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gen Gott, empört man Gott, und der Verletzer einer Satzung ist dann eben ein solcher Frevler, wie der Dieb und der Räuber, und so wie man diesen hassen darf und verfolgen muss, so auch jenen. Wollen wir nun auf dem Standpunkte der Religion bleiben, ohne diesen Irrthum zu theilen, so müssen wir einen Unterschied machen zwischen den Gesetzen, die Gott geoffenbart hat, und zwischen den Gesetzen, die Gott geoffenbart hat und noch immer offenbart. Satzungen und Ceremonien hat Gott geoffenbart, und sie als Ausdrücke bestimmt, wodurch wir unsere Anhänglichkeit an Gott bekunden sollen. Rechts- und Tugendgesetze hat ebenfalls Gott geoffenbart, aber er offenbaret sie auch noch jetzt, indem er seine heiligen Worte als Saamen in den Boden der menschlichen Vernunft gestreuet. Finsterniss, Aberglaube, Fanatismus, wenn sie auch dem Wachsthume der göttlichen Früchte hinderlich sind, zerstören können sie die Wurzel des Heils doch nicht: Ein Sonnenstrahl der wahren Aufklärung und der Erleuchtung, und die paradiesischen Pflanzen entkeimen, blühen und reifen im Garten Gottes.

Und so sind die Gesetze Gottes, die Gott geoffenbaret hat, nicht minder heilig und verpflichtend, als die Gesetze, die Gott noch immer offenbart; aber während diese als Gebote Gottes und Menschheitspflichten zugleich nicht nur Sache Gottes, sondern auch Sache der Menschheit, und so auch dem menschlichen Urtheile und Richten anheim gegeben sind, bleiben jene, als Gebote Gottes allein, nur ausschliesslich Sache Gottes, und sollen auf Menschen in ihrem Zusammenleben nicht influiren, von Menschen nicht beurtheilt und noch weniger ein Gegenstand der menschlichen Bestrafung werden. (Die Strafen, die der Mosaismus auf Religionsübertretungen setzt, vertheidigt schon Mendelssohn trefflich, und werden wir in diesem Werke Gelegenheit haben, darauf zurück zu kommen.) Diese Trennung der Gottesgesetze ist zwar nicht im Talmud begründet, (obwohl nicht in Abrede zu stellen ist, dass dieser Unterschied auch den Lehrern des Talmuds vorgeschwebt hat; z. B. jenes Gleichniss des Midrasch:,,Zwei Weiber erhalten vor Gericht die Geisselstrafe, die eine weil sie sich vergangen, d. h. das Sittengesetz verletzt hat, die Andere, weil sie unreife Schwiithfeigen gegessen, d. i. eine religiöse Satzung übertreten hat. Da wird gewiss die zweite Frau ersuchen, man möchte doch ihr Vergehen bekannt machen, damit der Leumund ihr nicht

dieselbe Schuld aufbürde, worüber die andere Frau] bestraft wurde.“ (Bamidbar Rabba c. 19) zeigt doch deutlich, das der Religionsübertreter nach talmudischem Kirchenrecht bestraft, aber doch nicht von Menschen verachtet wird, während der Verletzer des Sittengesetzes bestraft und zugleich verachtet wird.) Aber man kann recht innig dem rabbinischen Judenthume angehören und huldigen, und doch diese Trennung festhalten, (Moses Mendelssohn war gewiss durch und durch rabbinischer Jude, und hat dennoch diese Sonderung in seinem Jerusalem prägnant dargestellt). und so kommen wir zu folgender Distinction:

Recht, d. i. der abstracte Begriff der Gerechtigkeit, und die Rechtslehre, d. i. die vorgeschriebene Richtschnur, wie wir das Recht ausüben sollen, verhalten sich zu einander wie Empfindung zum Ausdrucke der Empfindung; dieser ist ohne Missverständniss, ohne Nebenbedeutung allen Menschen, von allen Menschen verständlich. So ist es auch hinsichtlich des Rechtes und der Rechtslehre; ist diese vernunftwidrig, so kann auch der, welcher sie ausspricht, kein richtiges Princip der Gerechtigkeit haben: aus einer Rechtslehre können alle Menschen urtheilen, ob der Lehrer derselben die Rechtsprincipien richtig aufgefasst habe oder nicht.

Tugend und Tugendlehre verhalten sich zu einander wie Harmonie und Musik; Gefühl und Aeusserung des Gefühles ist da Eins. Und hat auch nicht Jeder Musiktalent, so kann doch Jeder, so nur nicht sein ästhetisches Gefühl getrübt und sein Geschmack verdorben ist, beurtheilen, ob in dem Musikstücke die Harmonie richtig wiedergegeben, und ob kein störender und kein disharmonischer Ton darin aufgenommen sei. So kann auch nicht Jeder die Principien der Tugend definiren, und die Tugendaussprüche in ein System zusammenfassen; wohl aber kann Jeder, so nur sein Verstand ein gesunder ist, aus den Tugendlehren beurtheilen, ob der Lehrer derselben die Tugendprincipien richtig aufgefasst habe oder nicht.

Aber Religion und Religionslehre, d. i. die Lehre, welche die religiösen Handlungen festsetzt, die es bestimmt, was die Religion gebietet und was sie verbietet, welches Thun und Lassen ihr gemäss, und welches ihr gleichgültig ist, verhalten sich zu einander wie Begriff und Sprache. Hier ist der Ausdruck nicht Eins mit der

Vorstellung. So z. B. ist der Begriff,,Welt" das unendliche All mit zahllosen Sonnen und Planeten, während der Ausdruck aus vier Buchstaben und einem Laute bestehet. Verschiedene Sprachen bezeichnen einen und denselben Begriff durch verschiedene Ausdrücke. Eine sehr schön klingende und wohlgeordnete Rede kann einen recht verdorbenen und verkehrten Begriff ausdrücken, so wie wieder die reinste und erhabenste Vorstellung durch Worte ausgedrückt werden können, die hart klingen, und nichts weniger als ästhetisch sind. Man kann daher niemals eine Religion durch die Lehre der religiösen Handlungen, sondern durch die Lehre der religiösen Begriffe beurtheilen. Sind diese falsch und widersinnig, dann können die Ceremonien noch so angenehm, der religiöse Dienst noch so entzückend, feierlich und erbauend sein, die Religion ist doch eine falsche, und kann keine göttliche sein.

Es ist bereits G. L. dahin gekommen, dass die religiösen Begriffe des Judenthums keines Apologeten benöthigen. Seine Vorstellung von der Einheit und Unkörperlichkeit Gottes, von der Zukunft des Individuums und der Menschheit etc. kann von der Vernunft nur gebilligt und für wahr erkannt werden. Welche Religion, die diesen Namen verdient, lehrt nicht anbeten den Gott Israels, d. h. den Gott, den Israel zuerst erkannt, den Schöpfer des Himmels und der Erde, den Gott des ganzen Weltalls? Wenn daher ein Tadel gegen sie erhoben werden kann, so könnte er blos treffen die religiösen Handlungen, als Ausdrücke der religiösenBegriffe; aber diese können, eben so wie eine Sprache, gereinigt und vervollkommnet werden, und gerade im Geiste des rabbinischen Judenthums liegt der Keim zur Vervollkommnung der religiösen Handlungen.

Ich gestehe und bekenne offen und klar, dass ich mit Herz und Seele dem rabbinischen Judenthume angehöre, dass mein Glaube fest wurzelt im Boden der talmudischen Tradition, und dass ich mich in religiöser Beziehung nur in der Sphäre des Talmuds bewege; ich scheue mich aber auch wieder nicht offen zu bekennen, die Ueberzeugung zu haben, dass die religiösen Vorschriften einer Vervollkommnung fähig sind, und dass vielleicht schon die Zeit gekommen sei, wo sie einer Vervollkommnung benöthigt sein dürften.

,,Die Tafeln wurden zerbrochen und die Buchstaben flogen davon" (Pessachim 87 b. ), d. h. die Tafeln, wenn sie auch „ein

Wort Gottes sind, und die Schrift, eingegraben in die Tafeln, eine Schrift Gottes ist" (2, B. M. 32, 16), so sind sie doch nur aus Stein und lassen sich daher zerbrechen. Aber die Buchstaben, d. i. der höhere Geist, der in ihnen lebt und webt, lässt sich nicht zerstören und nicht zertrümmern, der ist und bleibt ewig.

Die zwei Extreme der religiösen Wirren in der Neuzeit bilden zwei Klassen Menschen, zu deren keiner ich mich bekenne.

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,,In der Lade Gottes liegen neue Tafeln, d. h. dieselben wie die frühern, nur sind sie erneuert und nicht mehr zerbrochen es liegen aber auch darinnen die Trümmer der frühern Tafeln, von denen die Buchstaben in der Luft fliegen, d. h. der Geist gewichen ist.,,Die Tafeln und die Trümmer der Tafeln liegen in der Lade" (Menachoth 99 a). Und da sind die Einen, die wollen durchaus die neuen Tafeln nicht, und beweist man ihnen auch noch so nachdrücklich und noch so überzeugend, dass sie dieselben sind wie die alten, nur erneuert, verschönert und verbessert, mit Geist und Leben ausgestattet, welches den zerbrochenen Tafeln fehlt, thuet nichts! Die Trümmer müssen beibehalten werden. Nun die Trümmer hatten wohl zu ihrer Zeit Geist und Leben gehabt, sonst wären sie nicht in die Lade Gottes gekommen; doch gegenwärtig sind sie zerbrochen, die Buchstaben sind ihnen entflohen, der Geist ist von ihnen gewichen.

Aber dieser Wahnsinn, Trümmer und nichts als Trümmer behalten zu wollen, hat wieder ein ganz entgegengesetztes Wollen hervorgerufen. Andere sind aufgestanden, welche von Tafeln gar nichts wissen mögen.,,Wozu Gebräuche? Wozu Religionsvorschriften? Der Geist ist Alles, die innere Religion das Wesentliche, und diese wollen wir behalten, alles Uebrige werfen wir weg". Allerdings ist der Geist Alles, allerdings ist die innere Religion das Wesentliche, aber so die Tafeln zerbrochen werden, fliegen die Buchstaben in der Luft, sie sind dann nicht greif- und nicht fassbar: so der Mensch keine äusseren Erinnerungsmittel hat, so schwindet der innere Geist bald aus seinem Herzen.

Obwohl Gott sagt: ,,An jedwedem Orte, wo ich meinen Namen in Erinnerung bringe, werde ich zu dir kommen und dich. segnen" (2 B. M. 20, 21); und ist denn ein Ort, wo Gott seinen

Namen nicht in Erinnerung brächte? Die grässliche Oede der Wüste und das liebliche Grün besäeter Fluren, das stürmische Wogengeräusch des Weltmeeres und die sanfte Stille beblumter Haine, Alles und Jedes in dieser wunderbaren Welt der Erscheinungen bringt den Namen Gottes in Erinnerung. Und so ist die ganze weite Erde ein Tempel, und das Himmelszelt die hochgespannte Wölbung dieses Tempels; wo man auf Erden stehet, kann man mit dem Patriarchen sagen:,,Hier ist das Haus Gottes, und hier das Thor des Himmels" (1. B. M. 28, 17), so gebietet doch Gott:,,Sie sollen mir machen ein Heiligthum, dass ich wohne in ihrer Mitte" (2. B. M. 25, 8). Der Himmel und die Himmels-Himmel fassen ihn nicht, und ein gebautes Heiligthum will er gemacht haben; aber nicht für sich, sondern der Mensch benöthigt einen Ort, wo er sich sammeln und in sich zurückkehren kann, sonst verliert er sich im Gewühle der Welt, und verliert Gott aus seinem innern Heiligthume.

Aber auch umgekehrt. Der Tempel ist zerstört worden, die göttliche Religion ist doch geblieben. Tausende und Tausende Synagogen sind an seine Stelle getreten, verschiedene Gebräuche ersetzen den Dienst im Tempel. Es ist etwas anders, aber doch dasselbe. Ein Geist weht da wie dort, der Geist des Glaubens! Ein Zweck ist da wie dort, die innere Heiligung durch den äussern Dienst! Und so muss es immer sein. Wenn Gebräuche veralten, unbrauchbar werden, und nicht mehr entsprechen der Würde und dem Geiste unsers geheiligten Glaubens, dann sind die Tafeln zerbrochen, und die Buchstaben fliegen, sind nicht mehr an den Tafeln; und dann müssen neue gemacht werden, d. h. ganz dieselben wie die zerbrochenen, aber doch erneuert, verschönert und verbessert, damit wieder Geist und Leben daran sei. Wer dieses nicht geschehen lässt, der wird bloss leere, nicht erbauende und nicht beseeligende Bräuche haben, mit einem Worte Trümmer, heilige Trümmer, aber ohne Leben und ohne Geist.

Ob nun die talmudischen Religionsvorschriften gefallen oder nicht, ob sie passend gefunden werden als ein Ausdruck der innern Religion oder nicht, beweis't weder für noch gegen die Reinheit der religiösen Begriffe des Talmuds. Die Vorschriften können schön und erbaulich und der religiöse Begriff doch ein falscher sein, und

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