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auch umgekehrt, die ursprünglich geistvolle Gestaltung kann durch die Zeit sich verunstaltet haben, während die Reinheit und Wahrheit des religiösen Begriffes doch immer vorhanden sein kann. Aber ob die talmudische Tugend- und Rechtslehre den Principien der Tugend und des Rechtes entspreche? Das ist eine Lebensfrage; denn müsste diese verneinend beantwortet werden, so müsste man nothwendig zugestehen: der Talmud sei nicht das Buch, worin die göttliche Tradition niedergelegt ist, und unsere Väter, deren einzige Richtschnur für ihre Handlungsweise der Talmud war, haben keine, oder, was eben so viel ist, eine verdorbene Tugend- und Rechtslehre gehabt.

Bis jetzt hat man nur immer sowohl von Seiten jener, die den Talmud angegriffen, als jener, die ihn vertheidigt haben, einzelne Stellen desselben zur Begründung der eigenen Behauptung angeführt. Dieser Weg aber scheint mir kein richtiger zu sein. Es kann ein Werk, besonders ein theologisches, in seiner Totalität ein verwerfliches sein, und doch können manche einzelne Stellen in demselben empfehlungswerth befunden werden; und umgekehrt, können Zeitbegriffe, Anschauungsweise, Gereitztheit und Erbitterung manche inhumane Aussprüche hervorrufen, während das Werk, worin solche Aussprüche sich finden, seiner Totalität nach, ein lobenswerthes ist. Darum soll hier die talmudische Tugend- und Rechtslehre in ihrer Ganzheit dargestellt werden, und ausserdem, dass dieses einen bedeutenden Beitrag zur Erlangung der talmudischen Wissenschaft bilden muss, soll es auch den Beweis liefern: dass der Talmud wohl einzelne verwerfliche Aussprüche enthalten mag, aber in seiner Totalität den reinsten und besten Tugend- und Rechtsprincipien entspricht.

Es ist ein nothwendiges Uebel einer jeden wissenschaftlichen Darstellung, dass sie Alles nur successive und getrennt geben kann denn der höhere wissenschaftliche Geist lässt sich nicht von vorn herein mittheilen, und dieser eben ist es, der das Vereinzelte in der Einheit seines Totalbewusstseins zusammenfasst. Um so schwieriger ist es, aus einem Werke wie der Talmud, der nirgends einem geordneten Systeme folgt, sondern sich in den Wirbel der Spekulation wirft, und einen Gegenstand anspinnend, viele ganz fremdartige Elemente damit zusammen knüpft, eine wissenschaftliche Darstellung

einer gegliederten Disciplin hervor zu bringen. Diese meine Arbeit ist daher keine eigentliche Tugend- und Rechtslehre des Talmuds, sondern blos ein Versuch zur Aufstellung einer Tugend- und Rechtslehre nach den Principien und Aussprüchen des Talmuds.

Die Quellen derselben sind fast einzig und allein die Aussprüche des Talmuds, dann und wann auch die der h. Schrift, indem diese die Grundlage des Talmuds bildet. Da aber manche Lehren nicht ausdrücklich im Talmud ausgesprochen, wohl aber doch aus demselben zu folgern sind, so dienen für diese Maimonides und der Schulchan Aruch als Quellen. Da endlich auch Siphri, Mechilte etc. zu den Büchern des Talmuds gezählt werden, so werden auch Midraschstellen, die aus diesen Werken entnommen sind, als Beweise angeführt.

Wenn auch die talmudische Tugend- und Rechtslehre keine philosophische Disciplin ist, so mussten doch zur genauern Verständlichkeit da und dort philosophische Reflexionen gemacht werden.

Möge dieses Werk den heabsichtigten Zweck erfüllen, was nicht mein Haupt-, sondern mein sehnlichster und einziger Wunsch ist.

Der Verfaaser.

Prossnitz am 27. Juni 1847.

VORWORT

zur zweiten Auflage von deren Herausgeber.

In stürmisch bewegten Zeiten, concentrirt sich alles um Po

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litik und wird die Literatur und deren Erzeugnisse nur wenig beachtet. Eine solche Zeit war jene des Erscheinens der ersten Auflage. Wenn selbe dessungeachtet in einem unverhältnismässig kurzem Zeitraume vollständig vergriffen war; so gibt dies allein schon das beste Zeugniss für den innern Gehalt; für das allgemeine Interesse, welches dieses talmudische, und zugleich moralphilosophische Werk in den verschiedensten Kreisen erregte. Die Gelehrten, des In- und Auslandes fällten die günstigste Beurtheilung, von denen ich mir einige hier folgen zu lassen erlaube:

Dr. Goldenthal sagt in seinem Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse an die kais. Akademie der Wissenschaften (Februarheft 1849 Seite 117):

,,Aus den verschiedenen in den talmudischen Schriften weitläufig zerstreuten Sätzen bemüht sich Herr Rabbiner Fassel ein Moral- und Rechtssystem zusammen zu stellen, was ihn nicht nur gelang, sondern vorzüglich gelang. Streng nach den Paragraphen der philosophischen Moral- und Rechtslehre richtete er sein Buch ein, passte genau daran die betreffenden Stellen aus dem Talmud, und wo Consequenzen

zu ziehen waren, that er es mit Gelehrsamkeit und Scharfsinn, und hämmerte so aus einzelnen Stücken ein ganzes vollständiges Bild zusammen: „Eine philosophische Moral- und Rechtslehre nach den Principien des Talmud s."

Baron Hammer-Purgstall spricht sich in einem directen Schreiben, ddto. Wien 26. März 1849, an den Herrn Verfasser folgendermassen aus:

,,Zeitgemässer konnte ein solches Werk unmöglich erscheinen, als in dem gegenwärtigen Zeitpunkte, wo so manche Ihrer Glaubensgenossen, als Herausgeber schlechter Blätter, alle Grundsätze der Tugend- und Rechtslehre bei Seite gesetzt haben, da muss ein solches Werk überzeugen, dass die Verkehrtheit schlechter Politiker nur denselben, aber nicht den im Talmud enthaltenen Principien der Tugend und des Rechtes zur Last fällt."

Freiherr von Feuchtersleben richtete ebenfalls direct an den Herrn Autor am 1. Feber 1849 folgende Zuschrift:

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Geehrter Herr! Entschuldigen Sie gütigst durch die zeitraubenden und dringlichen Verhältnisse, welche mit der Ablegung meiner ministeriellen Stellung verbunden waren, und mir jede Musse und jeden Impuls zu wissenschaftlichem Verkehr verleideten dass ich Ihr mir schon vor so langer Zeit zugekommenes Werk: „,Tugend- und Rechtslehre erst jetzt zum Gegenstande meines Dankes und meiner achtungsvollen Anerkennung mache. - Die Lectüre desselben gehörte zu den ersten reinern Genüssen, die meinem Geiste, nach einer Reihe verworrener und durch das Zwischenwirken materieller Interessen und egoistischer Kämpfe vielfach getrübter, schwieriger und dabei persönlich verant

wortlicher Aufgaben wie zur innern Erholung gegönnt waren, und ich bitte meinen Dank dafür, wenn er auch spät kommt, als nicht minder empfunden anzunehmen."

,,Ihre höchst schätzbare Schrift ist ein erster Schritt in einer wissenschaftlichen Angelegenheit, welche in ihrer innern und äussern Bedeutung für die Kenntniss des geschichtlichen und wissenschaftlichen Zusammenhanges, philosophisch-politisch und religiöser Entwicklungen, von grosser Wichtigkeit ist. Möge er nicht der letzte bleiben! Möge der Werth der talmudischen Ueberlieferung, den tiefer blickende Forscher nie verkannt, immer deutlicher und anerkannter werden, und dadurch allmählich Vorurtheile verschwinden, die leider noch so hartnäckig der höhern Einigung der Menschheit sich in den Weg stellen."

,,Nehmen Sie, geehrter Herr, dafür, dass Sie zu dieser Erkenntniss auf dem Wege der Wissenschaft beigetragen haben, den Ausdruck der Hochachtung an, mit der ich verharre Feuchtersleben."

Während,,les Archives Israëlites" schon in ihrem Jahrgange von 1849; und in neuester Zeit,,Woice of Jakob" französische und englische Auszüge aus der ersten Auflage brachten; kündigte bereits im Jahre 1849 Dr. Asher eine Uebersetzung dieses Werkes unter dem Titl,,The Ethics and Jurisprudence of the Talmud" an. Diese Ankündigung mit folgenden Worten einbegleitend: A work like this should therfore be made accessible not only to the Jews all over the globe, but also to the public at large." Ferner hinzufügend:,,We believe we may, without flattering ourselves, say, that by translating this work, we hope to render a nowise slight service to the British public in general and to our coreligionists in particular; we know of no means,

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