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der Ausdruck experimentum in anima vili. In neuerer Zeit haben diese Experimente infolge des erhöhten Interesses, das man der Biologie und Physiologie zugewendet, bedeutend an Umfang zugenommen. Da durch den Zweck der Operationen an lebenden Tieren die Betäubung oder Unempfindlichmachung (Anästhesierung) meistens ausgeschlossen ist, so ist das Schneiden oder Brennen oft mit großen Schmerzen für die Tiere verbunden. Es erhoben sich deshalb bald von allen Seiten Stimmen gegen die Vivisektion. Ja in vielen Petitionen an die Volksvertretungen Englands, Deutschlands, Österreichs und anderer Länder, sowie in Flugschriften und größeren Werken wurde die Vivisektion geradezu als sittlich verwerflich gebrandmarkt. Namentlich eifern manche Tierschutzvereine unterschiedslos gegen jede Vivisektion 1. Es existiert auch schon ein Weltbund zur Bekämpfung der Vivisektion".

b) Wenn wir im Gegensatz zu dieser Bewegung die Vivisektion als an und für sich nicht unerlaubt verteidigen, so müssen wir doch die Vivisektion nach ihrem Wesen sehr wohl von den zufälligen Mißbräuchen unterscheiden. Wir leugnen gewiß nicht, daß die Vivisektionen nicht selten mit unerhörter, herzloser und unnüßer Grausamkeit vorgenommen wurden und daß dergleichen Grausamkeiten noch vorkommen mögen. Kein vernünftiger Mensch wird solchen Unmenschlichkeiten das Wort reden. Solche Roheiten mögen für die Regierungen eine Aufforderung sein, die Vivisektionen zu überwachen und sie nach Möglichkeit auf die eigentlichen Berufskreise zu beschränken. Aber für uns handelt es sich hier nicht um solche zufälligen Ausschreitungen, sondern bloß um die Vivisektion an und für sich, d. H. um die Vivisektion, die zu einem vernünftigen Zweck unternommen wird und dem Tiere nur so viel Schmerzen zufügt, als zur Erreichung des Zweckes des Erperimentes nötig ist 2.

c) Innerhalb der gemachten Einschränkungen läßt sich der Beweis für die Erlaubtheit der Vivisektion aus den oben dargelegten Grundsägen auf folgende Weise erbringen:

Dem Menschen ist von Gott jeder Gebrauch der Tiere erlaubt und ge= stattet, welcher ihm nüglich ist und durch den er keine Pflicht gegen Gott, gegen sich selbst oder den Nebenmenschen verlegt. Nun aber ist die Vivisektion an und für sich und abgesehen von zufälligen Mißbräuchen dem Menschen. nüglich, und es wird durch dieselbe keine der genannten Pflichten verlegt. Also ist sie an und für sich nicht unerlaubt.

Der Obersaz ist nur eine Schlußfolgerung aus den entwickelten Grundfäßen über die Stellung des Menschen zum Tiere. Der Mensch hat keinerlei Pflichten gegen das Tier (S. 563). Dieses ist ihm von Gott als Mittel gegeben, über das er zu seinem Nußen nach Belieben verfügen kann, ohne andere Einschränkung als die allgemeinen Forderungen des Naturgefeßes. Es kann dem Menschen nicht erlaubt sein, ohne Nußen und Zweck über die Ge

1 über die Vivisektion vergleiche man die trefflichen Artikel von R. Marty S. J. in den Stimmen aus Maria-Laach XX 11 und 276; XXI 437.

2 Unter Vivisektion begreifen wir nach dem üblichen Sprachgebrauch überhaupt jeden störenden und schmerzlichen Eingriff in den lebenden und empfindenden Organismus, mag nun derselbe durch Schneiden, Brennen, Schlagen oder durch Gift stattfinden.

schöpfe zu verfügen. Der Gebrauch derselben muß ein vernünftiger sein, wie er sich für den Menschen als Vernunftwesen geziemt, mithin einem vernünftigen Zwecke dienen.

Im Untersag behaupten wir, die Vivisektion sei dem Menschen nüßlich und sie verleze keine sittliche Pflicht.

Sie ist dem Menschen nüßlich. Denn sie dient als wichtiges, ja unentbehrliches Hilfsmittel der Physiologie und Biologie. Die Einrichtungen und Funktionen vieler Organe lassen sich nur durch Experimente an lebenden und fühlenden Wesen ermitteln. Außerdem ist sie auch für viele medizinische Disziplinen von großer Bedeutung, so z. B. für die Chirurgie. Die Möglichkeit vieler Operationen an Menschen läßt sich nur durch Operationen an Tieren feststellen. Auch nur auf diesem Wege kann der Chirurg die erforderliche Ge= schicklichkeit und Sicherheit zu seinen Operationen erlangen. Endlich ist die Vivisektion wichtig für die Kenntnis der Wirkungen der Arzneien und Gifte und für die Kenntnis der Folgen krankhafter Veränderungen einzelner Organe und Funktionen usw. Die berufensten Autoritäten haben sich für die Nüßlichkeit, ja Notwendigkeit der Vivisektion zu wissenschaftlichen und medizinischen Zwecken erklärt. Nicht weniger als achtzehn medizinische Fakultäten haben ihr Gutachten zu Gunsten der Notwendigkeit oder Nüglichkeit der Vivisektion abgegeben. Ihnen haben sich viele andere wissenschaftliche Größen ersten Ranges angeschlossen, so z. B. Professor R. Virchow u. a. 1

Die Vivisektion verlegt ferner, wenn man von zufälligen Ungehörigkeiten absicht, keine Pflicht des Menschen gegen Gott, sich selbst oder den Nebenmenschen. Keine direkte Pflicht gegen Gott: denn Gott hat alle vernunftlosen Geschöpfe dem Menschen zu Füßen gelegt, damit er sie seinen Bedürfnissen dienstbar mache. Keine Pflicht gegen sich selbst: wir sehen ja voraus, daß dem Tiere keine unnützen Schmerzen zugefügt werden, sondern nur so viel, als der Zweck der Untersuchung erheischt. Keine Pflicht gegen den Nächsten: denn der Vivisektor nimmt seine Untersuchung an einem rechtmäßig erworbenen Tiere vor, so daß die Gerechtigkeit nicht verlegt wird. Die Liebe oder sonst eine andere Tugend verlegt er dem Nächsten gegenüber nicht, weil die Vivisektionen ja nicht öffentlich, sondern in Laboratorien vorgenommen werden, wo niemand gegen seinen Willen belästigt oder gestoßen wird.

Mit Entrüstung hören wir hier ein Mitglied eines Tierschußvereins uns entgegenhalten: Darf denn der Mensch die Tiere grausam behandeln? Gewiß nicht. Aber ist etwa eine zu vernünftigen Zwecken unternommene Vivijektion, welche nur nach dem Maße der Notwendigkeit Schmerzen zufügt, grausam? Nur wer an unklaren Begriffen leidet, kann so etwas behaupten. Grausam ist derjenige, der ohne genügenden Grund oder über das notwendige Maß hinaus, also mutwillig dem Tiere Schmerzen zufügt. Ein solches mutwilliges Zufügen von Schmerzen ist eine sittlich verwerfliche Grausamkeit, jedoch nicht deswegen, weil sie eine Pflicht gegen das Tier verleht, sondern weil sie der rechten Ordnung widerspricht, die der Mensch sich selbst in seinem Handeln schuldet, und zwar aus einem doppelten Grunde.

1 Viele Zeugnisse s. bei Marty in den Stimmen aus Maria-Laach XX 18.

Der Schmerz ist immer ein übel für das Tier, wenn auch ein Übel der physischen Ordnung. Nun ist es aber unvernünftig, ein physisches Übel um seiner selbst willen zu wollen und sich daran zu ergößen 1. Gott selbst kann das physische Übel nicht um seiner selbst, sondern nur um höherer Güter willen erstreben. In gleicher Weise ist es auch für den Menschen unvernünftig, daß er ein physisches übel um seiner selbst willen verursache. Das geschieht aber, wenn man ohne vernünftigen Zweck das Tier mißhandelt und verstümmelt.

Der Hauptgrund liegt aber in der Natur des Menschen. Der Mensch ist nicht ein reiner Geist; er besteht aus Leib and Seele; er hat nicht nur ein geistiges Strebevermögen, sondern auch ein sinnliches Empfindungs- und Begehrungsvermögen (Gefühlsvermögen) 2. Das sinnliche Gefühl des Menschen wird durch die Leiden der Tiere in Mitleidenschaft gezogen. Auch das Tier fühlt den Schmerz, und durch den Anblick dieser Schmerzen wird naturgemäß das sinnliche Mitleid im Menschen rege. Derjenige nun, der den Tieren in ihren Schmerzen vernünftiges Mitleid erzeigt, wird dadurch auch geneigter, sich seinem Nebenmenschen mitleidig und barmherzig zu erweisen; wer dagegen das Mitleid durch herzlose Behandlung der Tiere in sich abstumpft, wird auch in Bezug auf die Mitmenschen unempfindlich und grausam. Das bestätigt eine alte Erfahrung. Es ist deshalb Pflicht des Menschen, den Tieren ein vernünftiges Mitleid zu erzeigen und ihnen nie mehr Schmerzen zuzufügen, als zur Erreichung höherer Zwecke notwendig oder ersprießlich ist.

Wir sagten: ein vernünftiges Mitleid. Das Mitleid ist ein sinnliches Gefühl, eine Leidenschaft, welche wie alle Leidenschaften von der Vernunft geleitet und in den rechten Schranken gehalten werden muß. Wie es rohe, herzlose Grausamkeit gibt, so gibt es auch ein unzeitiges, übertriebenes und unvernünftiges Mitleid. Wollte ein Arzt aus Mitleid mit dem Kranten eine zwar schmerzliche, aber notwendige Operation unterlassen, oder eine Mutter ihr Kind aus Mitleid zur rechten Zeit nicht strafen: so wäre ein solches Mitleid unzeitig und töricht, ja geradezu grausam. Ganz ähnlich, nur in noch höherem Grade, wäre es ein unzeitiges, unvernünftiges Mitleid, ja geradezu eine Unmenschlichkeit, wollte jemand aus Mitleid alle schmerzlichen Operationen an Tieren verwerfen, da es doch durch das Zeugnis der Fachmänner feststeht, daß oft „ein einziger Versuch an einem Tiere Folgen haben kann, welche vielen Tausenden von Menschen zu gute kommen" 3.

Bei vielen wurzelt tatsächlich ihr Abscheu gegen jede Vivisektion, ähnlich wie die mancherorts übertriebene Tierschußmanie, in einer falschen Sentimen= talität, die sich nicht durch vernünftige Erwägungen, sondern durch sinnliche Erregung leiten läßt; die vielleicht beim Anblick eines leidenden Tierchens Tränen vergießt, während sie trockenen Auges in der Zeitung liest, daß Tausende von Menschen in einer einzigen Schlacht ihren Tod gefunden haben oder daß unzählige Menschen in ihrer Nähe im größten Elend schmachten.

1 Deshalb wäre es auch unvernünftig, Pflanzen zu zerstören ohne andern Zweck, als eben um zu zerstören.

2 S. Thom., S. th. 1, 2, q. 102, a. 6 ad 8.

3 Aus dem Gutachten der medizinischen Fakultät in Zürich vom 10. Nov. 1876.

Bei andern hat die Antivivisektionsbewegung ihren Grund in unklaren und verworrenen oder verkehrten Ideen über das Wesen und die Stellung des Menschen. Es gibt leider schon weite Kreise, die, in den Ideen des radikalen Darwinismus befangen, ihren größten Ruhm darin finden, sich als weiter entwickelte Säugetiere zu betrachten. Sind aber die wesentlichen Grenzen zwischen Mensch und Tier beseitigt, so sieht man keinen Grund, warum man dem Menschen viel mehr Rücksicht schenken sollte als dem vernunftlosen Tiere 1.

1 Als Kurofium und zugleich als ein charakteristisches Zeichen unserer Zeit sei hier die Tatsache erwähnt, daß vor einigen Jahren ein Verein „gebildeter“ Berliner Damen an alle Zeitungen einen „Aufruf zur Gründung eines Hospitals für arme Tiere" richtete, weil auch diese „sprachlosen“ Geschöpfe zur großen Kette sozialer Verbrüderung gehören, und zwar als keine der unwichtigsten Glieder“. Also ein Spital für abgelebte Schoßhündchen in denselben Städten, in denen Tausende von Menschen in größter Not leben! Über den ganz unfinnigen „Hundekult in vielen Großstädten“ vgl. Pastor bonus 1897, 82 ff.

Anhang.

Überblick über die sittlichen Anschauungen der wichtigsten Kultur- und Naturvölker.

Die richtige Methode der Moralphilosophie nimmt, wie anderwärts (S. 9) dargetan wurde, ihren Ausgangspunkt von der unleugbaren Tatsache, daß die uns umgebenden Menschen alle eine Summe von sittlichen Grundsäßen mit verpflichtendem Charater anerkennen. Die Moralphilosophie hat diese Tatsache im Lichte der sichern Vernunftgrundsäße allseitig zu erklären und auf ihre lezten Gründe zurückzuführen.

Bei dieser grundlegenden Bedeutung der genannten Tatsache darf es uns nicht wundern, daß gerade sie vor allem der Gegenstand der heftigsten Kontroverse in unsern Tagen geworden ist. Natürlich! An dieser Tatsache müssen sich die Geister scheiden. Wer die ganze sittliche Ordnung nur für eine Erfindung und Einrichtung der Menschen hält, der kann nicht zugeben, daß es eine allgemeingültige, unwandelbare sittliche Ordnung gebe, die wir immer und überall wiederfinden. Man leugnet also das Vorhandensein unwandelbarer sittlicher Grundsäße, man leugnet auch, daß die Menschen von jeher sittliche Grundsäße anerkannt haben. Wie sich der Mensch erst allmählich aus dem Tiere emporgearbeitet haben soll, so muß er folgerichtig auch — ein Dogma hängt mit dem andern notwendig zusammen. erst allmählich sich zu sittlichen Grundsägen emporgerungen haben. Diese Grundsäge ändern sich ferner mit Zeiten und Orten. Denn wie sollten auf dem Entwicklungswege alle Völker zu denselben sittlichen Grundsäßen gekommen sein? 1

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Wer die neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Völkerkunde und der ältesten Geschichte mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, kann sich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß alle Untersuchungen in dieser gebundenen Marschroute" sich bewegen. Was mit den Ansichten darwinistischer Entwicklung des Menschen nicht übereinstimmt, darf nicht Tatsache sein oder wird so zurecht gelegt, daß es mit den vorgefaßten Ansichten dieser unbefangenen" Wissenschaft stimmt.

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Wenn das Gewissen“, gesteht Paul Rée (Die Entstehung des Gewissens [1885] 31), „bon jeher dieselben Handlungen befohlen oder verboten hätte, so würde die Erklärung eines so allgemein auftretenden inneren Gesezes kaum möglich sein oder, was dasselbe bedeutet, sie würde übernatürlich ausfallen. Denn fragt man, wie kommt nur das Herz aller Menschen zu diesem nämlichen seltsamen Bewohner, wer hat ihn da einquartiert? so wird man auf Gott geführt."

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