denkformen verwirft, sondern überhaupt keine unwandelbaren Begriffe in Bezug auf Philosophie, Religion, Moral usw. anerkennt, so stellt er sich tatsächlich auf den Boden des Positivismus, obgleich er diesen Standpunkt nicht konsequent festhält, weil er ausnahmsweise für die Logik und Mathematik unwandelbare Begriffe und Grundsätze gelten lassen will. Auch W. Wundt meint, es sei nicht ersprießlich (!), die Moralphilosophie auf Metaphysik zu gründen.

Wir können zwar diese heute so weit verbreitete Scheu vor jeder Metaphysik begreifen, nachdem uns die Spekulation seit einem Jahrhundert die absonderlichsten und albernsten Träumereien als Metaphysik feilgeboten hat. Nichts

1 Paulsen, J. Kant, sein Leben und seine Lehre (1899) 396.

2 Insbesondere für die Moralphilosophie leugnet er ausdrücklich, daß eine Ableitung derselben aus metaphysischen Prinzipien möglich sei; vgl. Ethische Kultur, Jahrg. 1, Nr 49. Nicht recht klar ist uns geworden, in welchem Sinne H. Ulrici (Naturrecht 96) behauptet, die Ethik sei nicht auf die Religion und die Metaphysik zu basieren; denn an anderer Stelle (ebd. 3) behauptet er ausdrücklich, die erste Aufgabe der Ethik sei, das Recht ihrer eigenen Existenz darzutun, und zu diesem Zwecke müsse sie sich nicht nur auf die Ergebnisse der Logik und Erkenntnistheorie, sondern auch insbesondere auf die Resultate der Psychologie stüßen.

3 Ethik (1892), Vorwort.

destoweniger bedeutet die Verwerfung der Metaphysik die Verzweiflung an der Philosophie und die Verzichtleistung auf jede tiefere Erfassung und Begründung der nun einmal vorhandenen Ordnung der Dinge, die sich mit bloßen Tatsachen nicht erklären läßt. Jede Metaphysik aufgeben heißt, sich dem rohen Materialismus in die Arme werfen und jede Wissenschaft für bankrott er= flären. Die Wissenschaft hat es ja mit dem Allgemeinen und Unwandelbaren zu tun. Ihre Schlüsse können nicht heute wahr und morgen falsch sein, sie können sich also nicht auf die bloße Erfahrung und die durch sie gebotenen, beständig wechselnden Erscheinungen gründen 1. Dies gilt auch von der Moralphilosophie, will sie nicht auf den Rang einer Wissenschaft verzichten.

In der Tat, nehmen wir einmal an, die metaphysischen Prinzipien des Widerspruchs und der Identität seien nicht sicher, dann ist überhaupt kein Vernunftschluß mehr sicher. Sezen wir das Kausalitätsprinzip nicht als objektiv und allgemein gültig voraus, so ist der Induktionsbeweis, auf dem alle Erfahrungswissenschaften beruhen, wertlos. Wie sollte ferner die Moralphilosophie nicht zu ganz verschiedenen Ergebnissen gelangen, je nach der Verschiedenheit der Metaphysik, welche vorausgesetzt wird? Es ist doch klar: wer in dem Menschen nur ein weiter entwickeltes Wirbeltier sieht und keinen ihm vorgesetzten Zweck anerkennt, wird auf sittlichem Gebiet zu ganz andern Schlüssen gelangen als derjenige, der von der metaphysischen Wahrheit ausgeht, daß der Mensch, aus Gottes Schöpferhand hervorgegangen, nur kurze Zeit auf dieser Erde weilt, um die ihm von Gott vorgezeichnete Aufgabe zu lösen. Tatsächlich bauen denn auch alle Anhänger der sog. empiristischen Methode in der Moralphilosophie ihre Sittenlehre auf metaphysische Voraussetzungen und beweisen durch diesen Widerspruch mit sich selbst, wie unmöglich es ist, ohne Metaphysik fertig zu werden. So gehen heute fast alle Anhänger der ge= nannten Richtung von der Annahme aus, der Mensch habe sich in jeder Beziehung allmählich aus einem tierischen Zustande herausgearbeitet, die sittlichen Anschauungen seien das Ergebnis eines langwierigen Prozesses 2. Diese Voraussetzung entbehrt aber nicht nur aller Beweise, sondern steht im Widerspruche mit den Tatsachen. Denn weder die Geschichte der Vergangenheit noch die ethnologischen Forschungen der Neuzeit kennen Völker, denen sittliche Grundsähe

1 Daß mit der bloßen Erfahrung keine Moralwissenschaft zu stande kommen kann, zeigt sehr gut Mausbach: Ist die Moral eine Erfahrungswissenschaft? (Im Katholik 1895, 2, 1 ff); ferner Stange, Die christliche Ethik (1892) 3 ff; Frhr. v. Hertling, Über Ziel und Methode der Rechtsphilosophie (im Philosophischen Jahrbuch [1895] 126 ff).

2 Man vergleiche beispielsweise G. v. Giżycki (Moralphilosophie [1888] 495 und 535), der aus seinen metaphysischen Ansichten über Natur und Entstehung des Menschen und der Welt beweisen will, daß jede Ethik, die vom Dasein Gottes usw., also von einer andern Metaphysik ausgehe, unhaltbar sei. Man sieht, es handelt sich nicht um Metaphysik überhaupt, sondern bloß um jene Metaphyfik, die am Dasein eines persönlichen, von der Welt verschiedenen Gottes festhält. Interessant ist auch das Geständnis Giżyckis (a. a. D. 495), Metaphysik und Teleologie seien unzertrennlich miteinander verbunden, und wer die Teleologie verwerfe, müsse auch notwendig die Metaphysik verwerfen.

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