ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Das sittliche Leben scheint zwar in Assur und Babylon recht tief gestanden zu haben; nichtsdestoweniger lassen die neueren Forschungen auf dem Gebiete der Keilinschriften keinen Zweifel daran übrig, daß die beiden Völker in Bezug auf die sittlichen Grundsäge den übrigen Kulturvölkern nahe verwandt sind. Daß der Verkehr der Mesopotamier mit den überweltlichen Mächten ein sehr reger war, beweisen die zahlreichen Loblieder auf die Götter und ebenso die Bitt, Buß- und Dankgebete, in denen sich ein tiefes Schuldbewußtsein, ein lebhaftes Gefühl der menschlichen Abhängigkeit von den Göttern kundgibt. Manche ihrer Hymnen und Gebete sind so innig und fromm, daß sie an die Psalmen erinnern 1.

Den meisten Aufschluß über die sittlichen Begriffe Babylons geben uns wohl die Geseze Hammurabis, Königs von Babylon“ um 2250 v. Chr., die bei den Ausgrabungen in Susa in den Jahren 1897-1899 auf einer in Stein gemeißelten Inschrift entdeckt wurden und wohl „das älteste bekannte Gesetzbuch der Welt" find. Sie sind zuerst von dem berühmten Assyriologen P. V. Scheil, O. P. veröffentlicht und erklärt worden. Seither hat sie auch Professor Dr Winkler im Anschluß an P. Scheil übersetzt und herausgegeben 2.

In dieser Inschrift wird der König als der oberste Schirmherr von Gesetz und Recht hingestellt und das Recht als etwas über der Willkür des Königs Stehendes aufgefaßt, über dessen Beobachtung die Götter wachen und auch die Könige zur Rechenschaft ziehen. Die Stele, welche die Inschrift enthält, zeigt über derselben das Bild Hammurabis, wie er vom Sonnengott seine Gesetze empfängt. Der Anfang der Inschrift lautet: „Als Anu, der Erhabene, der König der Anunnaki, und Bel, der Herr von Himmel und Erde, welcher festsetzt das Schicksal des Landes, Marduk, dem Herrschersohne Eas, dem Gotte des Rechtes, die irdische Menschheit zuerteilt hatten, unter den Igigi ihn groß gemacht hatten, Babylon mit seinem hehren Namen nannten, auf Erden es groß machten, in ihm (Babylon) ein ewiges Königtum, dessen Grundlagen wie Himmel und Erde festgelegt sind, begründeten damals haben mich, Hammurabi, den hohen Fürsten, der Gott fürchtet, um dem Recht im Lande Geltung zu verschaffen, den Schlechten und Bösen zu vernichten, damit der Starke den Schwachen nicht schade, damit ich wie Shamash über den Schwarzköpfigen aufgehe, das Land erleuchte, Anu und Bel um das Wohlbefinden der Menschen zu fördern, mit Namen berufen" usw. Es werden dann die Großtaten aufgezählt, die Hammurabi, der Liebling der Götter, der mächtige, gerechte, weise und fluge, der Hirt der Untertanen", „der das Recht verkündet und das Gesez leitet", vollbracht. „Als Marduk, die Menschen zu regieren, dem Lande Rechtsschutz zuteil werden zu lassen, mich entsandte, da habe ich Recht und Gerechtigkeit in . . . gemacht, das Wohlbefinden der Untertanen geschaffen.“ Unstreitig zeugen diese Worte von einer hohen und erhabenen Auffassung der Aufgaben eines Herrschers.

1 Tiele, Kompendium der Religionsgeschichte (1880) 87.

2 Die Geseze Hammurabis, Königs von Babylon um 2250 v. Chr. Übersezt von Dr H. Winkler, Leipzig 1902.

Es folgen dann 282 Gesezesparagraphen, von denen jedoch einige (ca 35) fehlen. Aus andern Inschriften wissen wir, daß von den Richtern täglich ein neuer Eid gefordert wurde, um sie zu gesetzmäßigem Verhalten zu verpflichten. Das Ge= setzbuch ahndet besonders Frevel gegen die Götter, ungerechte Schädigung anderer am Leben und Eigentum und Verbrechen innerhalb des Familienlebens. Es unterscheidet an sozialen Ständen den „Hof“ (die Regierung), die „Freigelassenen“, welche Freigelassene des Hofes zu sein scheinen und die Stelle des Adels einnehmen, die „Freien“ und die „Sklaven". Falsche Anklagen vor Gericht werden strenge bestraft, unter Umständen mit dem Tod (§ 1-4 u. § 11), ebenso ungerechte Urteile der Richter (§ 3-5). Wenn jemand den Tempel oder den Hof bestiehlt, soll er und ebenso der Hehler getötet werden (§ 6). „Wenn jemand den unerwachsenen Sohn eines andern stiehlt, so wird er getötet" (§ 14). „Wenn jemand Raub begeht und ergriffen wird, so wird er getötet" (§ 22). Die Eigentums-, Erbschafts- und Schuldverhältnisse sind überhaupt in den Gesetzen sehr eingehend geregelt, „Wenn jemand eine Ehefrau nimmt, aber feinen Vertrag (vor den Richtern) abschließt, so ist dieses Weib nicht Ehefrau" (§ 128). Zur Strafe für den Ehebruch soll die Frau ins Wasser ge= worfen werden (§ 129). „Wenn jemand die Ehefrau eines andern, welche einen Mann noch nicht erkannt hat und noch im Hause des Vaters lebt, schändet und bei ihr schläft und man ihn ertappt, so soll dieser Mensch getötet werden, das Weib aber schuldlos sein“ (§ 130). Der Mann konnte in vielen Fällen die Frau entlassen, doch mit mancherlei Einschränkungen (§ 137 ff). Blutschande wurde mit Tod oder Verbannung geahndet (§ 154 ff). Die Pflichten gegen die Eltern werden ein= geschärft. Wenn ein Sohn seinen Vater schlägt, so soll man ihm die Hand ab= hauen" (§ 195).

...

[ocr errors]

Am Schlusse der Gesetze spricht dann noch Hammurabi u. a.: Die großen Götter haben mich berufen, ich bin der heilbringende Hirt (Herrscher), dessen Stab (3epter) gerade (gerecht) ist, der gute Schatten (Schirm), der über meine Stadt ge= breitet ist; an meiner Brust hege ich die Einwohner des Landes Sumer und Akkad (Babylon), in meinem Schuß habe ich sie ausruhen lassen, in meiner Weisheit sie geborgen. Daß der Starke dem Schwachen nicht schade, um Waisen und Witwen zu sichern, habe ich in Babylon . . . das Recht des Landes zu sprechen, die Streitfragen zu entscheiden, die Schäden zu heilen, die kostbaren Worte auf meinen Denkstein geschrieben, vor meinem Bildnisse, als des Königs der Gerechtigkeit, aufgestellt.... In Sagil (Tempel des Marduk in Babylon) ... soll mein Name auf ewig ge= nannt werden, der Bedrückte, der eine (Rechts-) Sache hat, soll vor mein Bildnis als König der Gerechtigkeit kommen. . ., die Inschrift soll ihm seine Sache zeigen (aufflären), sein Recht soll er sehen (finden), sein Herz froh werden (so daß er sagt): ,Hammurabi ist ein Herr, der wie ein Vater für die Untertanen ist, dem Worte Marduks hat er Ehrfurcht verschafft... und Wohlbefinden den Untertanen für immer geschaffen, und das Land hat er in Ordnung versezt. Wenn er die Urkunde gelesen, soll er vor Marduk, meinem Herrn, und Zarpanit, meiner Herrin, mit vollem Herzen beten" usw. 1

Die bei einem Rechtsfall ergangenen Entscheidungen wurden für die Folge als Gesetzesbestimmungen angesehen und mußten darum von den Rechtskundigen auswendig gelernt werden.

Auf einem Tontäfelchen, das eine Art Sittenspiegel enthält, lautet der Schluß: Wenn der König nicht dem Geseze gemäß Recht übt, so geht das

1 Winkler, Die Geseze Hammurabis 39-40.

Volk zu Grunde und das Land wird entvölkert. Wenn er nicht nach dem Geseze des Landes Recht handhabt, so ändert der Gott Ea, der König aller Verhängnisse, sein Geschick und erseht ihn durch einen andern. . . . Wenn er nach dem Gesezbuch das Recht handhabt, so sieht er sein Land in Gehorsam. Wenn er gemäß der Schrift des Gottes Ea Recht übt, so verleihen die großen Götter ihm dauernde Regierung und den Ruhm der Gerechtigkeit. Wenn er einen Bürger der Stadt Sippara schlagen läßt und als Sklaven verschenkt, so wird der Sonnengott, der Himmel und Erde richtet, einen andern Richter in seinem Lande bestellen und einen gerechten Fürsten und einen gerechten Richter statt des ungerechten berufen. Wenn die Bürger der Stadt Nipur sich ihm zu Gerichte stellen und er Geschenke annimmt und sie schlagen läßt, so führt der Gott Bel, der Herr der Welt, einen fremden Feind gegen ihn." Dann folgen noch weitere Drohungen für den Fall, daß etwa die Bürger von Babylon Silber bringen und Bestechung üben und der Richter ihnen will= fährig ist, oder daß die Bürger ihre Kinder den Schlachtroffen vorwerfen und von ihnen zerreißen lassen, oder daß Heere und Feldherr, des Königs rechte Hand, ihre Dienstpflicht treulos verlassen. „Fürst oder Priester oder Feldherr, wer immer zu Sippara, Nipur und Babylon als Tempelhüter bestellt ist, soll die Ehrfurcht vor den Tempeln der großen Götter verbreiten. Sind die großen Götter erzürnt und verlassen die Gottheiten ihre Heilig= tümer, so soll er nicht in ihre Schreine eindringen." 1 In einem kurzen Spruche heißt es: Wer nicht fürchtet seinen Gott, wird dem Rohre gleich ab= geschnitten."

"

[ocr errors]

Wie sehr man die Götter als die obersten Schüßer von Recht und Gerech= tigkeit ansah, geht auch aus dem Umstande hervor, daß die Rechtsentscheidungen, deren eine große Anzahl uns erhalten sind, im Tempel abgegeben wurden. Kaulen teilt folgende interessante Rechtsentscheidung aus der Regierungszeit Hammurabis (23. Jahrh. v. Chr.) mit, die uns auch einen Einblick tun läßt in die Eigentumsbegriffe der alten Mesopotamier: 3ininana und Tribasin hatten einen Rechtsstreit, zu dessen Schlichtung fie einen Richter erwählten und in den Tempel des Samas eintraten. Im Tempel des Samas gab er das Urteil:,Der Sklave Luffamar-Samas und die Sklavin Lislima gehört Tribasin; der Sklave Jpsinan und die Sklavin Jlamanna-Lamazi gehört Zininana. Im Tempel des Samas und im Tempel des Sin ward die Verordnung ausgerufen: Bruder und Bruder sollen sich lieben; Bruder und Bruder sollen sich nicht entzweien, sollen nicht streiten; in Bezug auf das Ver= mögen soll Bruder gegen Bruder großherzig sein, nicht alles soll einer haben wollen." Dann folgen die Anrufung der Götter, der Schwur der Streitenden, sich dem Entscheide zu fügen, und endlich die Namen der Zeugen und des Richters 2.

1 Kaulen, Assyrien und Babylonien, Freiburg 1899, 194. Interessante Aufschlüsse über das Rechtsleben der Babylonier gibt J. Kohler in seinem „Jurist. Exkurs", den er in den „Babylonischen Verträgen" von F. E. Peiser, xxx11 ff, veröffentlichte.

2 Kaulen a. a. D. 195.

Cathrein, Moralphilosophie. I. 4. Aufl.

37

Daß die Assyrier und Babylonier an ein ewiges Leben, an die Belohnung der Guten und die Bestrafung der Bösen im Jenseits glaubten, unterliegt keinem Zweifel mehr. So heißt es in einem Gebete für den König1: Und nach dem Leben dieser Zeit

Möge bei den Festen der Silberhöhen,

Des himmlischen Hoses,

Im Lande der Seligen

Und in dem Lichte

Der [glücklichen Gefilde]

Er ein Leben führen,

Ewig, heilig

Vor dem Antlig

Aller der Götter,

Die Assyrien bewohnen.

Nicht minder klar ist der Glaube an das unsterbliche Leben der Guten im
Jenseits in folgendem Gebet für einen Sterbenden ausgesprochen:

Die Seele des Mannes, der ruhmvoll verscheidet,
Wird strahlend erscheinen wie Goldes Glanz.

Diesem Manne

Gebe die Sonne [neues] Leben!

Und Merodach, des Himmels Erstgeborner,
Verleih' ihm eine selige Wohnung!

Recht innig klingt das folgende Bittgebet:

Gott, du mein Schöpfer,

Meine Arme ergreife!

Meines Mundes Hauch leite,
Meine Hände regiere,

Herr des Lichts!?

Reichen Aufschluß über den Glauben der Assyrier und Babylonier an den ewigen Lohn der Guten und die ewige Strafe der Bösen gibt uns auch das von dem berühmten Assyriologen George Smith entdeckte Epos „Izdubar“ (Nimrod?). Izdubar, der Held des Epos, befreit die Göttin Iftar, Königin von Sumir, von ihren Feinden; diese bietet ihm dafür ihre Hand an, wird aber von Izdubar trozig zurückgewiesen. Empört über diese Weigerung steigt Istar hinauf in den Himmel und bittet ihren Vater Anu um Hilfe gegen Izdubar. Aber ihre Pläne gehen fehl, und sie beschließt nun, in die Hölle hinabzusteigen, um deren Mächte gegen Izdubar anzurufen.

Nach dem Hades, dem dunkeln Lande, wende ich mich,

Breite aus wie ein Vogel meine Flügel.

Ich steige hinab zum Hause der Finsternis,

Zur Wohnung des Gottes Jrkalla,

Zu dem Hause, das einen Eingang hat ohne Ausgang,
Nach der Straße, auf der niemand kann umwenden,

Der Heimat von Finsternis und Hunger,

Wo Staub die Nahrung ist, die Speise Kot,

Licht nimmer geschaut wird, im Dunkel alles weilt 2c.

1 Kaulen, Assyrien und Babylonien 171. Jeremias, Hölle und Paradies bei den Babyloniern, Leipzig 1900, 31-82. 2 Kaulen a. a. D. 173.

Von Ninkigal, der Beherrscherin der Unterwelt, wird sie mit Drohungen emp= fangen:

Leuchtet auf, ihr verzehrenden Flammen, leuchte auf, feurige Lohe,

Ihr Teil soll sein bei dem der Gatten, die ihre Frauen verlassen,

Ihr Teil bei dem der Frauen, die von ihres Gatten Seite sich schieden,
Jhr Teil bei dem der Jugend, die ehrlos gelebt.

Iftar wird ihres Schmuckes beraubt und mit Krankheiten geschlagen. Doch während ihrer Abwesenheit ist die Welt ohne Liebe, und die gesellschaftliche Ordnung ist aufgehoben. Deshalb schicken die Götter des Himmels einen Boten und erwirken die Befreiung Istars, die mit dem Waffer des Lebens übergossen und entlassen wird.

Noch erwähnt sei die im Epos vorkommende Beschreibung der Sündflut, die dem biblischen Berichte in vielen Stücken auffallend ähnlich ist, wie sich denn überhaupt in der chaldäischen Literatur viele Anklänge an die Berichte der Heiligen Schrift finden; so namentlich an den Fall der Engel, die wegen ihres Aufruhrs verstoßen wurden1. Endlich sei noch der Trauer Izdubars um seinen Freund Heabani erwähnt, der in der Unterwelt weilt. Er fleht um dessen Versehung ins Reich der Seligen. Die Götter lassen sich erweichen, und Heabanis Geist erhebt sich gleich einem Gefangenen von der Erde. „Bringe mich zurück“, fleht der Geist, „von dem Hades, dem Lande, das ich verkostet, von dem Totenreiche, vom Hause, aus dem man nicht wiederkehrt . . . zu dem Orte der Seligen, wohin ich nun eingehen will, wo die mit Diademen geschmückt thronen, welche vor alters die Erde beherrscht haben . . . Orte, wo aus nie versiegenden Poren Wasser in Fülle hervorquillt.“ 2

[ocr errors]

zu dem

Die Babylonier hatten auch ihren Dekalog. Wir ersehen das aus einer Art Exorzismus, den ein Priester an einer Person vornimmt. Mitten in dieser Beschwörung fragt er den Gott, warum diese Person gestraft worden sei (mit irgend einem übel, das man als Folge der Sünden ansah). Er zählt alle die Sünden auf, welche die Ursache sein könnten, warum der Gott die Person mit Unglück heimgesucht. Es ist ein förmlicher Beichtspiegel. Er fragt:

Hat er gesündigt gegen Gott?

Ist seine Schuld gegen eine Göttin?

Oder ist es eine Missetat gegen seinen Meister?
Haß gegen seinen älteren Bruder ?

Hat er Vater oder Mutter verachtet?
Seine ältere Schwester beschimpft?

Hat er zu wenig gegeben?

Hat er zu viel zurückbehalten?

Für „nein“ „ja“ gesagt?

Für „ja“ „nein“ gesagt?

Hat er falsche Gewichte gebraucht?

Hat er einen unrichtigen Betrag genommen?
Nicht genommen die richtige Summe?
Hat er eine falsche Grenze festgeseht?
Hat er die Grenze entfernt oder . . .?

1 kaulen a. a. O. 164.

2 Stimmen aus Maria-Laach X 395 ff.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »