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lichen Menschen die unentbehrlichste von allen. Nur wo die Mäßigkeit ihren Wohnsiz aufgeschlagen hat, kann ein höheres sittliches Leben gedeihen. Die Sinnlichkeit sucht beständig wie ein Bleigewicht den Menschen in die Sphäre des Tierischen herabzuziehen. Die Mäßigkeit ist nun die Tugend, welche das Streben nach sinnlicher Lust in den Schranken der Vernunft hält. Sie verleiht deshalb dem Menschen einen gewissen Adel, indem sie ihn über das Treiben der Tiere emporhebt und sozusagen mit Augen schauen läßt, daß in ihm höhere Kräfte walten als bloß sinnliche Begierden und Triebe. Hierin liegt vielleicht der Grund, warum kaum eine andere Tugend den Menschen so leicht Achtung einflößt als große Enthaltsamkeit in Bezug auf alle sinnlichen Genüsse.

Wie aus der Begriffsbestimmung erhellt, ist nicht jede sinnliche Lust schon an sich böse und verwerflich, so daß man sich ihr gegenüber ablehnend oder gleichgültig verhalten müßte. Diese Auffassung Kants haben wir schon früher als unrichtig nachgewiesen. Der Schöpfer hat sehr weise mit vielen Betäti= gungen sinnliche Lust verbunden, um die Menschen im allgemeinen wirksam zu denselben anzuhalten, weil sie zur Erhaltung des Individuums oder der Art notwendig sind. Die sinnliche Luft soll in Bezug auf diese Handlungen ge= wissermaßen als Würze oder Lockspeise dienen. Wäre Effen und Trinken seiner Natur nach unangenehm und läftig oder wenigstens gar nicht mit Lust verbunden, würden es wohl bald allzu viele an der Sorge für ihre Gesundheit fehlen lassen. Der Mensch braucht also nicht von vornherein die Lust zu ver= abscheuen, ja er soll sich ihrer unter Umständen bedienen. Nur soll er das rechte Maß halten, wie es sich für ein vernünftiges Wesen geziemt, in dem nicht der sinnliche Trieb, sondern die Vernunft die oberste Leitung hat. Auch soll er die sinnliche Lust nicht als Selbstzweck behandeln, sondern höheren Zwecken unterordnen.

Die hauptsächlichste sinnliche Lust ist die Gaumenluft und die Geschlechtslust. Die Gaumenlust ist wieder verschieden, je nachdem sie sich auf Speise oder Trank bezieht. Dieser dreifachen Lust entsprechend unterscheidet man drei Arten (subjektive Teile) der Mäßigkeit: a) Mäßigkeit im Genuß von Speisen (abstinentia), b) Nüchternheit (sobrietas) oder Mäßigkeit im Trinken, und endlich c) Keuschheit (castitas) in Bezug auf Geschlechtslust. Gewissermaßen als schützender Wachtposten steht der Keuschheit zur Seite die Schamhaftigkeit, welche im äußeren Benehmen alles fernhält, was die

1 Von der Kardinaltugend der Mäßigkeit ist zu unterscheiden die Mäßigung. Die Mäßigung bedeutet so viel als das rechte Maß halten, sie ist also nicht eine besondere Tugend, sondern eine bestimmte Eigenschaft des Verhaltens, die dem sittlich Guten nie fehlen darf. Wir sollen uns nicht bloß in den finnlichen Genüssen mäßigen, wozu uns die Mäßigkeit geneigt macht, sondern auch in andern Dingen, z. B. in der Trauer, im Zorn, selbst im Eifer, sofern er auf Dinge gerichtet ist, in denen man das rechte Maß überschreiten kann. Um uns in allem zu mäßigen, bedürfen wir nicht bloß der Mäßigkeit, sondern auch der Geduld, der Sanftmut, des Starkmutes usw. Der Ausdruck Mäßigkeit wird freilich im Deutschen oft nur von der Neigung zum rechten Maß in Speise und Trank gebraucht, aber doch nicht immer, und jedenfalls paßt er besser zur Benennung der vierten Kardinaltugend als der Ausdruck Mäßigung, der überhaupt gar feinen habitus bezeichnet.

verkehrte fleischliche Lust erregen kann. Doch ist es nicht notwendig, die Schamhaftigkeit, soweit sie nicht bloß eine unwillkürliche Scheu vor allem Unehrbaren oder eine Leidenschaft, sondern eine wirkliche Tugend ist, als eine von der Keuschheit verschiedene Tugend anzusehen.

Als Hilfstugenden (integrierende Teile) der Mäßigkeit werden die Wohlanständigkeit (honestas) und das Ehrgefühl (verecundia) ge= nannt. Die erstere ist die Neigung zu dem Schönen, das in der Mäßigkeit beim Genuß liegt; die lettere die Besorgnis vor Beschämung durch unziemliches Benehmen im sinnlichen Genuß. Doch scheinen beide keine eigentlichen Tugenden zu sein. Das Ehrgefühl ist eine bloße Leidenschaft, die aber der Tugend sehr behilflich sein kann 1. Die Wohlanständigkeit, sofern sie sich von der Mäßigkeit unterscheidet, ist nur eine natürliche Neigung zu der Schönheit, die im mäßigen Verhalten liegt.

Verwandte Tugenden (potentielle Teile) der Mäßigkeit sind Selbst= beherrschung, Demut, Sanftmut, Milde und Bescheidenheit. Die vier ersten Tugenden halten die inneren Seelenregungen in den Schranken der Vernunft, die Bescheidenheit regelt unser ganzes äußeres Verhalten.

Die Selbstbeherrschung (éyzpátɛia) ist die Tugend, die bewirkt, daß sich unser Wille nicht durch die heftigsten Regungen der Begierlichkeit vom sittlich Guten abbringen läßt. Es kann sein, daß jemand schon von Natur größere Leichtigkeit im Ankämpfen gegen die sinnlichen Begierden besitzt. Das ist noch keine Tugend. Tugend ist die Selbstbeherrschung nur dann, wenn sie eine erworbene dauernde Fertigkeit ist, die bewirkt, daß wir uns durch die heftigen sinnlichen Begierden nicht von dem abbringen lassen, was wir als sittlich gut erkannt.

Man könnte fragen, wie sich denn die Selbstbeherrschung von der Mäßigkeit unterscheide? Wir entgegnen: wie das Unvollkommene vom Vollkommenen. Selbstbeherrschung ist demjenigen notwendig, der noch häufig heftige Regungen der finnlichen Begierlichkeit verspürt und gegen dieselben ankämpfen muß. Wer aber in dieser Lage ist, besigt noch nicht die eigentliche Tugend der Mäßigkeit (Keuschheit). Denn die Mäßigkeit bewirkt, daß auch das sinnliche Begehrungsvermögen sich mit Leichtigkeit dem Willen unterwirft, also diesem wenigstens in den gewöhnlichen Verhältnissen keinen besondern Kampf mehr aufnötigt. Kommen außergewöhnliche Versuchungen, so muß allerdings auch der Mäßige (σwypwv) sich selbst beherrschen; aber der Wille kämpft jezt gegen das Begehrungsvermögen, das wenigstens für gewöhnlich sich seinen Forderungen zu unterwerfen pflegt und nach überwundener Versuchung wieder zu seiner gewöhnlichen Unterwürfigkeit zurückkehrt.

Die Demut mäßigt das Streben nach Selbstauszeichnung, sie bewirkt, daß der Mensch nicht ungebührlich über sich selbst hinausstrebt und nach einer größeren Auszeichnung und Anerkennung verlangt, als ihm zukommt. Die Wurzel und Grundlage der Demut ist die Erkenntnis unseres Nichts und unserer völligen Abhängigkeit von Gott. Alles, was wir sind und haben, ist ein Geschenk der Güte und Erbarmung Gottes, nur unsere Missetaten sind

1 Aristot., Ethic. Nic. IV, c. 15, 1128 b 15.

ganz unser Eigentum. Aus dieser Erkenntnis folgt die ehrfurchtsvolle Unterwerfung unter Gott und der Wille, uns nicht über die Schranken unseres Nichts zu erheben. Demut ist das tatsächliche Bekenntnis der Wahrheit, daß wir arme Bettler sind, die von der Güte Gottes leben. Der wahrhaft Demütige mißtraut deshalb sich selbst, vertraut aber um so mehr auf Gottes Güte und Macht. Warum man die Demut der Mäßigkeit als Teil beizählt, wurde schon oben (S. 311) erklärt.

Die Sanftmut (mansuetudo) hält den Zorn oder das Verlangen nach Rache in den Schranken der Vernunft. Die Milde (clementia) macht uns geneigt, die Schuldigen innerhalb der Anforderungen der Vernunft weniger zu bestrafen, als die strenge Gerechtigkeit zuließe. Die Bescheidenheit regelt unser äußeres Verhalten nach den Forderungen der Vernunft. Zuweilen wird jedoch die Bescheidenheit in einem weiteren Sinne genommen, so daß sie auch die Demut unter sich begreift.

Fünftes Buch.

Das natürliche Sittengesek.

Erstes Kapitel.

Begriff und Dasein des natürlichen Sittengesekes.

Wir haben uns bisher in der sittlichen Ordnung so weit umgesehen, daß wir jedem im allgemeinen sagen können, was gut und bös sei. Aber ist diese sittliche Ordnung in unser Belieben gestellt, so daß wir uns danach richten dürfen oder nicht, gerade wie es uns gefällt? Ob ich mich einer Mode, einer Kunsttheorie anbequemen will, hängt ganz von meiner Willkür ab. Verhält es sich auch so mit der sittlichen Ordnung? Pflicht, sie zur Richtschnur unseres Lebens zu mit der wir uns jetzt zu beschäftigen haben. Frage wird uns, wie wir schon früher angedeutet haben (S. 188), den ganzen und vollen Gehalt und Wert des sittlich Guten erschließen.

Oder ist es vielmehr unsere machen? Das ist die Frage, Erst die Beantwortung dieser

Die Idee der Pflicht hängt notwendig mit der Idee des Gesezes zusammen, da die Pflicht die Wirkung eines Gesezes ist. Wir müssen also zuerst untersuchen, was ein Gesetz überhaupt sei, und dann, ob es ein natürliches Sittengeset gebe und worin die Verpflichtung bestehe, die es uns auferlegt.

§ 1. Vom Gesek im allgemeinen.

Das Wort Gesez kommt in dreifacher Bedeutung vor.

1. Im weitesten Sinne versteht man unter Gesetz jede Richtschnur oder Norm, nach der ein Wesen zum Handeln angetrieben oder davon zurückgehalten wird. In diesem uneigentlichen Sinne haben auch die vernunft und leblosen Wesen ihre Geseze. Deshalb nennen wir ihre Tätigkeit gesehmäßig. So reden wir vom Geseze der Schwere, von den

Fallgesezen, vom Gravitationsgesetz. überhaupt alle Geseze der Dynamik, Optik usw. gehören zu diesen Gefeßen im weitesten und uneigentlichen Sinne. Manchmal verstehen wir unter diesen,, Naturgesezen" allerdings bloß die abstratte wissenschaftliche Form, in der sie von den Gelehrten aufgestellt werden. Aber diese wissenschaftlichen Gesetze, z. B. die Keplerschen Planetengeseze, sind keine willkürlichen Erfindungen, sie haben vielmehr ihre sichere Grundlage in den Dingen. Gerade deshalb sind diese Geseze wahr, weil sie ausdrücken, was in Wirklichkeit in den Dingen sich findet. Ja den wissenschaftlichen Formeln kommt der Name Gesetz nur insofern zu, als sie das Gesetz ausdrücken, das in den Dingen selbst ist. Denn Gesez bedeutet immer eine praktische Richtschnur, nach welcher sich das Handeln eines Wesens in Wirklichkeit richtet oder richten kann. Das gilt aber nicht von den sogenannten wissenschaftlichen Formen der Naturgeseze, welche auf die Dinge keinen Einfluß haben, sondern bloß voraussagen, wie ein Ding unter bestimmten Voraussegungen handeln werde.

In diesem weitesten Sinne ist das Gesetz (Naturgesez) nichts als die vom Schöpfer in die Natur der Dinge hineingelegte Neigung zu einer bestimmten, gleichartigen Betätigungsweise oder auch diese gleichartige Betätigungsweise selbst. Die natürliche Neigung zu einer bestimmten Handlungsweise kann aus einem doppelten Grunde Gesez genannt werden: erstens, weil sie für die Handlungsweise den bestimmenden Grund und Maßstab bildet, also in Bezug auf die vernunftlosen Wesen die Rolle übernimmt, welche bei vernünftigen Wesen dem Gesetze zugewiesen ist; zweitens deshalb, weil diese Neigung als der Ausdruck und die Wirkung eines vernünftigen, gefeßgeberischen Willens aufgefaßt werden muß. Das Gesez bildet das Ordnungsprinzip des Handelns und muß deshalb in jeder Form schließlich wie alle Ordnung auf ein denkendes, zwecksetzendes Wesen zurückgeführt werden. Die natürlichen Neigungen der vernunftlosen Wesen sind sozusagen das in die Dinge hineingelegte Gesetz, der dauernde, unbewußt wirkende Willens ausdruck des ewigen Ordners und Lenkers aller Dinge.

2. In einem engeren Sinne reden wir von Gesezen nur in Bezug auf das freie Handeln vernünftiger Wesen. Gesez in diesem Sinne bezeichnet jede praktische Richtschnur oder Regel für die freien Handlungen, auch die Geseze der Künste und Gewerbe, z. B. der Malerei, der Bildhauerkunst, der Kriegskunst, der Gesundheitspflege.

3. Gesetz im eigentlichsten und engsten Sinne (sittliches Gesez) wird nur jene Richtschnur des freien Handelns genannt, welche den Menschen verpflichtet. Dieses Gesetz zeigt dem Menschen nicht bloß, wie er sein Verhalten einrichten kann und muß, wenn er einen von seinem Belieben abhängigen Zweck erreichen will, sondern es tritt mit einer unbedingten, befehlenden Forderung an ihn heran und ruft ihm zu: Du sollst! Die Geseze einer Kunst können wir, solange nur sie in Betracht kommen, beobachten oder übertreten, wie wir wollen, ohne deshalb aufzuhören, sittlich gut und tugendhaft zu sein; man pflegt sie deshalb auch eher Regeln als Geseze zu nennen. Die eigentlichen, verpflichtenden Geseze dagegen kann man nicht mit freiem Bewußtsein verlezen, ohne dadurch mit der sittlichen Ordnung in Widerspruch

zu geraten und Tadel zu verdienen. Ihre Beobachtung ist nicht unserem Belieben anheimgestellt.

In diesem lezten und eigentlichsten Sinne kann man das Geseß richtig definieren: eine vernunftgemäße, vom Obern eines öffentlichen Gemeinwesens zum Zweck des Gesamtwohles erlassene, dauernde und genügend bekannt gemachte Verordnung1.

Diese Begriffsbestimmung scheint durchaus der Auffassung zu entsprechen, die alle Menschen vom Geseze haben. Soweit ihre Richtigkeit eines Beweises bedarf, werden ihn unsere weiteren Erörterungen bringen. Hier genüge es vorder= hand, ihren Sinn klarzustellen.

a) Wir nennen das Gesetz eine Verordnung (verpflichtende Anordnung), d. h. einen praktischen Grundsaz, der von denjenigen, an die er gerichtet ist, ein bestimmtes Handeln fordert, und zwar gebieterisch oder verpflichtend, so daß ihnen eine gewisse moralische Nötigung auferlegt wird. Wir drücken diese Nötigung durch „sollen“ aus: Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht lügen. Durch dieses Sollen unterscheiden sich, wie schon gesagt, die eigent= lichen sittlichen Geseze von den Kunstregeln. Der Grammatiker kann wohl sagen, die Konjunktion ut regiert den Konjunktiv, d. h. willst du richtig lateinisch schreiben oder reden, so mußt du ut mit dem Konjunktiv verbinden. Aber er kann an niemand das unbedingte Gebot richten: Du sollst ut mit dem Konjunktiv konstruieren. Mit andern Worten: er kann nicht befehlen oder ge= bieten, sondern bloß lehren. Durch diese bindende Kraft unterscheidet sich das Gesetz auch von einem bloßen Rat. Auch der Rat ist oft ein praktischer Grundsay, aber er hat keine verpflichtende Kraft, kann deshalb auch von solchen erteilt werden, die nicht Vorgesetzte sind.

b) Die Verordnung muß, um Gesez werden zu können, vernunftgemäß sein. Das Gesetz ist eine verpflichtende Richtschnur für das vernünftige Handeln. Es darf also den allgemeinen Vernunftgrundsägen nicht widersprechen. Und da alles seiner Natur nach Unsittliche auch vernunftwidrig ist, so kann schon aus diesem Grunde kein Gesez etwas an sich Unsittliches ge= bieten, wie z. B. Lüge, Meineid, Betrug. Außerdem beruht jedes Gesez, wie wir sehen werden, mittelbar oder unmittelbar auf dem allweisen und allheiligen Willen Gottes, kann also unmöglich etwas Unsittliches gebieten.

c) Das Gesetz muß ferner aus sich für die Dauer berechnet sein. Da= durch unterscheidet es sich von einem einfachen Befehl oder einer vorübergehenden Verordnung, die nur für einzelne bestimmte Fälle erlassen werden.

d) Dem Gesetz ist es wesentlich, daß es einem öffentlichen Gemeinwesen auferlegt werde. Unter öffentlichem Gemeinwesen verstehen wir hier eine vollkommene, selbständige Gesellschaft. Solche Gesellschaften gibt es in der rein natürlichen Ordnung (d. h. abgesehen von der Kirche) zwei: die menschliche Gesellschaft (die ganze Menschheit) und den Staat. Der Vater fann seinen Kindern, jeder rechtmäßige Obere den Untergebenen Befehle erteilen. Geseze können aber nur in einem Gemeinwesen kraft öffentlicher Jurisdiktions

1 S. Thom., S. th. 1, 2, q. 90, a. 4: Ordinatio rationis ad bonum commune ab eo qui communitatis curam habet promulgata.

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