ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Erdmessung von 180000 St. aber nur etwa 15600 Stadien.

Die Subtraktion 15600-13000 ergibt für die verbrannte Zone bis zum Äquator etwa 2600 Stadien, eine Strecke, die, halb so groß wie die Entfernung Alexandreia-Syene, durch die seit Eratosthenes erweiterte Kenntnis der südlichen Länder bereits in ihrer äußersten Grenze erreicht bzw. in ihrer Bewohnbarkeit erkannt sein müßte.

Darf man derart argumentieren, und stürzt nicht ein auf dem sandigen Boden gewagtester Hypothese errichtetes Gebäude zusammen wie ein Kartenhaus? Ich bin, wie gesagt und wie bald näher gezeigt werden soll, mit Berger einer Meinung, wenn er die eigentliche poseidonische Erdmessung, so wie sie Kleomedes schildert und wie sie auf einen Betrag von 240 000 St. für den Gesamtkreis führt, als einen Popularisierungsversuch der wissenschaftlichen Messung des Eratosthenes-Hipparch ansieht. Aber in unserm Falle, d. h. in der Frage der Bewohnbarkeit der verbrannten Zone einen zweiten derartigen Popularisierungsversuch zu erblicken, muß ich ablehnen. Nicht als ob dies a priori als unglaublich zu verwerfen wäre; wiewohl zu bedenken ist, daß die Verhältnisse in diesem Falle doch recht wesentlich anders lagen, das Problem bei weitem nicht so angefeindet war wie in der Frage der Erdmessung, und daß Poseidonios nur gegen die Alten, gegen die Ionier (Parmenides) und gegen Aristoteles polemisiert, während er die namhaftesten jüngeren Geographen beider Richtungen, wie Panaitios, Polybios, Krates und Eratosthenes auf seiner Seite gehabt hat1). Aber welches besondere Gesicht erhielte dieses Popularisierungsverfahren bei Zusammenstellung mit dem eigenen Resultat der eigentlichen poseidonischen Erdmessung nach der Darstellung des Kleomedes? Man bedenke: in der Erdmessung setzt Poseidonios die Strecke Rhodos-Alexandreia zu 5000 St. an und erhält damit für den Erdumfang das Resultat von 240000 St.; im vorliegenden Falle dagegen nimmt er die Bogenstrecke zu 3750 St. und kommt damit auf einen größten Kreis von nur 180000. Dort mußte es ihm darauf ankommen, sich an die Zahlen des Eratosthenes-Hipparch anzulehnen; hier lag das Bedürfnis vor, die verbrannte Zone möglichst schmal erscheinen zu lassen. Also schmal und breit, klein und groß, je nach Bedarf. Schluß: Poseidonios war ein Schalk.

Weiter. Da wir die sogenannte kleinste Erdmessung des Poseidonios los geworden sind, so bleibt bezüglich seiner Stellungnahme zu dem Problem nur die Darstellung des Kleomedes übrig. Daß sie im ganzen verläßlich ist, kann nicht bestritten werden. Nach ihr nahm der Rhodier die Strecke Rhodos-Alexandreia zu 5000 St. an und berechnete demnach den Meridian zu 5000 48 240000. Auch dieser Rechnung stellen sich

1) Vgl. Berger, Erdk." S. 554. •

schwerwiegende Bedenken entgegen. Denn wie konnte Poseidonios den methodischen Fehler begehen und die grundlegend verwandte Bogenstrecke nach einer ungenauen Schifferschätzung, wie die 5000 St. sie darstellen, annehmen, da doch seit Eratosthenes und mehr noch seit Hipparch wissenschaftliche Messungswerte vorlagen? Zur Erklärung dieser Schwierigkeit gibt es nur jenen einen Weg, den Letronne gewiesen, Berger mit Nachdruck vertreten hat: das dem Poseidonios von Kleomedes zugeschriebene Erdmessungsverfahren kann unmöglich als eine wirklichen und selbständigen Wert beanspruchende und auf wissenschaftlicher Basis aufgebaute Behandlung des Erdmessungsproblems aufgefaßt werden. Es ist ein Popularisierungsverfahren, vielleicht ein erläuterndes Schulbeispiel, eine Kollegparaphrase.

Man bedenke1); die mathematische Geographie, Eratosthenes und Hipparch, hatte Gegner gefunden. Nicht bei den großen Geistern; sie wußten, wie Poseidonios selbst, die großen Leistungen der Forschung zu würdigen. Aber die Mittelmäßigkeit braucht allemal Zeit, um die epochemachenden Gedanken eines großen Mitmenschen zu erfassen. Ein Columbus wurde verlacht, ein Galilei eingekerkert, und das Geschick der beiden Alten, insonderheit des Eratosthenes, der begreiflicherweise trotz Hipparchs glänzender Korrektur immer der Träger dieser Erdmessung geblieben ist, scheint ähnlich gewesen zu sein. Jedenfalls scheint unter den frühzeitig von Polybios gegen die mathematische Geographie beeinflußten Römern, geboren aus dem Unvermögen, den astronomischen Beweisgängen der Forscher zu folgen, die Neigung vorhanden, in ihren Untersuchungen phantastische Spielereien zu sehen, ja sie selbst und ihre Wissenschaft mit Spott und Hohn und Geringschätzung zu verfolgen. Daß Cicero, nicht ohne auch den Namen des Eratosthenes ausdrücklich zu nennen, mehrfach hat eingestehen müssen, daß er den Doktrinen der mathematischen Geographie nicht gewachsen sei, hat Berger?) eingehend gezeigt. Plinius) ist zwar selbst weit genug davon entfernt auch die Lehre des Eratosthenes und Hipparch als vanitatis Graecae exemplum zu bezeichnen; eine solche Zensur erhält vielmehr ein Dionysidor bzw. die geometrae, die einen an seinen Namen anknüpfenden faulen Witz für Ernst genommen haben sollen; allein schon die Tatsache, daß an dieser kurzen Stelle auch die 252000 St., die jene auf den größten Kreis gerechnet hatten, figuriert, zeigt klar genug, daß mit diesen Märchen und Mätzchen auch sie selbst stark genug in Mitleidenschaft gezogen wurden. Und gewiß, auch Plinius hat sich (nach berühmtem Muster) der Wucht und Akribie der Beweisführung des Eratosthenes nicht entziehen können; denn gerade hier lobt er ihn ja - natürlich mit den 'cuncti, bei denen 1) Vgl. zum Folgenden Berger, Erdk.2 S. 581 f.

2) A. a. O. 3) N. h. II 247 s.

[ocr errors]

er ihn Billigung gefunden haben läßt - als praeter ceteros solers, und die Erdmessung selbst ist ihm ita subtili argumentatione comprehensum, ut pudeat non credere. Aber voll verstanden hat er den Forscher nicht, und in der Gesamtcharakterisierung seines Unternehmens als improbum ausum dürfte man zweifellos doch noch ein frommes und schüchternes Zugeständnis an die Gegner durchzuhören haben.

Solcherlei dürfte einem Manne wie Poseidonios nicht entgangen sein. Und da er es nicht leiden mochte, daß die wahre Wissenschaft durch Kritik- und Verständnislosigkeit zu schwerem Schaden kam, so mag er auf den Plan getreten sein, um durch den Einsatz seiner Persönlichkeit diesen Irrweg abzuschneiden. Dafür aber gab es nur ein Mittel. Wie es offenbar war, daß die Methode der Großen für den damaligen Bildungsstand noch zu hoch war und nur von wenigen erfaßt werden konnte, so kam alles darauf an, die Beweisführung so zu vereinfachen, daß sie auch dem minder Begabten verständlich wurde. Schon daran scheint man ja Anstoß genommen zu haben, daß die beiden Forscher den Bogenabschnitt Alexandreia-Syene als Grundlage für ihre Messung genommen hatten. Warum, so mochte man fragen, haben jene das entlegene oberägyptische Syene in ihren Beweis verwoben, und warum nicht statt dessen einen innerhalb des zentralen Weltverkehrs gelegenen Punkt der griechischen Welt gewählt? Eben diesen Punkt hat Poseidonios eingesetzt. Die Breitendifferenz Alexandreia-Syene betrug nach Hipparchs Korrektur 5000 Stadien. Den gleichen Maßbetrag rechnete eine alte Schifferschätzung auf die Strecke Alexandreia-Rhodos. Sie war falsch, aber dafür hatte sie hier doch den Vorteil für sich, daß sie (als runder Näherungswert) wenigstens für richtig gehalten wurde. Und diesem Glauben der nimmer Belehrbaren nun scheint Poseidonios dadurch entgegengekommen zu sein, daß er eben diese Strecke kurzerhand statt der Breitendistanz Alexandreia-Syene einsetzte. Daß er im übrigen auf alle gnomonische Messung bei dem besonderen Zwecke des Verfahrens von vornherein verzichten mußte, lag auf der Hand. Es mußte eben unter allen Umständen und in jeder Beziehung eine, um mit Kleomedes zu sprechen, godos àлkovotioa gesucht werden; und diese fand sich denn am sichtbaren Himmel mit Hilfe des Kanobossterns, dessen Rektaszensionsdifferenz für Rhodos und Alexandreia auf 1/48 des Gesamtkreises bestimmt wurde.

Daraus, daß das Endresultat nach dieser Darstellung auf 240000 St. lautete und sich an das hipparchische Interimsresultat (s. o. S. 219f.), wenn ich so sagen darf, anlehnte, durften in Anbetracht der Tatsache, daß die Zahl 5000 eben nur einen ungewissen Näherungswert darstellte, keine Schlüsse gezogen werden; und sie zu verhüten, kleidete Poseidonios die Schlußsumme seiner Rechnung in eine Verklausulierung ein, hielt er die

Möglichkeit (bzw., wenn man wollte, Wahrscheinlichkeit), daß auch sein Verfahren auf das eratosthenisch-hipparchische Endergebnis hinführen könne, ausdrücklich mit dem Bemerken offen, die von ihm für den größten Kreis herausgerechneten 240 000 St. könnten nur dann als gültiges Endergebnis angesehen werden, wenn die Breitendistanz in der Tat, wie gemeinhin angenommen werde, genau 5000 St. betrage; betrage sie aber weniger oder was der Forscher selbst im Falle der Richtigkeit unserer Interpretation natürlich stillschweigend suggerierte mehr, so ändere sich entsprechend auch das Endresultat.

Es ist klar, ist Poseidonios nicht bloß ein Götze der Wissenschaft, sondern war er wirklich der große Forscher, als den Altertum und Neuzeit ihn feiern, war er vor allem ein Geograph und Astronom von mehr als zünftiger Bildung, dann ist es, meine ich, schlechterdings undenkbar, daß er in der Erdmessung das Verfahren des Eratosthenes nicht mit Hipparch als richtig übernommen hätte. Und daß er es sich in der Tat zu eigen gemacht hat, dafür dürfen wir denn jetzt zuguterletzt, wie mir scheint, als wichtiges indirektes Zeugnis auch noch den Mathematiker und Astronomen Geminos von Rhodos (1. Jahrh. v. Chr.) anführen, der, wie er sich (selbst der Stoa angehörend) sonst im ganzen und im einzelnen als Schüler und Freund des Poseidonios erweist1), in der Erdmessung doch auffälligerweise, wie Tittel meint2), und ohne ein Wort der Polemik gegen jenen vorzubringen, die eratosthenisch-hipparchische Zahl 252 000 verwendet.

Zum Schluß. Fragt man, welches der Erfolg des Popularisierungsversuches des Poseidonios war, so kann die Antwort nur lauten: ein eklatanter Mißerfolg. Denn im Gegensatz zu der Kraft, die das Böse will und doch das Gute schafft, hat das gefeierte Schulhaupt der Stoa nur dazu beigetragen, die Verwirrung und Diskreditierung der mathematischgeographischen Wissenschaft, der er steuern wollte, noch zu erhöhen. Und vielleicht hat er selbst es noch erleben müssen, daß jener Schlaukopf kam, der ihn nunmehr auf sein eigenes gefährliches Experiment festlegte, indem er sagte: nein, Alexandreia und Rhodos sind nicht, wie die Schifferangabe besagt, 5000, sondern wie Eratosthenes erwiesen hat die hipparchische Berichtigung (3640) war inzwischen vergessen worden3) 3750 St von einander entfernt, und die wahre Größe des Meridiankreises beträgt daher 'nach Poseidonios' nicht 240 000, sondern nur 180 000 Stadien. Dagegen war natürlich nichts mehr zu erinnern; denn die Zahl 3750 hatte ihre unbedingte wissenschaftliche Basis. Alles in allem genommen aber stellt sich ein solches Verfahren natürlich schon im Prinzip als unheilvoller Mißgriff dar; denn daß es unter allen Umständen ein gefährliches Spiel war, auch wenn es sich lediglich um Schulzwecke handelte, statt der

1) Vgl. Tittel, RE s. v., Bd. VII S. 1026 f.
2) A. a. O. S. 1034. 3) Vgl. oben S. 216.

[ocr errors]

eratosthenisch-hipparchischen Distanzangabe für die Strecke Alexandreia— Rhodos die Schifferschätzung einzusetzen, d. h. einen wissenschaftlichen Wert durch einen populären und unwissenschaftlichen zu ersetzen, das konnte und durfte ein Mann wie er sich nicht verhehlen. So trägt denn auch er selbst letzten Endes die Schuld an den Folgen: daß ein Marinos von Tyros sich seine kleinste Erdmessung zu eigen machen und daß ein Ptolemaios sie von diesem übernehmen konnte, um sie dann seinerseits (im Almagest) noch auf das spätere Mittelalter zu vererben. Allein die Schuld wiegt leicht im Verhältnis zu der Tatsache, daß er selbst heute von dem fatalen Verdachte der Unwissenschaftlichkeit in einem wichtigen Punkte endgültig befreit erscheint.

Exkurs I.

Die Größe des eratosthenischen Stadions. Zur Frage des philetärischen und des italischen oder römischen Fußmaßes.

Als Grundlage für die Bestimmung des eratosthenischen Stadions sind vor allem zwei Schriftstellerangaben in Betracht gezogen worden1). Erstlich eine Notiz des Plinius, der n. h. XII 53 bemerkt:

schoenus patet Eratosthenis ratione stadia XL, hoc est milia passuum V, aliqui XXXII stadia singulis schoenis dedere; und zweitens eine Stelle in der den Namen eines gewissen Julianos von Askalon2) an der Spitze tragenden und vermutlich aus byzantinischer Zeit stammenden Tabelle über palästinensische Geometermaße bei Hultsch, Metrol. script. I p. 200, wo es s. 9 heißt:

τὸ μίλιον κατὰ μὲν Ερατοσθένην καὶ Στράβωνα τοὺς γεωγρά φους ἔχει σταδίους ἢ καὶ γ', ἤτοι ουργίας αλγ.

Erstere Quelle wurde in unterschiedlicher Auswertung grundlegend verwertet von Hultsch3) und älteren Forschern einerseits und von LehmannHaupt4) andererseits. Auf letzterer fußt Nissen 5).

Nissens zuletzt 1903 ausgesprochene Ansicht

um die an zweiter Stelle genannte Quelle zuerst zu erledigen geht dahin, daß Eratosthenes das attisch-solonische Stadion von (600 Fuß zu ca. 296 mm d. i.) ca. 177,5 m benutzt habe, ein Maß, das in der Tat zur römischen Meile von

1) Eine dritte Notiz (Varro bei Censorin) erscheint für die Maßbestimmung bedeutungslos. Sie wird weiter unten (S. 244) kurz besprochen werden.

2) Vgl. Hultsch, Metrol. script. I p. 55 und meinen Artikel Julianos bei Pauly-Wissowa.

2

3) Metrologie S. 60f. 4) Congr. S. 68 f.

5) Metrologie bei J. Müller, Handb. 12 S. 889; Rhein. Mus. LVIII S. 241f,

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »