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worden zugunsten einer Verfassung mit einem Oberbeamten an der Spitze (Oberaedil, Diktator, Meddix tuticus). Über dieses etruskische Schema lagert sich dann in Latium eine jüngere Schicht, die das Zweibeamtentum mit Kollegialverfassung bevorzugt (Praetorenverfassung), nachdem der Praetor als Leiter der ritterlichen Jungmannschaft schon in den Diktatorstädten vorhanden gewesen war. Im Innern des Landes fehlt stellenweise die zweite Stufe, und das System der Beamtenpaare (Octovirat) der Sabiner und das Zweibeamtentum (marones) der Umbrer folgt vielleicht direkt auf ältere Verhältnisse, die wir nicht mehr zu erkennen vermögen. In Umbrien zeigt sich der etruskische Einfluß wenigstens insofern, als der marniu oder marunuz zum Namen des regierenden Oberbeamtenpaares (der marones) geworden ist.

Zum Schluß aber, wie ich gleich bemerken möchte, mit allem Vorbehalt, da wir nun den Weg der reinen Hypothese betreten müssen noch ein paar Worte zu dem achten Kapitel Rosenbergs 1), das überschrieben ist:,,Die italische Magistratur und der römische Staat", wo der Forscher Rom in den großen Zusammenhang mit dem übrigen Italien zu bringen, andererseits aber auch das Singuläre an diesem Staat zu bestimmen sucht. Für Rosenberg ist schon die älteste römische Republik ein origineller Staat, der keinem anderen im damaligen Italien glich, soweit wir sehen können"). Ob dieses Resultat nicht durch allzu große Gläubigkeit gegenüber der Tradition über Altrom gewonnen worden ist? Und wer gibt R. das Recht, ,,das Experiment des Militärtribunats" consulari potestate in diesem Zusammenhang außer acht zu lassen3)? Ich halte das letztere Verfahren sogar für einen schweren methodischen Fehler.

Wir müssen von den Singularitäten des römischen Staates der historischen Zeit ausgehen, wenn wir die spezifisch römische Entwicklung gegenüber der allgemein italischen kennen lernen wollen. Diese Singularitäten sind in der Hauptsache dreifacher Art: 1. die auf ein halbes Jahr befristete und mit Spezialkompetenzen ausgestattete,,Reservemagistratur" des Diktators oder magister populi nebst seinem Gehilfen, dem magister equitum; 2. der Militärtribunat als oberstes Gemeindeamt4) mit seinen drei bis sechs Beamtenstellen); 3. die Organisation der Plebs als eines Staates im Staate. Die unter 1. und 2. angeführten Eigentümlichkeiten zeigen uns einen Staat, der im schwersten Kampf nach außen steht und der offenbar von hier aus dazu gekommen ist, eine militärische Oberleitung sich zeitweise aufzuerlegen; 3. ist das Produkt eines Kampfes im Innern, durch den der Staat gewissermaßen in zwei Staaten zerlegt

1) S. 79 ff. 2) S. 81. 3) S. 82 und S. 90 Anm. 1.

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4) Die Historizität der tribuni militum consulari potestate ist allerdings nicht über allen Zweifel erhaben.

5) Über die Zahl vgl. Mommsen, Staatsr. II 1 S. 183 f.

worden ist. Der plebejische Scheinstaat" zeigt aber durchaus italisches Gepräge: in ihm erhalten die zwei aediles plebis, ursprünglich die Verwalter des Heiligtums der Plebs, wie in anderen italischen Gemeinden Beamtencharakter1) und neben ihnen stehen (einerlei ob von Anfang an in der Vierzahl oder ebenfalls zunächst in der Zweizahl) die Tribunen der Plebs, die Vorsteher der tribus, die eine echt italische Bezirkseinteilung darstellen). So sieht dieses ganze Produkt einer inneren Not des Staates, da gar nichts Etruskisches daran zu entdecken ist, wie eine Reaktion des latinischen Elementes gegen die herrschende etruskisch stark beeinflußte3) Aristokratie aus.

In welche Zeit gehört diese Schöpfung? Da die plebejischen Beamten in der Zwei- bzw. Vierzahl auftreten. so setzt sie die Praetorenverfassung oder zum mindesten den Consulartribunat in Rom voraus. Ist die Praetorenverfassung aber so alt, wie die antike Tradition sie macht, d. h. unmittelbar nach dem Sturz der Könige eingeführt, so ist in Rom, das als Stadt einen etruskischen Namen führt 4), nach der Königszeit alles Etruskische in den Magistraturen radikal ausgemerzt worden. Das ist möglich; denn auch Tusculum, ebenfalls eine Stadt mit etruskischem Namen, zeigt nach Vertreibung der Könige, deren ehemalige Existenz wie in Rom durch den rex sacrorum) bezeugt wird, eine italische Verfassung (Aedilen-Verfassung) ohne jeglichen etruskischen Einschlag. Aber wahrscheinlich ist es trotzdem nicht, daß Rom, das noch in ganz anderem Umfang etruskisiert war, als Tusculum, sofort zu der jüngeren latinischen Praetorenverfassung mit zwei Oberbeamten übergegangen ist. Schon die Episode der Ausstattung der Militärtribunen, ,,der Tribusvorsteher der Landwehr“, also von Offizieren, mit magistratischer Gewalt in relativ später Zeit zeigt uns, daß einmal der Stadt eine rein militärische Verfassung mit starker Exekutivgewalt durch den Druck von außen aufgenötigt worden

1) Rosenberg S. 1f., 13 u. 82.

2) Hierzu R. S. 118ff. Ich habe mich mit dem Problem der Herkunft der tribus Klio V S. 87 A. 6 schon abgemüht, ohne zu einem sicheren Resultat zu kommen. Einen großen Fortschritt bedeutet Rosenbergs Behandlung der Serviusstelle zu Verg. Aen. X 201 ff. a. a. O. S. 129 ff.

3) K. J. Neumann bei v. Pflugk-Harttung, Weltgesch. I S. 364.

4) W. Schulze, Zur Gesch. d. latein. Eigennamen S. 579 ff. hat den etruskischen Ursprung des Namens Roma erwiesen und dadurch den Satz des Dionys von Halikarnass τὴν Ῥώμην αὐτὴν πολλοὶ τῶν συγγραφέων Τυρρηνίδα πόλιν εἶναι inikapor gerettet. Fr. Leo, Gesch. der röm. Literatur, I (Berlin 1913) S. 10 A. 1, hält es mit Recht für wahrscheinlich, daß der etruskische Stadtname an Stelle eines alten latinischen getreten ist, wie Clusium an die Stelle des umbrischen Camers. Vgl. aber zu Camers auch A. Grenier, Bologne villanovienne et étrusque, Paris 1912, S. 478 mit Anm. 5.

5) CIL XIV 2634, dazu Rosenberg S. 9.

ist1). Sollen wir annehmen, daß dieser Druck in der vorhergehenden Zeit unmittelbar nach der Abschüttlung des Etruskerjoches schwächer war? Wenn aber, wie ich glaube, das nicht der Fall war, dann bleibt nur eine Möglichkeit: nämlich anzunehmen, daß die später nur halbjährige,,Reservemagistratur" der Diktatur samt dem dazugehörigen magister equitum, einmal - wenn auch vielleicht nur kurze Zeit die ordentliche jährliche Oberbehörde von Rom gewesen ist: d. h. daß auch in Rom ursprünglich der Jahreskönig den früheren rex ersetzt hat.

Die seltsamste Figur des römischen Staatsrechts ist doch das betont im Anschluß an Mommsen auch wieder Rosenberg) - der magister equitum, der ständige Genosse und, obwohl auch Vollmagistrat mit eigenem Imperium, der Untergebene des dictator oder magister populi, dessen imperium maius auch gegenüber dem Reiterführer Geltung hatte. Seine Eigenart erklärt sich nur aus der hohen Stellung und der eigenen Organisation der waffenfähigen Ritterschaft im ältesten römischen Adelsstaat. Rosenberg hat in einer ausgezeichneten Untersuchung seines Buches) die einzige Parallele zu dem magister equitum in dem latinischen bzw. vielleicht ursprünglich etruskischen Jugendschaftsvorsteher, den wir oben S. 200f. eingehend betrachtet haben, nachgewiesen. Wenn aber der magister equitum ehemals nichts anderes war als der praetor iuventutis der übrigen latinischen Städte oder der magister iuventutis in den Sabinerstädten1), dann wird er so gut wie der Diktator, den das alte Gesetz über die Nageleinschlagung (Liv. VII 3, 5) noch als praetor maximus bezeichnet, einmal auch in Rom ein ordentlicher Jahresbeamter gewesen sein 5), und wir haben in den beiden magistri (magister populi und magister equitum) eine Verfassung vor uns genau entsprechend dem dictator und praetor iuventutis in den latinischen Städten oder den beiden oskischen meddices. von denen nur der eine der eigentlich regierende Beamte, der andere ein praetor minor war eine Abstufung in der Obergewalt, die wir oben ebenfalls auf etruskischen Einfluß zurückführten. Was aber die Hauptsache ist: wenn Rosenbergs Deutung des zila parzis und zilag eterav sich als richtig 6) erweisen wird, so sind dies vermutlich die Vorläufer der beiden römischen magistri und Rom, die Stadt mit dem etruskischen Namen, die außerdem den stärksten etruskischen Einfluß unter allen Latinerstädten erfahren 1) Die antike Tradition bringt die Entstehung des Consulartribunats ganz zu Unrecht in Beziehung zum Ständekampf.

2) S. 89. 3) S. 89 ff. 4) Rosenberg S. 95.

5) Ist die Theorie von der jährlichen Nagelschlagung richtig, wie sie Cincius schon im Altertum vertrat und nach ihm viele Neuere (vgl. zuletzt O. Leuze, Jahrzählung S. 159, dazu aber Kornemann, Priestercodex S. 53), so haben wir hier einen Beweis für das ursprüngliche Jahresbeamtentum des praetor maximus oder dictator.

6) S. darüber oben S. 191.

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Ernst Kornemann, Zur altitalischen Verfassungsgeschichte. hatte, hat auch nach der Königzeit noch eine mit den Verfassungen der Etruskerstädte ähnliche Art der Oberleitung gehabt1). Die Verfassung würde sehr gut zwischen Königtum und Consulartribunat passen: sie ist von hier von der Annalistik durch die Einschiebung einer älteren Epoche der Consulatsverfassung) verdrängt worden. Der Weg in Rom ging, wenn diese Hypothese der Wahrheit näher kommt als die uns überlieferte* annalistische Konstruktion, in Wirklichkeit von der Diktatorverfassung über den Consulartribunat zur Praetorenverfassung unter Beibehaltung der Diktatur für die Zeiten der Not. Die Praetorenverfassung ist dann im

4. Jahrhundert durch die Einführung des dritten Praetors weitergebildet worden: er ist als collega minor mit einer Spezial-Kompetenz, diesmal für die Rechtsprechung ausschließlich, bestellt worden, ein Gegenstück zum praetor iuventutis oder magister equitum in der alten Diktatorverfassung. Zugleich ist die römische Verfassung damit eine Zeitlang zum Dreibeamtenstaat vorgedrungen, nur daß hier drei Praetoren an der Spitze stehen wie anderswo drei Aedilen, in Rom und Tusculum aber beidemal in der Gliederung 2+1 (Rom: 2 Consuln+praetor, Tusculum: 2 Aedilen + Hilfsaedil). Tübingen.

1) Nachträglich sehe ich, daß schon M. Gelzer, Die Nobilität der röm. Republik, Leipzig. Teubner 1912, S. 40 mit Anm. 1 diese Hypothese vorgetragen hat, ohne allerdings Billigung bei K. J. Neumann (Gercke-Norden, Einleitung III2 1.452) zu finden.

2) Vgl. dazu unten S. 257 den Aufsatz von G. Sigwart, Die römische Königszeit und die Fasten des 5. Jahrhunderts v. Chr.

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Eratosthenes, Hipparchos, Poseidonios.

Ein Beitrag zur Geschichte des Erdmessungsproblems im Altertum 1). Von Oskar Viedebantt.

Fünfzig Jahre nach dem Tode des Eratosthenes hatte die physikalischmathematische Geographie in Hipparchos von Nikaia einen hervorragenden Vertreter, Eratosthenes selbst einen unerbittlichen Kritiker gefunden, der, ein Feind aller Hypothese und Theorie, hinter alles und jedes ein Fragezeichen setzte, das nicht durch exakteste Rechnung und gründlichste Beobachtung gestützt werden konnte 2). Aber in einem Punkte hatte doch der Alexandriner des Kritikers Zustimmung gefunden: die eratosthenische Erdmessung hat Hipparch im Prinzip als richtig anerkannt; er hat keine eigene, methodisch neue Messung vorgenommen, sondern war nur bestrebt, die dem Verfahren seines Vorgängers anhaftenden Mängel und Ungenauigkeiten zu beseitigen, um damit das Endergebnis zu vervollkommnen.

Wiederum etwa ein halbes Jahrhundert nach Hipparch hat dann auf Rhodos Poseidonios gelehrt; jenem ebenbürtig, wie er ein sachlicher und selbständiger Beurteiler, von umfassenden naturwissenschaftlichen und mathematischen Kenntnissen 3). Auch ihn hat die Frage der Erdmessung beschäftigt, und, dürfen wir unseren Quellen Glauben schenken, so ist er seinerseits im Gegensatz zu Hipparch hierin von Eratosthenes nach Methode und Resultat abgewichen.

Die Frage nach der Stellungnahme des Poseidonios zum Erdmessungsproblem ist meines Wissens eingehend zuletzt von Berger untersucht und von ihm im Sinne des alten Letronne und anderer dahin ausgedeutet worden, daß jener keine eigentliche wissenschaftliche Messung vorgenommen, sondern vielmehr lediglich die mißverstandene Methode des

1) Die vorliegende Arbeit wird zugleich eine Diskussion über die metrologische Forschung auf dem Gebiete der antiken Längen- und Wegemaße eröffnen. Ich teile mit Vergnügen mit, daß Herr Professor Lehmann-Haupt seine hier in Frage gezogenen abweichenden Ansichten soweit es nicht schon, gegenüber meinen Metrologischen Beiträgen im Hermes XLVII (1912), in seinem das pheidonische System betreffenden Klio-Artikel (vgl. Hermes a. a. O. S. 586 Anm. 3) geschehen sein wird in einem der folgenden Hefte dieser Zeitschrift erneut begründen wird.

2) Vgl. Berger, Gesch. d. wissenschaftl. Erdkunde der Griechen (Leipzig 1903) S. 458 ff. Rehm, Pauly-Wissowa RE VIII S. 1666 ff.

3) Vgl. Hultsch, RE s. Geometria, VII S. 1218.

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