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Der Ursprung des Mönchtums

im nachconstantinischen Zeitalter.

Von

Prof. D. Hermann Weingarten

in Marburg.

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Paulus von Theben, der erste Eremit", und der heilige Antonius als die Stifter des Mönchtums, die Entstehung desselben in den Verfolgungszeiten der Kirche unter Decius und Diocletian, sein ursprünglicher Charakter als eine friedliche Art der Selbstaufopferung an Stelle des Märtyrertums nach dem plötzlichen Stillstand der Verfolgungen 1) gehören zu den unbestrittenen Annahmen auch der neueren Kirchengeschichte. Eine genauere Prüfung freilich der Grundlagen, auf welchen jene Traditionen beruhen, führt zu ganz anderen Ergebnissen.

I. Für Paulus von Theben und die Romantik der unentdeckbaren Felsengrotte der unteren Thebais, in die er sich vor den Gefahren der Decianischen Zeit geflüchtet, 250, in seinem 16. Lebensjahr, rostige Ambosse, Hämmer und Prägezeug erinnerten noch an die Falschmünzer, die zur Zeit der Cleopatra

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1) Wie noch jüngst Gass (Optimismus u. Pessimismus, 1876, S. 71) die Genesis des Mönchtums dargestellt hat. Von der früheren Literatur sei hier nur Mangolds Marburger Habilitationschrift,, De monachatus originibus et causis" (1852) erwähnt, mit der in dem Zurückgehen auf das Therapeutentum auch Gass in seinem Ueberblick über das Mönchtum und dessen unermessliche Literatur in Herzogs Real-Encycl. Bd. IX übereinstimmte.

Zeitschr. f. K.-G.

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dort gehaust, eine uralte Palme überschattete, ein hier entspringender, bald wieder verschwindender Bergquell bewässerte den sicheren Ort 1) — für dies Alles liegt die alleinige Gewähr in der Schrift des Hieronymus „De vita Pauli Monachi“ 2). In dem Charakter und Inhalt derselben ist zugleich das Urteil über ihren geschichtlichen Werth enthalten.

Neunzig Jahre alt, also erzählt uns Hieronymus, war Antonius in seiner Wüste geworden, und dachte bei sich, es gäbe keinen vollkommeneren Mönch als er selbst. Da ward ihm in einer Nacht geoffenbart, fern von ihm lebe ein viel grösserer, den solle er aufsuchen. Bei Tagesanbruch macht sich Antonius auf, ohne zu wissen, wohin. Schon ist es Mittag geworden und er will, als die Sonne über ihm kocht, fast verzagen, da weist ihm ein Centaur, halb Mensch, halb Ross und Hieronymus will es unentschieden lassen, ob der Teufel oder ein Monstrum der Wüste den weiteren Weg. Darauf tritt ihm ein Satyr entgegen, der ihn bittet, er möchte für ihn beten, und dann in die Luft verschwindet, wie vor ihm der Centaur. Endlich, am Morgengraun des dritten Tages, wird Antonius durch eine Wölfin zu einer Höhle, geheimnisvoll verborgen am Fuss des Berges, geleitet. Leise, mit angehaltenem Atem, schreitet er in der Finsternis der Höhle vor, bis endlich aus der äussersten Tiefe Licht ihm entgegenstrahlt. Aber da strauchelt er über einen Stein, fällt, und vom Geräusch erschreckt, wirft der heilige Paulus die Türe zu. Von Sonnenaufgang bis zur sechsten Stunde und noch länger muss Antonius bitten, dass ihm aufgetan werde, aber erst auf seine Drohung, er werde hier vor seiner Türe sterben, öffnet Paulus und die beiden greisen Heiligen denn Paulus

war 113 Jahre alt fallen sich um den Hals. Unter frommen Gesprächen treten sie vor die Höhle, an die Quelle unter dem Palmbaum. Während nun Paulus sich bei Antonius erkundigt, wie es in der Welt aussehe (c. 10:,,an in antiquis

1) Auch noch bei Burckhardt, Zeit Constantins (1853) S. 433. 2) Bei Migne, Patr. lat. T. XXIII; Ed. Martianay IV, 2. Vallarsi war mir nicht zugänglich. Die griechischen Ueberarbeitungen (Act.

SS. Boll. Jan. I, 602) sind wertlos.

urbibus nova tecta consurgant, quo mundus regatur imperio") fliegt ein Rabe herbei und legt ein ganzes Brot zu seinen Füssen nieder. „Sieh da", ruft Paulus aus, „, sechzig Jahre schon bringt mir der Rabe täglich ein halbes Brot, aber bei deiner Ankunft, militibus suis Christus duplicavit annonam"." Doch darüber, wer das Brot anbrechen soll, geraten sie in einen Wettstreit der Gastfreundschaft und Demut, der bis zum Abend dauert. Zuletzt vereinigen sie sich dahin, dass sie sich gegenüber setzen, beide das Brot in die Hand nehmen, jeder sich nach seiner Seite zurücklehnen und, was dann in seinen Händen bleibt, geniessen soll. Also tun sie und bringen dann die Nacht im Gebet zu. Am kommenden Morgen kündigt Paulus dem Antonius an, heute werde er sterben. Aber Antonius müsse ihn verlassen und solle nur hernach seinen Leichnam mit dem Mantel bedecken, den er vom Athanasius erhalten. Erschreckt über die wunderbare Kunde, die Paulus von diesem Geschenk besitzt, begiebt sich Antonius auf den Rückweg; da erscheint ihm, in der Frühe des zweiten Tages, Paulus, hellleuchtend wie von schneeweissen Gewändern, von Engeln, Propheten und Aposteln umgeben, gen Himmel fahrend. Antonius fällt zur Erde und betet an, dann kehrt er zurück, um den Leichnam zu bestatten. Aber ihm fehlt ein Grabscheid; da stürzen mit fliegenden Mähnen zwei Löwen herzu, doch schweifwedelnd legen sie sich zu seinen Füssen nieder, und nach erschütterndem Klagegebrüll wühlen sie mit ihren Tatzen das Grab für den heiligen Paulus auf. Dann bitten sie den Antonius um seinen Segen und gehen auf sein Geheiss in ihre Wüste zurück. Antonius aber legte den Paulus in dies Löwengrab und trug fortan die Tunica, die dieser sich aus Palmenblättern zusammengenäht hatte.

Wo ist in dieser ganzen Vita Pauli Monachi auch nur Eine Spur geschichtlicher Wahrheit, von dem ersten mythischen Ausgangspunkte an, der Wüstenfahrt des Antonius ins Blaue hinein, auf Grund einer nächtlichen Offenbarung, mit den Centauren und Faunen als Wegweisern, bis zu dieser Himmelfahrt und Bestattung des Paulus? Schon Zeitgenossen haben deshalb diesen,, ersten Eremiten" für eine blosse Er

findung seines Biographen erklärt, wie Hieronymus selbst mit souveräner Verachtung solcher Kritik zugesteht, als er die schon in der Zueignung des Paulus von Theben an,, Paulum senem Concordiae" angekündigten 1) anderen Kinder seiner Phantasie, nur noch reicher ausgestattet, übers Meer sandte, den heiligen Hilarion von Gaza und den Syrer Malchus. Und in der Tat, die Existenz des Paulus von Theben ist durch nicht ein einziges anderes Zeugnis verbürgt. Vor Hieronymus weiss niemand etwas von ihm; die dem Athanasius zugeschriebene Biographie des. Antonius redet mit keiner Silbe weder von diesem Paulus noch von seiner Begegnung mit Antonius, und wenn die tendentiösen abendländischen Geschichtsschreiber des Mönchtums, wie Johannes Cassianus und Sulpicius Severus, den Namen des Paulus im Zusammenhang mit Antonius nennen, so tun sie es nur, indem sie dem Hieronymus nachsprechen 2); existirt aber hat dieser Paulus nie. Ueberhaupt, von einem geschichtlichen Kern jener Schrift des Hieronymus kann man nur dann reden, wenn man ihren literarischen Charakter vollständig verkennt und einen Roman zu einem frommen Tractätchen verwässert 3). Denn

1) Ep. X:,, Si hoc munusculum placuerit, habemus etiam alia condita, quae cum plurimis orientalibus mercibus ad te, si spiritus Sanctus afflaverit, navigabunt." Die Skepsis der Zeitgenossen im prologus zur Vita S. Hilarionis: qui olim detrahentes Paulo meo, nunc forte detrahent Hilarioni . . . ut qui semper latuit, non fuisse".

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2) Vgl. Jo. Cassianus, Collat. XVIII, 6; Sulpic. Sev., Dial. I, 11; in beiden Stellen nur der Name des Paulus genannt. Wie viel künstliche Mühe man sich gegeben, das Schweigen der Biographie des Antonius über Paulus zu erklären, kann man auch aus der Anm. zu Cassians Coll. IX, 31 (Lips. 1733) ersehen. Auch der Amathas, der im Prolog der Vita Pauli Monachi, als Schüler des Antonius und als der figurirt, der den Antonius begraben habe, ist dem Biographen des Antonius ganz unbekannt, und über seine andere angebliche Autorität, den Macarius, lässt uns Hieronymus vollends in Stich. Welchen Macarius meint er, könnte man fragen, wenn Hieronymus nicht eben diese Gewährsmänner einfach, wie auch das Uebrige, erfunden oder vorgeschoben hätte. · Die anderen späteren Citate für Paulus von Theben bei Tillemont, Mém. eccles. (in der Venet. Ausg. von 1732. 4) VII, 670.

3) Wie Zöckler gethan hat

trotz der Zugeständnisse S. 387 f.

Hieronymus (1865) S. 59-63

die geschickt verhüllte Absicht des Hieronymus war hier nicht, möglichst erbaulich, sondern möglichst pikant zu sein 1), und seine Vita primi eremitae ist nur eine Nachbildung beliebter Romane der römischen Kaiserzeit und will wie diese beurteilt sein. Es ist dieselbe Rücksicht auf den Charakter dieser übersättigten alten Welt, die nur noch durch die stärksten sinnlichen Reizungen, durch Abenteuerliches und Schauriges vorübergehend aufgeregt werden konnte, welche die milesischen und die späteren erotischen Erzählungen beherrscht, von der auch Hieronymus Tendenz und Mittel für ein gut Teil seiner schriftstellerischen Tätigkeit sich hat dictiren lassen, nur dass er mit den heidnischen seine Mönchsphantasien sich vermischen und wetteifern lässt. Gleich der Eingang der Vita Pauli trägt, ganz nach der Schablone der antiken Erotik, den Charakter mit Behagen ausgemalter raffinirter Lüsternheit; die eine der beiden hier sehr überflüssigen Märtyrergeschichten ist in ihren Einzelheiten fast wörtlich einer der lascivsten Episoden des Apulejus nachgebildet 2); die Wanderungen des Antonius, das wunderbare Zusammentreffen der beiden Greise in dem Felseneilande erinnern an ähnliches Wandern und Sichfinden in den Robinsonaden der alten Welt, wie Deinias und Derkyllis, die schon im Altertum viel verwerteten Vorbilder von ,, Paul et Virginie", in den griechischen Romanen auf der Insel Thule sich zusammenfanden 3). Rein künstlerisch betrachtet, ist dem Hieronymus in diesem Erstlingswerk seiner syrischen Eremitage (zwischen 374-379) manches hübsche Stimmungsbild aus der Wüste gelungen; handelt es sich aber um die Treue der Gesinnung, so hat

1) Kommen doch, ausser der Frage nach den neuen Häusern in alten Städten und ausser dem Ausruf bei der Rabenmahlzeit, gar keine Aeusserungen des Paulus und ebenso wenig erbauliche Gespräche des Antonius in der Schrift vor!

2) Vgl. c. 3 der Vita P. M. mit Apulejus, Metam. II, 17, nur mit dem verschiedenen Ausgang, dass, während Lucius und Photis,, inter mutuos amplexus animas anhelantes ", Hieronymus seinen namenlosen Märtyrer sich, um die Lust zu unterdrücken, die Zungenspitze abbeissen und sie der reizenden Versucherin, die auf ihm liegt, ins Gesicht spucken lässt. 3) Vgl. auch Photius, Biblioth. cod. 166.

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