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Trozdem ist die Belehrung von nicht zu unterschäßendem Nußen für das Tugendstreben. Wie in der Kunst die Übung das wichtigste ist, aber von der Belehrung geleitet und unterstügt wird, so ist auch im sittlichen Leben die Selbstbetätigung das wichtigste, aber die Belehrung ist die notwendige Voraussetzung und ein mächtiger Behelf. Sie bewahrt vor Klippen und Untiefen und verleiht dem sittlichen Urteil jene Klarheit und Sicherheit, die zum zielbewußten, andauernden und energischen Handeln notwendig ist und gibt auch die mächtigsten Beweggründe dazu an die Hand.

§ 4. Einteilung der Tugenden.

Herbart und J. G. Fichte waren der Ansicht, es gebe nur eine Tugend. Wollten sie nur behaupten, alle Tugenden bildeten zusammen ein einheitliches Ganze, aus dem man kein Glied herausreißen dürfe, ohne das Ganze zu gefährden, so könnte man ihnen beipflichten. Soll aber damit gesagt sein, es gebe nur eine Fertigkeit im sittlich Guten, so ist dies offenbar unrichtig. Da verschiedene Fähigkeiten zum sittlich Guten mitwirken, so bedürfen auch alle der entsprechenden Fertigkeiten, und diese Fertigkeiten sind eben die verschiedenen Tugenden.

Steht aber auch die Mehrzahl der Tugenden außer Frage, so ist es doch nicht so leicht, eine völlig befriedigende Einteilung derselben zu finden. Am leichtesten werden wir die richtige Einteilung ermitteln, wenn wir, wie früher bei Bestimmung der sittlichen Norm, auf die menschliche Natur zurückgreifen. Der Mensch soll nach allen seinen Beziehungen zu Gott, seinen Mitgeschöpfen und sich selbst wohlgeordnet sein. Dazu bedarf er vor allem der Fertigkeit im Erkennen dessen, was die sittliche Ordnung von ihm erheischt. Sodann bedarf er der Fertigkeit in der Ausführung des Erkannten, um sowohl a) Gott und seinen Mitmenschen zu geben, was ihnen gebührt, als auch in sich selbst alle Teile der Vernunft zu unterwerfen, damit er weder b) im Streben nach Genüssen noch c) in der Flucht vor Beschwerden und Gefahren das rechte Maß überschreite. Diese vier Fertigkeiten sind keine andern als die vier sogenannten Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit und Starkmut (Tapferkeit)1.

Die Klugheit ist die Fertigkeit des Verstandes in Beurteilung dessen, was in jedem einzelnen Fall der sittlichen Ordnung entspricht; die Gerechtig= teit die Geneigtheit des Willens, jedem das Seinige zu geben. Die Mäßigkeit und der Starkmut sind die Fertigkeiten, das sinnliche Strebevermögen im Begehren der Lust und Fliehen der Gefahr in den Schranken der Vernunftordnung zu halten 2.

1 Weish 8, 7: Denn sie lehrt Mäßigkeit und Klugheit, Gerechtigkeit und Starkmut, die das Nüglichste im Menschenleben sind.

2 Dem Wesen nach findet sich diese Einteilung schon in der griechischen Philosophie, namentlich bei Ariftoteles. Ausdrücklich hat die genannte Einteilung Cicero (De Invent. II, c. 53): Habet igitur (simplex honestas) partes quattuor: prudentiam, iustitiam, fortitudinem, temperantiam. Auf diese vier Tugenden führt er alle andern zurück. Noch ausführlicher handelt er von dieser Vierzahl der Tugenden De offic. I, c. 5.

Zu derselben Einteilung gelangt man, wenn man von der Betrachtung der Fähigkeiten ausgeht, die der sittlichen Fertigkeiten benötigen; diese Fähigkeiten sind: der Verstand, der Wille und die beiden Teile des sinnlichen Strebevermögens. Dem Verstand dient die Klugheit, dem Willen die Gerechtigkeit, dem sinnlichen Strebevermögen, insofern es nach Lust be= gehrt, die Mäßigkeit, insofern es gegen das Beschwerliche ankämpft, der Starkmut1.

Gegen die gegebene Einteilung läßt sich einwenden, sie sei unvollständig. Es gibt Tugenden im Willen, die weder zur Gerechtigkeit noch zur Mäßigkeit noch zum Starkmut gerechnet werden können. So gehört z. B. die Demut nicht zur Gerechtigkeit, weil sie sich nicht auf unser Verhältnis zu andern bezieht; sie gehört auch nicht zur Mäßigkeit, da sie nicht unsere sinnlichen Begierden, sondern das Streben nach geistigen Gütern, nach Auszeichnung und Ruhm mäßigt; noch viel weniger kann sie zum Starkmut gehören, da sie nichts Sinnliches und Schwieriges zum Gegenstande hat. Dasselbe läßt sich von der Bescheidenheit und Lernbegierde (studiositas) sagen.

Doch diese Schwierigkeit wird sich von selbst lösen, wenn wir die zwei Arten betrachten, in denen die Kardinaltugenden aufgefaßt werden können.

Man kann zunächst die vier Kardinaltugenden nicht als einzelne Tugenden, sondern als ebensoviele Gruppen von Tugenden betrachten. Nach dieser Auffassung bezeichnet die Klugheit die Gesamtheit aller Fertigkeiten, die von seiten des Verstandes zur richtigen Beurteilung des sittlich Guten erforderlich find. Ebenso bezeichnet nach dieser Anschauung die Gerechtigkeit alle Tu= genden, welche unser Verhalten gegen andere ordnen, die Mäßigkeit alle Tugenden, welche unsere Begierden nach dem Guten, sei es nun sinnlich oder geistig, in den Schranken der Vernunft halten, der Starkmut alle Tugenden, die uns gegen Widerwärtigkeiten und Gefahren stählen.

Legt man diese Auffassung zu Grunde, so gehören alle sittlichen Tugenden zu den genannten vier Kardinaltugenden, weil sie alle entweder unser Ver= halten gegen andere oder gegen uns selbst ordnen, insofern sie be= wirken, daß all unser Begehren des Guten und Fliehen des übels stets in den Schranken der Vernunft bleibe. Die Demut und die Bescheidenheit z. B. ge= hören zur Mäßigkeit, weil sie unser Streben nach Ehre und Auszeichnung mäßigen.

Man kann aber die vier Kardinaltugenden noch in anderer Weise auffassen, nämlich in der Weise, daß man aus den vier genannten Gruppen von Tugenden je eine, und zwar die wichtigste, als Kardinaltugend herausgreift und um sie herum alle zur selben Gruppe gehörenden Tugenden als Teile oder untergebene bzw. verwandte Tugenden ordnet. Nach dieser Auffassung bezeichnet die Kardinaltugend der Klugheit die wichtigste Fertigkeit des Verstandes in Beurteilung des sittlich Guten; um sie herum werden alle übrigen Verstandesfertigkeiten, die sich ebenfalls auf das sittlich Gute beziehen, als Teile der Klugheit gruppiert. Ebenso bezeichnen Gerechtigkeit, Mäßigkeit, Starkmut nicht mehr ebensoviele Gruppen von Tugenden, sondern bloß die

2 S. Thom., S. th. 1, 2, q. 61, a. 2.

eine oder andere der hervorragendsten Tugenden der Gruppe. Um sie herum reihen sich die übrigen wie eine Art Hofstaat.

Die lettere Auffassung ist die gewöhnlichere und wohl auch die richtigere. Sie wird stillschweigend vorausgesezt, wenn von den vier Kardinaltugenden die Rede ist. Unter Kardinaltugend versteht man eine Tugend, um die fich die übrigen Tugenden als um ihren Angelpunkt (cardo) drehen. Man nennt sie deshalb auch Haupttugenden, weil alle andern Tugenden in einer gewissen Unterordnung zu ihnen stehen und sich als Teile oder als Hilfstugenden auf sie zurückführen lassen.

Die Tugenden bilden nicht eine regellose Vielheit, sie hangen vielmehr innig miteinander zusammen, helfen und stüßen sich gegenseitig, und zwar in der Weise, daß nicht alle denselben Rang und dieselbe Bedeutung beanspruchen. So bilden sämtliche Fertigkeiten des Verstandes, die zur Klugheit gehören, ein ganzes Kräftesystem, in dem alle Teile, wenn auch in verschiedener Stellung, zu demselben Ziele mitwirken. Dieser gemeinsame Zweck ist das klare, bestimmte Urteil über das, was in jedem einzelnen Fall die sittliche Ordnung von uns verlangt. Deshalb wird die Tugend, welche den Verstand unmittelbar zum Aussprechen dieses Urteils fähig und geneigt macht, die Kardinaltugend der Klugheit genannt. Alle übrigen Fertigkeiten des Verstandes, die der Er= kenntnis des fittlich Guten dienen, nehmen dieser Kardinaltugend gegenüber eine untergeordnete Stellung ein und werden deshalb Teile derselben genannt.

Mit dem hl. Thomas 1 pflegen drei Arten solcher Teile unterschieden zu werden, je nach dem Verhältnis, in dem eine Tugend zur Kardinaltugend steht. Entweder gehört eine Tugend zur Kardinaltugend als Art (Spezies), wie etwa der Löwe, das Pferd Arten der Tiergattung sind: solche Tugenden werden subjektive Teile (partes subiectivae) oder Arten der Kardinaltugend genannt; oder sie leisten der Kardinaltugend Hilfsdienste und ergänzen ihre Tätigkeit, wie etwa Gerichtsdiener, Advokaten, Geschworene dem Richter zur Seite stehen und seinen Richterspruch vorbereiten und ausführen: solche Tugenden werden ergänzende Teile (partes integrantes) der Kardinaltugend genannt; oder endlich sie haben die Aufgabe, gewiffe Tätig= teiten zu regeln, in denen die Kardinaltugend wegen der Besonderheit des Gegenstandes nicht ihre eigentliche Tätigkeit entfalten kann, und solche Tugenden werden potentielle Teile (partes potentiales) der Kardinaltugend oder abgeleitete, verwandte Tugenden (virtutes annexae) genannt.

Gehen wir nun von dieser zweiten Auffassung der Kardinaltugend aus, so ist leicht einzusehen, warum man einerseits behaupten kann, die Kardinaltugend der Mäßigkeit unterwerfe unser sinnliches Begehren der Vernunft, und warum man doch zugleich die Demut als Teil zur Mäßigkeit rechnen kann.

In der Gruppe der Tugenden, welche unser Streben nach dem angenehmen Guten mäßigt, ist die wichtigste jene, welche das Streben nach sinnlicher Lust (Gaumenluft und Geschlechtslust) im Zaume hält. Denn von dieser Seite kommen der großen Masse der Menschen die häufigsten und schwersten sittlichen Gefahren. Deshalb wird mit Recht die Tugend, welche diese Gefahren ab

1 S. Thom., S. th. 2, 2, q. 48.

wehrt, als Kardinaltugend bezeichnet und alle übrigen Tugenden, die unser Streben nach dem Guten regeln, als Nebentugenden oder verwandte Tugenden. ihr beigezählt. Das gilt auch von der Demut und von den übrigen Tugenden, die das Streben des Willens nach geistigen Gütern mäßigen.

§ 5. Bon den Laffern.

Das Laster (vitium) bildet den Gegensatz zur Tugend. Das meiste, was über die Tugend gesagt wurde, läßt sich deshalb leicht auf das Lafter anwenden, und wir können uns mit ein paar Bemerkungen begnügen.

1. Die Laster sind wohl zu unterscheiden von den Leidenschaften, von welchen früher (S. 56 ff) eingehend die Rede war. Die Leidenschaften sind Betätigungen des sinnlichen Strebevermögens und an und für sich weder sitt= lich gut noch sittlich bös. Die Laster dagegen sind dauernde Neigungen zum Bösen und finden sich nicht bloß im sinnlichen Strebevermögen, sondern auch im Willen. Während die Leidenschaften zur Natur des Menschen gehören und daher nicht vertilgt, sondern geregelt werden sollen, entstehen die Lafter durch Wiederholung schlechter Handlungen und sollen nach Möglichkeit ausgerottet werden.

Aber wie ist es möglich, daß es Fertigkeiten gibt, die ihrer Natur nach auf das Böse gerichtet sind? Das Böse ist ja ein Mangel, eine Privation ; es besteht in einem Nichtvorhandensein dessen, was vorhanden sein sollte. Wie kann es nun eine Fertigkeit geben, die auf diesen Mangel gerichtet ist?

Wie in der bösen Handlung (S. 296), so ist auch im Laster zweierlei zu unterscheiden: das Positive an demselben und die diesem Positiven anhaftende Privation. Sofern das Laster etwas Positives ist, ein Wirkliches, ist es ein Gut und auf irgend eine Art von Gut gerichtet. Aber dieses Gut ist nicht ein solches, wie es sich für den vernünftigen Menschen geziemt; folglich ist auch die Fertigkeit im Erstreben eines solchen Gutes ungeziemend und böse für den Menschen. Wie es ferner Handlungen gibt, die ihrer Natur nach immer und überall böse sind, z. B. die Lüge, der Meineid, der Ehebruch, so sind auch die dauernden Neigungen zu solchen Handlungen immer böse und verabscheuenswert und sollen vom Menschen nach Kräften bekämpft werden. Wie endlich der Vollwert des sittlich Guten nicht denkbar ist ohne Zusammenhang mit den ewigen Gütern des Menschen, so ist auch die Schlechtheit oder Bosheit im vollen Sinne nicht denkbar ohne den Gegensaß der Handlungen zu diesen ewigen Gütern. Deshalb hängt die volle Gutheit der Handlung sowohl als ihre volle Schlechtheit und Bosheit vom ewigen Geseze Gottes ab.

2. Wie die Tugend den Menschen zur Einhaltung der rechten Mitte in seinem Handeln geneigt macht, so treibt ihn das Laster zur Überschreitung des rechten Maßes. Im Deutschen bezeichnen wir die Laster vielfach durch Zusammensegungen mit Gier und Sucht, mit denen wir den Begriff des Ungeregelten, Unmäßigen verbinden. So sprechen wir von Geldgier, Habsucht, Trunksucht usw. Erst durch das Laster wird der Mensch selbst dauernd und in der Wurzel böse, insofern die schlechte Angewöhnung zur zweiten Natur wird. Gleichwie nur derjenige wahrhaft gut ist, welcher infolge erworbener

Neigung gewöhnlich gut handelt: so wird auch nur der in der Wurzel schlecht, der infolge wiederholten bösen Handelns dauernd zum Bösen hinneigt. Durch das Laster erlangt das Böse eine Art Herrschaft über den Menschen, wird dieser dauernd an das Böse gefesselt und zum Sklaven desselben.

3. Obwohl das Laster den Gegensatz zur Tugend bildet, so werden doch mit Recht nicht bloß vier Hauptlaster unterschieden, wie es vier Kardinaltugenden gibt, sondern sieben. Es sind dies die sogenannten sieben Hauptsünden: Ruhmsucht, Habsucht, Gaumen lust, Unkeuschheit, Trägheit, Neid und Zorn. Unter Hauptsünden haben wir hier nicht fündhafte Handlungen zu verstehen, sondern erworbene, dauernde Neigungen zum Bösen. Hauptsünden werden sie genannt, weil sie die Wurzeln sind, aus denen naturgemäß sich fast alle Sünden ergeben.

Der Grund, warum es mehr Hauptlaster als Haupttugenden gibt, ist, weil man gegen jede Tugend auf doppelte Weise fehlen kann. Der Pfeil kann nur auf einem Wege sein Ziel erreichen, aber auf vielen von demselben abirren. So kann man auch die Tugend nur durch Einhaltung des rechten Maßes üben, das Laster dagegen betätigt sich im Zuviel und Zuwenig.

Für die Richtigkeit der Einteilung der Hauptlaster in die bekannte Siebenzahl läßt sich folgender Grund anführen. Jede Sünde kommt daher, daß der Mensch unordentlich ein Gut erstrebt oder flieht.

Unordentlich erstreben kann der Mensch vier Arten von irdischen Gütern: erstens das in gewissem Sinne geistige Gut der Ehre und des Ruhmes; zweitens die inneren leiblichen Güter, welche wieder doppelter Art find, indem sich einige auf die Erhaltung des Individuums (Speise und Trank), andere auf die Erhaltung der menschlichen Gattung (Geschlechtsverhältnisse) beziehen; drittens die äußeren materiellen Güter oder Reichtümer. Diesen vier Arten von Gütern entsprechen die vier Hauptlaster: Ruhmsucht, Gaumenlust, Unkeuschheit und Habsucht (Geiz).

Unordentlich fliehen kann der Mensch zwei Arten von Gütern: erstens das eigene sittlich Gute, wegen der damit verbundenen Beschwerde; zweitens das fremde Gute, insofern es als eine Verminderung der eigenen Vorzüge angesehen wird. Zur Flucht des eigenen sittlich Guten neigt uns die Träg= heit, zur Flucht des fremden Guten der Neid (Scheelsucht). Tritt uns das fremde Gute so hindernd in den Weg, daß in unserem Gemüte unordentliche Rachbegierden entstehen, so haben wir den Zorn oder vielmehr die Zornmütigkeit, insofern diese die erworbene Neigung zum Zorn bedeutet.

Es könnte befremden, daß bei der Aufzählung der Hauptlaster der Stolz übergangen wurde, den man doch den Anfang aller Sünden zu nennen pflegt. Allein der Stolz ist nicht ein gewöhnliches Laster, welches mit den übrigen auf die gleiche Stufe gestellt werden könnte, er ist vielmehr das Laster aller Laster oder die gemeinsame Wurzel aller Laster. Er besteht in dem unordentlichen Verlangen nach eigener Auszeichnung oder in der ungebührlichen Selbstüberhebung. Nun liegt aber diese unordentliche Begierde nach Auszeichnung allem unordentlichen irdischen Streben zu Grunde. In

1 Inordinatus appetitus propriae excellentiae (S. th. 1, 2, q. 84, a. 2).

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