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Das menschliche Gesetz bestimmt 3. B., der Mörder solle mit dem Tode bestraft werden, wofern ihn der König nicht begnadigt. Wenn nun ein Mörder nicht mit dem Tode bestraft wird, weil ihn der König begnadigt hat, so ist das nicht gegen das Strafgesetz oder eine Dispens von demselben, weil dieser Fall im Geseze selbst stillschweigend oder ausdrücklich ausgenommen ist. Ähn= lich verhält es sich mit den Naturgefeßen in Betreff der Ehe. Immer ist stillschweigend der Fall ausgenommen, wo der Urheber der Natur es anders bestimmt. Natürlich kann Gott nicht allgemein die einmal gesezte Ordnung aufheben, ohne unweise zu handeln und sich selbst zu widersprechen; wohl aber kann er dies in einzelnen Fällen oder für kurze Zeit.

Zur Beurteilung der Fälle, die eine scheinbare Ausnahme vom Naturgesetz enthalten, ist auch zu beachten, daß die kurze Formel, durch die wir die natürlichen Sittengebote ausdrücken, oft nur unvollständig den Sinn des Naturgesezes wiedergeben. So sagen wir oft, das fünfte Gebot befiehlt: „Du sollst nicht töten." Aber in Wirklichkeit verbietet dasselbe nicht jede Tötung, sondern nur die ungerechte, die ohne genügende Autorität oder außerhalb des Falles der Notwehr verübt wird. Das Gebot müßte genau heißen: Du sollst nicht ungerecht töten. Ähnliches gilt von dem Gebot der Rückerstattung hinterlegter Sachen. Das Naturgesez befiehlt die Rückerstattung nicht absolut, son= dern nur für den Fall, daß die Rückforderung vernünftig sei. Würde also jemand eine hinterlegte Waffe zurückverlangen mit der ausgesprochenen Absicht, damit einen Mord zu begehen, so bestände keine Pflicht, dieselbe zurückzugeben. Die Pflicht der Rückerstattung hört hier auf, nicht weil das Naturgesetz ge= ändert wäre, sondern weil die Rückforderung unvernünftig ist, also gar nicht unter das Gesetz fällt.

Vielleicht wird man noch auf die physischen Geseze hinweisen, um unsere Behauptung von der Unveränderlichkeit des Naturgesezes umzustoßen. Gott kann ja die physischen Geseze aufheben oder abändern, er kann bewirken, daß im Feuerofen frische Kühle weht, daß der Tote plößlich ins Leben zurückkehrt. Warum soll er also nicht auch das Sittengesetz unter Umständen abändern können?

Doch zwischen den physischen Gesezen und dem natürlichen Sittengesetz waltet ein großer Unterschied ob. Unter den physischen Gesezen versteht man die konstanten gleichförmigen Betätigungsweisen der unfreien Ursachen. Der Stein fällt zum Erdmittelpunkt, sobald er nicht unterstüzt ist; das Feuer zerstört die organischen Stoffe, die in seine Nähe kommen; der Leichnam verfällt der Verwesung und seine Teile gehen andere Verbindungen ein. Die Wirkungen aller dieser Ursachen hangen von dem Eintreffen vieler Bedingungen ab. Es ist nun kein Widerspruch gegen die Natur der Dinge und die unendliche Weisheit, daß Gott um höherer Zwecke willen diese Bedingungen nicht eintreten läßt und so die Wirkung hindert, die man nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwarten sollte. Ja noch mehr, es widerspricht weder seiner Weisheit noch der Natur der Geschöpfe, daß er sie als Werkzeuge zur Hervorbringung von höheren Wirkungen gebrauche, zu denen sie aus sich nicht fähig sind.

forderung, daß die Menschen aus sich in der Ehe nichts tun, was die Zwecke derselben hindert. Gott selbst aber braucht wenigstens die untergeordneten und sekundären Zwecke der Ehe nicht notwendig und immer zu wollen. Wir werden unten im zweiten Bande bei Besprechung der Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe auf diesen Punkt zurückkommen.

Aber wenn Gott vom natürlichen Sittengeseh entbinden könnte, so müßte er nicht bloß den Menschen an irgend einer Tätigkeit hindern oder ihn als Werkzeug zu höheren Zwecken gebrauchen, sondern er müßte ihm erlauben, etwas mit Bewußtsein und Freiheit zu tun, was seiner vernünftigen Natur und der rechten Ordnung widerspricht. Eine solche Erlaubnis kann er nicht geben, ohne aufzuhören, allheilig und allweise zu sein.

Fünftes Kapitel.

Das positive Gesetz.

§ 1. Begriff und Notwendigkeit des pofitiven Gefeßes.

1. Das natürliche Sittengesetz ist der erste, in die Natur selbst hineingelegte Antrieb, durch den der Schöpfer nach seinem ewigen Geseze die Menschen zu ihrem Ziele hinbewegt. Wäre durch das Naturgesetz für alle Bedürfnisse des Menschen nach allen Beziehungen ausreichend gesorgt, so hätten wir innerhalb der rein natürlichen Ordnung keinen Grund, die Notwendigkeit positiver Geseze zu behaupten und anzunehmen, irgend einem Menschen sei die Gewalt verliehen worden, positive Geseze zu erlassen. An und für sich sind die Menschen einander gleich, und wer andern Geseze vorschreiben will, muß seine Ermächtigung von seiten Gottes nachweisen. Dieser Beweis läßt sich in der rein natürlichen Ordnung nur dadurch erbringen, daß man zeigt, positive Geseze seien notwendig und mithin müsse auch jemand die Gewalt zum Erlaß solcher Geseze besigen.

Für die staatliche Gesetzgebungsgewalt läßt sich dieser Beweis leicht durch Vernunftgründe erbringen. Aus drei Gründen sind positive Geseze für das gesellschaftliche Leben der Menschen nötig.

Erstens ist das Naturgesetz nur in seinen allgemeinsten Grundsägen von selbst einleuchtend. Je weiter man von denselben zu konkreten Schlußfolgerungen gelangt, um so unklarer und zweifelhafter werden seine Vorschriften und um so mehr sind Meinungsverschiedenheiten möglich, besonders unter der großen Masse der Menschen, die weder Zeit noch Lust zu theoretischen Erörterungen befizen. Es ist deshalb eine Autorität notwendig, welche auch die entfernteren Schlußfolgerungen endgültig und autoritativ festsegt, so daß alle Glieder der Gesellschaft danach zu handeln verpflichtet sind. Nur so kann die notwendige gesellschaftliche Einheit im Wollen und Handeln erreicht werden.

Zweitens enthält das Naturgesetz vieles nur im allgemeinen, in unbestimmten Umrissen. Diese allgemeinen Vorschriften müssen auf einzelne kon= trete Verhältnisse angewendet und näher bestimmt werden. Dazu bedarf es einer Autorität, welche diese Bestimmungen für alle verbindlich treffen kann. So fordert z. B. das Naturgesez, daß es in einem öffentlichen Gemeinwesen Beamte und Richter gebe, daß man für die Erhaltung und Verteidigung desselben Sorge trage, die gemeinschädlichen Verbrechen bestrafe. Aber über die Art und Weise, wie dies im einzelnen zu geschehen habe, bestimmt das Natur

geset nichts. Dieses anzuordnen ist den Menschen überlassen, und dazu bedarf es einer geseßgebenden Gewalt.

Drittens find die Vorschriften des Naturgesezes in diesem Leben nur mit einer ungenügenden Sanktion versehen. Das hat für die Beziehungen des Menschen zu sich selbst und zu Gott keine bedenklichen Folgen. Gott hat die Ewigkeit für sich, und hienieden soll der Mensch sich selbst frei bestimmen können. Anders verhält es sich mit den Vorschriften, welche das Verhalten der Menschen zueinander regeln. Weil die Gesellschaft nicht erst im Jenseits, son= dern hier auf Erden ihren Zweck erreichen soll, konnte es nicht dem guten Willen eines jeden überlassen bleiben, ob er diese Vorschriften beobachten wolle oder nicht, sondern es war eine Gewalt erforderlich, welche nötigenfalls mit Zwang und Strafe dem schwachen Willen zu Hilfe kommt.

Man könnte einwenden, unsere Beweisführung zeige zwar die Unzulänglichkeit des bloßen Naturgesezes, aber deshalb noch nicht die Notwendigkeit positiver Geseze. Vielleicht könnte ja eine lebendige Autorität genügen, welche von Fall zu Fall das zum öffentlichen Wohl Erforderliche anordnete. Dieselbe wäre nach dem schönen aristotelischen Ausdruck gewissermaßen das beseelte Recht (dixanov eufvyov) 1.

Es ist aber leicht einzusehen, daß eine solche Autorität den Bedürfnissen eines öffentlichen Gemeinwesens nicht genügte. a) Gäbe es in einem größeren Gemeinwesen keine allgemeinen dauernden Gesetze, so müßte eine sehr große Zahl von Männern vorhanden sein, welche für jeden einzelnen Fall gewissermaßen die Stelle des Gesezes zu vertreten und zu bestimmen hätten, was zu tun und zu lassen sei. So käme keine einheitliche, geordnete Handlungsweise zu stande, wie sie einem Gemeinwesen notwendig ist. b) Wo sollte auch eine so große Zahl weiser Männer gefunden werden, die im stande wären, die Rolle der ,,beseelten Gerechtigkeit“ zu übernehmen? c) Ohne das Vorhandensein von Gesezen müßte jedesmal, sobald es die Gelegenheit erheischt, das Nötige angeordnet werden, und so rasch von Fall zu Fall das Richtige zu treffen, wäre eine überaus schwierige Aufgabe. Diese Aufgabe wird wesentlich erleichtert, wenn man ein für allemal nach reiflicher Überlegung Geseze aufstellt. d) Endlich ist auch der Einfluß der Leidenschaft auf das persönliche Regiment nicht außer acht zu lassen. Wer allgemein gültige dauernde Normen erläßt, richtet seinen Blick vom Besondern und Gegenwärtigen ab auf das Allgemeine und Zukünftige, er ist daher dem Einfluß der persönlichen Leidenschaften und Interessen weniger ausgesetzt als derjenige, welcher über einen unmittelbar praktischen Fall entscheiden soll 2.

2. Auf Grund der dargelegten Notwendigkeit des positiven Gesezes können wir jezt den Begriff desselben genauer bestimmen. Wie in jedem Geseze, so läßt sich auch im positiven Geseze Materie und Form oder Inhalt und Grund unterscheiden. Die Form ist die Verpflichtung, die Materie sind die vorgeschriebenen Handlungen.

a) Der Hauptunterschied zwischen dem positiven Gesez und dem Naturgesetz besteht in der Form oder Verpflichtung. Das natürliche Sitten

1 Ethic. Nic. V, c. 7, 1132 a 21.

2 S. Thom., S. th. 1, 2, q. 95, a. 1 ad 2.

gesetz hat den Grund seiner Verpflichtung in dem unter Voraussetzung der Erschaffung der Menschen notwendigen Willen Gottes; das positive Gesetz dagegen in dem freien Willen des Gesetzgebers eines Gemeinwesens. b) Aber auch in Bezug auf die Materie unterscheiden sich Naturgesez und positives Gesez. Das Naturgesetz verbietet nur solche Handlungen, die ihrer Natur nach schlecht sind, und gebietet nur solche, die von Natur aus gut und zur sittlichen Ordnung notwendig sind. Das positive Gesez gebietet und verbietet zwar auch solche Handlungen, die schon im Naturgesez enthalten sind, aber außerdem auch solche, die an sich sittlich gleichgültig, und solche, die zwar aus sich gut, aber durch das bloße Naturgesetz nicht vorgeschrieben sind.

Aus diesen beiden Hauptunterschieden ergeben sich noch mehrere andere Unterschiede. c) Das Naturgesez ist unmittelbar in den höchsten praktischen Grundsägen der Vernunft enthalten und wird in seinem ganzen Um= fang aus diesen Grundsäßen mit Hilfe der Belehrung und Erfahrung abgeleitet; die positiven Geseze dagegen beruhen auf einer positiven Promulgation und können nur auf dem Wege der Erfahrung oder durch fremdes Zeugnis erkannt werden. d) Das Naturgesez ist in seinen allgemeinen Grundsägen unzertrennlich mit der Natur des Menschen verbunden, es ist gewissermaßen eine notwendige Ausstattung der vernünftigen Natur und wird mit ihrer Erschaffung verkündet, insofern jeder Mensch von Geburt an die Veranlagung und Neigung zur Erkenntnis des Sittengesezes in seinem Geiste trägt. Das positive Gesetz ist für den einzelnen nicht unbedingt notwendig. e) Das Naturgesetz gilt für alle Menschen aller Zeiten und Länder in allen Lagen; das positive Gesetz, insofern es positiv ist, nur so weit, als die Gewalt des Gesetzgebers und sein Wille, zu verpflichten, reicht. f) Das Naturgesez ist wesentlich ein göttliches Gesez, die positiven Geseze können sowohl göttliche als menschliche sein, je nachdem sie unmittelbar von Gott oder von einer menschlichen Autorität kraft der ihr von Gott verliehenen Gewalt erlassen werden. Die mosaischen Zeremonialgeseze waren positive göttliche Geseze; die Geseze der verschiedenen Staaten sind positive menschliche Geseze; die nur in der Kirche gültigen Geseze sind teils positive göttliche, teils positive menschliche Geseze. Christus, der Sohn Gottes, hat vieles in Bezug auf die Verfassung der Kirche, die Sakramente u. dgl. selbst für immer ge= sezlich geregelt: das sind die positiven göttlichen Geseze in der Kirche. Anderes zu regeln und zu ordnen hat Chriftus der Kirche überlassen; zu diesem Zwecke hat er ihr auch die erforderliche Autorität gegeben. Die Geseze, welche die Kirche kraft der ihr eigenen, von Christus empfangenen Gewalt erläßt, sind positive menschliche Gesetze. Dazu gehören die Geseze über die Feiertage, Fasttage u. dgl.

§ 2. Verhältnis des menschlichen Gefeßes zum Naturgeseh und zum ewigen Gefeße.

Die Verpflichtung gehört zum Wesen des Gesezes, so daß ein Gesez, welches nicht irgendwie verpflichtet, undenkbar ist. Das gilt auch von den menschlichen Gesezen. Woher nehmen diese ihre verpflichtende Kraft?

Es handelt sich bei dieser Frage nicht um die unmittelbare und nächste Quelle der Verpflichtung, denn diese ist der Wille des Gesetzgebers, sondern um die entfernte und legte Quelle. Frage ich, warum ich irgend einem menschlichen Geseze gehorchen soll, so lautet die nächste Antwort: weil es von der zuständigen Autorität rechtmäßig erlassen wurde. Frage ich weiter: warum bin ich verpflichtet, mich dem Willen derselben zu unterwerfen? so müssen wir antworten: weil das Naturgesez es verlangt, oder weil es der uns durch das Naturgesez kundgetane Wille Gottes ist, daß wir den rechtmäßigen Befehlen der Obrigkeit gehorchen. Deshalb behaupten wir ganz allgemein:

Jedes menschliche Gesez fußt auf dem Naturgesez, so daß dieses seine notwendige Grundlage und die entfernte Quelle seiner Verpflichtung ist. In diesem Sinn ist das Wort Heraklits tief wahr: Alle menschlichen Geseze nähren sich von dem einen göttlichen.“ 1

Die Wahrheit unserer Behauptung ergibt sich aus folgenden Erwägungen. 1. Die Geseze sind allgemeine Regeln, durch welche die menschlichen Handlungen auf ein Ziel wirksam hingeordnet werden. Bei jeder derartigen Hinordnung und Hinbewegung muß aber die Wirksamkeit der untergeordneten Triebkräfte von der des ersten Bewegers ausgehen. So geht z. B. im Staate die Anordnung aller staatlichen Betätigung auf dem Wege des Gesetzes vom obersten Leiter auf die untergeordneten Beamten über, und bei einem Bau entwirft der Baumeister den Plan und weist den untergeordneten Künstlern und Handwerkern ihre Aufgabe zu. Gott ist aber der höchste Herr und Lenker aller vernünftigen Wesen, die er nach seinem ewigen Geseze ihrem Ziele zuführt. Also müssen auch alle, die irgendwie in untergeordneter Weise zu dieser Regierung und Leitung berufen sind, sich als untergeordnete Teilnehmer an der göttlichen Regierungsgewalt ansehen und sich nach den Absichten und Normen des ewigen Gesetzgebers richten. Ihre Gewalt ist ihnen verliehen zur Mitwirkung an der Erfüllung der göttlichen Absichten, zur Ausführung des ewigen Gesezes, aber nicht zur Hinderung desselben.

Das ewige Gesetz ist aber den Menschen zunächst kundgetan durch das natürliche Sittengeseß, welches nur der zeitliche Ausdruck dessen ist, was das ewige Gesetz notwendig für alle vernünftigen Wesen bestimmt. Alle übrigen zeitlichen Geseze sind bloß weitere Entfaltungen oder nähere Bestim= mungen des Naturgesezes und haben dasselbe zur Vorausseßung.

Mit Recht lehrt deshalb der Aquinate, daß alle menschlichen Geseze von dem natürlichen Sittengesehe abgeleitet sein müssen. Es gibt aber eine doppelte derartige Ableitung (S. 406). Das Naturgesez besteht in allgemeinen praktischen Grundsäßen. Aus diesen lassen sich zunächst durch Schlußfolgerung menschliche Geseze ableiten, indem man die allgemeinen Grundsäße auf kon= krete Verhältnisse anwendet. Aus dem allgemeinen Grundsay: Du sollst niemand Unrecht zufügen und jedem das Seinige geben, ergibt sich von selbst die Schlußfolgerung: Du sollst nicht töten, stehlen; du sollst dein gegebenes Versprechen halten u. dgl.

1 Stob. serm. III 84: Τρέφονται πάντες οἱ ἀνθρώπινοι νόμοι ὑπὸ ἑνὸς τοῦ θείου.

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